Was erwartest du von deinem zukünftigen Hund?
Du überlegst dir offensichtlich, einen Teil deines Lebens mit einem Hund zu teilen und du bist auf der Suche nach einem Welpen? Bevor du auch nur den allerersten Welpen anschaust, stellst du besser noch einige Überlegungen an.
Die Entscheidung, sein Leben mit einem Hund zu teilen, ist eine große Entscheidung, wenn nicht einer oder mehrere durch diese Entscheidung verlieren sollen. Es ist eine Entscheidung, die das Leben von dir und deiner Familie für die nächsten 10-15 Jahre stark beeinflussen und verändern wird. Ob das kommende Jahrzehnt mit einem Hund für euch alle zu einem Gewinn wird, zu einem unvergesslichen Erlebnis, das hängt in entscheidendem Maße von dir selbst ab. Denn, bei aller Euphorie, die bei dir und womöglich auch deine Familie beim Gedanken, einen Hund bei sich aufzunehmen, aufkommt, solltest du niemals vergessen, dass so ein Hund auch sehr anstrengend werden kann. Ein Hund kann viel Arbeit bedeuten. Und das sind dann Zeitpunkte, da gilt es den inneren Schweinehund zu überwinden und sich aus seiner persönlichen Komfortzone heraus zu bewegen.
Was du bei alldem aber niemals vergessen darfst: Der Hund ist Teil deines Lebens, aber du bist das ganze Leben für den Hund. Während du noch soziale Kontakte hast, zum Beispiel durch deine Arbeit, deine Freunde oder Verwandten, zu denen du auch selbstständig Kontakt aufnehmen kannst, hat dein Hund einzig und allein dich. Und ohne dich hat er auch keine Kontakte zu anderen Hunden. Er hat kein Smartphone und der Fernseher ist, wenn überhaupt, nur von untergeordnetem Interesse. Wenn du dich nicht um ihn kümmerst, tut es auch kein anderer oder du musst dafür sorgen, dass sich jemand um ihn kümmert. Er braucht dich. Ohne dich kann er seine enorme Bewegungsenergie nicht loswerden. Wenn du ihm keine Bewegung verschaffst, wenn du ihm kein Ventil gibst, diese enorme Bewegungsenergie loszuwerden, geht das immer zu Lasten des Hundes. Bestenfalls zieht sich der Hund einfach nur in sich selbst und von euch zurück, wird introvertiert. Meistens endet das jedoch eher in der Form, dass der Hund anfängt die Wohnung umzugestalten durch zerstörerisches Auftreten. Schlimmstenfalls endet es mit psychischen Neurosen des Hundes und Selbstverstümmelung.
Und wenn es zu diesem Zeitpunkt sicherlich noch weit weg scheint, und beim Anblick von Welpen auch sehr schwer fällt, so wird doch auch dein Hund irgendwann ein Senior sein. Wie es ihm dann geht, hängt in nicht unerheblichem Maße bereits davon ab, wie und nach welchen Kriterien du deinen zukünftigen Begleiter aussuchst.
Das wichtigste Kriterium: Was erwarte ich von meinem zukünftigen Hund? Wie stelle ich mir das Leben mit ihm zusammen vor? Viele Menschen sind von dieser Frage völlig überrascht, es fällt ihnen schwer, diese Frage zu beantworten und doch ist die Antwort auf diese Frage der Kern, der darüber entscheidet, wie für euch das nächste Jahrzehnt verläuft. Oder noch genauer gesagt, wie für deinen Hund sein gesamtes Leben verläuft. Verschaffe dir selbst einen klaren Blick, was du von dem Hund möchtest. Je genauer, je klarer das Bild ist, umso besser. Vielleicht hilft es dir, dies aufzuschreiben oder gar es tatsächlich als Bild zu malen. Wie stellst du es dir vor, euer gemeinsames Leben?
Wenn Menschen zu mir in die Hundeschule kommen, mit dem Wunsch einen Hund in ihr Leben zu lassen, dann stelle ich genau diese beiden Fragen und meistens sehe ich überraschte Gesichter und leichte Irritation in den Augen meines Gegenübers. „Ja, so, den Hund überall mithinnehmen können. Laufen. Einer, der da ist, wenn man nach Hause kommt.“, das höre ich meistens. Das bedeutet nicht, dass es mit so einer Herangehensweise zwangsläufig scheitern muss, aber oftmals ist das leider der Fall. Werde dir also genau klar, was du von deinem Hund möchtest, was du erwartest, wie du dir euer gemeinsames Leben vorstellst.
„In erster Linie entstehen Schwierigkeiten zwischen Mensch und Hund an zu wenig Zeit, an der oftmals chaotischen Körpersprache des Menschen und natürlich daran, dass, anstatt sich authentisch zu verhalten, Hunde nach irgendwelchen Modewellen, nur weil sie gerade hip sind, „erzogen“ werden sollen. Im Übrigen folgen Hunde demjenigen am liebsten, der Charisma hat, einen durchdachten Lebensplan vorlebt, sich sozio-emotional kümmert und einbringt in eine Beziehung. Dann klappt die ganze „Erziehung“ schon fast von allein.“ - Günther Bloch 2015
Schlechte Gründe, einen Hund zu sich zu nehmen, die ich leider tatsächlich so immer mal wieder höre, sind zum Beispiel:
„Damit ich mich mehr bewege.“ Dann kaufe dir besser einen Heimtrainer und lerne erstmal deinen inneren Schweinehund zu überwinden, denn dein zukünftiger Hund wird ihn herausfordern, womöglich sogar mehrmals täglich.
„Mein Arzt sagte mir, ein Hund täte mir gut.“ Wenn der Arzt den Hund möchte, dann lasse es lieber gleich ganz sein. Das ist besser für euch beide.
„Damit sich die Kinder weniger kloppen.“ Nun, ein Sandsack wäre wohl die bessere Wahl, als ein lebendes Tier. Denn wenn die Kinder untereinander sich nicht sozial verhalten, dann gelingt es ihnen gegenüber dem Hund genauso wenig.
„Damit das Kind nicht so alleine ist.“ Und was ist mit dem Hund, wenn das Kind mal nicht da ist? Es in der Pubertät lieber mit Freunden zusammen ist, das Haus verlässt, wegen einer Berufsausbildung, Studium,…? Was ist, wenn das Kind alsbald das Interesse an dem Hund verliert?
„Damit jemand auf das Haus aufpasst.“, manchmal noch mit dem Zusatz: „Das hat mir die Polizei empfohlen.“ In diesem Fall ist eine Alarmanlage die bessere Alternative, denn die will nicht erzogen werden, ist niemals krank, braucht keine tägliche Aufmerksamkeit für viele Stunden, fordert den Menschen nicht heraus, braucht kein Futter,… Und ihr lieben Polizisten: Ihr ahnt gar nicht, was ihr den Hunden damit antut.
„Weil ich auf Turnieren und Prüfungen um Pokale laufen möchte.“ Die werden deinen Hund aber nicht interessieren. Die sind für dich, für deine Wohnzimmerdeko, dein Ego.
„Weil wir schon immer einen Hund hatten.“ Gewohnheit ist ein Beziehungskiller, an dessen Ende es immer Verlierer gibt.
„Damit ich in meiner Freizeit etwas zu tun habe.“ Einen Hund als Zeitvertreib zu sehen, ist falsch und äußerst egoistisch.
„Der Hund ist ein höchst sensibles, liebebedürftiges und intelligentes Lebewesen. Er ist keine lebendige Gehhilfe, sondern ein wunderbares Wesen, welches nicht primär den Spaziergang, sondern den sicheren Platz im Rudel als Wichtigstes empfindet und auch dringend braucht!“ - Stefan Wittlin
Ich habe mal eine Zeitlang in unseren Welpengruppen die frisch gebackenen Hundehalter gefragt, warum sie einen Hund haben und wie sie sich das gemeinsame Zusammenleben vorstellen. Am häufigsten wurde mir genannt, dass sie sich einen Hund an ihrer Seite erträumen, den sie überall mit hinnehmen können ohne aufzufallen. Das ist ein wunderbares Ziel und eine wunderbare Vorstellung. Aber auch ein anstrengendes Ziel, welches viel Einsatz, Verständnis und Geduld erfordert.
Und immer wieder höre ich von meinen Kunden, die sich auf dem Weg zu diesem Ziel befinden: „Puh, so anstrengend habe ich mir das nicht vorgestellt.“ Ja, tatsächlich, der Weg zu dem Ziel ist ein einfacher, nicht langer Weg, du musst gar nicht so viel beachten, viel weniger, als du denkst, aber er ist anstrengend. Womöglich kommst du auf die Idee, der Weg sei das Ziel. Ich gebe dir den gutgemeinten Rat, diese Idee in Zusammenhang mit deinem Hund gleich wieder zu verwerfen. Es könnte dann einen oder vielleicht zwei Verlierer geben, da du dich in einer Art Endlosschleife verfangen wirst, die dich entweder resignieren lässt und ihr lebt dann nebeneinander statt miteinander oder es zehrt deine ganze Energie aus dir, denn du kommst dann nie an.
Wenn du dir nun darüber im Klaren bist, was du von deinem zukünftigen Hund erwartest, dann beginnt die Überlegung, wie dieser Hund nun aussehen soll, welches die passende Größe ist. Suchst du einen Hund, mit dem du viel auf dem Sofa herumgammeln kannst? Dann käme für dich wohl ein Hund einer großen Rasse in Frage, zum Beispiel die Doggenartigen oder die Herdenschutzhunde oder ein kleiner Hund, der von seinem Körperbau kein effizienter Läufer ist. Suche nach einem Wurf mit wenigen Welpen, denn in einem Wurf mit vielen Welpen sind die Hunde in den ersten Lebensjahren unruhiger und nervöser. In einem kleinen Wurf bekommen die Welpen ihre Ruhephasen, an die sie sich gewöhnen und auf die sich ihr Gehirn einstellt. In einem großen Wurf ist dies nicht der Fall, da immer irgendjemand von den Welpen wach ist und für Unruhe sorgt, dadurch stellt sich in dieser wichtigen Zeit das Gehirn darauf ein, permanent in Aktion zu sein. Dies relativiert sich zwar im Laufe der Zeit, doch wenn man schon weiß, was man will, dann darf dieser Aspekt durchaus Beachtung finden. Vermutlich bevorzugst du dann auch...