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Die Möglichkeit moderner Gebäudenutzung von denkmalgeschützten Gebäuden. Dargestellt am Speicher Neubrandenburg

AutorChristian Kunz
VerlagDiplomica Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl94 Seiten
ISBN9783836610834
FormatPDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis33,00 EUR
Die Sanierung des Speichers war ein voller Erfolg und wurde pünktlich zum Fertigstellungstermin Ende Juni 2006 abgeschlossen. Die entstandene Bürofläche ist hell, modern und uneingeschränkt nutzbar und gehört wohl zu den attraktivsten Bürokomplexen in Neubrandenburg. Möglichkeiten zum betrachten des sanierten alten Speichers gab es am Tag der offenen Tür am 22.07.2006. Presse und Bevölkerung äußern sich nach dem Abschluss der Arbeiten positiv und sind begeistert, was aus dem Gebäude gemacht wurde. Alle an der Sanierung Beteiligten haben Grund auf das Geschaffte Stolz zu sein. Webasto würdigte die Leistungen der Bauleute und lud sie zum Essen ein.

Nach Schätzungen des Architekten wäre der Speicher nach etwa weiteren fünf Jahren Leerstand nicht mehr zu erhalten und sanieren gewesen. Nach Abschluss der Sanierung konnten insgesamt etwa 85 Prozent der gesamten Denkmalsubstanz auf Dauer erhalten werden. Ein erstaunliches Ergebnis, wenn man die erforderlich gewesenen Arbeiten an Dach, Tragwerk und Außenwänden betrachtet. Das Beispiel des Speichers zeigt deutlich, dass eine moderne Nutzung in einem denkmalgeschütztem Gebäude möglich ist, ohne die Kosten eines Neubaus zu übersteigen oder Nutzungseinbußen hinnehmen zu müssen und gleichzeitig das Denkmal dauerhaft zu erhalten. Dabei ist die Denkmalwürdigkeit des Speichers im vollem Umfang erhalten geblieben. Damit kann man beim Speicherprojekt von einem gelungenem Musterbeispiel sprechen, da das Gebäude erhalten und gleichzeitig einer dauerhaften sinnvollen Nutzung zugeführt wurde, wie es die ersten beiden Paragraphen des Denkmalschutzgesetzes von Mecklenburg-Vorpommern verlangen. Jedoch lässt das nicht jedes Baudenkmal zu. Das Objekt bot durch große, kaum unterbrochene Geschossebenen, einem intaktem Tragwerk und intakten Außenmauern sehr gute Voraussetzungen für eine Nutzung. Des weiteren funktionierte bei der Speichersanierung die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen der Verwaltung und dem Denkmaleigentümer sehr gut. Man fand gemeinsam Kompromisse, um das Projekt erfolgreich durchführen zu können. Für die untere Denkmalschutzbehörde Neubrandenburgs war die gelungene Speichersanierung ein Glücksfall.

Durch die Denkmalschutzgesetze der Länder ist es nicht möglich jedes Detail für den Umgang mit den einzelnen Denkmälern zu regeln. Es handelt sich um Organisations- und Verfahrensgesetze. Die Regelung von Einzelheiten bleibt Sache der jeweiligen Denkmalbehörde vor Ort. Soll eine neuzeitliche erhaltene Nutzung in ein denkmalgeschütztes Gebäude einziehen hängt also viel vom zuständigen Denkmalschützer bzw. Denkmalpfleger ab. Deren Ziel sollte es sein Denkmalsubstanz und ihren Aussagwert zu erhalten. Das lässt ihnen den Spielraum auch neuzeitliche Elemente in Verbindung mit Denkmälern zuzulassen, den sie auch nutzen sollten, da es so der Gesellschaft leichter gemacht wird mit Denkmälern umzugehen und die bestehende Bausubstanz zu erhalten. Konservativ ausgeübter Denkmalschutz verhindert einen zeitgemäßen Umgang mit Baudenkmälern und trägt zum gehemmten Umgang der Gesellschaft mit ihnen bei.

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Leseprobe
Kapitel 6.2, Geschichte des Speichers:

Das Gebäude ließ der Getreidehändler Hans Georg Tiedt, der aus Neubrandenburg stammt, errichten. Er hatte konkretes Wissen über den zukünftigen Verlauf der Bahntrasse durch Neubrandenburg, die Hamburg mit Stettin verbinden sollte und erwarb große Flächen in diesem Bereich. Die städtischen Behörden waren gegen Tiedts Projekt, einen Getreidespeicher mit einer Lagerfläche von 2500m³, vor der Stadt zu erbauen, da er für die etwa 100 Scheunen, die ebenfalls vor der Stadtmauer lagen, Konkurrenz darstellte. Durch die Unterstützung des Landesfürsten in Neustrelitz konnte er sein Vorhaben durchsetzen. Baubeginn war offiziell 1845. Bei der Sanierung traten, entgegen der bisherigen Meinung, Funde auf, die auf einen Baubeginn 1847 hindeuten. Ab 1857 begann eine Kommission mit der exakten Planung der Bahntrasse von Güstrow nach Neubrandenburg. Tiedt behielt mit seinem Wissen über den Bahnlinienverlauf Recht und überließ das, an den Speicher angrenzende Land, der Bahn unter der Bedingung, dass die Bahn die von Tiedt benötigten Waggons kostenlos an- und abtransportiert. Der Speicher wurde um 1860 fertiggestellt und diente als Lager und Umschlagstelle. Die Bahntrasse nach Neubrandenburg weihte man 1864 ein.

Der Getreidehändler hatte in der Region zu dieses Zeit weitere ähnliche Getreidespeicher erbaut. So u.a. 1835 in Wolgast, der jedoch im Juni 2006 abgebrannt ist. Eigentümer war ein Erbe Tiedts - Max-Georg Tiedt - der zuletzt Eigentümer des Speichers in Neubrandenburg war.

In Vorbereitung auf den zweiten Weltkrieg wurde neben den bestehenden Speicher ein weiteres Speichergebäude errichtet. Es war größer und grenzte direkt an die Ostwand des Speichers vom Getreidehändler Tiedt. Den neuen Speicher konstruierte man bomben- und brandsicher. Sein Inneres bestand aus einer Betonkonstruktion. Im Rahmen der geplanten Sanierung des alten Speichers riss man im Frühjahr 2004 den neuen Speicher, der ebenfalls unter Denkmalschutz stand, ab. Aufgrund seiner Innenkonstruktion stand keine dauerhafte Nutzung in Aussicht, außer der ursprünglichen Nutzung als Getreidespeicher, die an diesem Standort nicht mehr benötigt wird.

Durch die einvernehmliche Lösung zwischen der unteren Denkmalschutzbehörde Neubrandenburg, dem Landesdenkmalamt M-V (§ 7 DSchG M-V), Max-Georg Tiedt (ehemaliger Eigentümer der Speichergebäude) und der Webasto AG Neubrandenburg, den alten Speicher zu sanieren und den neuen Speicher abzureißen, konnte zumindest das ältere und geschichtsträchtigere der beiden Speichergebäude erhalten, saniert und einer dauerhaften Nutzung zugeführt werden.

Baubeschreibung des Speichers:

Der Speicher hat eine rechteckige Grundfläche mit einer Länge von 35,87m und einer Breite von 16,36m. Das Gebäude ist fünfgeschossig mit einer Nutzfläche von 2800 m2 und hat eine Gesamthöhe von 16,88m. Dabei sinkt die Deckenhöhe, ohne die neuen Fußbodenkonstruktionen, vom Erdgeschoss (2,94 m) bis zum dritten Obergeschoss (2,64 m) immer weiter ab. Die jeweilige Geschosshöhe sinkt weiter auf ca. 2,60 m im Erdgeschoss und 2,35 m im 1. bis 3. Obergeschoss durch die geplante Deckenkonstruktion. Im dritten Obergeschoss sind zwischen der Tragkonstruktion und dem Bodenbelag stellenweise nur etwa 1,80 m Höhe (Siehe Abbildung 3). Die Tragkonstruktion wird bei der lichten Raumhöhe allerdings nicht mit einbezogen. Das Dachgeschoss besitzt durch den offenen Dachstuhl die größte Deckenhöhe. Die Außenwände sind massiv aus Backsteinen mit dem Format 27cm x 13cm x 7cm und beinhalten an der Fassade Verzierungen (Siehe Abbildung 4). Die restlichen Teile bestehen aus einem skelettartigem Tragsystem aus Holz. Dabei werden Holzdecken durch Holzbalken gestützt. Diese lagern auf Kopfbändern und Unterstützen und diese lagern wiederum auf 24 senkrechten Pfeilern. So wird die Traglast der einzelnen Geschosse durch die Holzkonstruktion in den Keller abgeleitet. Der Keller sowie die Fundamente unter den Außenwänden und den einzelnen Stützen sind aus Feldsteinen.

Nutzungskonzepte für den Speicher:

Der Speicher stand über ein Jahrzehnt (von 1990 bis Ende 2003) leer. In dieser Zeit gab es einige Ideen, wie der Speicher genutzt und damit erhalten werden sollte. Es gab drei Möglichkeiten, die allerdings schnell wieder an Bedeutung verloren. Der Speicher sollte als Studentenwohnheim genutzt werden. Eine ähnliche Idee war die Nutzung des Speichers als Jugendherberge. Eine weitere Nutzungsidee bestand darin, in dem Gebäude einen Elektrodiscounter unterzubringen.

Das erste ernsthaft Konzept gab es im Frühjahr 1999. Da erarbeiteten Studenten der Fachhochschule Neubrandenburg die Idee, den Speicher als kulturelles Forum zu nutzen. Dafür sollten im Speicher (damals noch beide Speichergebäude) Galerien, Studios für Musik- und Theaterproduktionen, Werkstätten, Probe- und Aufführungsräume, Arbeitsräume für Tagungen usw. eingerichtet werden. Als Träger und Verwalter des Objektes wäre ein gemeinnütziger Verein oder eine gemeinnützige GmbH in Frage gekommen. Für die Umsetzung gab es zwei verschiedene Pläne. Bei der einen Variante sollten die zukünftigen Nutzer (Vereine, Theatergruppen, Bands usw.) das Gebäude schrittweise selber ausbauen, um so den Geldbeutel zu schonen. Die andere Variante wäre gewesen, einen Investor zu finden, der das Gebäude auf eigene Kosten saniert und dann später vermietet oder teilkommerziell nutzt. Dieses Konzept konnte aufgrund mangelndem Interesses und mangelnder Fördermittel nicht umgesetzt werden.

2002 bekundete die Webasto AG Interesse am Speicher und wollte es von M.-G. Tiedt erwerben. Erste Verhandlungen brach man aufgrund unterschiedlicher Preisvorstellungen ab. Im gleichen Zeitraum wollte die Stadt Neubrandenburg von Webasto ein anderes Grundstück in einem anderem Stadtgebiet erwerben. Das Unternehmen schlug der Stadt vor, das Speichergelände von Herrn Tiedt zu kaufen und es dann mit dem anderem Gelände zu tauschen. Das Gelände des Speichers grenzt direkt an das Firmengelände des Unternehmens. Webasto setzte allerdings eine Abrissgenehmigung für den jüngeren Speicher von 1934 für den Kauf/Tausch voraus, da für dieses Gebäude keine sinnvolle, neuzeitliche Nutzung in Aussicht stand. Der Leiter der Webasto AG – Werk Neubrandenburg, Heinrich Nostheide, hat schon von 1994 an über das Speichergelände mit den beiden Speicherbauten nachgedacht, da ein erfolgreiches Produktionsunternehmen immer Ausweitungsmöglichkeiten brauchen könnte und da er sich für Bauten mit Geschichte begeistert.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis3
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS6
ANLAGENVERZEICHNIS8
ABBILDUNGSVERZEICHNIS9
1. DENKMALSCHUTZ IM ZWIESPALT11
2. BEGRIFFSDEFINITIONEN12
2.1 Begriff des Denkmals12
2.1.1 Der gesetzliche Denkmalbegriff12
2.1.2 Das Denkmal als Sache12
2.1.3 Das Baudenkmal13
2.2 Begriff des Denkmalschutzes14
2.3 Begriff der Denkmalpflege15
3. RECHTLICHE FUNDIERUNG UND GESETZGEBUNG BEIMDENKMALSCHUTZ16
3.1 Rechtliche Fundierung des Denkmalschutzrechts16
3.1.1 Normen im Interesse des Denkmalschutzes16
3.1.2 Normen gegen die Interessen des Denkmalschutzes17
3.2 Gesetzgebung beim Denkmalschutzrecht17
4. DAS DENKMALSCHUTZGESETZ IN MECKLENBURGVORPOMMERN19
4.1 Entstehung des Denkmalschutzes19
4.2 Wesentliche Inhalte des DSchG M-V22
4.2.1 Behörden22
4.2.2 Denkmalliste22
4.2.3 Rechtsfolgen23
4.2.4 Denkmale öffentlich-rechtlicher Religionsgemeinschafte27
4.2.5 Unterteilungsmöglichkeiten von Denkmalen in M-V28
4.2.6 Schatzregal28
5. BEDEUTUNG VON DENKMÄLERN FÜR DIE HEUTIGEGESELLSCHAFT UND DIE ZUKUNFT29
5.1 Künstlerische Bedeutung30
5.2 Wissenschaftliche Bedeutung30
5.3 Geschichtliche Bedeutung31
5.4 Städtebauliche Bedeutung32
6. DER SPEICHER TIEDT IN NEUBRANDENBURG33
6.1 Einordnen des Speichers in das Denkmalschutzrecht33
6.2 Geschichte des Speichers33
6.3 Baubeschreibung des Speichers36
6.4 Nutzungskonzepte für den Speicher37
6.5 Sanierung des Speichers39
6.5.1 Der Begriff der Sanierung39
6.5.2 Sanierung des Speichers8040
6.6 Heutige Nutzung51
6.7 Bestehende Einflüsse auf das Gebäude51
6.7.1 Bahntrasse nördlich des Speichergebäudes51
6.7.2 Bundesstraße westlich des Speichergebäudes52
7. NORMEN, DIE EINE ZEITGEMÄßE NUTZUNG VONBAUDENKMÄLERN IN MECKLENBURG-VORPOMMERNERSCHWEREN, IN BEZUG AUF DEN SPEICHER55
7.1 Erschwernisse durch das Denkmalschutzgesetz55
7.1.1 Die Materialgerechtigkeit56
7.1.2 Die Fenster58
7.1.3 Das Dach60
7.1.4 Das Fachwerk/Tragwerk61
7.2 Erschwernisse durch die Landesbauordnung62
8. VOR- UND NACHTEILE BEI DER NUTZUNGDENKMALGESCHÜTZTER GEBÄUDE IM GEGENSATZ ZUM NEUBAUBEZOGEN AUF DEN SPEICHER64
8.1 Vorteile64
8.2 Nachteile65
8.3 Vor- und Nachteile beim Speicher66
9. STEUERLICHE FÖRDERUNGEN VON BAUDENKMÄLERN UND AMBEISPIEL DES SPEICHERS67
9.1 Steuerliche Förderungen von Baudenkmälern67
9.1.1 Die Anschaffungskosten67
9.1.2 Die Herstellungskosten68
9.1.3 Der Erhaltungsaufwand68
9.2 Steuerliche Förderungen beim Speicher69
10. KOSTENBILANZ FÜR DIE NUTZUNG UND DEN ERHALT VOMDENKMAL IM GEGENSATZ ZUM NEUBAU EINES GEBÄUDES AMBEISPIEL DES SPEICHERS71
10.1 Allgemeine Kostenüberlegungen71
10.2 Kostenbilanz beim Speicher72
11. FAZIT UND AUSBLICK73
ANLAGEN75
LITERATURVERZEICHNIS91

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