Die Natur versteht keinen Spaß. (Johann Wolfgang von Goethe)
Die Volksrepublik China wandelt sich von einem kommunistischen zu einem kapitalistischen Staat. Der damit einhergehende wirtschaftliche Aufschwung der vergangenen Jahre hat deutliche Auswirkungen gehabt – zum einen auf das Bruttoinlandsprodukt, die Einkommen und die Anzahl der Menschen, die in Armut leben, zum anderen aber auch auf die Umwelt, die natürlichen Ressourcen, die Lebensgrundlage vieler.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Veränderungen der natürlichen Umwelt und deren Konsequenzen. Ziel ist es, ein umfassendes Bild der Umweltproblematik in China zu vermitteln und so didaktisch aufzuarbeiten, dass eine Umsetzung im Unterricht erleichtert wird. Der erste Teil geht ausführlich auf die Zerstörung und aktuelle Situation der Umweltfaktoren Wasser, Luft und Boden ein. Hierbei werden Entwicklungen aufgezeigt und mögliche Verbesserungs- bzw. Steuerungsmaßnahmen diskutiert. Der zweite Teil beginnt mit einem kurzen Abriss über die historischen Entwicklungen des Umweltschutzes in China. Daran anschließend werden Umweltschutzorganisationen vorgestellt und die aufkeimende Umweltschutzbewegung, die in westlichen Medien zumeist keine große Aufmerksamkeit erfährt, porträtiert. Im dritten Teil schließt sich eine Untersuchung über das Umweltbewusstsein in China an. Durch die Kooperation mit der Beijing-Normal-University in Beijing – im Rahmen einer Exkursion der Universität Würzburg im September 2006 – war es möglich, eine Befragung durchzuführen, deren Ergebnisse unter 4. ausführlich dargestellt und im Vergleich mit den Ergebnissen deutscher Studien über Umweltbewusstsein diskutiert werden. Die Frage nach dem Umweltbewusstsein bezieht ihre Relevanz aus der Annahme, dass Veränderung nur stattfindet, wenn ein Problembewusstsein vorhanden ist. Besondere Beachtung verdient hierbei der Umstand, dass die Informationspolitik des Landes noch immer mangelhaft erscheint. Hypothese ist, dass sich trotz dieser Gegebenheiten in der Bevölkerung ein breites Bewusstsein für die prekäre Lage der Umwelt durchsetzen konnte.
Der letzte Teil schließt mit einer didaktischen Aufarbeitung des Themenkomplexes Umweltschutz und -verschmutzung in China, die dem Lehrer eine Hilfe zur Vorbereitung einer Unterrichtseinheit an die Hand gibt. Anhand ausgewählter Beispiele werden Unterrichtsmaterialien für die Diskussion verschiedener Fragestellungen erarbeitet.
Die beiden Hauptaspekte Umweltzerstörung (Kapitel 2) und Umweltschutz (Kapitel 3) stützen sich auf eingehende Literaturrecherchen sowie persönliche Eindrücke vor Ort, wobei aufgrund der Aktualität des Themas verstärkt auf Fachzeitschriften zurückgegriffen wurde. Für die Untersuchung des Umweltbewusstseins in Kapitel 4 wurde eigens ein Fragebogen entwickelt, der im Anhang vollständig, sowohl auf Deutsch als auch Englisch, wiedergegeben ist. Die Befragung fand zum einen während eines Aufenthaltes in China im September 2006 und zum anderen unter in Deutschland lebenden Chinesen statt. Für die didaktische Aufarbeitung in Kapitel 5 schließlich wurden Materialien – wie beispielsweise Kopiervorlagen – eigenständig erstellt.
Umweltschutz:
Umweltschutz ist die Gesamtheit aller Maßnahmen, welche die Umwelt vor nachteiligen, durch die Tätigkeit des Menschen bedingten Veränderungen schützen und dadurch den Menschen dauerhaft eine lebenswerte Umwelt erhalten soll.[1] Das englische „environmentalism“ bezeichnet gleichermaßen den Umweltschutz wie die Umweltschutzbewegung. Peter Ho versteht hierunter gemeinsame freiwillige Aktivitäten, um die Umwelt zu schützen. Durch das „-ism“ wird angedeutet, dass es sich hierbei um Überzeugungen und Werte handelt, in diesem Fall die Erhaltung der Erde und die Entwicklung der Menschheit[2].
Umweltbewusstsein:
Unter Umweltbewusstsein definiert der Sachverständigenrat für Umweltfragen die „Einsicht in die Gefährdung der natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen durch diesen selbst, verbunden mit der Bereitschaft zur Abhilfe“.[3]
Diese Begriffsbestimmung ist auch heute noch aktuell, wurde aber inzwischen differenziert. Heute werden verschiedene Komponenten des Umweltbewusstseins unterschieden – an vorderster Stelle Umweltwissen, Umwelteinstellungen, Umweltverhalten und Verhaltensintentionen:
Umweltwissen beschreibt den Kenntnis- und Informationsstand einer Person über Umwelt und Natur, über Trends und Entwicklungen in ökologischen Aufmerksamkeitsfeldern.
Unter Umwelteinstellungen werden neben Einstellungen zu Fragen des Umweltschutzes im engeren Sinne auch Ängste, Empörung, Zorn und Betroffenheit sowie persönliche Grundorientierungen und auf die Umwelt bezogene Werthaltungen verstanden.
Mit Umweltverhalten wird das individuelle Verhalten in relevanten Alltagssituationen bezeichnet.
Davon zu unterscheiden sind Handlungsbereitschaft und Verhaltensintentionen, das heißt Bekundungen, sich in Zukunft so und nicht anders verhalten zu wollen.
Der wissenschaftliche Begriff Umweltbewusstsein umfasst in der Regel alle genannten Komponenten, während in der politischen Diskussion üblicherweise lediglich eine Unterscheidung von Umweltbewusstsein und Umweltverhalten vorgenommen wird. Es wird also zwischen Wissen, Einstellungen sowie Verhaltensintentionen einerseits und dem tatsächlichen Umwelthandeln andererseits unterschieden.[4]
Eine ausführliche Diskussion des Begriffs Umweltbewusstsein findet sich unter 4.1.
Dank des beispiellosen chinesischen Wirtschaftsaufschwungs – zweistellige Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts seit mehr als zehn Jahren – und vor allem auch aufgrund seiner gewaltigen Größe – im Jahr 2005 lebten rund 1.300.000.000 Menschen in China[5], das entspricht rechnerisch jedem fünften Bewohner dieses Planeten – erfährt das Land eine hohe Aufmerksamkeit. Die Medienpräsenz ist beeindruckend. So lassen sich für den zurückliegenden Zweijahreszeitraum allein in der Süddeutschen Zeitung 1243, in Die Zeit 1116 und im Spiegel 444 Beiträge über China zählen. Chinas Weg zum Kapitalismus eröffnet viele spannende Einblicke und wirft gleichzeitig Fragen auf. Die Probleme, die möglicherweise andere Entwicklungsländer betreffen, potenzieren sich in China zu gewaltigen Ausmaßen. Trotz eines noch niedrigen Energieverbrauchs pro Einwohner und einer geringen Kfz-Dichte, ist China bereits der zweitgrößte CO2-Emittent der Welt. Im Hinblick auf Schlagworte wie Klimawandel, Erwärmung der Erde, Treibhauseffekt, Kyoto-Protokoll, natürliche Ressourcen, nachhaltige Entwicklung und Umweltschutz dürfen solche Entwicklungen selbstverständlich nicht unberücksichtigt bleiben. Durch die starken Kontraste zwischen der dicht besiedelten, zum Teil hoch entwickelten Küstenregion und den weiten, oftmals stark landwirtschaftlich geprägten Teilen des Hinterlandes, wird die Frage nach der Definition eines Entwicklungslandes besonders spannend. Auch die Frage der Vorrangigkeit von Wirtschaftswachstum oder Umweltschutz wird durch das enorme Tempo des Aufstiegs extrem zugespitzt. Die Notwendigkeit, die Natur zu schützen, die in China besonders deutlich wird, wirft aber immer auch Fragen nach der Legitimität eines Beraters oder gar Gesetzgebers auf, der für sich bestimmte Privilegien oder Vorrechte beansprucht. Die Annahme, dass die Welt nicht die Kapazität hat, alle Menschen auf dem Konsumniveau der heutigen westlichen Länder zu tragen, impliziert Fragen, die gleichsam jeden betreffen.
Für den Geographie-Unterricht sind sowohl die Volksrepublik China als auch der Umweltschutz von großer Bedeutung. In den neuen Lehrplänen des achtjährigen Gymnasiums in Bayern (G8) beispielsweise finden sich diese beiden Komplexe gleich mehrfach. Im fünften sowie siebten Jahrgang sind jeweils die Maßnahmen und Bedeutung des Natur- und Umweltschutzes aufgeführt. In der achten Klasse sieht der Lehrplan den Erwerb von Grundwissen über einen verantwortungsbewussten Umgang mit Ressourcen und Ansätze einer nachhaltigen Entwicklung vor. Weiterhin sollen Merkmale und Probleme von Entwicklungsländern thematisiert werden. Der Jahrgang zehn schließlich (Lehrpläne für die Oberstufe liegen aktuell noch nicht vor) führt explizit den topographischen und naturräumlichen Überblick über China auf. Darüber hinaus können aber auch die Ursachen und Folgen von Bevölkerungsentwicklungen, Entwicklungswege und -probleme von Ländern unterschiedlichen Entwicklungsstands, wirtschaftliche Strukturen und Prozesse in Wirtschaftsmächten des asiatischen und pazifischen Raumes, Kennzeichen und Folgen der Globalisierung und nachhaltige Entwicklung hervorragend am Beispiel Chinas problematisiert werden.[6]
Die Thematik der Umwelt in China nimmt also sowohl...