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Die unbekannteren Göttinnen

Die Götter der Germanen Band 29

AutorHarry Eilenstein
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl308 Seiten
ISBN9783744812368
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Die Reihe Die achtzigbändige Reihe "Die Götter der Germanen" stellt die Gottheiten und jeden Aspekt der Religion der Germanen anhand der schriftlichen Überlieferung und der archäologischen Funde detailliert dar. Dabei werden zu jeder Gottheit und zu jedem Thema außer den germanischen Quellen auch die Zusammenhänge zu den anderen indogermanischen Religionen dargestellt und, wenn möglich, deren Wurzeln in der Jungsteinzeit und Altsteinzeit. Daneben werden auch jeweils Möglichkeiten gezeigt, was eine solche alte Religion für die heutige Zeit bedeuten kann - schließlich ist eine Religion zu einem großen Teil stets der Versuch, die Welt und die Möglichkeiten der Menschen in ihr zu beschreiben. Das Buch Neben den bekannten Göttinnen wie Frigg, Freya, Gerdr, Idun, Hel oder Jörd gibt es auch noch 50 unbekanntere Göttinnen. 24 von ihnen sind Aspekte der Freya, je 2 sind Aspekte der Frigg, der Skadi und der Sif sowie eine ein Aspekt der Gerdr. Die übrigen 19 Göttinnen sind weitgehend eigenständig. Die bekannteren von ihnen sind Heid, Gullveig, Lofn, Thorgerdr, Thrudr und Fulla. Einige von ihnen wie Thorgerdr und Fulla müssen einst in Kult und Magie recht wichtig gewesen sein. Der in den Liedern und Sagas beschriebene Charakter dieser Göttinnen fügt den bekannteren Asinnen noch eine Vielzahl von neuen Facetten hinzu.

Ich bin 1956 geboren und befasse mich nun seit 40 Jahren intensiv mit Magie, Religion, Meditation, Astrologie, Psychologie und verwandten Themen. Im Laufe der Zeit habe ich ca. 80 Bücher und ca. 50 Artikel für verschiedene Zeitschriften verfasst. Seit 2007 habe ich meine jahrzehntelange Nebentätigkeit ausgeweitet und bin nun hauptberuflich Lebensberater. Dies umfasst die eigentlichen Beratungen, aber auch das Deuten von Horoskopen, Heilungen, Rituale, Hilfe bei Spukhäusern u.ä. Problemen, Ausbildung in Meditation und Feng Shui und vieles mehr. Auf meiner Website www.HarryEilenstein.de finden Sie einen Teil meiner neueren Artikel und auch einen ausführlichen Lebenslauf.

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Leseprobe

I Erscheinungsformen der Freya


24 der 50 unbekannteren Göttinnen, also ungefähr die Hälfte, sind Beinamen oder Erscheinungsformen der Freya, also teilweise oder vollständige Verselbständigungen von bestimmten Beinamen, Aspekten oder Funktionen der Freya.

Die erste Hälfte der Kapitel dieses Buches ist daher auch eine Ergänzung des Bandes 22 über die Göttin Freya.

1. Die Göttin Eir

1. a) Der Name „Eir“

Die Bedeutung des Namens „Eir“ stimmt völlig mit ihrer Charakterisierung in „Gylfis Vision“ überein, da er „Hilfe, Gnade“ bedeutet.

1. b) Gylfis Vision

Die klarste, aber leider auch sehr kurze Aussage über Eir findet sich in „Gylfis Vision“ in der Edda in einer Aufzählung der Asinnen:

„Die dritte ist Eir, die Beste der Heilerinnen.“

1. c) Fiölswin-Lied

Im Fiölswin-Lied, das die Reise des Svipdag zu Menglöd beschreibt, erscheint Eir als eine der Dienerinnen der Menglöd.

Menglöd ist identisch mit Freya, wie ihr Name zeigt, der „die, die ihren Halsreif liebt“ bedeutet – mit diesem Halsreif wird Freyas Brisingamen gemeint sein, der wie Odins Ring Draupnir und die Torques der Kelten ein Symbol der erfolgreichen Jenseitsreise ist.

So wie „Menglöd“ von „Brisingamen“ abgeleitet worden sein wird, so wird auch Freyas Riesinnen-Name „Menja“ von diesen beiden Namen abstammen. „Men“ bedeutet „Schmuckstück“. Das kaum bekannte Wort „brisinga“ bedeutet in etwa „Feuer, Bernstein, Sonne, leuchten“ – man kann „Brisingamen“ in guter Näherung mit „Sonnenring“ übersetzten.

Vermutlich wird das Heilen wie in den Mythologien der meisten anderen Völker als eine Erweiterung der Wiedergeburt aufgefaßt worden sein: Derjenige, der den Tod „heilen“ kann, kann auch jede Krankheit heilen. Daher sind es fast immer die Toten- und Jenseitsgöttinnen sowie die Schamanengötter, von denen sich die Heiler- und Heilerinnengottheiten abgeleitet haben.

Eir die Heilerin

Eir tritt in der folgenden Szene des Fiölswin-Liedes auf:

Windkald (Tyr-Svipdag):

Sage mir, Fiölswin, was ich Dich fragen will

Und zu wissen wünsche:

Wie heißen die Mädchen, die vor Menglöds Knien

Einig beisammen sitzen?

Fiölswin (Odin):

Hlif heißt eine, die andere Hlifthursa,

Die dritte Dietwarta,

Biört und Blid, Blidur und Frid,

Eir und Örboda.

Diese neun Mädchen erinnern an die neun Töchter der Meeres- und Jenseitsgöttin Ran und auch an die neun Tage, nach denen von Draupnir acht identische Ringe abtropfen, sodaß es dann neun Ringe sind, sowie andere Stellen, an denen die „9“ als die Zahl des Jenseits erscheint. Die neun Mädchen der Menglöd sind daher ein recht sicherer Hinweis darauf, daß die Szene im Jenseits spielt.

Die Bedeutungen der Namen der neun Mädchen sind sich alle sehr ähnlich: „Eir“ ist das germanische Wort für „Hilfe, Gnade“. Dazu paßt gut, daß „Hlif“ „Schützende“ bedeutet und „Hlifthursa“ „beschützende Riesin“. Auch die übrigen Namen der neun Mädchen fügen sich gut in diese Annahme: „Blid“ und „Blidur“ bedeuten „Sanfte“; „Frid“ und „Fridur“ bedeutet wahrscheinlich „Freundliche“ und „Dietwarta“ vermutlich „Volksschützerin“.

„Biört“ ist die „Glänzende“. Aus ihrem Namen wurde später „Bertha“, die eine hilfreiche Wintergöttin ist, die in den Märchen auch als „Frau Holle“ erscheint.

„Örboda“ ist ein Beiname der Göttin Ran. An den Textstellen, an denen Ran „Örboda“ genannt wird, heißt Rans Mann Tyr-Ägir „Gymir“. Der Name „Örboda“ in dieser Aufzählung bestätigt die Vermutung, daß diese neun Mädchen mit Rans neun Töchtern identisch sind. „Örboda“ oder „Aurboda“ bedeutet „Licht-Botin“. Sie ist u.a. die Mutter der Riesin Gerdr.

Da man davon ausgehen kann, daß die Mädchen der Göttin Freya-Menglöd Namen tragen, die Qualitäten ausdrücken, die Menglöd an ihren Schülerinnen schätzt, kann man aus diesen Namen schließen, daß auch Freya-Menglöd selber eine Heilerin ist und daß auch sie selber die Eigenschaften haben wird, nach denen ihre Mädchen benannt worden sind.

Eir im Hügelgrab

Menglöd wohnt auf bzw. in einem Berg, der den Namen „Hyfiaberg“ trägt, was „Heilberg“ bedeutet. Die Heilung scheint daher in Bezug auf Menglöd eine zentrale Bedeutung gehabt zu haben.

Svipdag ist die Sonne (Tyr), wie sein Name („Tagesanbruch“) und auch der Name seines Vaters Solbiart („Sonnenglänzender“) zeigt. Menglöd-Freyas Berg ist daher ein Hügelgrab, d.h. das Tor in die Unterwelt, aus der die Sonne jeden Morgen neugeboren zurückkehrt.

Der „Heilberg“ ist somit das reale Hügelgrab der Ahnen und das mythologische Hügelgrab des ehemaligen Sonnengott-Göttervaters Tyr, zu denen man ging, um Hilfe, Rat und Heilung zu erhalten. Diese Bitten scheint man vor allem an Freya-Menglöd und ihre neun Dienerinnen gerichtet zu haben.

Die beiden Strophen im Fiölswin-Lied, die sich auf diesen Berg beziehen, lauten:

Windkald (Tyr-Svipdag):

Sage mir, Fiölswin, was ich Dich fragen will

Und zu wissen wünsche:

Wie heißt der Berg, wo ich die Braut (Menglöd),

Die wunderschöne, schaue?

Fiölswin (Odin):

Hyfiaberg heißt er, Heilung und Trost

Ist er seit langem den Lahmen und Siechen.

Gesund ward jeder, wie alt auch das Übel war,

Der den Steilen erstieg.

Die Bezeichnung des Hyfiaberges als „steil“ ist vermutlich vor allem eine poetische Umschreibung.

Auch die Riesin Gunnlöd (=Freya?), zu der Odin in der Gestalt einer Schlange reist, wohnt in einem Berg/Hügelgrab.

Das Ritual der Eir

Svipdag und Odin unterhalten sich auch über die Rituale, mit deren Hilfe man die Hilfe der Menglöd und ihrer Mädchen, d.h. auch die Unterstützung der Eir erhalten kann:

Windkald (Tyr-Svipdag):

Sage mir, Fiölswin, was ich Dich fragen will

Und zu wissen wünsche:

Beschützen sie alle, die ihnen opfern,

Wenn sie dessen bedürfen?

Fiölswin (Odin):

Jeglichen Sommer, so ihnen geschlachtet

Wird an geweihtem Orte,

Welche Krankheit auch die Menschenkinder überkommt,

Jeden nehmen sie aus ihren Nöten.

Diese Schlachtopfer werden an verschiedenen Orten in der germanischen Überlieferung beschrieben. Eines der bekannteren Beispiel steht am Beginn der Mythe über den Raub der Asin Idun durch den Riesen Thiazi bzw. durch Loki: Diese Erzählung beginnt damit, daß der Schamanengott Odin, der Priestergott Hönir und Loki zusammen ein Opfermahl auf einem Steinaltar unter einer uralten Eiche (Weltenbaum) zubereiten, d.h. einen Stier für Thiazi (Tyr) kochen.

Eir am Weltenbaum

Es wird zwar nicht gesagt, daß der Berg der Menglöd am Weltenbaum steht, aber da dieser Baum eine wichtige Rolle in dem Gespräch zwischen Svipdag und Odin spielt, wird er wohl nicht weit von dem Hügelgrab entfernt stehen. Er scheint der „Schlüssel“ zu Menglöds Berg zu sein, d.h. der Eingang in die Unterwelt.

Windkald (Tyr-Svipdag):

Sage mir, Fiölswin, was ich Dich fragen will

Und zu wissen wünsche:

Wie heißt der Baum, der die Zweige breitet

Über alle Lande?

Fiölswinn (Odin):

Mimameid heißt er, Menschen wissen selten

Aus welcher Wurzel er wächst.

Niemand erfährt je, wie er zu fällen ist,

Da weder Schwert noch Feuer ihm schaden.

„Mimameid“ bedeutet „Mimirs Baum“. Da der Tyr-Riese Mimir („Erinnerung“) an der Quelle Hvergelmir („brodelnder Kessel“) unter dem Weltenbaum...

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