2. Reines Beziehungsmanagement – die Begrüßung
Nehmen wir an, sie wollen einen Rasenmäher kaufen. Sie gehen in einen Laden und erkundigen sich nach den Leistungen eines Rasenmähers: PS, Höhenverstellbarkeit, Benziner und Sack. Um einen Preisvergleich zu haben, gehen Sie in einen zweiten Shop. Auch hier hilft man Ihnen. Der Laden hat genau den gleichen Rasenmäher, mit derselben PS-Zahl, er ist höhenverstellbar und ist ebenfalls ein Benziner mit Sack. Es ist also haargenau der gleiche Rasenmäher. Einen kleinen Unterschied gibt es aber: Die Verkäufer haben Sie unterschiedlich behandelt. Der erste Verkäufer blieb hinter seinem Tresen hocken und guckte kurz hoch, als Sie den Laden betraten, während sein Blick auf einen anscheinend defekten Rasenmäher hinter seinem Tresen fiel. Dann murmelte er irgendeine unverständliche Begrüßung.
Der zweite Verkäufer blickte bei Ihrem Eintritt hoch, kam Ihnen auf halber Strecke entgegen, lächelte Sie an und begrüßte Sie laut und deutlich. Funktioniert unser Oberstübchen auch nur halbwegs, werden wir wissen, zu wem von diesen beiden wir die positivere Beziehung aufgebaut haben.
Komischerweise behaupten aber einige Menschen, vor allem Männer, dass sie in Geschäftssituationen nur sachliche Informationen aufnehmen würden und eben auch vermitteln. Sie behaupten weiterhin, weniger auf die persönliche Ausstrahlung eines Menschen als auf Fakten zu achten. Dass sie nicht darauf achten, trifft vielleicht sogar auf einige zu, aber sie reagieren auf die Ausstrahlung eines Menschen. Eben genau diese Menschen behaupten auch, dass es unnötig sei, über Körpersprache und Stimme eine positive Beziehung zum Publikum aufzubauen, da es ausreichen würde, sich gut im Thema auszukennen. Bullshit! Menschen, die das behaupten, gehören der Spezies Gefühlslegastheniker an. Diese kennen sich meistens sehr viel besser in ihren jeweiligen Themen aus als mit den Menschen, die sie umgeben, und deren Emotionen.
Als Redner stehen Sie stellvertretend für den Rasenmäherverkäufer. Überlegen Sie sich gut, welchem der beiden Sie nacheifern wollen, denn die Konsequenz haben Sie oder Ihr Unternehmen zu tragen.
Ich bin überzeugt, dass ein Redner immer auch ein Verkäufer ist; denn wenn er nicht gerade ein Produkt vorstellt, dann will er eine Idee vermarkten, sein Publikum amüsieren oder sein eigenes Ego befriedigen. Immer verkauft der Redner ein Stück seiner selbst, wobei Emotionen unweigerlich dazugehören. Also vernachlässigen Sie in einer Rede niemals die Beziehungsebene. Beziehungen können wir auf drei unterschiedlichen Ebenen aufbauen.
2.1 Drei Ebenen der Kommunikation
Wenn wir Reden halten, senden wir viele unterschiedliche Signale aus: ein Lächeln, eine angenehme Stimme oder eine besonders appellierende Aufforderung über unsere Sprache. Wir sind in diesem Moment ein sogenannter Sender. Auf der anderen Seite befindet sich der Empfänger, der unsere Signale aufnimmt, verarbeitet und darauf reagiert.
Nicht immer ist das, was wir als Sender sagen, auch das, was der Empfänger versteht. Wenn uns der Empfänger partout nicht verstehen kann, fragen wir uns, ob wir Chinesisch sprechen. Solche Missverständnisse können mehrere Ursachen haben: Der Sender übermittelt vielleicht keinen kongruenten, also übereinstimmenden Ausdruck. Es kann also sein, dass ein Redner von freudigen Ereignissen spricht, sein Körper aber von schlechten. Seine Worte umschreiben ausgiebig, dass das Unternehmen schon im kommenden Jahr wegen Umstrukturierungsmaßnahmen schwarze Zahlen schreiben wird und dass sich alle Mitarbeiter der Projektgruppe fürchterlich darüber gefreut haben. Die Körpersprache bezog sich aber nicht auf die Begriffe »freudig« oder »Pluszahlen«, sondern eher auf die Begriffe »fürchterlich« und »schwarz«. Der Ausdruck ähnelte eher einem Redner, der mit einer Gesichtslähmung zu kämpfen hat, als einem Redner, der ein freudiges Ereignis verkündet. In solchen Situationen gerät das Publikum unbewusst ins Stocken, denn welche der beiden Aussagen stimmt denn nun: die gesprochene oder die gezeigte?
Im Allgemeinen, zumindest bei bewusster Reflexion, glauben wir dem gesprochenen Wort mehr als unserem Bauchgefühl, das über die unbewusste Wahrnehmung der Körpersignale entsteht. Wenn wir aber nicht bewusst reflektieren, dann sagt uns das Bauchgefühl: Gib acht! Hier stimmt etwas nicht, denn hier ist etwas nicht kongruent.
Selbst körpersprachliche Signale können in ihrer Aussage inkongruent sein: Ein schüchtern gesenkter Blick widerspricht einem großen Schritt.
Foto 9: Inkongruent: gesenkter Blick, großer Schritt
Hat während einer Rede das Publikum verstärkt dieses Bauchgefühl, misstraut es dem Redner unbewusst, obwohl sich alles andere ja so toll anhört. Das hat zur Folge, dass dem armen Redner schlichtweg nicht geglaubt wird. Dabei hat er sich doch inhaltlich so gut vorbereitet!
Fazit
Bei einer Rede ist der Redner der Sender und das Publikum der Empfänger, was nicht heißt, dass der Redner einen Monolog hält, sondern eher eine besondere Art des Dialogs.
Die Worte, die Inhalte der ersten Ebene, die Bewegung, die Inhalte der zweiten Ebene, und unsere Stimme, die dritte Ebene der Kommunikation, sollten beim Sender möglichst kongruent erscheinen. Unsere Kommunikation wird durch diese Vielschichtigkeit zum einen sehr spannend und zum anderen auch kompliziert.
2.2 Durch den ersten Eindruck brillieren
Über seine Körpersprache, speziell über die Mimik, kann das Publikum Stümper, Langweiler, Dilettant und Schlimmeres ausdrücken. Das zeigen die Zuhörer zwar nicht sehr differenziert, kommunizieren es aber so eindeutig, dass sich durch das meist mimische Signal ein dumpfes und verschwommenes Bauchgefühl beim Redner einstellt. Wenn das so ist, hat der Redner den sogenannten ersten Eindruck böse verhauen.
Der erste Eindruck entsteht recht flott bei unseren Zuhörern. In Bruchteilen von Sekunden manifestiert sich in den Köpfen der Zuschauer ein positives oder ein negatives Bild vom Redner, das sich ebenso flott auf der Festplatte des Hirns verewigt. Und da sitzt es dann.
Wenn sich unsere Rede im weiteren Verlauf allerdings gut entwickelt – da wir uns ja gut vorbereitet haben –, löscht der Zuhörer diesen Eintrag auf der Festplatte wieder und ersetzt ihn durch einen vorteilhafteren Eindruck. Am Ende erzählt er seinen Kollegen sogar etwas vom »kompetenten Typ« oder sagt: »Das war echt porno.«
Da wir nicht gläsern sind und an unserem Körper auch keine Post-its kleben, auf denen steht, wie wir sind, kann der erste Eindruck nur über die Äußerlichkeit, also über unsere Körpersprache und unsere Kleidung entstehen.
Dieser Eindruck verstärkt sich noch, wenn wir bedenken, dass wir in diesen Bruchteilen von Sekunden nicht ein einziges Wort gesagt haben, über das unsere Zuhörer normalerweise ihre Informationen beziehen. Der erste Eindruck entsteht also ausschließlich über die Körpersprache eines Menschen und über den Zwirn, der ihn bedeckt beziehungsweise verhüllt, entstellt oder hervorhebt.
Unsere Wirkung beim ersten Eindruck
Quelle: in Anlehnung an die Studie Silent Messages von Albert Mehrabian
Die Ausdrucksstärke im Erstkontakt liegt zu 65 Prozent auf der körpersprachlichen Ebene. Haben wir unser Publikum allerdings noch nicht begrüßt, beträgt der körpersprachliche Ausdruck 100 Prozent. Ein triftiger Grund, sich gebührend mit der Körpersprache des Redners zu beschäftigen.
Unsere Kontakte sind heute derart flüchtig und kurzfristig, dass wir uns hierfür eine besonders offene und beziehungsfördernde Kommunikation zulegen sollten, vor allem zu Beginn, da hier die Körpersprache ausschlaggebend ist.
Früher hatten die Menschen sehr viel mehr Zeit und auch Geduld, sich auf andere einzulassen, da sie nur einem Bruchteil der Menschen begegneten wie in der heutigen Zeit. Da wohnte die Familie Hansen irgendwo hinterm Deich, hatte eine Magd und einen Stallburschen und einmal pro Woche trällerte der Briefträger vorbei und brachte Post.
Die Kontakte, die man früher hatte, wurden außerdem sehr viel intensiver gepflegt als heute. Durch Ortswechsel, Unternehmenswechsel, Partnerwechsel und sogar...