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Freiheit des Glaubens und Systematik des Grundgesetzes.

Zum Gewährleistungsgehalt schrankenvorbehaltloser Grundrechte am Beispiel der Glaubens- und Gewissensfreiheit.

AutorUlrich Vosgerau
VerlagDuncker & Humblot GmbH
Erscheinungsjahr2010
ReiheSchriften zum Öffentlichen Recht 1079
Seitenanzahl230 Seiten
ISBN9783428524273
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis64,90 EUR
Kopftuch- und Kruzifixentscheidung des BVerfG haben deutlich werden lassen, daß bereits die dogmatischen Grundlagen des Umgangs mit der Glaubens- und Gewissensfreiheit des Grundgesetzes unklar geblieben sind. Diese dogmatischen Grundlagen sind nicht durch oberflächliche oder nur am letztlich beliebigen rechtspolitischen Vorverständnis orientierte Kritik am BVerfG zu gewinnen, sondern in der heutigen Zeit - zur Vorbereitung einer rationalen und demokratisch legitimierten Einwanderungs- und Integrationspolitik - neu und von der Dichotomie grundrechtlicher Freiheit und demokratischer Teilhabe her zu bestimmen. Diese Neubestimmung, die auch den offenen Paradigmenstreit im öffentlichen Recht zwischen Grundordnungs- und Rahmenordnungsthese sowie das institutionelle Grundrechtsdenken, die Prinzipienlehre und die These von der herausgehobenen Bedeutung der historisch-subjektiven Auslegung neu einordnet und fruchtbar macht, führt zu einer gewandelten Perspektive: schrankenvorbehaltlose Grundrechte haben keinen Schutzbereich, sondern einen Gewährleistungsgehalt, d. h. sie sind in die Rechtsordnung eingeordnet. Der Glaube ist wortwörtlich frei, Religionsfreiheit bietet aber keine Handlungsprivilegien im forum externum. Mithin ist auch Art. 136 I WRV keine 'Schrankenbestimmung', sondern eine Klarstellung des nichtprivilegierenden Gewährleistungsgehalts der religiösen Freiheitsrechte des Grundgesetzes.

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Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Vorwort8
Inhaltsverzeichnis10
A. Schrankenvorbehaltlose Grundrechte im System des Grundgesetzes18
I. Ausgangspunkte18
II. Textbefund und Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht19
III. Glaubens- und Gewissensfreiheit als schrankenvorbehaltlos gewährleistetes Grundrecht22
IV. Grundrechtstheoretische Vorüberlegung: die Rahmenordnungs- und die Grundordnungstheorie25
1. Verfassungstheorie und Vorverständnis25
2. Argumente für die Rahmenordnungskonzeption28
a) Historisch-genetischer Ansatz28
b) Das Kompetenzverteilungsproblem: Bundesverfassungsgericht und Parlament28
c) Methodologischer Ansatz: Abwägungsskepsis29
3. Argumente für die Grundordnungskonzeption32
V. Eine einfache, textbasierte Grundrechtstheorie35
1. „Grundrechtstheoretisches Patt“ zwischen Rahmenordnungs- und Grundordnungsthese35
a) Auflösung des Patts durch das „institutionelle Grundrechtsdenken“?36
b) Entscheidung durch das Traditions- oder das Fortschrittsargument?37
2. Verhältnismäßigkeitsprinzip, Abwägungslehre und differenzierte Schrankensystematik des Grundgesetzes38
a) Eine dem Grundgesetz gemäße Grundrechtstheorie muß an die differenzierte Schrankensystematik anknüpfen39
b) Schrankenvorbehaltlos gewährleistete Grundrechte sind in die Rechtsordnung eingeordnet40
3. Grundrechte, Demokratieprinzip, Verhältnismäßigkeit: die Auflösung der Paradoxien43
a) Die Auflösung des Paradoxons „Grundrechtsbindung des Gesetzgebers versus Einschränkbarkeit der Grundrechte durch den Gesetzgeber“ bei den unter Schrankenvorbehalt gewährleisteten Grundrechten43
b) Die Auflösung des Paradoxons „keine Einschränkbarkeit der schrankenvorbehaltlos gewährleisteten Grundrechte“ versus Demokratieprinzip44
4. Schutzbereich und Gewährleistungsgehalt von Grundrechten44
VI. Kritik des Schmittschen Dogmas47
1. Die „primär liberale“ Grundrechtsdogmatik: „in dubio pro libertate“47
2. Wurzeln der „primär liberalen“ Grundrechtsdogmatik49
a) „Verfassungslehre“ und rechtsstaatliches Verteilungsprinzip49
b) Menschenrechte und Grundrechte51
3. Das Schmittsche Dogma: Kategorienverwechselung und Leugnung der Normativität der Verfassung53
4. Der richtige Kern des Schmittschen Dogmas55
a) Allgemeine Handlungsfreiheit im Sinne der Elfes-Doktrin55
b) Ablehung der dogmatischen Figur des „Grundrechtsmißbrauchs“56
5. Keine Übertragung der allgemeinen Handlungsfreiheit in die Spezialgrundrechte57
6. Der Angriff auf die Demokratie59
7. Moderne Umdeutung: Grundrechte als Sprachspiele mit naturrechtlich begründeten Argumentationslasten61
VII. Exkurs: Prinzipienlehre als Alternative?63
VIII. Der Verfassungsvorbehalt67
1. Bundesverfassungsgericht und herrschende Meinung68
a) Folgeproblem I: Begründen auch Kompetenz-, Ermächtigungs- und Organisationsnormen Rechtswerte von Verfassungsrang?70
b) Folgeproblem II: Übertragbarkeit auch auf relative Grundrechte?72
c) Folgeproblem III: das absolute Grundrecht als Abwägungsposten73
2. Materiale Allgemeinheit, Prinzipienlehre und institutionelles Grundrechtsdenken75
3. Alternative Modelle des Grundrechtsvorbehalts78
a) Schutzbereichsbegrenzung durch systematische Auslegung78
b) Gewährleistungsbeschränkung durch Wortlautauslegung: Normsatztheorien80
c) Vorbehalt der Rechtsordnung84
aa) Der Ansatz Krieles85
bb) Kritik88
4. Kritik des herrschenden Paradigmas: jedenfalls der einfache Landesgesetzgeber kann Bundesgrundrechte nicht „konkretisieren“91
B. Kritik der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts94
I. Kopftuchurteil94
1. Religiöse Freiheit auch für Angehörige des öffentlichen Dienstes im Dienst?94
a) Bedeutung der speziellen Gleichheitsrechte95
aa) Keine Gleichsetzung der Konstellationen aus Kopftuch- und Kruzifixentscheidung95
bb) Relevanz des „Sonderstatusverhältnisses“?96
b) Gewährleistungsgehalt der speziellen Gleichheitsrechte96
aa) „Religiöses Bekenntnis“97
bb) Kein Recht auf religiöse Gestaltung der Amtsgeschäfte98
cc) Die radikale Gegenauffassung: besondere Persönlichkeitsprägung des Lehrerberufs (Böckenförde)99
2. Die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Grundgesetzes: Systematische Grundlagen100
3. Das eigentliche Kernproblem des Kopftuchurteils: religiöse Freiheit nach Maßgabe der einfachen Landesgesetze?103
a) Das Ende der überkommenen Schrankensystematik104
b) Die „dogmatische Mischverwaltung“106
aa) Grundrechtliche und demokratische Legitimation106
bb) Grundrechtsausübung unterliegt keiner demokratischen Abstimmung107
c) Die Kompromißproblematik108
4. Religiös-weltanschauliche Neutralität des Staates108
a) „Positiver“, „umfassender“, „fördernder“ Neutralitätsbegriff109
b) „Laizistischer“ Neutralitätsbegriff110
c) Der Neutralitätsbegriff des Grundgesetzes111
aa) Neutralitätsprinzip als Wort ohne zugehörigen Begriff?111
bb) Staatliche Neutralität gegen verfassungsneutrale Weltanschauungen112
5. Polizeirechtliche Gefahrenschwelle oder „abstrakte Gefahr“?114
6. Recht auf und Zurechnung des Kopftuchs115
a) „Meistbegünstigungsproblematik“115
b) „Fiskalprivilegsproblematik“116
II. Kruzifixbeschluß117
1. Kritik der Begründung des Kruzifix-Beschlusses118
a) Überblick119
b) Analogie Kreuz an der Wand – erzwungene Teilnahme an kultischen Handlungen119
c) Subjektivierung des Neutralitätsprinzips119
2. Widerspruch zwischen Kruzifix-Beschluß und Kopftuch-Urteil?121
a) Das Problem121
b) Die Lösung122
3. Fazit: Der Gewährleistungsgehalt des grundrechtsgleichen Rechts aus Art. 33 Abs. 3 GG, 136 Abs. 2 WRV123
4. „Verfassungsnonkonforme“ Auslegung125
5. Vermischung und Verwechselung von grundrechtlicher und demokratischer Legitimation127
6. Schrankenvorbehaltlos gewährleistete Grundrechte haben keinen „Schutzbereich“, sondern einen Gewährleistungsgehalt128
a) Das Selbstverständnis der Grundrechtsträger: hinsichtlich der schrankenvorbehaltlos gewährleisteten Grundrechte ein Scheinproblem128
b) Kein Staatsabänderungsanspruch ohne Rekurs auf das demokratische Verfahren131
III. Sonstige Probleme: Schächten, Schulbesuch, Sektenwarnung134
1. Schächten134
a) Die ältere Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts134
b) Begründung des Bundesverfassungsgerichts136
c) Kritik137
d) Lösung der Schächtungsproblematik138
e) Keine Bindungswirkung der Entscheidung kein Bedarf nach „verfassungskonformer Auslegung“138
2. Schulbesuch139
3. Die Osho-Entscheidung (Sektenwarnung)142
a) Aufbau der Entscheidung142
b) Kritik144
aa) Richtiger Kern der Osho-Entscheidung144
bb) Nochmals: Subjektivierung des Neutralitätsprinzips145
cc) Subjektiviertes Neutralitätsprinzip als eigentlicher Gewährleistungsgehalt der Glaubens- und Gewissensfreiheit?146
c) Lösung146
C. Der Begriff des Gewährleistungsgehalts aus systematischer und aus historisch-subjektiver Perspektive148
I. Ausgangspunkte des Gewährleistungsgehaltsdenkens148
1. „Sprayer von Zürich“: eine nichtprivilegierende „Einordnungstheorie“ der Kunstfreiheit148
2. Nichtprivilegierende Theorien der Wissenschaftsfreiheit149
II. Gewährleistungsgehalt und Primat der historisch-subjektiven Auslegung154
1. Franz Reimer157
2. Jestaedt158
3. Kritik der historisch-subjektiven Auslegung159
III. Gewährleistungsgehalt als das Ergebnis systematischer Auslegung164
1. Maastricht-Urteil164
2. Gewährleistungsgehalt als Ergebnis „abstrakter Abwägung“?166
D. Der Gewährleistungsgehalt der religiös-weltanschaulichen Freiheitsrechte und der Gewissensfreiheit des Grundgesetzes168
I. Rechtspolitische Vorüberlegungen168
1. Rechtsstaat, Demokratiegebot, Akzeptanzerfordernis168
2. Islamische Herausforderung169
II. Das rechtstheoretische Konzept der schrankenvorbehaltlosen Grundrechte172
Exkurs: Staatlichkeit und Integrationsaufgabe177
III. Strukturparallele zur umweltrechtlichen Grundrechtslehre Murswieks178
IV. Gewährleistungsgehalt der Glaubens- und Gewissensfreiheit179
1. Gewissensfreiheit als systematisches Muttergrundrecht179
a) Systematisch einheitliches Grundrecht179
b) Dogmatische Anknüpfung an die im Grundgesetz vorfindlichen Einzelgewährleistungen181
2. Die weltanschaulich-religiösen Freiheitsrechte181
a) Glaubens- und Weltanschauungsfreiheit182
aa) „Positive“ Seite182
bb) Negative Glaubens- und Weltanschauungsfreiheit?182
b) Bekenntnisfreiheit184
aa) Bekenntnis im Sinne des Grundgesetzes bedeutet primär Konfession184
bb) Bekenntnisfreiheit als Spezialfall der Meinungsfreiheit185
(1) Die Bekenntnisfreiheit gewährleistet auch eine spezielle Handlungsfreiheit185
(2) „Gewährleistungsschranken“ dieser kommunikativen Handlungsfreiheit186
cc) Negative Bekenntnisfreiheit?187
(1) Art. 136 Abs. 3 WRV187
(a) Schweigerecht188
(b) Art. 136 Abs. 3 Satz 1 WRV als Schranke eines ungeschriebenen grundrechtsgleichen Rechts auf konfessionelle Auskunftsverweigerung188
(2) Art. 7 Abs. 3 Satz 3 GG189
c) Die Gewährleistung der ungestörten Religionsausübung als positivierte Schutzpflicht190
d) Die negative Handlungsfreiheit aus Art. 136 Abs. 4 WRV190
e) Religiöse Vereinigungsfreiheit191
3. Die Freiheit des Gewissens („im engeren Sinne“)192
a) Schutz des forum internum192
b) Gewissensgeleitete Handlungsfreiheit?192
c) Gewissensfreiheit als Verweigerungsrecht193
aa) „Negative Freiheit“ im herkömmlichen Sinne?193
bb) Allgemeines gewissensgeleitetes Verweigerungsrecht?195
cc) Menschenwürdegeleitetes Verweigerungsrecht195
4. Zusammenfassung196
E. Objektive Grundrechtsdimension199
I. Stand der Diskussion199
1. Rein abwehrrechtlicher Ansatz199
2. Schutzpflichtenansatz201
3. Zwischenergebnis202
II. Schutzpflichten202
1. Strafrecht203
a) §§ 166, 167 StGB203
b) Sonstige Vorschriften aus dem StGB204
2. Polizeirecht204
3. Zivilrecht204
III. „Mittelbare Drittwirkung“205
IV. Weltanschaulich-religiöse Neutralität des Staates205
Zusammenfassende Thesen207
Literaturverzeichnis212
Personen- und Sachregister228

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