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E-Book

Fielmann

Ein Unternehmer mit Weitsicht

AutorHarald Czycholl
VerlagMurmann Publishers
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl160 Seiten
ISBN9783529092114
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis6,99 EUR
1972 gründet Günther Fielmann sein erstes Optikergeschäft in Cuxhaven, bereits zwei Jahre später besitzt er sieben Läden. Mit ungewöhnlichen unternehmerischen Entscheidungen hat Fielmann es geschafft, mittlerweile über 500 Filialen in Deutschland erfolgreich zu betreiben, damit einen Marktanteil von 20 Prozent zu erzielen und Marktführer zu werden. Sein Motto lautet: »Modische Brillen auf Rezept'. Das macht ihn zum erfolgreichsten Optiker Europas. Doch Günther Fielmann ist nicht nur Brillenkönig, sondern auch umweltbewusster Landwirt und Förderer der Denkmalpflege, vor allem in Schleswig-Holstein. Der renommierte Wirtschaftsjournalist Harald Czycholl zeichnet in diesem Buch den Weg des Erfolges und des Menschen Günther Fielmann nach - wie aus einem Augenoptiker der »Brillenkönig' wurde.

Harald Czycholl arbeitet als freier Wirtschaftsjournalist. Er studierte Volkswirtschaft und Journalismus in Köln und arbeitet u. a. für die WELT und Welt am Sonntag sowie das Hamburger Abendblatt.

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Leseprobe

1.Brille: Fielmann.

Deutschlands größter Augenoptiker

Die sonnenbebrillte Schönheit geht, untermalt von dramatischer Musik, auf das Detektivbüro zu. Sie öffnet die Tür, schiebt die Sonnenbrille hoch und sagt zum Meisterdetektiv, der an seinem Schreibtisch lümmelt: »Ich habe gehört, Sie sollen der Beste sein.« Der schaut kurz von seiner Zeitung auf: »Schon möglich«, antwortet er und zieht an seiner Zigarette. »Was kann ich für Sie tun, Lady?« Die Blonde beugt sich vor: »Finden Sie einen Optiker, der günstiger ist als Fielmann!« Der Detektiv holt tief Luft. »Vergessen Sie’s«, sagt er und zieht wieder an seiner Zigarette.

Mit dem bekannten Slogan »Brille: Fielmann.« endet dieser Fernseh-Werbespot. Damit einher geht ein großes Versprechen: Qualität zu einem günstigen Preis – mit beidem will der Brillenanbieter Fielmann die Kunden in seine zahlreichen Filialen locken. Und das macht das Unternehmen mit großem Erfolg: Fielmann ist die absatz- und umsatzstärkste deutsche Optikerkette. Besonders aus einem Grund rennen Brillenträger im ganzen Land dem Unternehmen die Bude ein: Die Kette wirbt damit, konkurrenzlos günstige Preise zu bieten. Gibt es die bei Fielmann gekaufte Brille innerhalb von sechs Wochen nach dem Kauf bei der Konkurrenz für weniger Geld, nimmt Fielmann die Brille zurück und erstattet den Kaufpreis.

Hinter dem Unternehmen steht ein Mensch: Günther Fielmann. Der Selfmade-Unternehmer hat eine Erfolgsgeschichte geschrieben, die in Deutschland ihresgleichen sucht. 1972 wagte der Augenoptikermeister den Sprung in die Selbständigkeit und eröffnete im niedersächsischen Cuxhaven seine erste Filiale. Hintergrund seiner damals durchaus revolutionären Geschäftsidee: »Die Preise der Optiker waren einheitlich hoch und die Kassenbrillen zeitlos hässlich.« So begnügte er sich, um Kunden zu gewinnen, mit einer geringen Gewinnspanne. Er machte die Kassenbrille schön und führte immer wieder verbraucherfreundliche Leistungen in der Branche ein, die es zuvor nicht gegeben hatte. Und so musste Papi, wie es in dem berühmten Fielmann-Werbespot aus den achtziger Jahren hieß, nicht einen Pfennig dazuzahlen – außer der Rezeptgebühr.

Neben Attributen wie »modern«, »preiswert« oder »verbraucherfreundlich«, die das Unternehmen für sich reklamiert, setzt Fielmann sich und seiner Belegschaft auch ethische Normen: »Der Kunde bist du« lautet der Leitsatz seiner Unternehmensgrundsätze. Die Mitarbeiter sind verpflichtet, jeden Kunden so zu bedienen, wie sie selbst bedient werden wollen. Diese vorbildliche Kundenorientierung, kombiniert mit weitreichenden Garantien und langfristigem Denken, ist ursächlich für den großen Erfolg des Unternehmens.

Große Leistungen und kleine Preise haben Fielmann zum größten Augenoptiker in Deutschland gemacht. Heute macht die Kette mehr als eine Milliarde Euro Umsatz im Jahr, das Unternehmen verkauft jede zweite Brille hierzulande. Fielmann ist Marktführer, dann kommt lange niemand, dann irgendwann weit abgeschlagen Apollo Optik. Günther Fielmann hat ein wahrhaftiges Brillenimperium geschaffen und sich auf diese Weise den inoffiziellen Titel des »Brillenkönigs« redlich verdient.

Doch Fielmann ist nicht nur Brillenkönig – er ist weit mehr als das: Ihm gehören mehrere Bauernhöfe, auf denen er auf insgesamt mehr als 2000 Hektar Fläche ökologische Landwirtschaft nach den Bioland-Richtlinien betreibt. Er engagiert sich im Naturschutz und pflanzt jedes Jahr mindestens für jeden seiner Mitarbeiter einen Baum – mittlerweile sind es mehr als eine Million Stück geworden. Er ist Förderer von Kunst und Kultur, Wissenschaft und Denkmalpflege, Sport und Gesellschaft. Außerdem engagiert er sich mit Rat und Kapital bei Existenzgründungen und in jungen Unternehmen. Denn er weiß, wie wichtig eine solche Starthilfe ist: Auch er selbst hatte 1972, als alles begann, die finanzielle Unterstützung eines vermögenden Freundes erhalten.

Das Motto seines Lebens

Günther Fielmann verdankt der Brille alles: seine Landgüter, seine Ferrari-, Antiquitäten- und Kunstsammlung, seinen Stolz, den Neid der Konkurrenz. Aber auch die Trennung von seiner Frau ist letztlich auf die Brille zurückzuführen: Er hat einfach zu viel gearbeitet und war zu selten zu Hause. Und so ist »Brille: Fielmann.« nicht nur der bekannte Werbeslogan des Brillenkonzerns, sondern zugleich auch das Motto von Günther Fielmanns Leben. Er war immer hart zu sich selbst – und wenn es sein musste, auch zu jenen, die ihn umgaben. Gearbeitet hat er sein Leben lang, nicht selten schlief er schlecht. »Als Unternehmer muss man das Ziel, das man erkannt hat, konsequent durchsetzen«, sagte Fielmann einmal gegenüber der Illustrierten Stern.

Sein Ziel war es stets, mehr Brillen zu verkaufen als die anderen. Um das zu erreichen, mussten sie weniger kosten. »Nimm weniger, dann bekommst du mehr« – so lautete damals wie heute seine Maxime. Das klingt erst mal nach einer ziemlich simplen Verkaufsstrategie, ist aber das Ergebnis akribischer Planung. Denn schließlich muss am Ende trotzdem die Kasse stimmen und pro Brille ein – wenn auch kleiner – Gewinn übrig bleiben.

Günther Fielmann (Bild © Tast, Isadora)

Günther Fielmann ist ein durchaus impulsiver Mensch. Wenn er sich ärgert, dann richtig. Arglist ist eine Eigenschaft, die ihn besonders in Rage bringen kann. Im Spiegel stand 1995, er habe im Büro des Leiters Materialwirtschaft einmal so heftig mit der Faust gegen die Wand geschlagen, dass seine Hand anschwoll. Der Schmerz habe ihn auf den Flur getrieben, wo er mit dem Fuß gegen die Wand getreten habe. Bei anderer Gelegenheit habe er vor Wut eine Schreibmaschine gegen ein Fenster geworfen.

Auf den Bericht angesprochen, sagte Fielmann dem Stern: »Am meisten hat mich daran gestört, dass da stand: ›ans Fenster‹. Als hätte ich nicht genug Muskeln, die Schreibmaschine hindurchzuwerfen.« Abgesehen davon sei es ein Stuhl gewesen, der durch den Raum flog.

Die Günther Fielmann eigene Wucht, die unternehmerische Power – das ist die eine, eine kluge Marketingstrategie ist die andere Zutat, die dazu geführt hat, dass über 90 Prozent der Bundesbürger Fielmann kennen. Das entspricht in etwa dem Bekanntheitsgrad der Bundeskanzlerin Angela Merkel. Folgerichtig zählt Fielmann einer Untersuchung des Markenforschungsinstituts Interbrand zufolge mit einem Markenwert von 155 Millionen Euro zu den 50 wertvollsten Marken Deutschlands.

Jede zweite in Deutschland verkaufte Brille stammt von Fielmann. Und die Kunden sind mehrheitlich sehr zufrieden: Die Wiederkäufe sind hoch, ebenso die Weiterempfehlungsrate. Und eine gute Empfehlung, das weiß jeder Marketingexperte, ist Gold wert: Ob beim Autokauf, beim Restaurantbesuch oder eben beim Kauf einer Brille – wenn Menschen eine Kaufentscheidung treffen, hören sie lieber auf jemanden, dem sie persönlich vertrauen. Da kann das sachliche Verkaufsargument noch so gut sein, der Werbeflyer noch so schön gestaltet – eine begeistert ausgesprochene Empfehlung ist fast immer überzeugender.

Backstein und Wertigkeit

Wer die Zentrale der Fielmann AG im Hamburger Stadtteil Barmbek besucht, würde vielleicht ein schickes, modernes Verwaltungsgebäude erwarten. Mit viel Glas, Stahl und Sichtbeton, vielleicht mit repräsentativer Auffahrt und einem kleinen Springbrunnen vor dem Haupteingang. Wie es sich geziemt für einen börsennotierten Milliardenkonzern.

Doch nichts von alledem: Fielmanns Verwaltung ist in einem schlichten roten Backsteinbau untergebracht, wie es sie in Hamburg zu Tausenden gibt. Das Rotklinkergebäude, in dem rund 700 Mitarbeiter ihrer Arbeit nachgehen, ist nicht repräsentativ, sondern funktional. Nicht einmal eine großflächige Leuchtreklame weist darauf hin, wen das Gebäude beherbergt – sondern lediglich unscheinbare Glasschilder an den Eingängen. Nur drinnen am Empfang kommt ein wenig Fielmann-Feeling auf: Helle Hölzer, einige mit Brillen dekorierte Vitrinen und der große silberne Fielmann-Schriftzug zeigen, wer der Herr im Haus ist.

Der Grund für die Einfachheit der Fielmann-Zentrale liegt auf der Hand. Sie braucht gar nicht repräsentativ zu sein, denn schließlich wird hier nicht verkauft, sondern nur verwaltet. Wichtiger ist eine schöne Aufmachung der Filialen, denn dort sollen sich die Kunden wohlfühlen und in schönem Ambiente ihre Brillen aussuchen und anpassen können. Deshalb investiert Fielmann lieber in schönere Niederlassungen als in die Verwaltung. Diese Prioritätensetzung sagt auch etwas aus über das Verhältnis zwischen der Verwaltung und den Niederlassungen: Die Verwaltung versteht sich als Dienstleister der Niederlassungen – und nimmt sich deshalb auch optisch zurück.

Die Fielmann-Niederlassungen indessen können sich wirklich sehen lassen. Zwar ist jedes Geschäft anders, schon allein aufgrund der jeweiligen räumlichen Vorgaben vor Ort. Doch trotzdem weiß man in jeder Niederlassung sofort, wo man sich befindet – sie strahlt nämlich das typische Fielmann-Gefühl aus: modern, aber nicht modisch.

Modern, nicht modisch: Fielmann-Niederlassung in Frankfurt (Roßmarkt) (Bild © Knobloch,...

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