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E-Book

Die Wissensbilanz in der Pflegeausbildung

AutorChristian Balon
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl118 Seiten
ISBN9783656217596
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis36,99 EUR
Wissenschaftlicher Aufsatz aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Pflegewissenschaft - Sonstiges, , Sprache: Deutsch, Abstract: Dieses Buch ist eine stark erweiterte Fassung einer von mir verfassten Novizen-Thesis zum Thema Intellektuelles Kapital und Wissensbilanzierung in der Pflegeausbildung. Die primäre Fragestellung der Arbeit lautet: 'Wie kann das intellektuelle Kapital einer Gesundheits- und Krankenpflegeschule definiert und als Wissensbilanz dargestellt werden?' und ist ein Versuch, die Begrifflichkeit und Methodik der Wissensbilanzierung in den Pflegebereich, beginnend bei der Ausbildung, zu übertragen. Dieses Thema erscheint mir in der heutigen Zeit besonders wichtig, da sich der Gesundheits- und Sozialbereich vermehrt auch Gedanken über seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit machen muss. Die Meinung, Sozialbereiche sind Organisationen zur Selbstverwirklichung oder sie benötigen aus altruistischen Gründen kein Management, ist in der heutigen Zeit der angespannten Haushaltslagen nicht mehr länger aufrechtzuerhalten. Die Arbeit bietet daher mit dem Modell der Wissensbilanz eine Möglichkeit, ein Berichts- und Steuerungsinstrument für das Management zu entwickeln. Ich denke, die Methode der Wissensbilanzierung ist nicht nur für die Ausbildung von Interesse, sondern für jede Institution und Organisation im Gesundheits- und Pflegebereich.

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Leseprobe

1 Intellektuelles Kapital und Wissensmanagement


 

1.1 Intellektuelles Kapital


 

1.1.1 Definition und Komponenten des intellektuellen Kapitals


 

Im Gegensatz zur herkömmlichen Finanzbilanz versucht die Wissensbilanz das intellektuelle Kapital, d.h. die nicht-monetären Werte, von einem Unternehmen darzustellen.

 

Bei der Definition des Begriffes „intellektuelles Kapital“ gibt es in der internationalen Literatur verschiedene Ansätze. Im noch jungen Themenfeld intellektuelles Kapital werden international  unterschiedliche Begriffe wie: Intellectual capital, intellecutal resources, intangible assets, knowledge assets, human resources, intangible resources verwendet.[10] Diese unterschiedlichen Begrifflichkeiten sind zum Teil dafür verantwortlich, dass es noch keine einheitliche Definition des Begriffes gibt. Zusätzlich gibt es in der praktischen Verwendung unterschiedliche Kontexte.

 

Das Wissensmanagement verwendet eher die Begriffe „intellectual“, „knowledge“ und „human“, das es sich vorwiegend mit dem Mitarbeiter und seinem Wissen als Vermögenswert beschäftigt, die Rechnungslegung und Finanzabteilungen sprechen eher von „intangible“ (engl. nicht greifbar), da für sie auch Strukturen und Prozesse den Wert eines Unternehmens steigern können. Beispielsweise eröffnet der Ökonom Baruch Lev  seine Ausführungen zum intellektuellen Kapital mit der Feststellung: "Throughout this Volume I use the terms intangibles, knowledge assets, and intellectuall capital interchangeably. All three are widely used-intangibles in the accounting literature, knowledge assets by economist, and intellectual capital in the management and legal literature [...].[11]

 

Stewart - einer der ersten Pioniere auf diesem Gebiet - definierte 1991 intellektuelles Kapital als die Summe all dessen, was jeder Mitarbeiter eines Unternehmens weiß und was in diesem Zusammenhang dem Unternehmen einen wettbewerbstechnischen Vorteil am Markt ermöglicht. Neben dem Wissen und den Fähigkeiten der Mitarbeiter sind aber auch die Unternehmenskultur, die Unternehmensstruktur sowie die Beziehungen zu den Stakeholdern immaterielle Vermögenswerte.[12]

 

Eine weitere Definition lautet: „Intellektuelles Kapital sind Vermögensbestände, die schwer zu messen und in Zahlen auszudrücken sind. Zum Beispiel das Know-how der Mitarbeiter, Prozesse, die dabei helfen, Werte zu schaffen, Beziehungen zu Kunden und Lieferanten."[13]

 

 

Abbildung 1: Komponenten des intellektuellen Kapitals

 

Trotz einiger Formulierungsdifferenzen lassen sich aus den Definitionen drei Grundkategorien herauslesen: die menschliche Komponente, die Strukturen, die Prozesse sowie deren Beziehungen untereinander. Es hat sich daher eingebürgert, wie in Abbildung 1 dargestellt, intellektuelles Kapital in die drei Gruppen: Humankapital, Strukturkapital und Beziehungskapital zu unterteilen. Diese drei Kategorien sind nicht isoliert zu betrachten, sondern aufgrund von Quantifizierungs- und Messproblemen immer im Kontext mit der Unternehmens- und Managementphilosophie zu sehen.[14]

 

International wird das intellektuelle Kapital eines Unternehmens im „Intellectual Capital Report“ dargestellt,  im deutschsprachigen Raum hat sich dafür in den letzten zehn Jahren der Begriff Wissensbilanz eingebürgert. Eine Wissensbilanz, wie wir sie heute kennen, gibt also Auskunft über das intellektuelle Kapital eines Unternehmens, wobei dieses in Human-, Struktur- und Beziehungskapital unterteilt wird. Trotz der Gliederung in die drei vorher genannten Bereich, steht bei der Wissensbilanzierung primär der Mitarbeiter im Mittelpunkt.

 

1.1.2 Der Mitarbeiter und sein Wissen als Humankapital


 

Den Mitarbeiter als humanes Kapital, d.h. als Wert für ein Unternehmen anzusehen, hat eine lange Tradition, die aber auch polarisiert. 2004 hat die Gesellschaft für deutsche Sprache Humankapital zum Unwort des Jahres gewählt. Menschen sind oder sollen nur mehr ökonomisch, erfassbare Größen sein, so die Begründung.[15] Dass der Begriff Humankapital Menschen nicht abwertet, sondern sich bemüht, das Wissen und die Fähigkeiten von Menschen als Vermögensfaktor darzustellen, zeigen verschiedene Definitionen:

 

"Unter Humankapital kann man die fachlichen und sozialen Potenziale der Mitarbeiter und Führungskräfte eines Unternehmens verstehen. Diese lassen sich durch Bildung und Lernen steigern."[16]

 

"Humankapital ist die Summe allen Wissens aller Mitarbeiter, die einem Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Im Gegensatz zu herkömmlichen Vermögenswerten wie Land, Fabriken, Anlagen oder finanziellem Kapital.."[17]

 

Beide Definitionen zeigen einen deutlichen Schwerpunkt. Der Mitarbeiter wird durch diese Sichtweise nicht nur als Produktions- und Kostenfaktor gesehen, sondern als Wertzuwachs für das Unternehmen. Der Mitarbeiter wird losgelöst von einer eingeschränkten, kostenorientierten Betrachtung der Personalwirtschaft, das Management von Humankapital wird zu einem integralen Bestandteil der Unternehmensführung. [18]

 

Warum und wie sich der Begriff des Humankapitals entwickelt hat und von welchen verschiedenen Menschenbildern das Management beeinflusst war und ist, soll ein kurzer historischer Abriss näherbringen.

 

1.1.3 Historische Entwicklung des Humankapital-Begriffes


 

Die wissenschaftliche Beschäftigung mit Management und der Organisationslehre begann Anfang des 20. Jahrhunderts. Beispielsweise seien die Arbeiten von Max Weber und Frederic Winslow Taylor angeführt. Während sich Max Weber in seinem Bürokratieansatz überwiegend mit  den bürokratischen Herrschaftsstrukturen in Organisationen beschäftigt, bezieht sich Taylor und sein arbeitswissenschaftlicher Ansatz vermehrt auf Führungsfunktionen und die effiziente Organisation von Arbeitsprozessen, was als Grundlage der modernen Managementlehre gilt.[19]

 

Der deutsche Soziologe Max Weber stellt die Bürokratie als Grundform einer Organisation in den Vordergrund, deren wichtigsten Ziele Ordnung, System, Rationalität, Uniformität und Einheitlichkeit sind. Arbeitsabläufe sind in Form von Regeln fix definiert. Kontrolle über die Arbeitsergebnisse des Untergeordneten übernimmt der Übergeordnete streng hierarchisch. Der einzelne Mitarbeiter hat kaum Gestaltungsmöglichkeiten, er muss sich auf die Anwendung schriftlicher Regeln beschränken.[20] Wissen und Kreativität sind im bürokratischen System nicht gefragt, ebenso sollen zwischenmenschliche Beziehungen unpersönlich und nicht gefühlsbetont ablaufen, erlaubt sind sie nur dann, wenn sie den Ablauf in der Organisation nicht stören. Das bürokratische Modell nach Weber ist ein streng formalisiertes, geschlossenes System, auf Veränderungen der Gesellschaft bzw. der Umwelt kann es nur wenig bis gar nicht flexibel reagieren.

 

Bei Taylor steht weniger die Administration, sondern mehr die Optimierung von Produktions- bzw. Arbeitsprozessen im Vordergrund, er gilt als Begründer der wissenschaftlichen Betriebsführung (Scientific Management). . Für Taylor galt das Prinzip der maximalen Produktion, ohne den Arbeiter zu schädigen.

 

Da Taylor Ingenieur und Mathematiker war, zerlegte er komplexe Produktionsprozesse in einzelne Arbeitsschritte und führte zusätzlich Zeitmessungen durch, d.h. die effektivste und zeitsparendste Durchführung stand für ihn im Vordergrund. Das Resultat ist ein optimierter Arbeitsverrichtungsprozess, der gut dokumentiert  ausgewählten Personen gelehrt werden kann.[21]

 

Bei Taylor werden  geistige und körperliche Arbeit getrennt. Dem Arbeiter obliegt einzig die körperliche Ausführung, für deren Eignung er auch ausgewählt wird, dem Management gebührt die Planung, Kontrolle und Überwachung, also die geistige Dimension des Arbeitsprozesses. Taylors Lehre, auch als Taylorismus bezeichnet, erlebte ihren Höhepunkt durch die Erfindung des Fließbands durch den Industriellen Henry Ford. Hier wurden Arbeitsprozesse zu stereotypen Bewegungsmuster reduziert. Taylor betrachtete Urteile und Erfahrungen der Arbeiter nicht als Quelle neuen Wissens.[22]

 

Angeregt durch die Hawthorne-Studien (Einfluss von Umweltbedingungen auf die Arbeitsleistung, Verhalten und Gesundheit der Mitarbeiter) wurde um 1930 die Human-Relation-Bewegung aktiv. Bei ihr liegt der Fokus auf den zwischenmenschlichen Beziehungen am Arbeitsplatz und bei der Arbeitszufriedenheit, weniger auf der ökonomischen Funktion des Unternehmens. Die Aufgaben des Managements lagen nicht nur bei der Planung und Kontrolle, sondern auch bei der Ermöglichung guter sozialer Beziehungen und Arbeitsbedingungen.[23] Wissen und Fähigkeiten...

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