Kommt Ihnen diese Formulierung bekannt vor? Stammt sie sogar aus Ihrem eigenen Mund? Dann beginnt jetzt ein richtiges Stück Arbeit für Sie. Dieser und ähnliche Sätze wie »Das habe ich schon hundert Mal gesagt« (Schwabenversion) oder »Wie oft habe ich schon zu meinen Leuten / Kunden / Kindern gesagt …«, »Ich sage immer wieder …« haben einen einzigen Hintergrund: das Eingeständnis der absoluten Wirkungslosigkeit!
Es ist doch nicht sinnvoll, immer wieder das Gleiche zu wiederholen, wenn man damit nicht die gewünschte Wirkung erzielt. Was also tun? Wenn Sie sich beim Wählen einer Telefonnummer vertippen, was tun Sie dann? Auf die Wahlwiederholungstaste drücken? Wohl kaum. Sie werden einen neuen Code eingeben. Und genau das ist die Lösung des Problems.
Wenn Sie mit Menschen reden, wollen Sie eine ganz bestimmte Wirkung erzielen. Erreichen Sie dieses Ziel nicht, dann ist Ihre kommunikative Leistung als mangelhaft einzustufen. Mehr verdient sie nicht.
Unabhängig davon, ob Sie es gut oder weniger gut mit den Menschen und ihren Wünschen meinen, werden Sie ein ganz natürliches Interesse haben, mit Ihren Worten die gewünschten Ziele zu erreichen. Das nennt man die Fähigkeit zur Beredsamkeit und dazu benötigt man die Rhetorik.
Unglücklicherweise wird der Begriff der »Beredsamkeit« auch mit »persuasiver Kommunikation« gleichgesetzt; gemeint ist damit das »Überreden«. Deshalb an dieser Stelle der klare Hinweis: Die perfekte Rede dient nicht der »Überredung«, sondern der »Überzeugung« und der »Gewinnung« von Menschen. Es geht immer um zwei Wirkungsweisen: kurzfristige Einflussnahme, zum Beispiel um sofortige Verkaufserfolge zu erzielen, und das Bestreben, langfristige Überzeugungen zu beeinflussen, zum Beispiel um Verhaltensänderungen zu erreichen.
Und an dieser Stelle will ich es mir nicht verkneifen, ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Rhetorik zu den sieben freien Künsten gehört, weil sie eines freien Menschen würdig ist.
Seit Aristoteles unterscheidet man drei Gattungen der Rede:
In der Gesellschaftsrede, häufig zur Ehrung einer oder mehrerer Personen, können Sie immer einen bunten Teppich aus Anekdoten, Zitaten und Erlebnissen des zu Ehrenden oder anderer Beteiligter weben. Eine Brautrede zum Beispiel ist der ideale Anlass, um zwei unterschiedliche Lebensläufe miteinander zu verknüpfen – mit dem Ziel, auch gleich zwei Familien zusammenzuführen. Und die Trauerrede? Sie ist ein ideales Feld, um die Gefühle der Trauernden einzubinden, zu sammeln und in eine erträgliche Form zu gießen. Eine der besten Trauerreden, die der Autor je hörte, war die Abschiedsrede in einem »direkten Dialog« mit dem Verstorbenen! Sie wurde von Dr. Jörg Lingenberg anlässlich der Beisetzung des Verlegers Edgar Bissinger sen. gehalten.
Sie können in der Gesellschaftsrede letztendlich immer glänzen. Schmücken Sie Ihre Rede dem Anlass entsprechend aus. Und wenn es angemessen ist, dann prahlen Sie ruhig ein wenig mit Ihrer Bildung (mit einigen Brocken Latein vielleicht, Franz-Josef Strauß war darin ein Meister), Ihrer Erfahrung (»… wie ich immer gerne zu sagen pflege …«) oder Ihrem Erfolg (»Für Aktien braucht man einen Riecher und Freunde an der Börse«). Bei der Gesellschaftsrede bleibt das Publikum passiv. Und das ist wahrscheinlich auch gut so …
Bei der Gerichtsrede geht es immer um die Bewertung eines Ereignisses aus der Vergangenheit. Es geht hier klassisch um die Positionen der Anklage oder der Verteidigung. Ich wünsche Ihnen, dass Sie nie in die Lage kommen, sich mit diesen Punkten auseinandersetzen zu müssen.
Die Aufgabe der Gerichtsrede ist es, eine Entscheidung zu ermöglichen – Freispruch oder Kerker!
Die Beratungsrede ist wohl die wichtigste aller Reden – es gibt sie heute in zwei unterschiedlichen Stilrichtungen. Die erste Variante ist das Fachreferat oder der Fachvortrag mit folgendem Ziel: Information des Publikums, Befriedigung der Interessenlage des Publikums und Hinführung zu einer Entscheidung. Hier wird das Publikum letztendlich immer zu einer Aktivität aufgefordert.
Die zweite Art ist die Meinungsrede, bei der es sich keineswegs immer um eine politische Rede handeln muss.
Egal, ob Sie Ihre Zuhörer zu einem bestimmten Verhalten bewegen wollen, ob Sie ein Nichtraucherseminar leiten, eine Kirchenpredigt halten, die Jahresabschlussbesprechung in einem Unternehmen führen oder einen Motivationsvortrag halten – immer geht es darum, das Publikum zu ermuntern, in einer bestimmten Sache Position zu beziehen, also Ja oder Nein zu sagen und dann eine entsprechende Handlung folgen zu lassen und die möglichst auch noch nachhaltig.
Vor dem Hintergrund der perfekten Rede gilt es auch bei der Beratungsrede, den richtigen Mix zu kreieren! Tun Sie alles, um Ihr Publikum argumentativ auszurüsten und zu gewinnen und zu erfreuen und zu rühren und zu bewegen. Das alles sollten Sie in Ihrer perfekten Rede hinkriegen! Chapeau!
Seit Aristoteles hat sich allerdings einiges auf dieser Welt geändert – vielleicht weniger als man denkt, aber immerhin. Als Redeform der neueren Art ist die Berichterstattung hinzugekommen.
Wenn Sie also innerhalb einer Organisation »nach oben« berichten müssen, also an den Vorstand einer Aktiengesellschaft, an ein Präsidium, an den Inhaber eines Unternehmens, an jedwede Form und Struktur von Vorgesetzten, dann müssen Sie auf dem Weg zur perfekten Rede an einige Klippen denken und diese klugerweise umschiffen.
Es geht immer um Macht
Wenn Sie als Redner Teil einer Organisation sind und innerhalb dieser Struktur überleben wollen, dann sollten Sie immer davon ausgehen, dass Ihnen wahrscheinlich nicht alle Anwesenden freundlich gesonnen sind. Deshalb müssen Sie wissen, wer Ihre Gegner sind. Namentlich. Besonders wichtig: Deren Motivation muss Ihnen klar sein. Macht Ihnen das Angst?
Wenn Ihnen schon bei dieser Frage die Handinnenflächen feucht werden, dann kündigen Sie besser sofort! Wieso? Weil Sie mit Angst im Bauch nie frei und souverän agieren und sprechen können. Das allein wäre nicht so schlimm. Doch Ihre Angst wird von allen Anwesenden wahrgenommen – und sofort ausgenutzt werden. Sie haben auch keine Chance, sich zu verstellen – Ihre Körpersprache verrät Sie, von Ihrer Stimme ganz zu schweigen!
Aus diesem Grund ist es erforderlich, dass Sie sich über Ihre eigene Macht im Klaren sind.
Es geht um Persönlichkeit
Sie gewinnen bei einer Berichterstattung nur über Ihre Persönlichkeit. Also arbeiten Sie an sich! Das heißt, sich mit seiner eigenen inneren Einstellung auseinanderzusetzen – ständig und in Klarheit und Wahrheit. Nutzen Sie immer wieder die Gelegenheit, in Persönlichkeitsseminaren Ihr Verhalten zu überprüfen! Nehmen Sie die Angebote von Coachs in Anspruch! Belegen Sie Rhetorikseminare! Bleiben Sie im inneren Dialog mit sich! Seien Sie unbedingt ehrlich mit sich selber! Achten Sie auf jeden Anflug von Eitelkeit, weil Sie denken, es »geschafft zu haben«! Köhler ist zutiefst davon überzeugt, dass Persönlichkeitsentwicklung bis zum letzten Atemzug stattfindet.
Es geht um die innere Einstellung
Betrachten Sie die Aufforderung zur Berichterstattung niemals als eine Unverschämtheit oder eine unangebrachte Kontrolle. Und sehen Sie es nicht als lästige Pflichtübung! Erledigen Sie die Aufgabe der Berichterstattung mit viel Freude und der Absicht, Ihre Gegner mal wieder zu enttäuschen, da Sie ihnen keine offenen Flanken bieten! Auch wenn vieles, was man von Ihnen verlangt, nicht sofort immer Sinn stiftend erscheint, denken Sie an die Möglichkeit, dass Sisyphos* ein glücklicher Mann gewesen sein könnte!
Es geht nie nur um Zahlen
Sie brauchen für eine Berichterstattung nicht eine Fülle von Zahlen. Sie brauchen plausible Fakten. Sie müssen vorbereitet sein. Fragen, die man Ihnen während der Berichterstattung stellt, sind keinesfalls immer böse gemeint, sie werden häufig von Unterstützern gestellt, um Ihnen die Plattform für sehr gute Antworten zu verschaffen.
Es geht nur mit einer Strategie der einfachen Art
Klären Sie für sich die folgenden Fragen:
Wie ist meine aktuelle Position? Stark oder schwach?
Wer ist von dem Inhalt der Berichterstattung erfreut?
Wen belastet das Ergebnis des Berichtes?
Welche Informationen gehören auf den Tisch?
Welche nicht?
Gegen welche Regeln sollte ich verstoßen, um meine Unabhängigkeit zu...