TEIL I
So werden Sie zur Männerversteherin
1. Wann ist der Mann ein Mann?
Es war falsch, mit 24 Jahren zu heiraten.
Ich glaubte hundertprozentig an die Ehe; schließlich waren meine Eltern 64 Jahre lang verheiratet gewesen, bevor meine Mutter starb. Und ich war fest entschlossen, es genauso zu machen wie sie: Auch ich wünschte mir eine stabile Beziehung und ein Zuhause, in dem Liebe, innere Stärke, Ausdauer und Weisheit regieren. Etwas anderes konnte ich mir gar nicht vorstellen. Also war es für mich eigentlich das Sinnvollste der Welt, der Frau, die ich liebte, einen Ring an den Finger zu stecken und zu sagen. »Ja, ich will.«
Doch genau damit begann das Problem.
In den Wochen vor meiner Hochzeit hatte ich kein regelmäßiges Einkommen, mit dem ich meine künftige Frau hätte ernähren können. Und im Grunde meines Herzens wusste ich, dass das nicht richtig war. Ich sprach sogar mit meiner Mutter darüber und spielte mit dem Gedanken, die Hochzeit abzusagen, weil ich keine Arbeit hatte und mir das falsch vorkam. Doch meine Mutter wollte ihren Sohn gern verheiratet sehen und außerdem wusste sie, dass meine Verlobte am Boden zerstört sein würde, wenn ihre Traumhochzeit platzte. Also redete sie mir mein Vorhaben aus. Schließlich waren die Einladungen schon verschickt worden. Alle freuten sich auf dieses Ereignis. Wie konnte ich es mir erlauben, ihnen den Spaß zu verderben?
Jahre später entschuldigte sich meine Mutter bei mir dafür und gab zu, dass sie mich nie zur Heirat überredet hätte, wenn sie gewusst hätte, dass ich damals einfach noch nicht das Zeug zu einem guten Ehemann hatte. Später wurde uns nämlich klar, was damals gefehlt hatte – was meine erste Ehe zum Scheitern verurteilt hatte, noch ehe die Spucke auf den Briefmarken für die Einladungskarten getrocknet war: Ich wusste noch nicht, wer ich war, was ich mit meinem Leben anfangen sollte und wie viel ich mit meinem Job verdienen würde. Ich habe Ihnen ja schon in meinem ersten Buch erklärt: Das ganze Denken und Handeln eines Mannes wird von drei Dingen bestimmt – seinem Titel (wer er ist), der Tätigkeit, mit der er sich diesen Titel erwirbt (also seinem Beruf) und der Belohnung, die er für seine Bemühungen erhält (seinem Gehalt). Das sind die drei Dinge, die jeder Mann erst mal erreichen muss, weil er sonst das Gefühl hat, seine Bestimmung als Mann nicht richtig zu erfüllen. Solange ihm eine dieser drei Voraussetzungen fehlt, wird er viel zu sehr mit der Erreichung dieses Ziels beschäftigt sein, um sich auf Sie konzentrieren zu können. Dann ist er einfach noch nicht dazu in der Lage, sesshaft zu werden, sich mit einer Frau ein gemeinsames Leben aufzubauen oder gar eine Familie zu gründen.
Als ich zum ersten Mal verheiratet war, hatte ich noch keines dieser drei Ziele erreicht. Ich hatte mein Studium abgebrochen und angefangen, bei Ford zu arbeiten. Dann wurde mir gekündigt, und ich fand erst einen Monat nach meiner Heirat wieder einen Job. So verdiente ich wenigstens ein bisschen Geld, aber ich wusste, dass dieser Job nicht das war, was ich mir vom Leben wünschte – er war nicht meine Berufung. Und das frustrierte mich. Wie konnte ich eine Frau dazu bringen, an mich und meine Zukunftspläne zu glauben, wenn ich selber nicht überzeugt davon war? Wie sollte sie mich kennenlernen, wenn ich nicht einmal selbst wusste, wer ich war? Wie sollte sie davon profitieren, was ich machte und wie viel Geld ich damit verdiente, wenn ich doch in Wirklichkeit noch gar nichts machte oder verdiente? Ich war frustriert, unsere finanzielle Zukunft stand auf wackeligen Beinen, und während unserer ganzen Ehe ging es immer nur darum. Wir stritten uns ständig, weil ich noch kein richtiger Mann war.
Natürlich hatte meine Frau einen Vertreter des männlichen Geschlechts geheiratet, und ich hatte auch ein paar positive Eigenschaften. Ich war lieb und vertrauensvoll, ich war ein guter Beschützer und ich hatte keine Probleme damit, mich von ganzem Herzen zu unserer Beziehung zu bekennen. Und aus dieser Verbindung ist auch etwas Gutes entstanden, sogar eine ganze Menge Gutes: meine Töchter Karli und Brandi und mein Sohn Steve. Aber ich war trotzdem kein richtiger Mann. Und wir haben unseren Preis dafür gezahlt.
Wenn mein Vater mich damals doch nur gewarnt hätte! Ich wünschte, er hätte sich seinen Sohn vorgeknöpft und darüber aufgeklärt, worum es in einer Ehe geht. Vielleicht hätte er mir sagen können, dass irgendwann der Zeitpunkt kommt, an dem mit den Dummheiten Schluss sein muss – den schlechten Zeugnissen, den sinnlosen Affären. Ich wünschte, er hätte mir gesagt: Wenn du nicht irgendwann mit diesen Dummheiten aufhörst, wirst du für deine Ziellosigkeit (dafür, dass du die Erfüllung deines Traums, Entertainer zu werden, immer wieder hinausschiebst) einen Preis bezahlen müssen. Wenn er mir das gesagt hätte, wäre allen Beteiligten viel Kummer erspart geblieben. Aber mein Vater sprach nicht mit mir darüber, dass ein Junge sich irgendwann darauf konzentrieren muss, innerlich zu reifen und ein Mann zu werden. Er sagte nicht: »Hör zu, Steve: Du hast noch ein paar Jahre Zeit, in denen du deine Affären haben kannst, um dir darüber klar zu werden, was du eigentlich willst. Sobald du weißt, wer du bist, was du machen und womit du dein Geld verdienen möchtest, geh und suche dir eine Partnerin, die dich dabei unterstützt.«
Das wäre eine wichtige Lektion von meinem Vater für seinen Sohn gewesen. Aber Männer sind nun mal nicht besonders kommunikativ und wir geben nicht viele Informationen preis. Es gibt keine Gebrauchsanleitung, die uns sagt, dass wir irgendwann wissen sollten, was wir mit unserem Leben anfangen wollen, und uns mit einer Frau zusammentun sollten, die uns genauso ernsthaft bei der Erreichung unserer Ziele und Träume helfen möchte wie wir ihr. Stattdessen hören wir immer nur: »Du bist doch noch jung – stoß dir erst die Hörner ab, amüsier dich und leg dich nicht fest. Geh keine feste Beziehung ein.« Und wenn wir es dann schließlich zu etwas gebracht haben und überzeugt davon sind, uns jetzt sesshaft machen zu können, haben wir uns durch unzählige »Beziehungen« durchgewurstelt. Dabei sind etliche Frauen auf der Strecke geblieben – am Boden zerstört und verbittert, weil es uns wichtiger war, eine weitere Eroberung zu machen, als uns wie verantwortungsbewusste Menschen zu verhalten. Uns ging es nur um die Anerkennung, die Männer einander zollen, wenn wir mehrere Frauen gleichzeitig »am Laufen« haben. Das heißt, wir werden für den Kummer, den wir Ihnen bereiten, sogar noch gelobt: Man klopft uns auf die Schulter und sagt uns, dass alle richtigen Männer es so machen.
Fürs Heiraten hingegen klopft man einem Mann nur selten auf die Schulter.
Außerdem erzählen verheiratete Männer (egal ob sie glücklich sind oder nicht) gerne Schauermärchen von den Schrecken der Ehe und behaupten, dass es mit den Freiheiten des Single-Daseins mit einem Schlag vorbei sei, sobald man in den »Fesseln der Ehe« gefangen ist. Sie stellen das Heiraten als eine Art Todesurteil hin. Wenn Männer darüber reden, wie es in der Ehe zugeht, prahlen sie und reißen Witze, statt die Wahrheit zu sagen: nämlich dass eine Ehe (wenn sie auf Liebe, Respekt, Loyalität und Vertrauen beruht) das Beste ist, was einem Mann passieren kann. Darauf hat Hill Harper vor Kurzem in einer Gesprächsrunde zum Thema Beziehungen aufmerksam gemacht, die wir gemeinsam in Nightline moderierten. Hill – ein Schauspieler, der ein paar ausgezeichnete Bücher über die Kommunikation zwischen Männern und Frauen geschrieben hat – ist der Meinung, für Single-Männer wäre es sehr hilfreich, wenn verheiratete Männer offen zugeben würden, was sie sich und ihren Frauen hinter verschlossenen Türen sagen: »Gott sei Dank gibt es die Ehe. Zum Glück habe ich eine Familie und eine Frau, die mich unterstützt und mir unter die Arme greift, damit ich immer wieder neue Kraft für meine Arbeit schöpfen kann. Eigentlich ist die Ehe genau das Richtige für uns Männer.«
Mit Sicherheit ist sie die Erfüllung und Vollendung des Mannseins.
Und es wird Zeit, dass wir anfangen, genau das jungen Männern beizubringen. Wir sollten sie zur Seite nehmen und ihnen erklären, dass irgendwann Schluss sein muss mit dem ungezwungenen Lotterleben. Denn erst dann können sich Männer und Frauen ihrer eigentlichen Bestimmung zuwenden: einander zu finden, sich zu verlieben, eine Familie zu gründen und sich gegenseitig ein Leben lang zu unterstützen, zu träumen und innerlich zu wachsen – miteinander. Eine Frau kann uns das nicht beibringen; denn kein Mann Anfang 20 wird sich von seiner Mutter sagen lassen, was es bedeutet, ein Mann zu sein. Sie hat schließlich keine Ahnung, mit welch harter Konkurrenz wir zu kämpfen haben, was uns antreibt und womit wir Tag für Tag konfrontiert werden, wenn wir uns zur Tür hinaus- und in die Welt hineinwagen – ebenso wenig, wie ein Mann nachvollziehen kann, was es bedeutet, eine junge Frau zu sein. Wir lieben und bewundern unsere Mütter sehr, aber sie können sich nun mal nicht in unsere Lage hineinversetzen. Dazu sind Männer und Frauen zu verschieden. Also wird eine Mutter zwangsläufig am Ziel vorbeischießen – von den einfachsten Dingen (zum Beispiel wie man nach dem Pinkeln die letzten Tropfen abschüttelt) bis hin zu den kompliziertesten Situationen, etwa, wie man gegen andere Männer antritt und den Kampfplatz hinterher mit Würde wieder verlässt, ohne dass jemand verletzt wurde.
Natürlich ist mir klar, dass es nicht besonders hilfreich ist, Frauen zu erzählen, sie könnten...