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EINFÜHRUNG
Noch nie in einer Friedensphase und in Zeiten relativer Stabilität hat das Thema Geld so viel Verunsicherung hervorgerufen wie heute. Obwohl wir in Deutschland im Wohlstand leben, obwohl unsere Wirtschaft brummt und obwohl es dem Arbeitsmarkt seit bald einem Jahrzehnt blendend geht und wir beim Export weltweit die Nase vorn haben, beschleicht uns permanent das Gefühl, dass der Wert unseres Geldes schwindet. Zugleich wird die Funktion unseres Bargelds ohne Not in Frage gestellt.
Wir wissen: Wirtschaft besteht zur Hälfte aus Psychologie. Beim Geld dagegen ist Psychologie alles. Denn unser Geld besitzt nur den Wert, den wir ihm und der dahinterstehenden Währung zumessen. Nicht jede Verunsicherung muss also auf Fundamentaldaten basieren. Vertrauen, Reputation, Image – so weich diese Faktoren erscheinen mögen – paradoxerweise machen sie ein Zahlungsmittel erst hart.
Der Euro schwankt in seinem Wert gegenüber anderen Währungen deutlich. Die Zinsen sind im Keller, wodurch wiederum viele klassische Geldanlagen ihren eigentlichen Zweck verloren haben. Viele Staaten machen massiv Schulden, gerade weil die Zinsen niedrig sind – was den Glauben an den Staat erodieren lässt. Dabei sprudeln die Steuereinnahmen in Deutschland so stark wie nie zuvor – was die Medien allen Ernstes als Positivmeldung verbuchen, als würde es sich bei Steuern nicht um unser eigenes Geld handeln.
Ich sprach eingangs von den aktuellen Friedenszeiten. Ganz so friedlich sind sie nicht, wie wir alle wissen. Im Nahen Osten herrscht seit Jahren ein verwirrender Krieg, dessen Folgen wir besonders in Deutschland zu spüren bekommen. Auch dies ist kein Punkt, der uns besser schlafen lässt und die Sorgen um unser Geld verringert.
Nicht nur unser Geld auf dem Konto – dabei handelt es sich übrigens nur um sogenannte Sichteinlagen –, sondern auch unsere Geldanlagen und Lebensversicherungen sind also in ihrem Wert bedroht; die Unsicherheit erfasst nun auch das Bargeld. Und die Politik befeuert dieses Gefühl. Dabei wäre es ihre allererste Aufgabe, für Ruhe zu sorgen. Wellenartig wird in den Medien das Ende des Bargelds thematisiert. Und dies ist kein Hirngespinst und auch keine Medienerfindung; Schweden etwa ist auf diesem Gebiet bereits sehr weit: Nahezu alle Umsätze werden dort schon elektronisch abgewickelt, selbst Kleinstbeträge werden per Kreditkarte bezahlt; viele Zahlungen lassen sich dort überhaupt nicht mehr bar bestreiten. Was zunächst praktisch klingt – auch wir genießen ja den Komfort bargeldloser Zahlungen – wird in dem Moment zum Problem, ab dem wir keine Wahl mehr haben, ab dem vielmehr der Staat uns nur noch die eine Möglichkeit vorschreibt, wie wir unsere Rechnungen zu begleichen haben. Er will gegebenenfalls durch eine Minuszins-Politik (die erst ohne Bargeld so richtig funktioniert) die Wirtschaft ankurbeln und eine bessere Kontrolle über unsere Geschäfte erhalten, die – das zeigt das Beispiel Schwedens – rasch 100 Prozent erreichen kann.
Ich persönlich finde das beängstigend. Denn der Staat und die von ihm abhängigen Banken bekommen damit die totale Verfügungsgewalt über unser Geld. Sie haben nicht nur einen Überblick über jede Ausgabe eines jeden Bürgers. Wenn er wollte, könnte der Staat auch zu drastischen Maßnahmen greifen: Er könnte unser Geld einfrieren, besteuern oder unsere Bankeinlagen mit Minuszinsen belegen.
Auch hierzulande, in der Euro-Zone, steht das Bargeld unter Druck. Das betrifft zunächst seine Stückelung. 2016 hat die Europäische Zentralbank (EZB) beschlossen, den 500-Euro-Schein abzuschaffen, Finanzminister Wolfgang Schäuble schlug vor, Barzahlungen auf 5.000 Euro pro Vorgang zu begrenzen – vorgeblich natürlich, um Korruption, Schattenwirtschaft und Kriminalität zu bekämpfen.
Haben wir denn eine Wahl? Der Staat hat naturgemäß die Gesetzgebungs- und Durchsetzungskompetenz. Nur er garantiert die Gültigkeit – nicht den inneren Wert – der Währung und ihrer Komponenten, also der Münzen und Noten, die er herstellt oder von Dienstleistern liefern lässt. Von einem Tag auf den anderen kann er über eine Währungsreform entscheiden oder zumindest verfügen, dass bestimmte Noten nicht mehr gültig sind. Im November 2016 gab es eine solche Verfügung in Indien. Über Nacht wurden dort 86 Prozent des Bargeldbestands an Rupien faktisch aus dem Verkehr gezogen. Die Banknoten mussten umgetauscht werden, was kontrolliert und restriktiv gehandhabt wurde. Die meisten Scheine, die bis gestern noch offizielles Zahlungsmittel waren, wurden auf dem – in diesem Fall in der reinen Wortbedeutung – Markt schlagartig wertlos, und der Wert, den sie repräsentierten, konnte nur noch über die Einzahlung auf ein Bankkonto erhalten werden. Wenn ein Milliardenvolk im Gleichschritt zur Bank marschieren muss, sind die Folgen klar: Die Wirtschaft, vor allem der Kleinhandel und Handel mit Alltagswaren, kam für Wochen zum Stillstand. Es liegt in der Natur der Sache, dass solchen Entscheidungen keine Lesungen und Debatten im Parlament vorausgehen. In Europa ist ja ohnehin die Europäische Zentralbank unabhängig von den Regierungen, während in Indien der Finanzminister einen solchen währungspolitischen Schritt anordnen kann. Doch solche Gewissheiten haben sich angesichts der Verwerfungen in diesem und anderen Politikbereichen bereits aufgelöst. Zumindest sollten wir uns im Hinblick auf unsere Währung, auf das Bargeld und auf Geldanlage und Zahlungsmittel ganz allgemein auf alles vorbereiten, auch wenn es uns momentan so gut geht wie selten zuvor und wie es sich die Bürger der meisten anderen Länder nur wünschen würden.
Viele Sparer und Geldanleger reagieren allerdings längst auf solch eine Gemenge- und Nachrichtenlage – es ist eine Abstimmung mit den Füßen. Sie suchen ihr finanzielles Heil wieder in Sachwerten. Die Immobilienpreise in deutschen Großstädten sind auch deswegen so extrem angestiegen, weil die Investoren nach sicheren Häfen fahnden. Die Rendite ist ihnen dabei oft egal; Hauptsache, das Geld ist (vermeintlich) solide angelegt. Dass Häuser überteuert gekauft werden oder dass ein Immobilienkäufer durch die zu geringen Mieteinnahmen in vielen Städten gar keine schwarzen Zahlen bei seiner Kapitelanlage erzielen kann, ist zweitrangig. Auch Aktien bieten sich als Realwerte an, allerdings sind vielen Anlegern die Kursschwankungen an den Börsen suspekt und entziehen sich ihrem Verständnis. Für viele sind daher Edelmetalle wie Gold eine interessante Alternative. Darauf werde ich in diesem Buch speziell eingehen, da ich von ihrer Zukunft überzeugt bin. Auch Kryptowährungen wecken Begierde und Neugierde zugleich. Sie werden aller Voraussicht nach nicht das klassische Geld ersetzen – allein schon deshalb, weil sie der Staat jederzeit verbieten könnte. Kryptowährungen sind aber als Technologie hochgradig faszinierend und perspektivreich.
Nun haben Geld und Vermögensanlagen ja verschiedene Funktionen. Einerseits geht es um das persönliche Besitzen, Investieren, Mehren oder Erhalten – anderseits um profane Zahlungsvorgänge. Ich möchte tanken, mir via Internet ein neues Handy zulegen, meine monatliche Kreditrate und die Miete bezahlen, eine Handwerkerrechnung begleichen, online von privat die Eintrittskarte zu einem bereits ausverkauften Rockkonzert erwerben, einen Flug buchen oder morgens beim Bäcker vier Brötchen kaufen. Die meisten von uns würden für alle diese Alltagsprozesse wahlweise eine Überweisung tätigen, per Kreditkarte zahlen, einen Dauerauftrag einrichten, eine Abbuchung per Lastschrift erlauben, die Forderung via PayPal begleichen oder zu Bargeld greifen, vielleicht auch noch ganz selten per Nachnahme bezahlen. Wir haben also die Wahl – und diese Wahl kann sich nach Lust und Laune und Tagesform ändern. Es ist unser Geld, und wir haben die Freiheit, nicht nur zu entscheiden, wofür wir unser Geld ausgeben, sondern auch in welcher Form wir das tun. Diese Form könnte übrigens auch M-Pesa oder eine bestimmte Zigarettensorte, Kaurimuscheln oder Bitcoin sein. Geld ist das, worauf wir uns alle oder mit dem jeweiligen Vertragspartner verständigen; wobei hier bereits die Grenzen zwischen Zahlungsmitteln und Währung verschwimmen und zudem einschränkend gilt, dass natürlich der Staat das Währungsmonopol besitzt. Übrigens, keine Angst: Falls ihnen nicht alle diese Bezahlmethoden geläufig sein sollten: Ich werde im Laufe des Buchs darauf eingehen.
Was ist also die Zukunft des Geldes – als Tausch- und Zahlungsmittel, Wertaufbewahrungsmittel und Recheneinheit? Wie werden wir in Zukunft einmal bezahlen? Welche Formen stehen uns offen? Und welche werden uns aufgezwungen – durch den Staat oder gar durch die Umstände, etwa durch Krisen und Katastrophen?
Diesen Fragen mit ihren zahlreichen Implikationen und auch mit ihren historischen Aspekten werde ich in diesem Buch nachgehen. Ich werde die Geschichte des Geldes und der Zahlungsmittel skizzieren. Ich werde beschreiben, von welchen Faktoren unser Vertrauen in Geld und...