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E-Book

Elektronische Programmführer und ihre Auswirkung auf die Wettbewerbssituation im deutschen Free-TV-Markt

AutorUlrike Otto
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl134 Seiten
ISBN9783638051019
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis10,99 EUR
Magisterarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Medien / Kommunikation - Film und Fernsehen, Note: 1.3, Freie Universität Berlin, 157 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Elektronische Programmführer (EPGs) gelten als die neuen Wegweiser durch den Dschungel der digitalen Fernsehwelt. Dennoch beschränken sich die neuen elektronischen Benutzerführungsysteme nicht auf ihre Funktion als Auswahlhilfe. Sie stellen vielmehr eine neue Ebene der Rundfunkkommunikation dar, die der Zuschauer erst durchschreiten muss, bevor er zum gewünschten Fernsehprogramm gelangt. Welche Rolle nehmen Anbieter von Navigationssystemen damit künftig ein? Haben die TV-Sender Einfluss darauf, wie und an welcher Stelle sie im EPG gelistet werden? Welche Auswirkungen haben EPGs auf das Auswahlverhalten von Rezipienten? Ist in letzter Konsequenz die klassische Kanalstruktur in Gefahr? Die Autorin Ulrike Otto beleuchtet die besondere Problematik der Rolle und Wirkungsweise von elektronischen Benutzerführungssystemen. Sie gibt einen Überblick über die Funktionsweise, Geschäftsmodelle und untersucht aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht, welche Kriterien für die Programmauswahl eine Rolle spielen. Ergänzt um Erfahrungen sowie Studien aus den USA und Großbritannien geben dann erste Hinweise wie EPGs in Deutschland genutzt werden. Ein zentraler Bestandteil des Buches zeigt zudem, an welchen Stellen eine Manipulation und Diskriminierung durch EPGs ansetzen kann und wie das deutsche Rechtssystem der potenziellen Gefahr derzeit gegenüber tritt. Am Ende sollen vor allem zwei Fragen beantwortet sein: Wie hoch das Bedrohungspotenzial für Free-TV-Sender tatsächlich? Und ergeben sich für die Sender möglicherweise auch Chancen?

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Leseprobe

2. Elektronische Programmführer: Teilbereich des digitalen Fernsehens


 

„[The] EPG is the fundamental difference between the analogue and the digital experience.”[5]

 

Mit der Digitalisierung des Fernsehens ergeben sich neue technische Prozesse und daraus eine Veränderung vieler etablierter Strukturen, vor allem für Free-TV-Anbieter. In diesem Abschnitt soll gezeigt werden, wie diese aussehen und insbesondere, in welchem Zusammenhang die neue Übertragungstechnik zum Elektronischen Programmführer steht.

 

2.1 Der Teletext als Ursprung des Elektronischen Programmführers


 

Eine Gemeinsamkeit aller elektronischen Benutzerführungssysteme liegt darin, dass sie Programminformationen unmittelbar auf dem Bildschirm abbilden.[6] Von den Fernsehsendern, die den deutschen Teletext[7] betreiben, wird für die Abbildung der in ihm enthaltenen Programminformationen der Seitenbereich 300-399 genutzt.[8]

 

Da der Zuschauer die Seiten mit seiner Fernbedienung aktiv abruft, hat der Teletext dem Rezipienten bereits erste Erfahrungen im Umgang mit Abrufdiensten am TV-Bildschirm vermittelt[9] und kann deshalb als Beispiel eines ersten fernsehspezifischen, interaktiven Dienstes angesehen werden.[10]

 

Entwickelt wurde die Teletext-Technik Anfang der 70er Jahre in Großbritannien und unter dem Namen Videotext wurde das Medium dann ab dem Jahr 1980 von der ARD und dem ZDF dann dem deutschen Publikum zugänglich gemacht, auch wenn ein Regelbetrieb erst zehn Jahre später erfolgte.[11]

 

Im Vergleich zur so genannten Binärcodeübertragung[12] der digitalen Technik nutzt das Verfahren des klassischen Teletextes die Austastlücke des analogen Fernsehsignals, das heißt einen Zeitraum innerhalb der Bildübertragung, der nicht zum Transport von Bildinformationen benötigt wird. Abgebildet werden können die Daten dann in Form einfacher Grafiken und Texte, welche mit Hilfe eines entsprechenden Decoders auf dem Fernsehbildschirm sichtbar gemacht werden und damit für den Empfänger jederzeit abrufbar sind.

 

Eine Ursache für den späten Erfolg des Teletexts liegt in seiner erst in den 90er Jahren steigenden im Gerät integrierten technischen Verbreitung.

 

„Seit den 80er Jahren wurden die anfangs als Zusatzgerät erhältlichen Decoder immer stärker zu einem integralen Bestandteil neuer Fernseher, sodass sich die Technik im Zuge des Gerätewechsels quasi als Selbstläufer durchsetzte.“[13]

 

Vor allem der Nachholbedarf an Fernsehgeräten in den neuen Bundesländern erhöhte die Anzahl von Teletexthaushalten nachhaltig. Schließlich war eine technische Verbreitung auch Voraussetzung für die Vermarktung des Teletextes als Werbemedium. Nicht zuletzt weil der Teletext inzwischen zum Standardrepertoire eines Fernsehsenders in Deutschland gehört,[14] generieren hierüber heute viele Sender einen Großteil ihrer Nicht-Werbeerlöse mittels so genannter Mehrwertdienste, wie z.B. SMS-Chats, SMS-Dating oder den Horoskopabruf.[15]

 

2.2 Von der anlogen Signalverbreitung zur digitalen Fernsehtechnik


 

Mit der Einführung des digitalen Rundfunks folgt Deutschland einer Entwicklung, die inzwischen weltweit eingeleitet oder zumindest angekündigt wurde. Der Begriff „digitaler Rundfunk“ beschreibt die Übertragung digitaler Datenströme anstelle analoger Videosignale.[16] Der wesentliche Vorteil gegenüber der analogen Technik liegt darin, dass die digitale Übertragung von TV-Signalen wesentlich weniger Sendekapazität in Anspruch nimmt.[17] Durch die Übertragung der Signale in so genannten Datencontainern können neben TV-Signalen zusätzlich auch andere Inhalte, wie z.B. Radioprogramme und interaktive Applikationen (z.B. EPGs), transportiert werden.[18] Vor allem bei den frequenzknappen Übertragungswegen Kabel und Terrestrik ermöglicht die digitale Technik eine Vervielfachung der übertragbaren TV-Programme und Dienste.[19]

 

„Der digitale Transportweg steht damit für die Übertragung beliebiger digitaler Informationen zur Verfügung. Neben, an Stelle oder gleichzeitig mit Video- und Audiosignalen können Daten jeder Art transportiert werden, wobei eine Abhängigkeit dieser Daten von Ton- und Bildsignalen nicht bestehen muss.“[20]

 

Weitere Vorteile der Digitaltechnik sind darüber hinaus ihre geringere Anfälligkeit für Störungen im TV-Signal, eine bessere Bildauflösung, die Verfügbarkeit zusätzlicher Tonkanäle, vereinfachte Möglichkeiten der Signalverschlüsselung, ein portabler Antennenempfang sowie die potenzielle Rückkanalfähigkeit.[21]

 

2.3 Entwicklung und Einführung neuer Standards, Geräte und Dienste


 

Um die Verbreitung der digitalen Technik voranzutreiben, entwickelte die Anfang der 90er Jahre gegründete Digital-Video-Broadcasting-(DVB)-Arbeitsgruppe einen international einheitlichen Standard zur Übertragung digitaler Signale.[22] Inzwischen gibt es verschiedene Arten des so genannten DVB-Standards, welcher sich entsprechend des Übertragungsweges differenziert. DVB-S überträgt TV-Signale mittels Satelliten, die Übertragung innerhalb der Kabelnetze erfolgt mittels DVB-C, terrestrische Senderketten nutzen DVB-T, mobile Endgräte DVB-H und die Übertragung über IP-basierte Netzwerke findet per DVB-IPI statt.

 

Während jedoch analoge TV-Signale direkt auf dem Bildschirm sichtbar gemacht werden können, müssen die mittels DVB komprimierten Datenströme von einem Decoder in analoge Signale zurückgewandelt werden.[23] Der Endgerätemarkt bietet für diesen Vorgang eine Vielzahl von Empfangsgeräten (Receiver) an. Am weitesten verbreitet sind so genannte Set-Top-Boxen, die dem Fernseher nur zum Zweck dieser Signalumwandlung vorgeschaltet werden.[24] Darüber hinaus existieren höher ausgestattete Receiver, die mit einem Festplatten- und/oder DVD-Rekorder kombiniert sind und vielfältige Bezeichnungen wie PVR (Personal Video Recorder), DVR (Digital Video Recorder) und HDD (Hard Disc Recorder) tragen. Für den Empfang von DVB-T werden bereits tragbare Receiver angeboten. PC-Nutzer können ihren Computer mit PC-Steckkarten, Steckmodulen oder externen USB-Geräten für den digitalen TV-Empfang aufrüsten. Im Rahmen der Entwicklung von IP-TV (Internet-Protocol-Television) gibt es inzwischen auch spezielle DVB-IPI-Receiver auf dem Markt.

 

Die einzelnen Receiver weisen, wie bereits angedeutet, sehr unterschiedliche Ausstattungen auf. So werden im Markt neben einfachen Zapping- oder Free-to-Air-Geräten auch Geräte mit voreingestellten Zugangsberechtigungssystemen (CAS, embedded Conditional Access System) angeboten. Darüber hinaus gibt es Geräte, die mit einer offenen Schnittstelle (CI, Common Interface) ausgestattet sind und damit den externen Einschub unterschiedlicher Conditional Access (CA)-Module, den so genannten Smart-Cards erlauben.[25] Solche CA-Systeme werden in erster Linie dazu genutzt den Zugang zu spezifischen Pay-TV-Angeboten zu kontrollieren[26] und Programminhalte vor unberechtigten Zugriffen zu schützen.[27] So nutzt bspw. der deutsche Pay-TV-Anbieter Premiere in seinem Receiver ein anderes CA-Modul als der britische Plattformbetreiber British Sky Broadcasting (BSkyB).[28] Das bedeutet, dass der Anbieter entsprechend seines im Receiver verwendeten CA-Moduls theoretisch den Zugang zum gesamten System kontrollieren kann[29], und dem Zuschauer über den mitgelieferten EPG nur bestimmte Programme zugänglich gemacht werden.[30]

 

Fester Bestandteil eines DVB-Datenstroms sind jedoch nicht nur Audio- und Videosignale.

 

“Broadcasts will include packages of data and instructions that create interactive multimedia in the viewer’s receiver. A package of this kind is called an ‘Application’.”[31]

 

Um diese mitgelieferten Applikationen, wie es z.B. EPGs sind, aber überhaupt empfangen zu können, ist ein so genanntes Application Programming Interface (API)[32] notwendig.[33] Aufgrund der Vielzahl existierender Middleware-Lösungen muss der Receiver außerdem mit dem „richtigen“ Betriebssystem (es gibt z.B. OpenTV, Microsoft, Alcatel usw.) ausgestattet sein, um eine bestimmte Applikation abbilden zu können. Diese Problematik spielt, wie später noch gezeigt werden soll, auch für die Entwicklung des EPG-Marktes eine entscheidende Rolle.

 

Um u.a. den Investoren digitaler Applikationen ein Mindestmaß an Sicherheit zu gewährleisten, entwickelte die „Arbeitsgruppe MHP“ den gleichnamigen...

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