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Ethikfonds. Fundierung, Verwirklichung und Performance

Fundierung, Verwirklichung und Performance

AutorChristian Nitzl
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl76 Seiten
ISBN9783638010511
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis17,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich BWL - Bank, Börse, Versicherung, Ludwig-Maximilians-Universität München, Veranstaltung: Portfoliomanagement, 135 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Anlegern, denen das Risiko einer Direktanlage in Wertpapiere oder anderen Anlageformen zu groß ist, oder denen es der Zeit ermangelt, ein privates Portfolio zu strukturieren und dauerhaft zu betreuen, das den Prinzipien der Portfoliotheorie genügt, können sich dennoch durch den Erwerb von Fondsanteilen an der Börse engagieren. Um den unterschiedlichen Bedürfnissen von Anlegern gerecht zu werden, bieten die Investmenthäuser unterschiedliche Arten von Fonds an. Eine besondere Stellung nehmen so genannte 'Ethikfonds' ein, für die in den letzten Jahren ein stark wachsendes Interesse - sowohl in der Wissenschaft, als auch in der Praxis - zu beobachten war. Doch erst seit wenigen Jahren findet tatsächlich eine wissenschaftlich fundierte Auseinandersetzung mit dem Thema Ethikfonds statt. Ethikfonds stellen insoweit eine besondere Form der Geldanlage dar, da Fragen nach dem richtigen moralischen Handeln mit Beachtung finden. Dies zeigt sich in der Praxis überwiegend durch eine ethisch orientierte Wertpapierselektion. Allerdings ist bis heute nicht eindeutig definiert, was unter Ethikfonds genau zu subsumieren ist. Während ethische Geldanlagen im angloamerikanischen Raum eine lange Tradition zurück blicken können, sind sie am deutschen Kapitalmarkt noch ein relativ junges Phänomen. Will man den Mangel an wissenschaftlicher Literatur über Ethikfonds erklären, so scheint dabei die Dominanz des neoklassischen Gleichgewichtsmodells eine große Rolle zu spielen. Denn unter der neo-klassischen Annahme, die ihren Ausdruck im Kapitalmarktmodell findet, dürfte es aufgrund des Rationalitätspostulats zu keiner Berücksichtigung von außerökonomischen Komponenten bei der Bewertung von Anlagefazilitäten kommen. Nimmt man von der herkömmlichen Prämisse des rationalen Anlegers aber Abstand, so stellt sich die Frage, wie und welche Informationen am Kapitalmarkt verarbeitet werden und welche Konsequenzen sich hieraus für Forschung und Praxis ergeben.

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Leseprobe

3 Methoden, Problemstellungen und Implikationen der Umsetzung


 

3.1 Allgemeine Vorgehensweise


 

Wie oben gezeigt, kann Ethik als eine zusätzliche Dimension im Portfolio-bildungsprozess betrachtet werden. Im Folgenden soll skizziert werden, wie unterschiedliche ethische Überzeugungen von Ethikfonds berücksichtigt werden. Es ist dabei zunächst unerheblich, ob es sich um einen islamisch, christlich oder ökologisch orientierten Fonds handelt, da der Prozess der Anlagenauswahl identisch verläuft.[155]

 

Ein Ethikfonds kann, wie ein traditioneller Fonds, unter anderem aus Aktien, Rentenpapieren oder sonstigen Fonds bestehen.[156] Er kann passiv gemanagt werden, indem er einen Ethikindex repliziert, oder aktiv, indem er bewusst von einer Indexbildung abweicht. Während beim aktiven Portfoliomanagement im traditionellen Sinne der Portfoliomanager nach der höchsten Rendite bei einem vorgegebenen Risiko sucht, zeichnen sich Ethikfonds zusätzlich dadurch aus, dass sie in Übereinstimmung mit ethischen Zielen geführt werden. Somit setzen sich die Ziele eines Ethikfonds aus finanziellen und nicht-finanziellen Zielen zusammen, welche in Einklang miteinander gebracht werden müssen. Für aktiv gemanagte Ethikfonds hat das zur Folge, dass deren Fondsmanager den vorformulierten Zielen folgen und in Kongruenz mit ethischen Zielsetzungen aus einem Anlageuniversum passende Titel auswählen.[157] Der Hauptunterschied zu traditionellen Fonds liegt in der Limitation auf ethisch akzeptable Anlagetitel.[158] Dabei sind Ethikfonds nicht zu verwechseln mit Spezialitätenfonds, bei denen es ebenso zu einer Einschränkung des Anlageuniversums kommt. Denn während bei Spezialitätenfonds der Fokus auf bestimmte Branchen wie bspw. Solarzellen gelegt wird, kommt es bei Ethikfonds durch die Anwendung unterschiedlicher Anlagekriterien auf das gesamte Anlageuniversum zu einer Reduktion desselben.[159] Häufig können jedoch Spezialitätenfonds, abhängig von ihrem Anlageschwerpunkt wie bspw. Solarenergie, unter Ethikfonds subsumiert werden.

 

Im ersten Schritt bei der Bildung eines Ethikfonds wird das Anlageuni-versum mit Hilfe verschiedener Kriterien gefiltert, um darauf aufbauend im zweiten Schritt, wie bei traditionellen Fonds, ein nach finanzwirtschaftlichen Kriterien effizientes Portfolio zu bilden.[160] Bei der Wertpapierselektion nach ethischen Grundsätzen wird ein Portfoliomanager des Öfteren von externen Research Instituten unterstützt, deren Bewertungssystem nach eigenen Angaben in eine Vielzahl der von Investmentgesellschaften aufgelegte Publikums- und Spezialfonds eingehen.[161] Die Münchner Rating-Agentur oekom research AG hat ein Ratingkonzept erarbeitet, welches auf dem Bewertungskatalog (850 Einzel-kriterien) der Projektgruppe „Ethisch-Ökologisches Rating“ an der Universität Frankfurt/Main basiert. [162] Eine ethische Bewertung kann aber auch intern durch den Portfoliomanager selbst erfolgen, wobei sich Portfoliomanager häufig an Ethik-Ratings oder der Zugehörigkeit eines Unternehmens zu einem Ethikindex orientieren.[163] Die Aufgabe des Ethik-Researchs besteht dabei in der Analyse und der Bewertung von ökologischer, sozialer und ethischer Ausrichtung von Unternehmen, Branchen und Ländern. Auf diese Weise nehmen Ethik-Ratinginstitute eine herausragende Stellung bei der Generierung und Bündelung ethisch relevanter Informationen über Unternehmen ein.[164] Hierzu bedienen sie sich mehrstufiger Prüf- und Ratingverfahren. Welche ethischen Kriterien mit welcher Gewichtung in Ratings einfließen unterscheidet sich dabei von Institut zu Institut.[165] Auf Grundlage dieser Bewertung wird, in Verbindung mit zuvor festgelegter Anlagestrategie und der Finanzanalyse der ausgewählten Unternehmen, daraufhin ein Ethikfonds zusammengestellt. Die angewandten Kriterien und Anlagestrategien werden bei der Auflage eines Ethikfonds fixiert und daraufhin im Verkaufsprospekt veröffentlicht.[166] Je nach Zusammensetzung hat der Ethikfonds eine finanzielle und nicht-finanzielle Performance, welche zur Überprüfung der Einhaltung oder der Erreichung von anfangs fixierten Zielen herangezogen werden kann. Eine solche in regelmäßigen Abständen erfolgende Überprüfung der Zielkongruenz kann zu Änderungen in der Asset Allocation führen.[167] Gegenüber traditionellen Fonds kommt noch hinzu, dass durch eine Veränderung des Ethik-Ratings eines Unternehmens solch eine Portfolio-umschichtung nötig werden kann. Somit kommt es zwangsläufig zu einer höheren Dynamik in der Portfolioumschichtung als ohne Berücksichtigung eines Ethik-Ratings.

 

Die kritischste Phase im Portfoliobildungsprozess ist die Auswahl und Gewichtung der Kriterien. Die Fähigkeit eines Portfoliomanagers, begründen zu können, warum er welche Kriterien wie ausgewählt hat, ist entscheidend dafür, ob ein Fonds als ethisch fundiert angesehen werden kann. Allgemein können zwei Herangehensweisen unterschieden werden, wie Kriterien vom Management eines Ethikfonds gebildet werden.[168] Auf der einen Seite wird von einem marktge-steuerten Fonds gesprochen, wenn der Fonds nach Kriterien geführt wird, die der Markt nachfragt. Auf der anderen Seite wird von einem beratenden Fonds gesprochen, wenn der Fonds nach Kriterien geführt wird, die von einem Komitee vorgeschlagen werden. Solch ein Komitee besteht aus Spezialisten verschiedener Fachrichtungen wie der Ökonomie, der Ökologie sowie der Philosophie und beschäftigt sich mit dem ethisch richtigen Verhalten von Unternehmen, Branchen und Ländern.[169] Wenn auch eine Trennlinie zwischen einem, vom marktge-steuerten und einem beratenen Fonds nicht klar gezogen werden kann, ist für den deutschsprachigen Raum eine verstärkte Konzentration von beratenen Fonds zu konstatieren.[170] Ein Vorteil eines beratenen Fonds gegenüber einem vom marktgesteuerten Fonds wird in der besseren ethischen Fundierung der Kriterien und der damit verbundenen Anlageentscheidungen durch das Komitee gesehen.[171] Ein marktgesteuerter Ethikfonds sollte dennoch nicht als minderwertig betrachtet werden, da mit seiner Hilfe ethische Interessen von Marktteilnehmern unvermittelt – d. h. ohne dass ein Komitee dazwischen geschaltet wird – am Kapitalmarkt umgesetzt werden können. Somit wird von einem marktgesteuerten Fonds eine wichtige Intermediärfunktion wahrgenommen.

 

3.2 Darstellung der Asset Allocation ethischer Anlagestrategien


 

3.2.1 Vermeidungsstrategien


 

Die Vermeidungsstrategie kann als die erste Strategie angesehen werden, welche bei Ethikfonds Anwendung gefunden hat und ist die in Deutschland dominierende Anlagestrategie.[172]

 

Anhand verschiedener Kriterien werden bei einer Vermeidungsstrategie – dem Prozess des sog. Screenings – Unternehmen aus dem Anlageuniversum eines Fonds ausgeschlossen. Deshalb werden solche Kriterien auch als Negativ- oder Ausschlusskriterien bezeichnet, da ein Unternehmen, das eine oder mehrere dieser Eigenschaften aufweist als mögliches Investitionsobjekt wegfällt. Zusätzlich kann zwischen einer internen und einer externen Vermeidungsstrategie unterschieden werden.[173] Die interne Vermeidungsstrategie zeichnet sich dadurch aus, dass anhand einer Negativliste, die vom Fondsmanagement aufgestellt wird, Unternehmen aus dem Anlageuniversum ausgeschlossen werden. Eine strengere Variante geht soweit, dass auch Unternehmen ausgeschlossen werden, die indirekt durch ihre Zulieferer mit einem kritischen Bereich verbunden sind.[174] Bei einer weiteren, weniger strengen Variante legen Ethikfonds Schwellenwerte für kritische Bereiche fest. Schwellenwert bedeutet hier, dass Unternehmen bis zu einem gewissen Prozentsatz in ethisch bedenklichen Bereichen tätig sein können, ohne aus dem Investmentuniversum ausgeschlossen zu werden.[175] Ein Getränkeunternehmen bspw. welches max. 5% seines Umsatzes mit dem Verkauf von alkoholischen Getränken macht, wird nicht aus dem Anlageuniversum ausgeschlossen. Die ethische Rechtfertigung solcher Schwellenwerte erscheint schwierig und kann darüber hinaus zu einer Bevorzugung von großen Unternehmen führen, wie dies vor allem in den USA beobachtet werden kann.[176] Im Gegensatz zu einer internen Vermeidungsstrategie werden bei einer externen Vermeidungsstrategie die Negativkriterien von außen vorgegeben. Bei einer möglichen Variante der externen Vermeidungsstrategie investiert ein Portfoliomanager nicht in Unter-nehmen, die ein schlechtes oder gar kein Ethik-Rating aufweisen. Tabelle 2 gibt eine Übersicht über die von deutschen Ethikfonds angewandten Negativkriterien, sortiert nach der Häufigkeit ihrer Anwendung durch deutsche Ethikfonds.[177]

 

 

 

Tab. 2: Von deutschen Fonds angewandte Negativ-Filter[178]

 

3.2.2 Auswahlstrategien


 

Auswahlstrategien bauen häufig auf Vermeidungsstrategien auf.[179] Zunächst wird mit Hilfe von...

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