Sie sind hier
E-Book

Die Römische Kaiserzeit - Teil 2

Von Augustus bis Severus Alexander

AutorKlaus Sebastian
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl348 Seiten
ISBN9783738671056
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Mit der römischen Kaiserzeit von Augustus bis Severus Alexander hat das aus zwei Bänden bestehende Buch eine Epoche zum Thema, die die bedeutendste Weltreichsbildung der Geschichte auf ihren Höhepunkt geführt und uns ein reiches kulturelles Erbe hinterlassen hat, das noch heute einen wesentlichen Bestandteil unseres westlichen Selbstverständnisses darstellt. Dem Rechnung tragend, wird die römische Kaiserzeit aus einer Vielzahl von Perspektiven zur Anschauung gebracht. Neben der Ereignisgeschichte mit den ihr zugrundeliegenden, von ihr aber auch veränderten Strukturen staatlicher, politischer, gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und mentaler Art und neben der Technik und dem Alltagsleben werden daher auch die Manifestationen des kulturellen und geistigen Lebens dieser Zeit behandelt, wobei nicht nur die "heidnische", sondern selbstverständlich auch die jüdische und christliche Seite mit einbezogen werden; wie denn auch das Weltbild der Kaiserzeit - inklusive seines astrologischen Pendants und der alternativen Weltvorstellungen - sowie das kaiserzeitliche Erdbild eine ausführliche Darstellung erhalten. Ferner soll durch einen panoramaartigen Rundblick über die Provinzen daran erinnert werden, dass das Römische Reich aus einer Vielzahl von unterschiedlichen Landschaften/Provinzen/Ländern bestanden hat, die nicht nur Teil eines großen Ganzen waren, sondern auch ein ausgeprägtes Eigenleben geführt haben. Und nicht zuletzt wird besonderes Gewicht auf die Darstellung der städtischen Kultur und Zivilisation des Reiches gelegt; zum einen, weil die Stadtgemeinden ("Lokalstaaten") ein konstitutives Element des römischen Staatsbaus und der römischen Weltherrschaft gewesen sind; zum anderen, weil die Urbanisation der Kaiserzeit das Bild der Städtelandschaft in den davon betroffenen Regionen bis heute maßgeblich geprägt hat; und schließlich, weil sich in der römischen Stadt das Römertum in seinen politischen und sozialen Aspekten und der Prozess der Romanisierung am sinnfälligsten ausgeprägt haben. Teil 1 (ISBN 9783734782626) behandelt die Zeit von Augustus bis Hadrian, Teil 2 (ISBN 9783734782671) die Zeit von Antoninus Pius bis Severus Alexander.

Der Autor hat in den 1960er Jahren an der Universität Köln u.a. Alte Geschichte studiert, sich danach jahrzehntelang intensiv mit den Quellen und der wissenschaftlichen Literatur zur Römischen Kaiserzeit beschäftigt und viele Reisen durch Landschaften unternommen, die einst zum Römischen Reich gehört haben.

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe

II. DAS IMPERIUM ROMANUM UND SEINE LANDSCHAFTEN


Das Imperium Romanum – im offiziellen römischen Sprachgebrauch „der Erdkreis“ (orbis terrarum) oder „unser Erdkreis“ (orbis noster) – umfaßte Mitte des 2. Jh. eine Fläche von etwa 5 Mio. qkm. Das entspricht ungefähr dem Vierzehnfachen des Staatsgebietes des heutigen Deutschland oder zwei Dritteln des Territoriums der USA ohne Alaska oder einem knappen Siebtel der Fläche des Britischen Empire auf dem Höhepunkt seiner Ausdehnung.

Die Einwohnerzahl des Imperiums wird für die damalige Zeit auf etwa 60 Millionen geschätzt, was einer Bevölkerungsdichte von ca. 12 Menschen pro qkm gleichkäme (oder etwa einem Achtel der Bevölkerungsdichte des heutigen Frankreich). Der außeritalische Teil des Reiches war Mitte des 2. Jh. in ca. vierzig Provinzen organisiert. Die Zahl der lokalen Selbstverwaltungseinheiten – Stadtgemeinden, Stammesgemeinden mit (städtischem) Zentralort und, vereinzelt, Tempelherrschaften – belief sich für Italien und die Provinzen auf 1500–2000. Es handelte sich hierbei um römische Kolonien und Municipien; um Gemeinwesen latinischen Rechts (die in der Narbonensis und den Drei Gallien statt der sonst üblichen Bezeichnung „Municipium“ den Titel „Kolonie“ trugen [wie beispielsweise Augusta Treverorum/Trier]); um „verbündete“, „freie“ oder „tributpflichtige“ Gemeinwesen peregrinen („fremden“) Rechts, also griechische Poleis und (nach römischem Muster organisierte) Stammesgemeinden (civitates), die (noch) nicht durch die Verleihung des römischen oder latinischen Rechts ausgezeichnet worden waren; und schließlich um lokale Tempelherrschaften (wie beispielsweise in Kappadokien). Die Gesamtzahl der Städte im Reich – in einem ganz allgemeinen Sinn – war aber wohl größer als die der Selbstverwaltungseinheiten. Zwar gab es Vororte von Stammesgemeinden – z.B. im Inneren von Dalmatien –, die eher Dörfern als Städten glichen; doch fanden sich auf der anderen Seite, etwa auf den Territorien großer gallischer Stammesgemeinden, neben den Civitas-Vororten nicht selten noch weitere Ansiedlungen (vici), im Durchschnitt wohl drei bis vier, denen man bezüglich ihrer Größe, Einwohnerzahl, baulichen Ausstattung und wirtschaftlichen Bedeutung sowie der sozialen und beruflichen Differenzierung ihrer Bewohner den Charakter von „Städten“ nicht absprechen konnte. Zu nennen wären etwa Alesia/Alise-Sainte-Reine in der Civitas der Haeduer, Lousanna/Lausanne auf dem Gebiet der Helvetier und (Homburg-)Schwarzenacker auf dem Territorium der Mediomatriker. Stadtähnliche Dimensionen und städtisches Aussehen besaßen auch nicht wenige Canabae im Schatten der Legionslager an Rhein, Donau und andernorts, die wie die Vici auf den Stammesterritorien für ihre lokalen Belange eigene Selbstverwaltungsorgane hatten: einen Rat, zwei „Gemeindevorsteher“ und andere „Beamte“. Aber obwohl gerade die Lagervorstädte naturgemäß einen hohen Grad an Romanisierung aufwiesen, sind sie trotzdem normalerweise nicht zu „Stadtgemeinden“ im rechtlichen Sinne erhoben worden. Mogontiacum/Mainz z.B., aus den Canabae des Legionslagers und mehreren zum Rhein hin gelegenen Zivilsiedlungen zusammengewachsen und zweifellos eine der größeren „Städte“ im Westen des Reiches, hat anscheinend erst Ende des 3. Jh. – und auch das ist nicht über jeden Zweifel erhaben – den Rechtsstatus eines römischen Municipiums erworben.

Es war die heimatliche Kolonie oder Polis, das Municipium oder die Stammesgemeinde samt dem zur jeweiligen Selbstverwaltungseinheit gehörigen Territorium, die im Erleben und Empfinden des durchschnittlichen Provinzbewohners Heimat, „Staat“ und „Vaterland“ darstellten und nicht die Provinz oder gar das Reich als Ganzes. Dennoch gab es daneben auch überregionale Orientierungen wie z.B. das Bewußtsein der Inhaber des römischen Bürgerrechts, unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft und Zugehörigkeit zu einer Stadt- oder Stammesgemeinde Angehörige des weltbeherrschenden römischen „Volkes“ zu sein; die Bereitschaft der Bewohner der Apenninenhalbinsel, nicht nur ihre jeweilige Vaterstadt, sondern ganz Italien als ihre Heimat anzusehen; der Stolz der Griechen auf ihr Hellenentum; das Weltbürgertum vieler Philosophen; die Gewißheit der Juden in aller Welt, dem von Gott auserwählten Volk anzugehören; oder die Loyalität der Christen gegenüber einem Reich, das nicht von dieser Welt war. Inwieweit die jährlichen Provinziallandtage (concilia; koina) – zumindest bei der provinzialen Führungsschicht und der Bevölkerung des Versammlungsortes – eine Art provinziales Zusammengehörigkeitsgefühl ins Leben gerufen haben, muß dahingestellt bleiben; in einigen Provinzen, darunter Ägypten und Griechenland, scheint eine solche Institution im übrigen auch gar nicht ins Leben gerufen worden zu sein. Hauptzweck der Provinziallandtage waren ohnehin der Kaiserkult und die Austragung der damit verbundenen Spiele; doch konnten die am Kultort versammelten Vertreter der einzelnen Stadt- oder Stammesgemeinden sich über diese Institution auch mit Bitten oder Beschwerden an Rom wenden, was auf die Amtsführung der römischen Hoheitsträger im Verlauf der Kaiserzeit wohl auch einen mäßigenden Einfluß auszuüben vermocht hat.

Die Sprache der römischen Reichsadministration und der römischen Streitkräfte war im ganzen Imperium selbstverständlich Latein. Kultur- und Verkehrssprache war im Westen ebenfalls Latein, in der östlichen Reichshälfte Griechisch. Die Sprachgrenze verlief in Afrika zwischen Tripolitanien und der Kyrenaika, in Europa zwischen Dalmatien/Moesien einer und Makedonien/Thrakien andererseits, doch gehörte die niedermösische Schwarzmeerküste noch zum griechischen Sprachgebiet. Sizilien war zweisprachig, z.T. auch das Küstengebiet Unteritaliens und der Narbonensis. Außerhalb der Apenninenhalbinsel bzw. Griechenlands und der übrigen völlig romanisierten respektive hellenisierten Landschaften waren Latein und Griechisch in ihrer jeweiligen Reichshälfte vor allem in den Städten und deren näherer Umgebung verbreitet. Während sich die gebildete lateinische Welt (in erster Linie natürlich im Mittelmeerraum) auch um den Erwerb der griechischen Sprache und um die griechische Kultur bemühte, sah die Lage in der östlichen Reichshälfte ganz anders aus. Griechische Literaten und Intellektuelle z.B. haben die lateinische Geisteswelt – mit alleiniger Ausnahme der Historiographie – in ihren Werken gänzlich ignoriert; und unter den Angehörigen der griechischen Munizipalaristokratie, die inzwischen doch weitgehend das römische Bürgerrecht besaß, war die Kenntnis der lateinischen Sprache noch immer eine Seltenheit, wenn die Beherrschung des Lateinischen für Römer aus dem griechischen Kulturraum auch die Voraussetzung bildete, um zur ritterständischen oder senatorischen Ämterkarriere zugelassen zu werden. Selbst in den römischen Kolonien im Osten war das Griechische, wie datierbare Inschriften zeigen, immer weiter auf dem Vormarsch. Doch hat sich andererseits in der Kolonie Berytus/Beirut im phönikischen Teil Syriens ab der Mitte des 3. Jh. eine berühmte Schule des römischen Rechts herausgebildet. Das beharrliche und von Rom niemals in Frage gestellte Festhalten der Griechen an ihrer Sprache und Kultur, an ihren Institutionen usw. hat denn auch zur Folge gehabt, daß während der Kaiserzeit keiner griechischen Polis römisches Municipalrecht verliehen worden ist; doch haben die römischen Kaiser nicht davon Abstand genommen, im griechischen Kulturraum römische Kolonien zu gründen. Gelegentlich sind von ihnen dort aber auch Städte nach griechischem Muster ins Leben gerufen worden; zu nennen wären etwa die von Hadrian gegründeten Poleis Hadrianopolis/Edirne in Thrakien, Hadrianotherai im kleinasiatischen Mysien und Antinoopolis in Ägypten.

Eine gewisse Romanisierung der griechischen Welt kam allerdings darin zum Ausdruck, daß zahlreiche lateinische Vokabeln als Lehnwörter Eingang in die griechische Umgangssprache fanden; daß die Städte im Osten sich nach römischem Vorbild Wasserleitungen und Thermen zulegten; daß sie mitunter auch Amphitheater erbauten oder bestehende Theater zu solchen umbauten (wie z.B. Pergamon, Antiochien, das zyprische Salamis und Kyrene) oder die Veranstaltung von Fechterspielen zumindest dadurch zu ermöglichen suchten, daß sie den Kurvenbereich ihres Stadions dazu benutzten oder die Orchestren in ihren Theatern tieferlegten; und daß sie aus dem westlichen Bereich den Bau von Podiumstempeln und freistehenden Theatern übernahmen. Schließlich hat auch die Sitte der Sarkophagbestattung, die sich seit dem Beginn des 2. Jh. von Rom und Ostia auszubreiten begann, im Osten rasch Anklang gefunden.

Im Westen war im Zuge der fortschreitenden Romanisierung die lateinische Sprache in stetiger Ausbreitung begriffen, wenn auch außerhalb der Oberschichten vornehmlich in der Form des sog. Vulgärlateins. Gebiete intensiver Romanisierung stellten der Süden und Osten Spaniens, Südgallien, der Lyoner Raum, das Moselland, das Rheinland, das dalmatinische...

Blick ins Buch

Weitere E-Books zum Thema: Europa - Geschichte und Geografie

Faschistische Selbstdarstellung

E-Book Faschistische Selbstdarstellung
Eine Retortenstadt Mussolinis als Bühne des Faschismus Format: PDF

Unter dem italienischen Faschismus wurden südlich von Rom neue Städte in den ehemaligen Pontinischen Sümpfen gegründet. Diese faschistischen Retortenstädte verknüpften neue sozialpolitische Modelle…

Faschistische Selbstdarstellung

E-Book Faschistische Selbstdarstellung
Eine Retortenstadt Mussolinis als Bühne des Faschismus Format: PDF

Unter dem italienischen Faschismus wurden südlich von Rom neue Städte in den ehemaligen Pontinischen Sümpfen gegründet. Diese faschistischen Retortenstädte verknüpften neue sozialpolitische Modelle…

Faschistische Selbstdarstellung

E-Book Faschistische Selbstdarstellung
Eine Retortenstadt Mussolinis als Bühne des Faschismus Format: PDF

Unter dem italienischen Faschismus wurden südlich von Rom neue Städte in den ehemaligen Pontinischen Sümpfen gegründet. Diese faschistischen Retortenstädte verknüpften neue sozialpolitische Modelle…

Faschistische Selbstdarstellung

E-Book Faschistische Selbstdarstellung
Eine Retortenstadt Mussolinis als Bühne des Faschismus Format: PDF

Unter dem italienischen Faschismus wurden südlich von Rom neue Städte in den ehemaligen Pontinischen Sümpfen gegründet. Diese faschistischen Retortenstädte verknüpften neue sozialpolitische Modelle…

Spätmoderne

E-Book Spätmoderne
Lyrik des 20. Jahrhunderts in Ost-Mittel-Europa I Format: PDF

Der Sammelband „Spätmoderne" bildet den Auftakt zur Reihe „Lyrik des 20. Jahrhunderts in Ost-Mittel-Europa" und widmet sich zuvorderst osteuropäischen Dichtwerken, die zwischen 1920 und 1940…

Spätmoderne

E-Book Spätmoderne
Lyrik des 20. Jahrhunderts in Ost-Mittel-Europa I Format: PDF

Der Sammelband „Spätmoderne" bildet den Auftakt zur Reihe „Lyrik des 20. Jahrhunderts in Ost-Mittel-Europa" und widmet sich zuvorderst osteuropäischen Dichtwerken, die zwischen 1920 und 1940…

Weitere Zeitschriften

ARCH+.

ARCH+.

ARCH+ ist eine unabhängige, konzeptuelle Zeitschrift für Architektur und Urbanismus. Der Name ist zugleich Programm: mehr als Architektur. Jedes vierteljährlich erscheinende Heft beleuchtet ...

bank und markt

bank und markt

Zeitschrift für Banking - die führende Fachzeitschrift für den Markt und Wettbewerb der Finanzdienstleister, erscheint seit 1972 monatlich. Leitthemen Absatz und Akquise im Multichannel ...

BMW Magazin

BMW Magazin

Unter dem Motto „DRIVEN" steht das BMW Magazin für Antrieb, Leidenschaft und Energie − und die Haltung, im Leben niemals stehen zu bleiben.Das Kundenmagazin der BMW AG inszeniert die neuesten ...

DGIP-intern

DGIP-intern

Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Individualpsychologie e.V. (DGIP) für ihre Mitglieder Die Mitglieder der DGIP erhalten viermal jährlich das Mitteilungsblatt „DGIP-intern“ ...

Evangelische Theologie

Evangelische Theologie

Über »Evangelische Theologie« In interdisziplinären Themenheften gibt die Evangelische Theologie entscheidende Impulse, die komplexe Einheit der Theologie wahrzunehmen. Neben den Themenheften ...