Der Begriff Due Diligence stammt ursprünglich aus dem amerikanischen Kapitalmarkt- und Anlegerschutzrecht (Securities Laws)[121] und kann mit „gebührende oder im Verkehr erforderliche Sorgfalt“ übersetzt werden.[122]
Während Unternehmen in der Vergangenheit häufig auf Treu und Glauben gekauft wurden und den Käufern oft ein umfassender Garantiekatalog genügte, hat sich seit zwei Jahrzehnten auch in Deutschland das amerikanische Konzept der Due Diligence durchgesetzt[123] und insbesondere im Zusammenhang mit Unternehmensakquisitionen Bedeutung erlangt.[124] Eine einheitliche Definition existiert allerdings trotz der weiten Verbreitung in der deutschen Literatur bislang nicht.[125] Rockholtz definiert den Due Diligence-Begriff als eine „umfassende, auf ein einzelnes, potenzielles Akquisitionsobjekt bezogene Unternehmensanalyse, zur Ermittlung aller für die Akquisition entscheidungsrelevanten Informationen.“[126] Somit kann die Due Diligence als Sorgfaltsprüfung verstanden werden, die den Käufer über den Kaufgegengestand informieren, ihm die Bewertung des Akquisitionsobjekts erleichtern und eine Einschätzung der mit der Akquisition verbundenen Risiken ermöglichen soll.[127] Für den Käufer ist es sehr wichtig, letztlich nicht die sprichwörtliche „Katze im Sack“ zu kaufen.[128]
Die Ziele und Funktionen einer Due Diligence sind ausgesprochen vielfältig.[129] Das wesentliche Ziel, das mit der Durchführung einer Due Diligence verfolgt wird, ist der Abbau der Informationsasymmetrie, die zwischen dem i.d.R. besser informierten Verkäufer und dem schlechter informierten Käufer herrscht.[130] Um dies zu erreichen, verschafft sich der Käufer im Rahmen der Due Diligence einen Gesamteindruck von der wirtschaftlichen Lage, den Zukunftsaussichten und dem Chancen- und Risikoprofil des Unternehmens.[131] Im Fokus steht dabei auch die Identifikation möglicher Deal Breaker.[132] Hierbei handelt es sich um unüberwindbare Hindernisse oder Risiken, die weder bereinigt noch durch ausreichende Garantien angemessen abgesichert werden und daher letztlich zum Abbruch der Verhandlungen führen können. Deshalb ist es besonders wichtig, diese in einem möglichst frühen Stadium aufzudecken.
Die nachfolgende Abbildung vermittelt einen Überblick über die wesentlichen Funktionen und Ziele einer Due Diligence:[133]
Abbildung 5: Funktionen und Ziele der Due Diligence[134]
Eine der wichtigsten Funktionen, die der Due Diligence zukommt, ist die Risikoermittlungsfunktion. Die Due Diligence dient, wie bereits erwähnt, der Informationsbeschaffung und -verifizierung und bietet dem Käufer die Möglichkeit, neben den Chancen insbesondere die Schwächen und die daraus resultierenden Risiken zu ermitteln.[135] In diesem Zusammenhang kann der Käufer ferner überprüfen, ob das Akquisitionsobjekt seinen Vorstellungen entspricht.[136]
Außerdem bildet die Due Diligence die Grundlage für die Unternehmensbewertung, die zur Bestimmung des Kaufpreises vorgenommen wird, und nimmt folglich auch eine Wertermittlungsfunktion ein.[137] Nachdem der Käufer sich umfassend über das Akquisitionsobjekt informiert hat, kann er die Angemessenheit der Kaufpreisforderung überprüfen und bei aufgedeckten negativen Sachverhalten oder Risiken ein neues Kaufpreisangebot unterbreiten.[138] Eine von Berens und Strauch durchgeführte empirische Studie belegt, dass bei 67,1 % der Akquisitionen der Kaufpreis nach oder während einer Due Diligence nach unten korrigiert wurde, wohingegen bei nur 5,3 % der Akquisitionen eine Korrektur nach oben erfolgt ist.[139] Hieran lässt sich erkennen, dass sich die Verhandlungsposition des Käufers infolge einer durchgeführten Due Diligence deutlich verbessern kann.
Darüber hinaus erfüllt die Due Diligence eine Gewährleistungsfunktion, da die Ergebnisse als Vertragsgrundlage für die Vereinbarung von Gewährleistungs-, Haftungs- und Garantieerklärungen herangezogen werden.[140] Insbesondere bei Unternehmensakquisitionen sollte auf eine schriftliche, vertragliche Regelung nicht verzichtet werden, da in Deutschland keine besonderen gesetzlichen Vorschriften für den Kauf von Unternehmen gelten.[141] Aus diesem Grund sind die gesetzlichen Bestimmungen für den Kauf von Sachen und Rechten analog anzuwenden, die jedoch oftmals nicht geeignet sind.[142]
Zuletzt ist der Due Diligence auch eine Beweissicherungs- bzw. Dokumentationsfunktion zuzuschreiben, da sie dabei hilft, den Ist-Zustand des Unternehmens sowie den Informationsfluss zwischen Käufer und Verkäufer zu dokumentieren.[143] Gerade im Hinblick auf potenzielle Rechtsstreitigkeiten, die sich infolge von Mängeln ergeben können, ist dies von großer Bedeutung, da die Gewährleistungs- und Haftungsansprüche von dieser Beweissicherung abhängen können.[144]
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Ergebnis der Due Diligence zu einem Abbruch der Kaufverhandlungen aufgrund von Deal Breakern, einer Minderung des Kaufpreises (Due Diligence-Abschlag) sowie der Vereinbarung zusätzlicher vertraglicher Garantien führen kann.[145]
Eine Due Diligence kann aus verschiedenen Anlässen vorgenommen werden,[146] die in gesetzliche Anlässe und nicht gesetzliche Anlässe zu unterteilen sind. In der Praxis wird die Due Diligence am häufigsten im Zusammenhang mit Unternehmensakquisitionen durchgeführt. Abbildung 6 vermittelt einen Überblick über die jeweiligen Anlässe. Da sich die weiteren Ausführungen im Rahmen dieser Arbeit auf die Due Diligence bei Unternehmensakquisitionen beziehen, wird auf die übrigen Anlässe nicht näher eingegangen.
Abbildung 6: Anlässe einer Due Diligence[147]
Hinsichtlich der Arten einer Due Diligence erfolgt üblicherweise eine Unterscheidung nach dem Auftraggeber, dem Zeitpunkt und dem Inhalt.[148]
Eine Due Diligence, die vom Käufer in Auftrag gegeben wird, wird Acquirior Due Diligence genannt, wohingegen eine vom Verkäufer veranlasste Due Diligence als Vendor Due Diligence bezeichnet wird.[149] In der Praxis ist die Acquirior Due Diligence am weitesten verbreitet.[150] Während der Käufer die Due Diligence primär zur Risikoerkennung und Preisbildung durchführt, nimmt der Verkäufer sie zur Steuerung und Kontrolle der Informationsabgabe sowie zur Beschleunigung des Transaktionsprozesses vor.[151] Zusätzlich kann eine Vendor Due Diligence dazu beitragen, dass Schwachstellen im Unternehmen noch vor dem eigentlichen Verkaufsprozess erkannt und beseitigt werden und infolgedessen die späteren Verhandlungen nicht gefährden können.[152] Wie bereits in Kapitel 2 erwähnt, findet die Vendor Due Diligence insbesondere bei Auktionsverfahren statt, um allen potenziellen Käufern dieselben Informationen zur Verfügung zu stellen.[153] Auf diese Weise soll erreicht werden, dass nur noch mit denjenigen Interessenten intensive Verhandlungen geführt werden, die auch nach Kenntnisnahme dieser Informationen weiterhin Interesse an dem Kaufobjekt haben.[154] Die Vendor Due Diligence schließt eine später vom Käufer initiierte Due Diligence nicht aus.[155]
Bezüglich des Zeitpunktes kann eine Due Diligence als präakquisitorische (vor Vertragsabschluss) und postakquisitorische (nach Vertragsabschluss) Due Diligence durchgeführt werden.[156] Bei Unternehmensakquisitionen erfolgt die Due Diligence grundsätzlich vor Vertragsabschluss.[157] In manchen Fällen, zum Beispiel bei Zeitmangel, kann es allerdings notwendig sein, sich später ein umfassendes Bild vom Unternehmen zu machen, um ggf. eine Kaufpreisanpassung vorzunehmen.[158]
Der Umfang und die inhaltliche Ausgestaltung einer Due Diligence variieren je nach Geschäftsmodell, Branche und Größe des Akquisitionsobjekts und hängen, wie bereits in Kapitel 2 erläutert, im Übrigen auch von der Transaktionsart und dem Erwerbsweg ab.[159]
Im Wesentlichen können folgende Arten einer Due Diligence unterschieden werden:[160]
Financial Due Diligence,
Tax Due Diligence,
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