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Erinnerung - Reflexion - Geschichte

Erinnerung aus psychoanalytischer und biographietheoretischer Perspektive

AutorFelicitas Thiel, Gerhard Haan, Yvonne Ehrenspeck
VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl279 Seiten
ISBN9783531908281
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis54,99 EUR


Dr. Margret Dörr ist Professorin für Theorie Sozialer Arbeit an der Katholischen Hochschule für Soziale Arbeit in Saarbrücken.
Dr. Heide von Felden ist Professorin für Erziehungswissenschaften (Erwachsenenbildung) an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
Dr. Regina Klein ist ist Professorin für Handlungsfelder und -kompetenzen der Sozialen Arbeit an der FH Kärnten, Österreich.
Dr. Hildegard Macha ist Professorin für Allgemeine Pädagogik an der Universität Augsburg.
Dr. Winfried Marotzki ist Professor für Allgemeine Pädagogik am Institut für Erziehungswissenschaft der Otto von Guericke-Universität Magdeburg.

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Leseprobe
Instantane Bildung (S. 15)

Zu einem Tagtraum DESCARTES’

In seinem so beeindruckend autobiographisch durchwirkten Discours de la méthode aus dem Jahre 1637 stellt sich DESCARTES als ein Mann vor, dem in seiner Jugend, neben anderem, der Mangel an Einheitlichkeit der Werke des Menschen Anlass zum Unmut gewesen sei.

Um wie viel schöner, so sei seine Überlegung gewesen, könnten Bauten sein, wenn sie auf einen einzigen, von einer und nur einer Person erdachten Plan hin angelegt wären statt im Laufe der Zeit von vielen Personen mit vielen Plänen, und dies gelte ebenso von Städten, politischen Verfassungen sowie wissenschaftlichem Wissen.

Der Unübersichtlichkeit einer Vielzahl von handwerklichen, stadtplanerischen, gesetzgebenden oder forschenden Autoren habe er, DESCARTES, die Idee eines Entwurfs ‚aus einer Hand‘ vorgezogen, was sachlich ohne weitere Erläuterung evident sei, man brauche sich nur die „rues courbés et inégales (VI, S. 11) vor Augen halten, um die Unterschiede in Schönheit und Vernunft abmessen zu können.

Als ein letztes Beispiel ästhetisch oder rational unbezweifelbarer Überlegenheit nur eines einzigen Autors statt derer viele fügt DESCARTES die Polypragmosyne befördernde Vielzahl der kindlichen Bestrebungen und autoritativen Lehrpersonen an, die in vergleichbarer Weise den Geist des aufwachsenden Kindes beschäftigten und verwirrten, wie es Architekten oder Stadtplaner von alters her mit dem Grundriss von Häusern oder Städten täten. Im Gegensatz zu manchen Meinungen zieht DESCARTES daraus aber nicht die Konsequenz auf eine Inferiorität der Kindheit überhaupt!

Im Anschluss an eine Unterscheidung von „deux sortes d’esprits (VI, S. 15), Möchtegernen einerseits und Braven andererseits, heißt es nämlich weiter: „Et pour moy, j’aurois esté sans doute du nombre de ces derniers, si je n’avois jamais eu qu‘ un seul maistre, ou que je n‘eusse point sceu les differences qui ont esté de tout tems entre les opinions des plus doctes (VI, S. 16).

Es ist eben weder anstößig noch unvernünftig, gediegenen Meinungen zu folgen. – Damit könnte man nun die Sache auf sich beruhen lassen: Viele Köche verderben den Brei. Indes weicht DESCARTES an einer Stelle von diesem Muster ab, indem er sich eine Art eidetischer Variation von „Kindheit erlaubt, ein „wie wäre es, wenn…?.

Er schreibt: „Et ainsi encore je pensay que, pource que nous avons tous esté enfans avant que d’estre hommes, &, qu’il nous a fallu long tems estre gouvernez par nos appetis &, nos Precepteurs, qui estoient souvent contraires les uns aux autres, &, qui, ny les uns ny les autres, ne nous conseilloient peutestre pas toujours le meilleur, il est presqu’ impossible que nos jugemens soient si purs, ny si solides qu’ils auroient esté, si nous avions eu l’usage entier de nostre raison dés le point de nostre naissance, &, que nous n’eussions jamais esté conduits que par elle (VI, S. 13).

Was könnte uns erspart bleiben und was wäre uns möglich, wenn wir vollständigen Gebrauch von unserer Vernunft seit dem Tage unserer Geburt machen könnten! Keine Doxa, also keine verworrenen und dunklen (confus et obscurs) Vorstellungen, sondern klar und deutlich die Sachen erkennen können (clairement et distinctement), ohne dabei Übereilung durch Eitelkeit und Gehorsam durch Bravheit eine Rolle einräumen zu müssen.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis5
Vorwort7
Literatur10
BILDUNGSTHEORIE UND BILDUNGSPHILOSOPHIE13
Instantane Bildung15
Literatur23
Ungewisse Zukunft, Kompetenzerwerb und Bildung25
1 Individualisierungsprozesse und der Umgang mit Unsicherheit in der Zweiten Moderne25
2 Unsicherheitswahrnehmung in der Pädagogik28
3 Der Erwerb von Schlüsselkompetenzen als Unsicherheitsabsorptionsstrategie29
4 Bildung als Kompetenzdefizitkompensation39
Literatur43
Über die bildende Wirkung der psychoanalytischen Kur45
Wissen und Denken im ödipalen Dreieck46
Fallvignette51
Analytische Kur, Übertragung, Gegenübertragung, Containing52
Dyade, Triade, Bildung55
Literatur62
„Bildung“ zwischen Individuation und Vernetzung65
166
268
370
472
Literatur73
Die Idee der Humanisierung des Menschen im Medium ästhetischer Bildung bei Friedrich SCHILLER und Johann Friedrich HERBART75
1 Ästhetik als Verbindung von Natur und Freiheit – Die Idee ästhetischer Bildung bei SCHILLER76
2 SCHILLERS Idee einer „gemischten Natur“81
3 Ästhetische Urteilskraft und praktische Vernunft82
4 Die „ästhetische Nöthigung“ – Ästhetische Bildung bei HERBART89
Literatur91
„Jene absurde Oberleitung der geheimnisvollen Männer“95
1 „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ oder Das Buch zum Begriff97
2 Aktive Bildung und passive Bildsamkeit oder Die Gefahren der ‚ Unmännlichkeit‘101
3 Das Buch zum Buch zum Begriff oder Die Korrekturen des „Heinrich von Ofterdingen“106
4 Das Ziel der Humanität oder Rück- und Ausblick111
Literatur114
ALLGEMEINE ERZIEHUNGSWISSENSCHAFT UND ERZIEHUNGSWISSENSCHAFTLICHE WISSENSCHAFTSFORSCHUNG117
Der Bildungsraum als Kommunikations- und Navigationsraum119
Zum Relevanznachweis der Erziehungswissenschaft – Eine Programmatik119
1 Tragfähige Grundlagen für eine Relevante Erziehungswissenschaft121
2 Der Kommunikationsraum als Bildungsraum: Konsequenzen für die Theoriebildung Relevanter Erziehungswissenschaft126
3 Die Herausforderungen Relevanter Erziehungswissenschaft129
4 Der „Bildungsraum“: Angebot, Potenzial, Chance und Relevanznachweis der Erziehungswissenschaft138
Literatur140
Zur Lemma- und Inhaltsanalyse pädagogischer Nachschlagewerke141
1 Einleitung und Überblick141
2 Zu Herzogs Untersuchung145
3 Auswahl des Untersuchungsobjekts und Begründung des Vorgehens148
4 Vergleich und Interpretation der Ergebnisse152
5 Thematisierung der Konzeptions- und Editionsbedingungen154
6 Ausblick156
Literatur157
Reflexive Erziehungswissenschaft und die Vermeidung der Grausamkeit159
1 „Methexis“ und die Grenzen der Selbsterschaffung159
2 Postmetaphysische pädagogische Reflexion und die Grenzen der Verwissenschaftlichung163
3 Historische Einbildungskraft und die Grenzen der technologischen Imagination167
Literatur169
Medien – Zumutung oder Angebot?171
1 Die Medienwirkungsdebatte – eine Folge des pädagogischen Umgangs mit Medien?171
2 Wie ‚wirken‘ Medien überhaupt? Erkenntnistheoretische Überlegungen zur ‚ Wirksamkeit‘ von Medien172
3 Massenmedien und ihre ‚pädagogische Wirksamkeit‘ – Sind Medien ‚ Angebot‘ oder ‚ Zumutung‘?185
Literatur189
BILDUNGSFORSCHUNG UND BILDUNGSORGANISATION192
Coaching – ein Bildungsrisiko?193
1 Coaching als Bildungsprozess195
1.1 Prozessberatung195
1.2 Das Menschenbild des „homo discens“196
1.3 Entgrenzung des Pädagogischen198
1.4 Vernunftentfaltung durch systematische Selbstbeobachtung199
1.5 Drei Dimensionen der Vernunftentfaltung202
1.6 Zwischenbilanz203
2 Ausblick – Rationalisierungspotenziale von Coaching204
Literatur208
Die Organisation der Bildung – eine Zumutung für die Profession?211
1 Einleitung211
2 Bildung der Person und Autonomie der Profession: Programmatische Entwürfe212
3 Steigerung von Erwartungssicherheit und Bürokratisierung der Schule: Erzwungene Anpassungen218
4 Steigerung der Effizienz und Implementation von Accountability: Erweiterung von Autonomiespielräumen224
Literatur227
Barrieren der Bildungsgerechtigkeit229
Entscheidung zu Beginn229
Sprache erschlieflt die Welt230
Grundschule als Ort der Weichenstellung231
Übergangsproblematik: Grundschule – weiterführende Schulen233
Integration in eine heterogene Lernumgebung234
Schulmüdigkeit beginnt mit einer Enttäuschung235
Schulische Kommunikation ist formalisiert237
Wird das Recht auf Bildung allen gewährt?238
Suche nach einem Ausweg240
Literatur241
Die Herstellung von Ordnung als Zumutung oder als Auftrag?243
1 Klassenmanagement als Anforderung an professionelle Lehrerexpertise244
2 Die Herstellung von Ordnung in den professionellen Orientierungen von Hauptschullehrerinnen und - lehrern247
3 Schlussdiskussion255
Literatur257
Interaktion/Organisation – Formalität/ Informalität259
1 Einleitung259
2 Interaktion und Organisation261
3 Formalität und Informalität265
4 Beispielhafte Betrachtung schultheoretisch relevanter Themen267
5 Schlussbetrachtung272
Literatur273
Verzeichnis der wissenschaftlichen Veröffentlichungen von Universitätsprofessor Dr. Dieter Lenzen275
Monografien275
Aufsätze in Zeitschriften275
Aufsätze in Sammelwerken279
Herausgeberschaften287

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