A Einradfahren lernen: Von den Grundtechniken zum sicheren Fahren
1 Vorwärts fahren
a) Der Übungsplatz
Wer Einradfahren lernen will, versucht erst einmal, sich auf dem Gerät zu halten, wohin er fährt, ist dabei egal. Es werden ohnehin nur einige Meter zurückgelegt, ein Ausweichen oder eine gezielte Kurve ist zunächst gar nicht möglich und auch unnötig.
Um also mit dem Einradfahren zu beginnen, solltest du dir einen Raum suchen, der groß genug ist, um vom Startpunkt weg einige Meter nach vorne fahren zu können, wobei gleichzeitig an den Seiten ebenso viel Platz frei bleiben soll.
Übe stets in gefahrloser Umgebung und achte auch darauf, dass du niemanden gefährdest. Das Einrad ist im Straßenverkehr nicht zugelassen!
Der Boden sollte nicht rutschig sein. Leichte Unebenheiten im Asphalt stören nur optisch, das Einrad reagiert viel unempfindlicher darauf, als viele denken. Dennoch sind Schlaglöcher, Gullideckel, Wiesen, Kieswege oder Kopfsteinpflaster natürlich keine idealen Voraussetzungen. Ein leichtes Ansteigen oder ein Gefälle des Untergrunds ist weniger schlimm als eine seitliche Schräge.
Was du über dein Einrad wissen und beachten solltest (Sattelhöhe, Wo ist vorne/hinten?, Reifendruck usw.), bevor du losfährst, liest du am Anfang des Kapitels F 1 Materialkunde.
Wegen der geringen Sturzhöhe und weil die Füße schnell auf den Boden gebracht werden können, sind ein Helm und eine besondere Schutzkleidung für den Anfänger eher hinderlich. Nur wer zu Stürzen und Verletzungen neigt, sollte sie anziehen. Den gesunden Menschenverstand muss man nicht ausschalten. Mit langen Schnürsenkeln und weiten Hosen kann man an Kurbeln, Schrauben oder Pedale hängen bleiben. Schnürsenkel sind ganz einfach wegzustecken.
Bevor du losfährst, solltest du dir eine Stütze suchen, an der du dich festhalten wirst, solange du dich an das Einrad gewöhnst und in Erfahrung bringst, wie es auf deine Bewegungen reagiert.
Im folgenden Kapitel erfährst du, wie die Stützen, an denen du dich festhalten kannst, beschaffen sein sollten und was deine Helfer beachten sollten. Erst wenn du deinen Übungsplatz mit Stützen entsprechend ausgesucht und vorbereitet hast, beginnst du mit dem Aufstieg.
b) Die Stütze und die Helfer
Wer alleine lernen will oder muss, übt entlang einer Mauer oder eines Gartenzauns, an dem man nicht hängen bleiben oder sich verletzen, aber leicht abstützen kann.
Halte dich gerade so viel fest wie nötig, da du sonst zu sehr verkrampfst oder hängen bleibst. Stütze dich nur mit der flachen Hand ab. Wenn du dich nur an einer Wand bzw. Seite festhältst, neigst du dich natürlich zur Wand hin, da du dich hier nur abstützen, aber nicht festhalten kannst. Diese Neigung stört die richtige Balance aber ganz erheblich. Deshalb ist es viel besser, dir etwas zu bauen, an dem du dich auf beiden Seiten abstützen kannst. Auch eine Stuhlreihe, Tische, Turnkästen, Ballettstangen oder jede andere Konstruktion helfen.
„Beidseitige Stützen helfen am besten, die Balance zu finden. Wer Turnkästen zur Verfügung hat, baut sie ungefähr bis auf Schulterhöhe.“
So viel Platz oder Material hat aber nicht jeder immer zur Verfügung. Es können auch Kellergänge sein. Die Wände sind hier von beiden Seiten erreichbar und unempfindlich. Zur Not reicht auch eine einseitige Stütze, wie oben beschrieben, aus.
Bei einseitigen Stützen solltest du aber unbedingt darauf achten, öfters die Bewegungsrichtung entlang der einen Wand abzuwechseln, damit du lernst, nach beiden Seiten Balance zu halten. Fahre eine gute Unterarmlänge von der Wand entfernt, damit du nicht mit den Pedalen hängen bleibst und den stützenden Arm fast ausstrecken kannst. Das hilft dir wieder bei der Balance.
Optimal zum Lernen eignet sich ein Einkaufswagen. Schiebe ihn auf dem Einrad herum, während du dich am Griff festhältst. Am Wochenende ist der meist sehr große und asphaltierte Parkplatz von Einkaufszentren autofrei. Das ist ein idealer Übungsplatz.
„Auch an einseitigen Stützen kann man das Fahren lernen, sie sind aber nicht so hilfreich.“
„Der Einkaufswagengriff ist eine Stütze, die mitfährt. Eine Mülltonne erfüllt den gleichen Zweck und ist überall griffbereit.“
Auch ein kurzer Stab, den ein Helfer seitlich reicht, ist gut geeignet. Der Einradfahrer greift ihn quer und beidhändig wie einen Lenker. Der Helfer kann auch rückwärts gehen und den Stab ebenfalls beidhändig halten. Dann sollte er aber sehr darauf achten, dass der Fahrer ihm nicht das Rad gegen das Schienbein knallen lässt, wenn er absteigt.
Ein etwa 2 m langer Stab, den der Helfer in der Mitte hält, kann für zwei Kinder Halt bieten. Die Einradfahrer können im Kreis fahren oder in einer Aufführung ihr erstes Können zeigen, lange bevor sie frei fahren können.
„Ein alter Surfboardmast dient mehreren Kindern gleichzeitig als Haltegriff.“
Zusammenfassung: Die Stütze sollte folgende Bedingungen erfüllen:
- Sie sollte beidseitig sein, damit du lernst, nach beiden Seiten gleichmäßig Balance zu halten.
- Die Stützen sollten lang genug sein, damit du dich auf das Vorwärtsfahren konzentrieren und du dich in eine Richtung länger bewegen kannst.
- Sie muss stabil und unempfindlich gegen Schmutz und Kratzer sein, da das Einrad gerne seine Spuren hinterlässt.
- Sie sollte hüft- bis schulterhoch sein, damit du beim Festhalten aufrecht bleiben kannst.
Am besten sind natürlich zwei oder zumindest ein Helfer, die mitlaufen und dir als lebendige Stützen Halt geben. Das können andere Einradfahrer sein, mit denen du abwechselnd ein Rad teilst und mit denen du gemeinsam fahren lernst. Es können aber auch deine Eltern oder kräftige Freunde sein.
Wichtig:
Die Helfer achten darauf, nicht störend in die Balance des Fahrers einzugreifen! Sie bleiben stets auf einer Höhe neben dem Rad, damit sie den Fahrer nicht unbewusst in eine Richtung ziehen.
Sie sollen dem Fahrer nur Halt bieten – etwa wie ein wandelnder Zaunpfosten – und nicht aktiv Sattel oder Fahrer festhalten.
„Du wirst nicht festgehalten, sondern der oder die Helfer bieten eine Stütze. So kannst du loslassen: zunächst kürzer, später immer länger, wann immer du willst. Der oder die Helfer bleiben dabei neben dem Rad.“
„FALSCHE Hilfestellung! Der Helfer steht zu weit hinten, nicht neben dem Rad. Der Fahrer wird in seiner Balance störend beeinflusst. Achtet auch darauf, dass der Arm des Helfers nicht zu hoch gehalten wird.“
Ganz allgemein gilt für jede Art von Stütze oder Hilfe, die du beim Üben verwendest:
Achte darauf, dass du dich nicht abhängig davon machst. Halte dich daran nur genau so viel fest, dass du auf dem Einrad bleibst – nicht mehr und nicht weniger.
Oftmals verleiten Stützen, Hilfen und Helfer dazu, Fehler nicht zu korrigieren, sondern womöglich erst einzuschleifen. Nur wenn man bei Verwendung einer Stütze das Gefühl behält, wie es ohne sie wäre, kann man etwas lernen. Das heißt ja nicht, dass man die Sicherheit, die sie bietet, verliert.
Achte auch darauf, dass du einem Helfer beim Festhalten nicht das Blut abdrückst, er ist nur eine Stütze, kein Opfer.
c) Jetzt geht es los: Aufsteigen
Nachdem du dir einen geeigneten Übungsraum und Stützen oder Helfer zum Lernen besorgt hast, kann es losgehen. Obwohl deine Helfer dich natürlich auf das Einrad heben können oder du dich mithilfe der Stütze hochziehen kannst, solltest du von Anfang an versuchen, aus eigener Kraft aufzusteigen und zu lernen, worauf es dabei ankommt. Deine Helfer stehen bereit, halten dich aber erst fest, wenn es so weit ist. Wenn du nur eine Stütze hast, stehst du so, dass du sie gut erreichst, hältst dich aber noch nicht daran fest. Den ersten Teil musst du alleine schaffen:
„Du bist bereit für den Aufstieg. Versuche, so weit wie möglich aus eigener Kraft aufzusteigen.“
Stelle das Einrad vor dir auf den Boden, mit dem schmaleren Teil des Sattels nach vorne. Achte dann auf die richtige Pedalstellung, bevor du versuchst aufzusteigen:
Die Pedale befinden sich möglichst in gleicher Höhe, das dir zugewandte Pedal ist etwas tiefer als das andere.
Je nachdem, mit welchem Fuß du zuerst aufsteigen willst, musst du die Pedale auf dieser Seite zu dir herdrehen. Halte das Einrad an beiden Seiten vom Sattel mit den Händen.
„Drehe ein Pedal für den Aufstieg zu dir her. Auf dieses wirst du deinen ersten Fuß setzen.“
Gehe langsam nahe genug an das Rad heran und hebe das Bein, mit dem du zuerst aufsteigen willst, über den Sattel. Dein ganzes Gewicht bleibt auf dem anderen Bein.
Jetzt steckst du den Sattel zwischen die Beine, ohne die Pedalstellung zu verändern, das heißt, ohne das Einrad nach vorne oder hinten zu verschieben. Dann stellst du den Fuß aufs Pedal, ohne jedoch jetzt schon das ganze Gewicht darauf zu verlagern.
„Balanciere auf dem Standbein, während du über den Sattel steigst und das Aufstiegsbein auf die Pedale bringst. Beide Hände halten das Rad am Sattel.“
Mit der einen Hand...