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Essstörungen bei Jugendlichen vorbeugen

Auffälliges Essverhalten erkennen und handeln

AutorDorothe Verbeek, Franz Petermann
VerlagHogrefe Verlag GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl133 Seiten
ISBN9783840926839
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Zahlreiche Kinder und Jugendliche finden sich zu dick, obwohl sie normalgewichtig sind. Anhaltende Gewichtssorgen und Unzufriedenheit mit der eigenen Figur, gezügeltes Essverhalten, exzessives Fitnesstraining mit Einnahme von Substanzen zum Muskelaufbau, Essanfälle mit und ohne Erbrechen, begleitende depressive Stimmungszustände und Hänseleien durch Gleichaltrige sind Phänomene, die im Jugendalter weit verbreitet sind. Auch wenn es sich bei diesen Auffälligkeiten nicht um psychische Störungen im engeren Sinne handelt, sollten sie unbedingt beachtet werden, weil sich aus diesen ersten Anzeichen Essstörungen wie Magersucht, Bulimie oder eine Essanfallsstörung entwickeln können, die dringend einer Behandlung bedürfen. Was steckt hinter den Essproblemen so vieler Jugendlicher? Woran kann man Essstörungen frühzeitig erkennen? Was können Erwachsene wie Eltern und Lehrkräfte tun, um der Entwicklung einer Essstörung vorzubeugen? Wo gibt es welche Unterstützungsangebote und wie sieht die Behandlung aus? Dieses Buch will informieren, aufklären und sensibilisieren. Es will Eltern, Lehrkräften und anderen Bezugspersonen Einblicke in die komplexe Innenwelt von Jugendlichen, ihre Nöte und Probleme ermöglichen, die sich hinter einer Essstörung verbergen können. Das Buch zeigt auf, wie Eltern und Lehrkräfte Jugendliche auf dem Weg hin zu einer gesunden, stabilen und selbstbewussten Person unterstützen und begleiten können.

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Kapitelübersicht
  1. Essstörungen bei Jugendlichen vorbeugen
  2. 1Einleitung
  3. 2Auffälliges Essverhalten und Figursorgen
  4. 3Essstörungen bei Jugendlichen
  5. 4Ursachen und Erklärungsansätze von Essstörungen
  6. 5Essstörungen erkennen
  7. 6Handlungsmöglichkeiten bei ersten Anzeichen
  8. 7Essstörungen behandeln
  9. Anhang
Leseprobe
3 Essstörungen bei Jugendlichen (S. 19-20)

Hinter dem Begriff „Essstörungen“ verbergen sich unterschiedliche Formen von psychischen Auffälligkeiten, denen eine Überbewertung und extreme Kontrolle von Figur und Körpergewicht gemeinsam ist. Eine Selbstbewertung als „zu dick“ ist auch bei gesunden jungen Frauen häufig vorzufinden. Bei Menschen, die an einer Essstörung leiden, nehmen diese Gedanken jedoch einen übermäßigen Raum ein und belasten in erheblichem Maße das Selbstwertgefühl.

Es werden drei Formen von Essstörungen unterschieden, die zum Teil ineinander übergehen können und damit Momentaufnahmen unterschiedlicher Krankheitsphasen darstellen. Die bekannteste Form ist sicherlich die Anorexie – in der Fachwelt als Anorexia nervosa und im Alltag als Magersucht bezeichnet. Auch die Bulimie (Bulimia nervosa), mitunter Ess-Brech-Sucht genannt, ist vielen ein Begriff. Weit weniger bekannt ist die Binge-Eating-Störung, die Essanfall-Störung. Ein großer Teil der jungen Menschen, die an einer klinisch bedeutsamen Essstörung leiden, zeigt nicht alle Symptome einer Anorexie, Bulimie oder Binge-Eating-Störung. Unter der Diagnose „Nicht näher bezeichnete Essstörungen“ verbergen sich verschiedene Formen von krankheitswertigen Störungsbildern, die nicht der Anorexie oder der Bulimie zuzuordnen sind. Sie bilden mit ca. 60 % die größte Gruppe unter den Essstörungen (Fairburn, 2012). Im Weiteren werden die drei Essstörungen des Jugendalters, die in diesem Buch behandelt werden, unter dem Blickpunkt ihres Erscheinungsbildes ausgeführt und die Häufigkeit und der Verlauf der Erkrankung beschrieben.

3.1 Anorexie

Fallbeispiel: Kristin, 15 Jahre
Kristin hat vor einem Jahr entschieden abzunehmen. Ihre besten Freundinnen seien alle dünner gewesen. Im Vergleich zu ihnen habe sie sich als plump und dick wahrgenommen. Damals habe die Gymnasiastin 55 kg bei einer Größe von 170 cm gewogen, jetzt wiege sie 47,5 kg. Ihre Eltern berichten, Kristin sei vor ihrer Diät immer normalgewichtig gewesen. Sie habe anfangs ab 17.00 Uhr nichts mehr gegessen und auf Süßigkeiten verzichtet. Innerhalb eines Monats habe sie 3 kg abgenommen und sich leicht gefühlt. Von Eltern und Freunden habe sie Komplimente erhalten. Sie habe weiter abnehmen wollen, musste dafür allerdings ihre Essensmengen weiter reduzieren. Brot, Nudeln, Kartoffeln habe sie nur noch ungern und in kleinen Mengen gegessen, Obst und Gemüse und auch fettreduzierte Milchprodukte hätten den Großteil ihrer Ernährung ausgemacht. Sie habe sich täglich gewogen. Wenn die Waage ein leicht höheres Gewicht angezeigt habe, habe sie Panik und Weinkrämpfe bekommen und anschließend stärker gehungert. Dem Hunger zu widerstehen, habe ihr ein Gefühl der Stärke gegeben. Jedes Kilo, das sie abnahm, habe sie stolz gemacht. Ihre Eltern, aber auch Lehrkräfte und Freundinnen, hätten gesagt, sie solle endlich mit dem Hungern aufhören, sie sei jetzt viel zu dünn. Das wollte sie nicht hören, Hungern war ihre Stärke, hier war sie anderen überlegen. Sie habe sich von ihren Freundinnen zurückgezogen und sich vor allem mit schulischen Themen beschäftigt. Leichten Schwindel, kalte Hände und Füße und die gestiegene Anstrengung bei körperlicher Bewegung habe sie in Kauf genommen, das Ausbleiben der Regelblutung habe sie sogar begrüßt. Mittlerweile drohe die Aufnahme in eine Klinik. Davor habe sie große Angst. Jetzt wolle sie mehr essen, schaffe es aber alleine nicht, suche nun Hilfe in einer Therapie (In Kapitel 6 und 7 kommen wir noch einmal auf Kristin zu sprechen, vgl. S. 61 ff. und 104, 116 f.).

Der Begriff „Anorexia nervosa“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet „nervlich bedingter Appetitmangel“. Diese wörtliche Übersetzung ist irreführend, da die Betroffenen durchaus Hunger verspüren, diesen jedoch zu kontrollieren versuchen. Die Anorexie ist charakterisiert durch eine Störung des Körperbildes und eine extreme Diät, die mit einer erheblichen Gewichtsabnahme und einer krankhaften Angst verbunden ist, dick zu werden. In der Folge kommt es zu einem Untergewicht mit erheblichen körperlichen und psychischen Auswirkungen.

Im Detail kennzeichnen folgende Symptome diese Essstörung (Dilling et al., 2013):
•• Ein Hauptmerkmal ist das selbst herbeigeführte Untergewicht: Bei Erwachsenen ist ein BMI = 17,5 bzw. mindestens 15 % unter dem zu erwartenden Gewicht als Kriterium festgelegt. Bei Kindern und Jugendlichen werden zur Beurteilung indessen die BMI-Altersperzentilen herangezogen, sodass bei der Bewertung des BMI auch das
Inhaltsverzeichnis
Essstörungen bei Jugendlichen vorbeugen1
Inhaltsverzeichnis7
Vorwort9
1Einleitung11
2Auffälliges Essverhalten und Figursorgen13
3Essstörungen bei Jugendlichen21
3.1Anorexie21
3.2Bulimie30
3.3Binge-Eating-Störung35
3.4Körperliche und psychische Folgen38
4Ursachen und Erklärungsansätze von Essstörungen43
4.1Anorexie43
4.2Bulimie49
4.3Binge-Eating-Störung52
5Essstörungen erkennen54
5.1Allgemeine Hinweise54
5.2Konkrete Warnsignale56
5.3Die Rolle des Arztes58
6Handlungsmöglichkeiten bei ersten Anzeichen60
6.1Wohin die Reise gehen soll61
6.2Das Gespräch suchen62
6.3Das Selbstwertgefühl stärken67
6.4Ein gesundes Gewicht im Blick behalten71
6.5Ein normales Essverhalten unterstützen72
6.6Das Körpergefühl verbessern81
6.7Mit dem Schlankheitsideal auseinandersetzen86
6.8Auch Eltern müssen nicht perfekt sein88
6.9Schulische Maßnahmen und gesellschaftspolitische Initiativen90
7Essstörungen behandeln98
7.1Medizinische Behandlung98
7.2Rahmenbedingungen und Ziele einer Psychotherapie101
7.3Essbezogene Therapie105
7.4Individuelle Psychotherapie115
7.5Elternarbeit121
7.6Selbsthilfeansätze123
Anhang127
Literatur129
Hilfreiche Internetadressen und Selbsthilfebücher133

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