Seit Inkrafttreten der Zollunion am 1. Juli 1968, die vor 60 Jahren in den Römischen Verträgen beschlossen wurde (1957), betreibt die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) eine gemeinsame Handelspolitik gegenüber der restlichen Welt. Seit der letzten Vertragsrevision[36] fallen auch der gesamte Dienstleistungshandel und sämtliche Handelsaspekte geistiger Eigentumsrechte unter die Gemeinschaftskompetenz. Ausschließlich die EU kann hierzu, wie auch für ausländische Direktinvestitionen, Handelsabkommen aushandeln und autonome Maßnahmen beschließen.
Die EU verpflichtet sich in Artikel 3 (5) des Vertrags über die Europäische Union (EUV) in ihren Beziehungen zur übrigen Welt einen Beitrag zu freiem und gerechtem Handel zu leisten[37], flankiert vom Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb.[38] Die EU spezifiziert und statuiert die Ziele ihrer Handelspolitik weiter in Artikel 206 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). „Durch die Schaffung einer Zollunion […] trägt die Union im gemeinsamen Interesse zur harmonischen Entwicklung des Welthandels, zur schrittweisen Beseitigung der Beschränkungen im internationalen Handelsverkehr und bei den ausländischen Direktinvestitionen sowie zum Abbau der Zollschranken und anderer Schranken bei.“[39]
Die Instrumente, die die EU dabei anwendet, sind restriktiv und in Artikel 207 (1) AEUV niedergeschrieben. So „die Änderung von Zollsätzen, […] den Abschluss von Zoll- und Handelsabkommen, die den Handel mit Waren und Dienstleistungen betreffen, […] die Handelsaspekte des geistigen Eigentums, die ausländischen
Direktinvestitionen, die Vereinheitlichung der Liberalisierungsmaßnahmen, die Ausfuhrpolitik sowie die handelspolitischen Schutzmaßnahmen, zum Beispiel im Fall von Dumping und Subventionen. Die gemeinsame Handelspolitik wird im Rahmen der Grundsätze und Ziele des auswärtigen Handelns der Union gestaltet.“[40]
Die Grundsätze und Ziele finden sich in den Artikeln des fünften Titels des EU-Vertrages.[41] Das auswärtige Handeln bestimmt sich durch die Grundsätze Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, der universellen Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte und Grundfreiheiten, die Achtung der Menschenwürde, dem Grundsatz der Gleichheit und dem Grundsatz der Solidarität sowie der Achtung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts.
Die einzelnen Bereiche des auswärtigen Handelns werden in speziellen Rechtsgrundlagen der Artikel 205 - 222 AEUV weitreichend geregelt. Es besteht daher eine Kohärenz zwischen der gemeinsamen Handelspolitik (Art. 206 f. AEUV), der Entwicklungszusammenarbeit mit Drittländern (Art. 208 ff. AEUV), der Bestimmung zu Einschränkungen des Wirtschaftsverkehrs mit Drittstaaten (Art. 215 AEUV). Die Beziehungen der Union zu internationalen Organisationen und Drittländern regelt Artikel 220 AEUV. Die Union ist unter anderem Wahrer ihrer Werte und grundlegenden Interessen und Förderer von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschen- und Völkerrechts. Armutsbekämpfung, Förderung von Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt in Entwicklungsländern benennt Art. 21 AEUV ebenso wie das Bestreben des Abbaus internationaler Handelshemmnisse sowie Sicherstellung einer nachhaltigen Bewirtschaftung der weltweiten natürlichen Ressourcen.
Mit regulativer Handelspolitik beschränken Staaten Importe und fördern Exporte. Damit greifen Sie erheblich in den internationalen Handel ein. Einfuhrquoten und quantitative Beschränkungen der Ein- und Ausfuhren waren lange Zeit üblich. Quoten und Verbote aber auch Konformitätsbewertungen, diverse Maßnahmen der Politik einführender Länder sowie Produktstandards sorgen jedoch vermehrt für Schwierigkeiten.
Zölle als tarifäre Hemmnisse sind die klassischen Instrumente der Handelspolitik. Dabei zu unterscheiden sind
Schutzzölle, die heimische Arbeitsplätze sichern sollen;
Erziehungszölle, die im Aufbau befindliche Industrien schützen sollen, bis diese auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig sind;
Antidumping und Vergeltungszölle, um den Verkauf von Gütern unter den Herstellungskosten respektive den Verkauf unterhalb des Herstellerpreises im Heimatmarkt zu sanktionieren.
Für drei Viertel der in die EU importierten Waren werden keine oder zumindest ermäßigte Zollsätze erhoben, wobei für Industrieprodukte im Durchschnitt 2,3 % und für alle Waren insgesamt im Durchschnitt 3,6 % erhoben werden. Für agrarische Erzeugnisse werden durchschnittlich 18 % erhoben.[42] Einfuhrzölle, die von den EU-Mitgliedsstaaten 2013 erhoben wurden, betrugen 15,3 Mrd. EUR, beinahe 11 % des damaligen EU-Haushalts.[43] Noch immer finanzieren erhobene Einfuhrzölle der Mitgliedsstaaten – nach Abzug von 25 % Zollerhebungskosten – 13,6 % als traditionelle Eigenmittel[44] den EU-Haushalt.
Ein- bzw. Ausfuhrverbote (Embargos) sollen den Handel mit bestimmten Gütern ganz unterbinden und verhindern, dass nicht wünschenswerte Produkte in ein Land oder aus einem Land gelangen. Diese Verbote können absolute Verbote sein oder Ausnahmen zulassen (Einfuhrbeschränkungen).
Importkontingente sind vom Staat jährlich festgelegte Höchstmengen oder Höchstwerte für Importe, für die er eine entsprechende Anzahl von Importlizenzen ausgibt. Die Menge der importierten Güter lässt sich genauer steuern. Durch Zölle wird zwar der inländische Preis von im Ausland produzierten Gütern zunächst höher. Reagieren die ausländischen Produzenten auf diese Erhöhung jedoch mit Preissenkungen, wird der Effekt der Zollerhebung zum Teil kompensiert, in Extremfällen sogar überkompensiert. Staaten bevorzugen Importkontingente, da sie ihnen einen größeren Verhandlungsspielraum mit den Importeuren geben, denn sie bestimmen, wer eine der Lizenzen erhält. Nachteil gegenüber einem Zoll ist der Wegfall von Zolleinnahmen. Um dies zu kompensieren, verkauft oder versteigert der Staat die Importlizenzen meistbietend.
Voluntary Export Restraints sind freiwillige Exportbeschränkungen. Eine derartige Vereinbarung zwingt die ausländischen Produzenten, ihre Einfuhr freiwillig zu begrenzen. Vorteil gegenüber Zöllen und Importkontingenten ist, dass das importierende Land die heimischen Produzenten schützt und weiter von Freihandel sprechen kann. Gegenüber Zöllen und Importkontingenten bestehen gravierende Nachteile dergestalt, dass zum einen bei freiwilligen Exportbeschränkungen die Möglichkeit, fiskalische Einnahmen zu generieren, vollständig entfällt. Zudem wird dem einzelnen ausländischen Produzenten ein quasi-monopolistischer Marktzugang für seine freiwillig reduzierte Exportmenge gewährt, so dass für ihn der Anreiz entfällt, durch Preisunterbietungen im Wettbewerb mit anderen Produzenten einen höheren Anteil auf dem Importmarkt zu erlangen.
Grenzformalitäten, technische Standards und Normen, Gesundheits- oder Umweltschutzvorschriften oder ähnliche Regelungen können zumeist sachlich begründet sein aber auch willkürlich oder diskriminierend zu Lasten ausländischer Produzenten gehandhabt werden. Müssen deren Produkte beispielsweise spezielle, teure Zulassungsverfahren durchlaufen, von denen einheimische Hersteller befreit sind, werden Prüf- und Verfahrensvorschriften zu Handelsbarrieren.
Verkauft ein Anbieter ein Produkt auf Auslandsmärkten systematisch und nachhaltig zu Preisen, die nicht die Herstellungs- und Transportkosten decken oder deutlich unter dem Inlandspreis liegen, spricht man von Dumping. Die Produzenten decken die Verluste aus den Gewinnen bei anderen Produkten. Gelingt es der ruinösen Konkurrenz den Markt des Importlandes zu erobern, kann das Dumping-Unternehmen den Preis anheben und vorherige Verluste durch Monopolgewinne ausgleichen. Staatliche Exportförderung zur Eroberung von Auslandsmärkten ist ebenfalls Dumping, wobei der Staat die Verluste des Dumping-Unternehmens auf den Auslandsmärkten durch Subventionen aus dem Staatshaushalt ausgleicht.
Der Vorteil von Subventionen gegenüber anderen Formen von nicht-tarifären Handelshemmnissen ist, dass sie den Inlandspreis des betreffenden Gutes nicht erhöhen und somit keine negativen Mengenreaktionen bei den Konsumenten hervorrufen. Die positiven Auswirkungen auf die einheimische Industrie sind dadurch größer. Gleichzeitig müssen die Mittel für die Subventionen in voller Höhe von den Bewohnern des importierenden Staates aufgebracht werden. Diesen Aufwendungen stehen keine fiskalischen Einnahmen gegenüber.
Ebenfalls ein nicht-tarifäres Handelshemmnis stellen Regelungen dar, die einheimische Produzenten bei öffentlichen Ausschreibungen bevorzugen.