Individuum, Führung und Spannungsfelder
Hinführung, Abgrenzung, Zielbestimmung
Wer ein Werk beginnt, der sollte mit dem Anfang starten. Eine Auseinandersetzung mit Individuum, Führung und Spannungsfeldern sollte daher zunächst erst einmal diese Begriffe unter die Lupe nehmen bevor sie sich Teilaspekten zuwendet.
Auch wir wollen auf diese Art und Weise vorgehen, sodaß nicht der zweite Schritt vor dem ersten geschieht und wir ins Stolpern geraten. Dies erscheint alleine schon deshalb angezeigt, da die Klärung des Ausgangspunktes hilft, den vorausliegenden Weg abzuschätzen und ihn gerüstet in Angriff zu nehmen.
Der Mensch im sozialen Bezug und Entscheidungsnotwendigkeiten ausgesetzt erscheint in einer Zeit der Umbrüche und grundlegender Veränderungen als eine naheliegende Thematik, da es – jedenfalls bei seriös Handelnden – darum gehen muß, der jeweilig wahrzunehmenden Verantwortung gerecht zu werden.
Unser Bemühen innerhalb des ersten Beitrages ist beschränkt. Es kann keine umfassende Aufarbeitung aller mit der Themenstellung verbundenen Einzelaspekte bewerkstelligen. Dieser Anspruch soll insoweit bereits eingangs abgewehrt werden.
In der Selbstbeschränkung liegt aber im Gegenzug die Hoffnung, wesentliche Voraussetzungen für das gesamte Werk zu schaffen, sodaß sich am Ende ein Beitrag zur Erkenntnis und eine Hilfe zu individueller Festlegung mit nachfolgenden Konsequenzen ergeben.
Bei unserer Ausführung bewegen wir uns im Hier und Jetzt. Die Kontextgebundenheit stellt insoweit eine weitere Einschränkung der Betrachtung dar, die ihrerseits ebenso dazu führen soll, den Betrachtungsausschnitt genauer in den Blick zu nehmen.
Das Bemühen des ersten Beitrages ist darauf gerichtet, den Wesenskern von Individuum, Führung und Spannungsfeldern zu erkennen. Er ist darauf gerichtet, gewissermaßen Vorarbeit zu leisten, auf denen nachfolgende Ausführungen aufbauen.
Vorarbeit kennen wir auch beim Hausbau. Ohne das Ausheben der Baugrube wird das Werk kaum gelingen. Denn ein gutes Fundament verleiht Stabilität, wenn der Sonnenschein verschwindet und Stürme toben, wenn eine gefestigte Basis Sicherheit zu geben hat.
So gehen wir im Folgenden vom Individuum aus. Es ist Dreh- und Angelpunkt im Rahmen unserer Gesamtbetrachtung. Mit dem Phänomen der Führung beziehen wir das soziale Umfeld mit ein. Schließlich betrachten wir ausgewählte Spannungsfelder, in denen sich die Führungskraft positionieren muß, um nicht wie ein kleines Boot auf hoher See, gewissermaßen als Spielball der Gewalten, bewegt zu werden.
Abbildung 1:
Bezugspunkte
Individuum
Jeder Mensch ist ein Individuum, eine mit unveräußerlicher Würde ausgestattete Persönlichkeit. Diese Würde erwächst aus der geschenkten Vernunftbegabung und aus dem Glauben, nach Gottes Ebenbild geschaffen zu sein. Dies räumt uns im Rahmen der Schöpfung eine Sonderstellung ein.
Ihr Rechnung zu tragen ist nicht nur eine Forderung des Glaubens, sondern auch der Vernunft. Schließlich ergibt sich im wechselseitigen Austausch der Individuen nicht nur die Chance der Maßstabgewinnung, sondern auch eine wechselseitige Bereicherung und damit von Fortschritt.
Menschen als Individuen zu kennzeichnen bedeutet, diese als moralische Subjekte zu erkennen und anzuerkennen, daß sie Träger von Rechten, Verantwortungen und Pflichten sind (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Indivi duum). Dies ist ein hoher Anspruch, dem es tagtäglich gerecht zu werden gilt.
Dem Individuum kommt eine Subjektstellung zu. Es ist mehr als eine beliebige Manövriermasse, als ein bloßes disponibles Objekt. Daraus ergeben sich erhebliche Konsequenzen für den wechselseitigen Umgang. Sie liegen nicht zuletzt in philosophischen und theologischen Überlegungen begründet und führen zu resultierenden Antworten auf Grundfragen.
Ob wir aus dem Glauben heraus die Stellung des Menschen definieren oder vernunftmäßig dem kategorischen Imperativ Kants folgen, bleibt an dieser Stelle unberücksichtigt. Doch bleibt in jedem Falle die Forderung an den Einzelnen, den individuellen Erkenntnissen hinreichend Rechnung zu tragen.
Subjektstellung bedeutet schließlich, daß ein Recht zu autonomer Existenz besteht und sich insoweit die Notwendigkeit ergibt, im sozialen Bezug einen vernünftigen „Modus vivendi“ zu finden, mit dem jeweilig Interagierende leben können.
Menschsein gelingt nur im sozialen Bezug. Diesen zum Dreh- und Angelpunkt beim Verständnis des Individuums zu machen, liegt daher nahe. Denn der Einzelne ist in gleicher Art und Weise auf die Gemeinschaft angewiesen, wie er auf seine Selbstentfaltung und Selbstverwirklichung hin programmiert ist.
Gerade die Rückbindung wird über die Auseinandersetzung mit anderen zur Triebfeder, zu einer entfaltungsfördernden Sicherheit, die Individualität zu ihrer Blüte bringt und damit über das personale Wirken des Einzelnen wiederum die Gemeinschaft bereichert, sofern hinreichend Rücksicht auf deren Erfordernisse genommen wird.
Krasser Egoismus auf Kosten der Gemeinschaft dürfte längerfristig hingegen zur Vereinsamung und sozialer Ächtung führen. Dies kann letztlich weder im Interesse der Gemeinschaft, noch des Einzelnen liegen.
Führung
Wenn wir den Wesenskern von Führung erfassen wollen, so sind wir gehalten, das Beziehungsverhältnis von Menschen mit unterschiedlicher Funktion und unterschiedlicher Macht im alltäglichen zielgerichteten Zusammenwirken näher zu betrachten.
Dabei können wir die klassische Sichtweise von Führung überschreiten, die jenes Phänomen an die Person der Führungskraft bindet. Schließlich wissen wir um die Differenzierung hinsichtlich der Positionsmacht, der aus der Kompetenz und Erfahrung resultierenden Macht, sowie der Macht aus der Persönlichkeit, die sich idealtypisch in der Person der Führungskraft verbinden.
Seriöse Führung geschieht als interaktiver ziel- und zukunftsgerichteter Prozeß, bei dem Personen mit und ohne Führungsfunktion ihren Beitrag zum gemeinsamen Erfolg leisten, um diesen ringen und damit die Zielerreichung mehr oder minder stark befördern.
Führung ist insoweit eine permanente Herausforderung, ein dauerhaftes Feld der Bewährung. Gerade wenn wir den sich ergebenden Wandel in die Überlegungen einbeziehen, stehen wir tagtäglich vor neuen Gegebenheiten und zu bewältigenden Situationen.
Da die Welt nicht stillsteht, wird dies auch künftig so sein. Denken wir in diesem Zusammenhang nur an
die vielfältigen Veränderungen, die sich wechselseitig überlagern,
die Dynamik der Entwicklung,
an Globalisierung und Wissensexplosion, aber auch
an sich verändernde Erwartungen und Einstellungen.
Insoweit bedarf es der Offenheit und Flexibilität, sowie der Bereitschaft, sich auf die Suche zu begeben. Über sie gilt es angemessene Lösungen zu finden. Dabei wissen wir, daß das Bessere der Feind des Guten ist und das Bewährte Bestand hat, solange nichts Besseres gefunden wurde.
Wie jedes Handeln ist Führung individuell zu verantworten, auch sind die aus dem Wirken resultierenden Konsequenzen zu tragen. Auf das untilgbare Schuldrisiko zu verweisen, mit dem wir uns an anderer Stelle erneut befassen werden, erscheint daher geboten.
Verantwortung bedeutet Antwort geben und gerade stehen für Tun und Unterlassen. Es bedeutet, sich der Kritik zu stellen, sich zu rechtfertigen und notfalls Sanktionen zu erdulden sowie eigenes Versagen – ein Zurückbleiben hinter dem zu Leistenden – aufzuarbeiten.
In diesem Zusammenhang kommt die ethische Diskursführung im Vorfeld zu treffender Entscheidungen ins Spiel, die sich um eine Folgenabschätzung bemüht und mögliche Auswirkungen bei auftretenden Risiken zu minimieren sucht.
Spannungsfelder
Damit sind wir beim Begriff Spannungsfelder angelangt. Sie umfassen Themenbereiche mit einem Spektrum alternativ möglicher Verhaltensweisen. Bei den bestehenden Alternativen zeigen sich dabei...