Die berufliche Integration von Menschen mit Behinderung ist, wie das vorherige Kapitel schon gezeigt hat, rechtlich differenziert und genau gegliedert. Die zu erbringenden Leistungen sind festgelegt und aufgeteilt auf verschiedene Leistungsträger. Im Falle der beruflichen Eingliederung behinderter Jugendlicher ist, wie schon erwähnt, der Träger meist die Bundesanstalt für Arbeit.
Auch die Aufgaben, die mit der beruflichen Eingliederung einhergehen, sind vielfältig. Angefangen mit der Berufsberatung und Berufsvorbereitung, über Berufsausbildung und Umschulung, Unterstützungsmöglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (wie die Arbeitsassistenz), hin zu Integrationsprojekten, zeigt, dass verschiedene Einrichtungen für die Erfüllung dieser Aufgaben zuständig sein müssen. Diese Institutionen der beruflichen Rehabilitation mit den ihnen inne wohnenden Aufträgen möchte ich nun aufführen.
Die Berufsberatung im Arbeitsamt, bzw. in den neu eingerichteten Servicestellen, ist zuständig für die Berufsorientierung, die individuelle Beratung im Rahmen der Berufswahl, die Vermittlung in Ausbildungsstellen, die Förderung der beruflichen Erstausbildung und die Förderung der beruflichen Rehabilitation von jungen behinderten Menschen, die vor dem Eintritt in Ausbildung und Beruf stehen. Hierbei erfüllt die Berufsberatung ihre Aufgaben in enger Zusammenarbeit mit allen, die an der Berufswahl und der beruflichen Eingliederung beteiligt sind (vgl. BAA- online, 1998)
Wie schon im vorherigen Kapitel erwähnt, trifft die Beratung im Arbeitsamt aber allem die Entscheidung über zu bewilligende Leistungen und Maßnahmen. Dazu wird oft der ärztliche und psychologische Dienst des Arbeitsamtes herangezogen und ein Eignungstest durchgeführt. Es kann passieren, dass eine von einem Menschen mit Behinderung gewünschte Maßnahme nicht finanziert wird, da dieser Mensch nach Entscheidung der Experten des Arbeitsamtes dazu nicht geeignet erscheint (vgl. Doose, 2002, S. 246).
Es findet hier keine ausführliche Berufsberatung im Sinne von Informationsbeschaffung über Eignung für und Interesse an unterschiedlichen Berufen statt. Diese findet man in den Schulen und auch das Berufsinformationszentrum des Arbeitsamtes ist hierfür eine gute Anlaufstelle.
Die Berufsvorbereitung zielt auf den Einstieg in Ausbildung und Beruf. Sie soll unterstützend auf die Berufswahl wirken, berufliche und soziale Handlungskompetenzen stärken und die individuellen Chancen für eine (dauerhafte) Eingliederung in Arbeits- und Berufsleben möglichst verbessern. Dazu stehen die schulischen Berufsvorbereitung oder berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen bereit.
Vorwiegend erfolgt die schulische Berufsvorbereitung durch das Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) und das Berufsgrundbildungsjahr (BGJ). Die verschiedenen Bundesländer haben hierfür unterschiedliche Regeln, Bezeichnungen und Formen. Wie die Namen schon sagen, dauern sie ein Jahr.
Berufsvorbereitungsjahre, überwiegend an Berufsschulen, richten sich insbesondere an Jugendliche, die die Voraussetzungen für eine Berufsausbildung nicht oder noch nicht erfüllen. Dies sind vor allem Schüler und Schülerinnen ohne Hauptschulabschluß oder Abgänger der Förderschulen und Schulen für Lernbehinderte.
Inhaltlich vermittelt das Berufsvorbereitungsjahr fachpraktische und fachtheoretische Grundqualifikationen, es ermöglicht Einblicke in unterschiedliche Berufsfelder (z. B. Metall, Holz, Gestalten) und gestattet den Teilnehmern sich auszuprobieren, die eigenen Fähigkeiten und Interessen zu erkennen und zu vertiefen. Der Hauptschulabschluss kann während des Berufsvorbereitungsjahres nachgeholt werden (vgl. BAA- online 1998).
Die Berufsgrundbildungsjahre haben zum Ziel, Grundkenntnisse und Grundfertigkeiten zu vermitteln und einen Einblick in ein bestimmtes Berufsfeld (zum Beispiel in den Berufsfeldern Metalltechnik, Elektrotechnik oder Wirtschaft und Verwaltung in einer Schule) zu geben. Hier erhalten die Schüler also eine berufsfeldbezogene Grundausbildung, die es ermöglicht, später innerhalb des gewählten Berufsfeldes einen Ausbildungsberuf zu ergreifen. Das Berufsgrundbildungsjahr ist dann ganz oder teilweise auf die Ausbildungszeit anzurechnen. (vgl. BAA- online, 2004)
Behinderte junge Menschen benötigen vielfach eine längere Vorbereitungs- und Umstellungsphase auf Ausbildung und Beruf, daher kommt den berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen hier ein besonderer Stellenwert zu. Benachteiligten und behinderten Jugendlichen werden diese Maßnahmen im Rahmen der Berufsberatung nach § 40 SGB III zugewiesen. Das Angebot umfasst:
Förderlehrgänge ( F )
Lehrgang zur Verbesserung beruflicher Bildungs- und Eingliederungschancen ( BBE )
tipp- Lehrgang ( testen, informieren, probieren )
Grundausbildungslehrgang ( G )
Maßnahmen im Eingangsbereich und Berufsbildungsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen ( früher Arbeitstrainingsbereich)
Blindentechnische und vergleichbare Grundausbildung (BMGS, 2004b, 54)
Für behinderte Jugendliche stehen hiervon vor allem Förderlehrgänge und der Berufsbildungsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen offen.
Ziel der Förderlehrgänge ist die intensive Vorbereitung auf Ausbildung und Beruf. Durchgeführt werden sie meist überbetrieblich bei verschiedenen Trägern in Ausbildungswerkstätten, möglich sind sie aber auch als betriebliche Maßnahme (betriebliche Förderlehrgänge). Förderlehrgänge existieren in verschiedenen Formen, die Unterschiede in sind gegliedert in:
Integrative Förderlehrgänge, die in den letzten Jahren in einigen Regionen entstanden sind, ermöglichen mit entsprechenden Konzepten Berufsvorbereitungsmaßnahmen auch für Jugendliche mit (geistiger) Behinderung
Die Berufsvorbereitung für Menschen mit Behinderung in Form von betrieblichen Förderlehrgängen ist eine gute Möglichkeit zur Integration. Die gegebenenfalls notwendige Begleitung am Arbeitsplatz wird bisher jedoch meist nicht bewilligt. Prinzipiell möglich sind sie in Kooperation mit einem Bildungsträger oder als Einzelmaßnahme schon (vgl. Doose, 2002, 248).
Die Werkstufe an Sonderschulen für so genannte geistig behinderte Jugendliche, die Sonderberufsschule in Vollzeitform bzw. eine Schulzeitverlängerung für Schüler in Integrationsklassen an Gesamtschulen, sind besondere schulische Berufsvorbereitungsmaßnahmen für Schüler mit Behinderungen (vgl. ebd., 2002, 246/247).
Neue Konzepte, wie Projektunterricht, Projekte mit Ernstcharakter, längere begleitete Praktika in Betrieben, sollen im Rahmen der schulischen Integration versuchen, die Maßnahmen der Berufsvorbereitung für benachteiligte Schüler auch für behinderte Jugendliche zu ermöglichen (vgl. Schulze u. a., 1997, 158). Weiter wird angestrebt, die Werkstufe der Sonderschulen stärker auszulagern, sprich in Form einer integrativen Werkstufe, in der die Jugendlichen, mit Unterstützung der Lehrer, außerhalb der Schule in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten (Böhringer, 2000, 7).
Auf die Maßnahme im Berufsbildungsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen möchte ich an dieser Stelle nur kurz eingehen, da ich mich im Rahmen des nächsten Kapitels mit der Werkstatt als solche umfassend beschäftige. Es sei hier nur erwähnt, dass das Ziel des Berufsbildungsbereiches, nach durchlaufen eines Grund- und Aufbaukurses, die Beschäftigung im Arbeitsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist, und dass er sich an Menschen mit geistiger Behinderung, an Menschen mit psychischen Erkrankungen, sowie an Menschen mit umfangreichen Lernbehinderungen richtet.
Bestand an behinderten Menschen in berufsfördernden Bildungsmaßnahmen der beruflichen Ersteingliederung nach Maßnahmearten 1998 bis 2002
(Abb. 3: Quelle: Berufsbildungsbericht 2004, Übersicht 69, 159)
(Abb. 4: Quelle: Berufsbildungsbericht 2004, Tabelle 30, 342)
Behinderte Jugendliche können eine Berufsausbildung über verschiedene Ausbildungswege erlangen:
Die betriebliche Berufsausbildung
Die Berufsausbildung in einem Berufsbildungswerk
Die Berufsausbildung in überbetrieblichen Einrichtungen (BüE)
Die schulische Berufsausbildung
Umschulung und Fortbildung in Berufsförderungswerken (BFW)
(vgl. Doose, 2002, 249)
Besondere Ausbildungsregeln, abweichend von den Ausbildungsverordnungen, sind wie in Kapitel 3.2.2. erwähnt, für Menschen mit Behinderungen möglich.
...