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Es gibt keinen Weg zum Frieden, denn Frieden ist der Weg

AutorMahatma Gandhi
VerlagKösel
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl176 Seiten
ISBN9783641245740
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
»Sei du selbst die Veränderung.« - Dieses Buch enthält alle wichtigen Texte des großen Menschenrechtlers.
Mahatma Gandhi setzte sich mit seinen Reden für ein unabhängiges Indien ein. Dies tat er mit einfachen und persönlichen Worten, die bis in die heutige Zeit ihre Gültigkeit haben. Die Texte und Gedanken Gandhis sind nicht abgehoben, sie führen nicht aus der Gesellschaft hinaus, sondern mitten in sie hinein und zeigen, wo wir Verantwortung übernehmen müssen. Gleichwohl geben sie uns Orientierung in diesen schwierigen Zeiten.

Zahlreiche Menschen wurden durch seine Worte inspiriert. Darunter u.a. Martin Luther King und Nelson Mandela.

Mahatma Gandhi wurde am 2. Oktober 1869 in Porbandar, Indien, geboren und starb durch ein Attentat am 30. Januar 1948 in Neu-Delhi. Der Rechtsanwalt kämpfte mit gewaltfreiem Widerstand, zivilem Ungehorsam und Hungerstreiks gegen die koloniale Ausbeutung und für Menschenrechte. Seine Haltung des gewaltfreien Widerstands brachte ihn mehrfach ins Gefängnis. Schon zu Lebzeiten war Gandhi weltberühmt, für viele ein Vorbild und so anerkannt, dass er mehrmals für den Friedensnobelpreis nominiert wurde. In seinem Todesjahr wurde dieser Nobelpreis symbolisch nicht vergeben.

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Leseprobe

Vorbereitung und Feierlichkeiten anlässlich der Kinderhochzeit

Wir waren, wie gesagt, drei Brüder. Der erste war bereits verheiratet. Die Familienältesten beschlossen, meinen zweiten Bruder, der zwei oder drei Jahre älter als ich war, einen etwa ein Jahr älteren Cousin und mich gleichzeitig zu verheiraten. An unser Wohlergehen, ganz zu schweigen von unseren Wünschen, wurde dabei nicht gedacht. Was allein zählte, waren die praktischen und wirtschaftlichen Erwägungen der Ältesten.

Eine Eheschließung ist bei Hindus keine einfache Angelegenheit. Häufig ruinieren sich die Eltern von Braut und Bräutigam dabei. Sie verschwenden ihr Vermögen, sie verschwenden ihre Zeit. Monate vergehen über den Vorbereitungen – für die Herstellung von Kleidern und Schmuck und die Planung der Mahlzeiten. Jeder versucht, den anderen hinsichtlich der Anzahl und Vielseitigkeit der angebotenen Speisen zu übertreffen. Die Frauen singen sich – unabhängig davon, ob sie eine Stimme haben oder nicht – heiser, ja sogar krank und stören die Ruhe der Nachbarn. Diese wiederum nehmen den ganzen Tumult und Lärm und all den Schmutz und Dreck, den die Festessen hinterlassen, widerspruchslos hin, weil sie wissen, dass die Zeit kommen wird, da sie das Gleiche tun werden.

Die Ältesten meiner Familie hielten es für das Beste, diese ganzen Scherereien alle auf einmal hinter sich zu bringen. Weniger Kosten und mehr Aufsehen. Denn man konnte freigebig mit dem Geld umgehen, wenn es nur einmal und nicht dreimal ausgegeben werden musste. Mein Vater und mein Onkel waren beide alt, und wir waren die letzten Kinder, die sie zu verheiraten hatten. Vermutlich wollten sie noch ein letztes Mal in ihrem Leben ein großes Fest miterleben. Angesichts all dieser Erwägungen entschied man sich für eine dreifache Hochzeit, für deren Vorbereitung wie gesagt Monate benötigt wurden.

Es waren nur diese Vorbereitungen, die uns einen Hinweis auf das kommende Ereignis gaben. Ich glaube nicht, dass es für mich mehr bedeutete als die Aussicht auf neue Kleider, Trommelklang, Hochzeitszüge, reichhaltige Mahlzeiten und ein fremdes Mädchen, mit dem man spielen konnte. Die sinnliche Begierde kam später. […]

Damals hätte ich es mir nicht träumen lassen, dass ich meinen Vater einmal dafür heftig kritisieren würde, dass er mich als Kind verheiratet hat. Alles schien an jenem Tag richtig, gut und angenehm. Es gab auch von meiner Seite aus den dringenden Wunsch, verheiratet zu werden. Und da alles, was mein Vater tat, mir damals über jeden Tadel erhaben schien, sind mir diese Dinge frisch im Gedächtnis. Ich kann mir sogar heute noch vor Augen führen, wie wir auf unserem Hochzeitspodest saßen, wie wir die saptapadi (ein indisches Hochzeitsritual) vollführten, wie wir, die Neuverheirateten, einander süßen kansar in den Mund steckten und wie wir zusammenzuleben begannen. Und, ach, jene erste Nacht! Zwei unschuldige Kinder stürzten sich völlig unwissend in das Meer des Lebens. Die Frau meines Bruders hatte mich sorgfältig darauf vorbereitet, was ich in der ersten Nacht zu tun hatte. Ich weiß nicht, wer meine Frau vorbereitet hat. Ich habe sie nie danach gefragt und werde das auch jetzt nicht tun. Der Leser kann davon ausgehen, dass wir zu nervös waren, um einander ins Gesicht zu sehen. Auf jeden Fall waren wir zu befangen. Wie sollte ich mit ihr reden und was sollte ich sagen? Die Vorbereitung konnte mir da nicht weiterhelfen. Tatsächlich ist in Fällen wie diesem eine Vorbereitung nicht wirklich nötig. Die Eindrücke aus dem vorigen Leben sind so stark, dass jede Vorbereitung überflüssig wird. Wir lernten einander kennen und frei miteinander zu sprechen. Wir waren gleichaltrig. Aber sehr bald schon beanspruchte ich die Rechte eines Ehemannes. (I, 23 ff.)

Von Jugendsünden und Selbstmordplänen

Ein Verwandter und ich hatten mit dem Rauchen begonnen. Nicht dass wir uns eine positive Wirkung davon versprachen oder den Zigarettengeruch besonders angenehm fanden. Wir glaubten einfach nur, dass es Spaß machen würde, Rauchwolken aus dem Mund auszustoßen. Mein Onkel rauchte, und als wir das sahen, meinten wir, ihm nacheifern zu müssen. Aber wir hatten kein Geld. Deshalb begannen wir, die vom Onkel fortgeworfenen Zigarettenkippen aufzusammeln.

Doch oft gab es keine Kippen, ohnehin ließ sich mit ihnen nur wenig Rauch herstellen.

So entwendeten wir Kleingeld aus der Barschaft des Dieners, um indische Zigaretten kaufen zu können. Allerdings wussten wir nicht, wo wir sie aufbewahren sollten. Wir konnten natürlich nicht in Gegenwart der älteren Familienmitglieder rauchen. Mit dem gestohlenen Geld vermochten wir uns ein paar Wochen lang irgendwie zu versorgen. In dieser Zeit hörten wir, dass die Stängel einer bestimmten Pflanze porös waren und wie Zigaretten geraucht werden konnten. Wir verschafften sie uns und rauchten nun auf diese Weise.

Diese Aktivitäten stellten uns aber keineswegs zufrieden. Wir litten immer mehr unter dem Verlangen nach Unabhängigkeit. Uns war es unerträglich, nichts ohne die Erlaubnis der Älteren unternehmen zu können. Schließlich beschlossen wir, aus schierer Empörung Selbstmord zu begehen.

Wie aber sollten wir das anstellen? Woher konnten wir Gift bekommen? Wir hatten gehört, dass Daturasamen ein wirksames Gift seien. So machten wir uns auf, sie im Dschungel zu suchen, und fanden sie auch. Der Abend galt als die glücksträchtige Zeit. Wir gingen zum Kedarji Mandir, füllten die Tempellampe mit Ghi, vollzogen darshan und suchten uns einen abgelegenen Winkel. Doch da verließ uns der Mut. Angenommen wir starben nicht auf der Stelle? Und was nützte es uns eigentlich, wenn wir uns umbrachten? Warum sich nicht doch lieber mit der Abhängigkeit abfinden? Trotzdem schluckten wir zwei, drei Samen. Mehr wagten wir nicht. Wir überlebten beide und entschieden, zum Ramji Mandir zu gehen, um uns zu beruhigen und den Gedanken an Selbstmord aufzugeben.

Ich begriff, dass es sehr viel schwerer ist, einen Selbstmord tatsächlich zu begehen, als ihn nur zu planen. Seitdem hat es kaum oder gar keinen Eindruck auf mich gemacht, wenn jemand mit Selbstmord drohte.

Der Einfall, Selbstmord zu begehen, führte am Ende dazu, dass wir beide aufhörten, Kippen zu rauchen und dem Diener Kleingeld für Zigaretten zu stehlen. (I, 41 f.)

Der missglückte Versuch, ein englischer Gentleman zu werden

Ich wollte mich um geschliffene Manieren bemühen und meinen Vegetarismus dadurch wettmachen, dass ich andere Fertigkeiten erlernte, die einen Mann für die gehobene Gesellschaft qualifizieren. Und deshalb unternahm ich den völlig unmöglichen Versuch, ein englischer Gentleman zu werden.

Meine Anzüge im Stil der Bombay-Mode eigneten sich meiner Ansicht nach nicht für die englische Gesellschaft, weshalb ich mir neue in den Army- und Navy-Stores besorgte. Ich schaffte mir auch einen Zylinder an; er kostete neunzehn Shilling, ein damals extrem hoher Preis. Damit nicht genug, verschwendete ich zehn Pfund für einen Abendanzug aus der Bond Street, dem Londoner Modezentrum. Meinen guten, großzügigen Bruder veranlasste ich, mir eine doppelte Uhrkette aus Gold zu schicken. Da es nicht korrekt war, eine fertig gebundene Krawatte zu tragen, erlernte ich die Kunst, sie mir zu binden. Zu Hause in Indien war ein Spiegel ein Luxus gewesen, den ich nur an den Tagen gebrauchen durfte, an denen ich vom Familienbarbier rasiert wurde. Hier vergeudete ich täglich zehn Minuten vor einem großen Spiegel, um meine Krawatte zu binden und mir einen korrekten Scheitel zu ziehen. Mein Haar war ziemlich widerspenstig, und es erforderte täglich einen regelrechten Kampf mit der Bürste, um es in Form zu bringen. Bei jedem Auf- und Absetzen des Hutes fuhr meine Hand automatisch zum Kopf, um die Haare glatt zu streichen, ganz zu schweigen von der anderen zivilisierten Handbewegung, die man zum gleichen Zweck ausführte, wenn man sich in feiner Gesellschaft befand.

Als ob dies nicht genügt hätte, mich perfekt aussehen zu lassen, richtete ich meine Aufmerksamkeit auf weitere Details, die angeblich unverzichtbar waren, um ein englischer Gentleman zu werden. Man sagte mir, ich müsse Unterricht in Tanz, Französisch und Vortragskunst nehmen. Französisch war nicht nur die Sprache des benachbarten Frankreich, sondern auch die lingua franca des Kontinents, den ich gerne bereisen wollte. Ich beschloss, Tanzstunden zu nehmen, und zahlte drei Pfund für einen Kurs. Es waren ungefähr sechs Stunden, verteilt über drei Wochen, die ich absolvierte, aber ich war einfach außerstande, irgendeine rhythmische Bewegung hinzubekommen. Ich konnte dem Klavier nicht folgen und deshalb auch den Takt nicht halten. Was sollte ich also tun? Der Einsiedler in der Fabel schafft sich eine Katze an, um die Mäuse fernzuhalten, dann eine Kuh, um Milch für die Katze zu haben, und schließlich einen Mann, um die Kuh zu hüten, und so weiter. Ähnlich der Entourage des Einsiedlers erweiterte sich auch mein ehrgeiziges Vorhaben. Ich meinte, Geigespielen lernen zu müssen, um mein Verständnis für westliche Musik zu entwickeln. So investierte ich drei Pfund in den Kauf einer Geige und noch etwas mehr in Unterrichtsstunden. Ich suchte mir einen dritten Lehrer, der mir Vortragskunst beibringen sollte, und zahlte ihm eine Guinea als Vorschuss. Als Lehrbuch empfahl er mir Bells Standard Elocutionist, das ich mir auch anschaffte. Ich begann mit einer Rede von Pitt.

Doch bei Mr. Bell hörte ich plötzlich alle Glocken läuten und erwachte.

Ich würde nicht ein ganzes Leben in England verbringen, hielt ich mir vor. Was brachten mir Kenntnisse in Vortragskunst ein? Und wie sollten...

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