Um das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung auch im deutschen Bildungssystem langfristig umzusetzen, haben sowohl die Kultusminister als auch die Bund–Länder–Kommission diverse Rahmenrichtlinien, Beschlüsse und Programme verabschiedet. Handlungsorientierung, Problemorientierung und Partizipationsorientierung stellen einige der didaktischen Prinzipien dar, an denen sich die Umsetzung des Leitbilds orientieren sollte.
Im Sinne einer nachhaltigen Erziehung scheint es sinnvoll, die Kinder mit wichtigen Themen bereits früh zu konfrontieren. Bereits im Kindergarten, in der Vorschule und der Grundschule lässt sich problemorientiert zu bestimmten Themen der Agenda 21 arbeiten, um das Bewusstsein der Kinder zukunftsorientiert und vor allem nachhaltig zu sensibilisieren und zu schärfen. Umweltbildung hat schon in der Grundschule die Möglichkeit, entsprechend der später ausgeführten didaktischen Überlegungen frühzeitig grundlegende Verhaltensmuster und Schlüsselkompetenzen zu entfalten. Überdies kann beispielsweise das Interesse der Kinder an neuen Technologien im Bereich erneuerbarer Energien geweckt werden. Das kann gerade im Hinblick auf die Zukunft von Bedeutung sein, da die Forscher von morgen in den Grundschulen von heute sitzen. Mittels eines verinnerlichten Umweltbewusstseins und Handlungswissens können die Kinder von heute als die Erwachsenen von morgen für eine nachhaltige Entwicklung ihrer Umwelt eintreten.
Die Anforderungen an die Umweltbildung im Allgemeinen und an den Unterricht in der Grundschule im Besonderen sind folglich sehr komplex. Wie bereits dargelegt, wurde mit der Agenda 21 ein Aktionsprogramm initiiert, das Umweltaspekte in alle anderen Politikbereiche und damit auch in den Bildungsbereich integriert. Die teilnehmenden Regierungen haben sich zur Nachhaltigkeit als höchstes Politikziel und dementsprechend zur Umweltbildung im Sinne nachhaltiger Entwicklung verpflichtet. Daher sollten Themenbereiche wie Energiesparen, Wissen um Ressourcenknappheit und die verschiedenen Nutzungstechnologien erneuerbarer Energien (beispielsweise im Modellcharakter) Eingang in den Unterricht finden.
Die Kultusministerkonferenz und die Bund–Länder–Kommission haben im Sinne der nachhaltigen Erziehung verschiedene Beschlüsse gefasst und Programme verabschiedet. Um anschließend die didaktischen Überlegungen zur Umweltbildung in der Grundschule in einem bildungspolitischen Zusammenhang betrachten zu können, sollen zunächst die Beschlüsse zur Umweltbildung überblicksartig dargestellt werden.
Die KMK hat mit dem 1980 gefassten Beschluss Umwelt und Unterricht eine Grundlage der Umweltbildung geschaffen:
Es gehört […] zu den Aufgaben der Schule, bei jungen Menschen Bewußtsein für Umweltfragen zu erzeugen, die Bereitschaft für den verantwortlichen Umgang mit der Umwelt zu fördern und zu einem umweltbewußten Verhalten zu erziehen, das über die Schulzeit hinaus wirksam bleibt.
Hierzu ist die Schule um so mehr verpflichtet, als die Belastungen der Umwelt in den letzten Jahrzehnten bedrohlich zugenommen haben. Die Schule kann und muß aufgrund ihres Bildungs– und Erziehungsauftrages ihren Beitrag zur Lösung dieses dringlichen Problems leisten.[141]
Im Bericht Umwelterziehung in Deutschland von 1992 wird zudem auch der Auftrag der Grundschule bzw. des Sachunterrichts im Bereich der Umwelterziehung betont, da entsprechend des bildungspolitischen Interesses die Kinder möglichst früh zu einfühlsamem sowie verantwortungsbewusstem Handeln angeleitet werden sollen.[142] Überdies wird von der KMK ein besonderes Gewicht auf erlebnisorientierten, entdeckenden sowie handelnden Unterricht gelegt, der ausgehend vom Erlebnis– und Handlungshorizont der SchülerInnen diesen nach und nach erweitern soll.[143]
Des Weiteren fordert die KMK in ihrem Entwurf Schulische Bildung und Umwelterziehung im Kontext einer nachhaltigen Entwicklung, den Blickwinkel über geläufige ökologische Inhalte hinaus zu erweitern. Bereiche wie Gesundheit, Wirtschaft, Verkehr, Politik, Eine Welt/ Dritte Welt und Kunst sollen mittels Interdisziplinarität in den Unterricht integriert werden.[144]
Der Deutsche Bundestag hat nach der Rio–Konferenz und der Verabschiedung der Agenda 21 die Bundesregierung in einem Beschluss vom 23.6.1994 aufgefordert, „mit den Ländern in der BLK ein abgestimmtes Gesamtkonzept Umweltbildung zu vereinbaren, das einen klaren Arbeitsplan zur Umsetzung enthält“[145]. Im Jahr 1998 verabschiedete die BLK dann auch im Sinne der Agenda 21 einen Orientierungsrahmen Bildung für eine nachhaltige Entwicklung. Unter diesem Leitwort werden an Nachhaltigkeit orientierte Bildungsprozesse verstanden,
[…] welche die Menschen befähigen, die globalen Probleme der Gegenwart und Zukunft zu erkennen und zu bewerten sowie sich an Handlungs– und Gestaltungsschritten zu beteiligen, die für eine wirtschaftlich leistungsfähige, sozial gerechte und ökologisch verträgliche Entwicklung und zur Erfüllung der Bedürfnisse heutiger und künftiger Generationen erforderlich sind.[146]
Das eigentliche Ziel der Bildung liegt damit in der Entfaltung von Entwicklungspotentialen, d.h. in einer persönlichen Entwicklung, die ihrerseits einen positiven Einfluss auf das Voranbringen globaler politischer Ziele haben kann und soll. Für Bildungsangebote, die sich an diesem Leitbild orientieren wollen, werden vom Orientierungsrahmen folgende didaktische Prinzipien formuliert:
System– und Problemorientierung,
Verständigungs– und Werteorientierung,
Kooperationsorientierung,
Situations–, Handlungs– und Partizipationsorientierung,
Selbstorganisation,
Ganzheitlichkeit
und damit verbundene Schlüsselkompetenzen wie z.B.:
Problemlösekompetenz und vernetztes Denken,
Phantasie und Kreativität,
Reflexions– und Teamfähigkeit,
Handlungskompetenz und Partizipationsfähigkeit sowie
Selbstorganisation von Lernprozessen.[147]
Damit die Schule durch ein nachhaltiges Schulleben die Glaubwürdigkeit des Lernstoffes widerzuspiegeln vermag, sollten mittels partizipatorischer Konzepte sowohl das direkte Schulumfeld als auch der Stadtteil oder sogar die Gemeinde in den Unterricht miteinbezogen werden.[148]
1999 wurde ausgehend von diesem Orientierungsrahmen und in inhaltlicher Abstimmung mit dem Bund und den Ländern ein fünfjähriges Förderprogramm entwickelt, an dem sich 15 Länder beteiligen. Mit dem Gutachten Bildung für nachhaltige Entwicklung bzw. dem Programm 21 sollen bis zum Jahr 2004 neue Ansätze schulischer Bildung für eine nachhaltige Entwicklung erprobt und die Ergebnisse möglichst weitgehend in die Praxis integriert werden.[149]
Die von den Lernenden zu erlangenden kognitiven, sozialen und emotionalen Schlüsselkompetenzen werden hier unter dem Lernziel Gestaltungskompetenz zusammengefasst. Dieser Terminus wurde eigens im Kontext der Bildung für nachhaltige Entwicklung eingeführt und bezeichnet die progressive Fähigkeit, die Zukunft von Gemeinschaften und Gesellschaften aktiv im Sinne nachhaltiger Entwicklung modifizieren und modellieren zu können.[150] Ziel ist es, die Bildung für eine nachhaltige Entwicklung in die schulische Praxis zu integrieren.[151] Das Programm 21 gliedert sich in drei Module:
Interdisziplinäres Wissen knüpft an die Notwendigkeit der Vernetzung ökologischer, ökonomischer, sozialer und kultureller Aspekte als entscheidendes Schlüsselprinzip nachhaltiger Bildung an.
Partizipatives Lernen will die Teilnahme aller gesellschaftlichen Gruppen am Prozess nachhaltiger Entwicklung erreichen. Dieses Prinzip verweist auf eine Förderung lerntechnischer und lernmethodischer Kompetenzen (wie Vernetzung, Planung, Kommunikation, Kooperation, Reflexion, Risikowahrnehmung und –bewertung) und verlangt eine Erweiterung schulischer Lernformen und Lernmethoden.
Innovative Strukturen stellen ein neues...