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Die Kunst gemeinsam zu handeln

Soziale Prozesse professionell steuern

AutorElizabeth Loehnert-Baldermann, Karin Pape, Stefan Hölscher, Wolfgang Reiber
VerlagSpringer-Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl204 Seiten
ISBN9783540449034
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis46,99 EUR

Erfolg in Organisationen basiert auf dem erfolgreichen Management sozialer Interaktionen: Meetings, Kundenkontakte, Mitarbeitergespräche, Verhandlungen - gemeinsames Handeln, das die Weichen für die Zukunft stellt. Was macht solche Prozesse produktiv? Welche Fallen sind zu meiden, welche Strategien hilfreich? Die Autoren stellen ein Set elementarer Pole vor, zwischen denen sich soziale Prozesse bewegen und deren Balance Erfolg oder Misserfolg prägt. Mit hilfreichen Steuerungselementen und praxisnah u.a.: Integration sachrationaler/psychosozialer Prozesslogik, Umgang mit Entscheidungen, die Kunst des Fragens, Wege gemeinsamer Reflexion.

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Leseprobe

Entscheidungen in Organisationen (S. 77-78)

Wolfgang Reiber

Organisationen sind das, was sie geworden sind, aufgrund von Entscheidungen. Prinzipiell gilt das auch für Menschen, d.h. für ihre Biographie und ihre Lerngeschichte. Weil Entscheidungen meist sehr bedeutungsvoll sind, beschäftigen sich die Menschen seit Jahrtausenden damit. Das Orakel von Delphi stellt ein Beispiel für eine Entscheidungsfindungsmethode dar, heute dominieren eher formale Verfahren. Rationale Logik ist an die Stelle irrrationaler Spekulation gerückt. Aber inwieweit stimmt das wirklich? Und schließen sich die beiden Ansätze aus? Der Beitrag geht solchen Fragen nach und betrachtet dafür im ersten Teil Entscheidungssituationen, Entscheidungsanlässe und Entscheidungsverantwortlichkeiten sowie rationale und intuitive Aspekte bei der Entscheidungsfindung. Im zweiten Teil des Beitrags werden Entscheidungen in Gruppen untersucht und in diesem Zusammenhang das Verhältnis von rationalem und emotionalem Konsens. Anschließend werden Möglichkeiten betrachtet, wie die „Weisheit der Gruppe" erschlossen werden kann. Fragen für die Praxis und Brücken in den Alltag schließen den Beitrag ab.

Organisationen sind das, was sie geworden sind, aufgrund von Entscheidungen. Sie entwickeln sich fort aufgrund von Entscheidungen und sie reproduzieren sich durch Entscheidungen. Ähnliches gilt auch für Menschen: Unsere Biographien und Lerngeschichten resultieren aus persönlichen Entscheidungen, die wir in Kontexten getroffen haben, die wir uns freilich nicht immer aussuchen konnten. Dabei ist es gleichgültig, ob diese Entscheidungen bewusst oder unbewusst getroffen wurden, spontan oder nach langem Nachdenken, einem rationalen Kalkül folgend oder einem „Bauchgefühl". Menschen entscheiden unablässig, sie können gar nicht anders. Selbst die bewusste oder nicht bewusste Vermeidung einer Entscheidung ist eine Entscheidung.

Entscheidungen gleichen in mancher Hinsicht Weichen auf einer Bahnstrecke, die Richtungen für das Weiterfahren festlegen. Und Alternativen gibt es fast immer. Entscheidungen werden in der Gegenwart getroffen aufgrund von Anlässen, die in der Vergangenheit aufgetaucht sind. Ihre Wirkung zeigt sich in der Zukunft, wo aber bisher noch niemand gewesen ist. Die daraus entstehende Ungewissheit macht Entscheidungen spannend. Ein wenig Spannung gibt dem Leben zwar Würze, aber wenn ein bestimmter Schwellenwert überstiegen wird, finden es die meisten Menschen unangenehm und drängen auf eine Lösung, die Entspannung verspricht.

Wenn wir jedoch mit der Entscheidung gleichzeitig Abschied nehmen müssen von ebenso attraktiven Optionen, vielleicht auch von lieb gewordenen Illusionen, oder wenn wir mögliche Folgen unserer Entscheidung besonders fürchten, verdrängen wir häufig den offensichtlichen Entscheidungsbedarf. Die Spannung würde bei den Betroffenen ja auch gar nicht unbedingt sinken, sondern wegen der vorhandenen Risiken möglicherweise sogar weiter zunehmen. Keine Entscheidung ist aber ebenfalls eine Entscheidung und hat Folgen – weshalb das konsequente Wegsehen und Ignorieren gleichfalls riskant sind. Weil Entscheidungen so bedeutsam sind, ist es kein Wunder, dass sich Menschen seit Jahrtausenden damit befassen und mehr oder weniger pfiffige Verfahren zur Vorbereitung und Absicherung von Entscheidungen entwickelt haben.

Die alten Griechen befragten beispielsweise das Orakel und sorgten damit für Orientierung und Selbstberuhigung. Als moderner gelten heute formale Methoden und Verfahren, die zumindest auf den ersten Blick den Anschein von Objektivität und Sachrationalität erwecken. Manche Entscheider folgen dennoch lieber ihrem „Bauchgefühl", andere richten sich nach den Sternen oder lassen den Zufall entscheiden. Wieder andere engagieren Berater, die gar nicht selten die Funktion der antiken Priesterinnen von Delphi übernehmen. Die Gewohnheiten, Erfahrungen, Vorlieben und Glaubenssätze sind verschieden. Eine eindeutige Empfeh lung für das eine oder andere ist schwer, denn kein Verfahren ist ohne Ausnahme erfolgreich oder erfolglos.

Inhaltsverzeichnis
Danksagung6
Vorwort8
Inhaltsverzeichnis12
Gegensätze verbinden – Polaritäten sozialer Prozesse16
Ergebnis- und Erlebnisorientierung18
Struktur- und Prozessorientierung22
Sender- und Empfängerorientierung24
Positionierung und Erkundung27
Vereinfachung und Differenzierung29
Akzentuierung und Relativierung32
Abstrahierung und Konkretisierung34
Annäherung und Distanzierung36
Beschleunigung und Verlangsamung38
Verbalisierung und Verkörperung41
Abschließende Bemerkungen43
Fragen zu Polaritäten46
Brücken in den Alltag47
Weiterführende Literatur49
Leistungsprozesse steuern50
Omas 80. Geburtstag52
Prozessebenen sozialer Interaktionen56
Zum Verhältnis von sachrationalem und psychosozialem Prozess58
Sachrationale Prozesse59
Psychosoziale Prozesse65
Menschen66
Voraussetzungen für erfolgreiche Leistungsgemeinschaften70
Vorstellungen und Konzepte für die Steuerung von Leistungsprozessen78
Veränderungsprozesse steuern82
Omas 85. Geburtstag88
Fragen zur Steuerung89
Brücken in den Alltag90
Weiterführende Literatur91
Entscheidungen in Organisationen92
Zur Rolle von Managern in Organisationen94
Sachgerechte Entscheidungen treffen96
Rationalität, Rationalitätslücken und die (Un-) Zuverlässigkeit der Intuition99
Entscheidungen in Gruppen104
Fragen zu Entscheidungen114
Brücken in den Alltag115
Weiterführende Literatur116
Fragen118
Die Kunst des Fragens119
Vorbereitung121
Interesse an der in Frage stehenden Sache121
Wertschätzendes Interesse am Gegenüber122
Offenheit123
Geeignete Fragetechniken123
Systemische Fragen126
Einsatzmöglichkeiten systemischer Fragen142
Fragen zu Fragen145
Brücken in den Alltag146
Weiterführende Literatur147
Reflektieren148
Reflexion im Gruppenprozess150
Die Funktion von Reflexion151
Reflexion als Veränderung der inneren Landkarte152
Reflexionsanlässe154
Reflexionsmethoden158
Feedback – ein wichtiges Reflexionsinstrument161
Ebenenwechsel166
Risiken171
Fazit172
Fragen zur Reflexion173
Brücken in den Alltag173
Weiterführende Literatur175
Arbeit mit Bildern176
Bilder oder Begriffe: Formen analoger und digitaler Kommunikation178
Die Arbeit mit Bildern181
Einsatz von Bildern in Organisationen186
Bilder in Reflexionsprozessen197
Identitätsstiftende Bilder202
Ausgesuchte Beispiele und nützliche Tipps204
Mitarbeitergespräch205
Teaminspektion208
Teamentwicklung210
Teamsitzung – Meetings211
Risiken und Nebenwirkungen212
Abschließende Bemerkungen213
Fragen zur Arbeit mit Bildern215
Brücken in den Alltag216
Weiterführende Literatur217
Die Autoren218

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