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E-Book

Die Rhetorikfalle

Warum Rhetoriktipps in die Irre führen und wie Sie wirklich überzeugen

AutorDorothee Zapke
VerlagGabal Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl150 Seiten
ISBN9783956232503
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Niemals die Arme verschränken! Immer lächeln! Bauch rein, Brust raus! - Täglich werden in Charisma- und Rhetorikseminaren solch stereotype Haltungen als rhetorische Patentrezepte propagiert, die angeblich Souveränität und hohe Präsenz ausdrücken sollen. Vergessen Sie's! Wer andere Menschen überzeugen will, tut sich mit antrainierten Standardgesten keinen Gefallen. Dorothee Zapke arbeitet seit 20 Jahren mit Menschen, die ihre persönliche Präsenz verbessern wollen. Im vorliegenden Buch stellt sie jeder der 12 Rhetorikfallen einen wirksamen Übungsansatz gegenüber. Mithilfe dieser Übungen können Sie Ihre ganz persönlichen und authentischen Ausdruckspotenziale wiederfinden. Das erste Buch, das oberflächliche Rhetorik-Tipps entlarvt und anhand von authentischen Fallbeispielen zeigt, worauf es wirklich ankommt.

Dorothee Zapke ist Stimm- und Sprechtrainerin, Management-Coach und Lehrbeauftragte an verschiedenen Hochschulen. Seit zwanzig Jahren zeigt die Stimm- und Körperspracheexpertin deutschlandweit innovative Wege zur effektiven Kommunikation auf. Zu ihren Kunden zählen Vorstände, Manager und Unternehmen wie die Deutsche Telekom, AOK Niedersachsen, Hannover Rück, Kabel Deutschland, Sennheiser, TUI Deutschland, Volkswagen AG, aber auch Institutionen wie das Landeskriminalamt Niedersachsen oder verschiedene Ministerien.

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Leseprobe

Rhetorikfalle 2

„Brust raus, Bauch rein!“

... und schon wirken Sie arrogant

Altbekannt und in jedem Ratgeber nachzulesen, ist dieser Tipp: Wenn ich wirken und mich durchsetzen will, dann gilt: Brust raus, Bauch rein! Das ist der am häufigsten gegebene Tipp, wenn es heißt: „Augen zu und durch!“ Dieser Kniff gilt als die Lösung für unangenehme Gespräche, Präsentationen, Vorträge, Konferenzen und Meetings; er gilt für Vorstellungsgespräche, Frontalunterricht und Scheidungsankündigungen. Dazu gehört neben der Empfehlung, den Blickkontakt zu halten und zu lächeln auch der Hinweis, die Unterarme unbedingt angewinkelt mit den Handflächen nach oben zu halten.

„Standing like a duck“

Auf dem Internetportal „jobs.de“ finden sich auf der Seite „Karriere-Knigge“ zum Beispiel folgende Worte: „Im Job gibt es kaum eine Situation, in der Sie sich nicht nach außen präsentieren. Sie stehen ständig unter Beobachtung der Mitarbeiter, Vorgesetzten und Kunden. Deshalb: Kopf hoch, Brust raus, Bauch rein! Eine aufrechte Haltung und ein dynamischer Gang verraten viel über Ihre Persönlichkeit. So signalisieren Sie Selbstsicherheit und Standfestigkeit – gepaart mit ruhigen Bewegungen wirken Sie überzeugend und kompetent.“ Im Englischen wird diese Bezeichnung allerdings im körpersprachlichen Fachjargon mit „standing like a duck“ übersetzt. Wie eine Ente.

Fallbeispiel: Der Designer, der es hasste, zu präsentieren

Ein beruflich sehr erfolgreicher Modedesigner kam zu mir zum Coaching. Ziemlich verzweifelt erzählte er mir, dass er ja eigentlich seinen Beruf heiß und innig liebe, wenn nur die ewigen Präsentationen auf Messen und bei den Kunden nicht wären. Er war ein eher zurückhaltender, stiller Typ und konzentrierte sich lieber auf das Gestalten und Entwerfen seiner Mode. Eine Zeit lang hatte er versucht, das Vorstellen der neuen Modestrecken einer Assistentin zu überlassen. Das ging aber nicht, es wurde von ihm erwartet, höchstpersönlich vor Ort in Erscheinung zu treten. Und jedes Mal starb er fast vor Angst. Konnte es nicht ertragen, von allen angestarrt zu werden. Hatte furchtbare Sorge, dass ihm die Stimme wegblieb und ihm die richtigen Worte nicht einfielen.

Das Präsenzlämpchen anknipsen

In seiner Not besuchte er mehrere Präsentationsseminare und erfuhr auch von dem Tipp, sein Präsenzlämpchen anzuknipsen. Das heißt, er sollte sich auf die Mitte seines Brustbeins fokussieren, diesen Punkt zunächst mit zwei Fingern fixieren, dann nach vorne strecken und dabei tief einatmen. Das Kinn streckte sich so automatisch ein wenig nach oben.

Er probierte es. Knipste sein Präsenzlämpchen an. Und präsentierte seine neue Kollektion mit geschwellter Brust, in einer automatisch einsetzenden Hochatmung, die seine Stimme schriller und schneller werden ließ. Sein Kinn war nach vorn geschoben. Es wurde eiskalt im Showroom. Der Designer wurde hinterher von niemandem mehr angesprochen.

Die richtige Haltung finden

Schnell kann eine stereotyp ausgeführte Haltung dazu führen, wie eine aufgeplusterte schnatternde Ente dazustehen. Pfau würde vielleicht noch besser passen. Das ist vielleicht ein wenig überspitzt ausgedrückt, aber im Ernst: Begeben Sie sich mal in diese Haltung und schauen Sie in den Spiegel. Besser noch: Lassen Sie sich ein Feedback von einem anderen Menschen geben. Diese Haltung lässt Sie arrogant, unnahbar, distanziert, hölzern und unecht wirken.

Die Gefahr liegt darin, dass die meisten Menschen, die diesen Tipp beherzigen, sich nicht einfach nur ein wenig aufrichten, sondern sich tatsächlich aufplustern und vor allem dabei in die Brust atmen. Das hilft vielleicht tatsächlich für einen Moment, sich selbstsicherer zu fühlen. Aber stellen Sie sich doch mal vor, jemand praktiziert „Brust raus, Bauch rein“ für eine längere Zeit als nur für einige Sekunden. Das wird zur Kampfansage und schafft Gräben zwischen den Menschen.

Stereotyp gesetzte Haltung hilft nicht weiter

Natürlich ist es gesund und wichtig, sich aufrecht zu halten. Allein um die Rückenmuskulatur zu stärken. Nachgewiesen ist auch, dass eine aufrechte Haltung das Gemüt positiv beeinflusst. Die Bodyfeedback-Methode zum Beispiel bietet eine wertvolle Möglichkeit, mithilfe der Haltungsaufrichtung Depressionen zu lindern. Hier geht es aber nicht um gesundheitserhaltende Maßnahmen, sondern um das überzeugende, selbstbewusste Auftreten vor einer Gruppe. Das kann nicht mit einer von außen gesetzten Haltung funktionieren. Und erst recht nicht mit einer stereotyp gesetzten Haltung, die für alle gelten soll.

Die richtige Haltung finden Sie nur in Verbindung mit ihrer Attitüde, mit ihrer inneren Haltung. Ganz provokativ gesagt: Wenn Sie keine positive Haltung entwickeln können zu Ihrem Vortrag, zur Konferenzleitung oder Ihrem Vorstellungsgespräch, dann können Sie auch nicht charismatisch überzeugend wirken in dem Moment. Sie transportieren dann immer Ihre Angst, Sorge oder Ihre Unlust.

Vielleicht kennen Sie von sich die innere Aussage „Okay, dann bring ich es mal so schnell wie möglich hinter mich“. Da haben Sie einen wunderbar fragwürdigen Glaubenssatz. Genau das werden Ihr Körper und Ihre Stimme transportieren, da nutzt Ihnen das Schwellen der Brust gar nichts.

Glauben Sie, was Sie sagen

Egal, was Sie präsentieren: Es geht um Intention, um unbedingte Überzeugung, um Begeisterung, Mitgefühl oder Respekt. Vielleicht um Druck, Stress, Ärger oder Frust. Oder um Lob und Stolz. Ja, auch Stolz! Aber erst, wenn Sie den spüren und ihm erlauben, hinaus zu dürfen, dann wird es echt. Es geht um etwas. In jedem Gespräch und bei jedem Vortrag. Aber Sie müssen glauben, was sie sagen, und nicht, dass sie keine Vorträge halten können. Dann kommt die richtige Haltung ganz automatisch. Aber doch nicht, indem Sie den Bauch einziehen und die Brust heben!

Infoblock: Das innere Bild und die Atmung

Schauen Sie nach, welche körpersprachlichen Komponenten zu ihnen passen, und verbinden Sie diese mit Ihrem inneren Bild für die sprecherische Situation. Lassen Sie sich unbedingt ein Feedback geben.

Fragen Sie sich, was entscheidend ist für ihren rednerischen Beitrag? Was möchten Sie ausdrücken? Welche ist Ihre professionelle Rolle dabei?

Es ist natürlich richtig, einen aufrechten Stand einzunehmen, wenn es für die Situation passt und angemessen ist. Strecken Sie dann aber nicht die Brust raus, sondern lassen Sie den Bauch los. Damit gehen Sie automatisch in die Tiefenatmung. Probieren Sie beide Arten vor dem Spiegel aus. Sie werden merken, dass Sie eine ganz andere Größe und eine innere Ruhe spüren und ausstrahlen, wenn Sie in der Bauchatmung vor einer Gruppe stehen.

Verabschieden Sie sich von der Haltung eines Gorillas mit arrogant geschwellter Brust. Arroganz ist der größte Ausstrahlungskiller! Und am schlimmsten ist es, wenn Sie gar nicht arrogant sind, es aber durch diesen Standardtipp ausstrahlen.

Überlegen Sie sich also gut, ob Sie wirklich Post-its mit „Brust-raus-Bauch-rein-Tipp“ an Kühlschrank, Spiegel und Bildschirm pinnen sollten, wie ich es als Ratschlag in einer Frauenzeitschrift gefunden habe.

Übung

Selbstversuch „Wie wirke ich?“

  • Stellen Sie sich vor den Spiegel und beherzigen Sie den Tipp „Brust raus, Bauch rein!“. Wie sehen Sie aus?
  • Probieren Sie jetzt aus, wie Sie wirken, wenn Sie beim Einatmen nur in das Lösen der Bauchdecke gehen.
  • Probieren Sie auch aus, vor dem Sprechen einmal lang auszuatmen. Das hilft, wieder in die natürliche Atmung zu kommen. Beobachten Sie sich dabei vor dem Spiegel.

In den Präsenzraum ausstrahlen

Neben der Körperhaltung spielen auch die sogenannten Präsenzräume eine große Rolle. Stellen Sie sich, wenn Sie Ihren Vortrag üben, einen imaginären Raum vor sich vor, einen Präsenzraum, den Sie füllen, wenn Sie sprechen. Damit ist nicht die physische Körperhaltung gemeint, wie zum Beispiel ein vorgestrecktes Kinn, sondern das pure Sich-Hineinversetzen in ein Gefühl, den Raum vor sich zu füllen. Nichts anderes machen Schauspieler, wenn sie bis in die letzte Zuschauerreihe wirken wollen. Mit antrainierten Körperhaltungen würden sie nicht weit kommen.

Nicht auf das Was, sondern auf das Wie konzentrieren

Dieses Gefühl für den Präsenzraum zu entwickeln, ist zunächst etwas gewöhnungsbedürftig. Einige meiner Seminarteilnehmer haben mir zurückgemeldet, dass die Konzentration auf diesen vorderen Raum sehr schwer durchzuhalten sei. Ich bin aber davon überzeugt, dass das Schwierigste an dieser Aufgabe ist, sich dabei nicht mehr auf den Inhalt des Gesagten konzentrieren zu können. Aber allen, denen gelungen ist, sich auf dieses Wie und nicht mehr auf das Was zu konzentrieren, wurde mit einem großen Applaus gespiegelt, wie einmalig und spannend ihr Vortrag ankam.

Neben dem vorderen gibt es natürlich auch einen rückwärtigen Präsenzraum. Das ist der, der von den meisten Menschen mit Auftrittsängsten unbewusst gewählt wird. Der Redner weicht dann energetisch zurück und steht, ohne es zu bemerken, auf den Fersen. Meist entsteht dadurch viel Platz zwischen Redner und Publikum. Jetzt stellen Sie sich einmal vor, ein Mensch geht mit rückwärtiger Präsenz gekoppelt mit dem Brust-raus-Bauch-rein-Tipp auf die Rednerbühne. Authentizität, die viel Gepriesene, geht anders.

Übung

Den vorderen Präsenzraum stärken

Stellen Sie sich zunächst hin (egal wie) und gehen Sie in die Bauchatmung, wie auf Seite 19...

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