3. UNTERSCHIEDE UND
GEMEINSAMKEITEN
Doch woher kommen diese Unterschiede? Sind sie nur in den verschiedenen Ausrichtungen der Regierungsparteien begründet? Auf der einen Seite ein US-Präsident, der bei den konservativen Republikanern eher dem rechten Flügel zuzuordnen ist. Und auf der anderen Seite eine deutsche Groko, die zwar eine ebenfalls konservative Kanzlerin an ihrer Spitze hat, die jedoch gemäßigt ist, und sich die Regierungsgeschäfte mit eher linksorientierten Sozialdemokraten teilt?
Nein, so einfach ist die Antwort nicht, es sind vor allem Mentalitätsunterschiede, die aktuell besonders deutlich sind. Die US-Präsidenten der jüngeren Vergangenheit kamen überwiegend aus der führenden Wirtschaft, oder waren sogar selbst Unternehmer, vor Trump waren es vor allem Bush sen. und Bush jun., selbst ein Jimmy Carter war selbstständiger Unternehmer, und bei allen stand die Wirtschaft im Mittelpunkt. Die Auffassung, dass es den Menschen gut geht und sie zufrieden sind, wenn sie ein Einkommen haben, das ihnen einen guten Lebensstandard verspricht, steht hier im Mittelpunkt. Andere Aspekte der Politik, wie z. B. soziale Standards für Menschen, die keine Gutverdiener oder sogar arbeitslos sind, stehen ebenso wenig im Fokus wie eine Energiepolitik, die im Einklang mit der Umwelt steht. Das „America First“ steht sinnbildlich auch für ein „Ich zuerst“.
Ganz anders Europa, das aufgrund seiner Kriegserfahrung auf eigenem Boden jahrzehntelang nicht an Alleingängen, sondern an einem Miteinander interessiert war. Gerade in Deutschland, das lange Zeit zweigeteilt war, hat sich der Gedanke besonders verfestigt. Neben einer guten Wirtschaft sind da auch noch andere Aspekte wichtig, in der es nicht nur um (das eigene) Geld geht, sondern auch um eine gute Nachbarschaft. Das sind die Gründe, warum die USA und Deutschland so anders „ticken“. Ganz besonders wird das sichtbar, wenn zwei so unterschiedliche Regierungschefs das Sagen haben.
Dennoch gibt es unumstößliche Gemeinsamkeiten zwischen beiden Partnern, wie der Glaube und das Eintreten für eine freiheitliche Gesellschaft, die durch eine stabile Demokratie getragen wird.
Gerade in schwierigen Zeiten, in denen wir uns befinden, ist die Bereitschaft zu einem Dialog aber trotz aller Meinungsunterschiede von besonderer Bedeutung. Gerade heutzutage müssen die USA und Deutschland als größtes und mächtigstes Land Europas im Gespräch bleiben, um Brücken anstatt Mauern zu bauen. Dabei steht eine Vielzahl von Themen auf der Agenda. Auch hier lohnt sich ein genauerer Blick. Im besonderen Fokus steht die Wirtschaft.
WIRTSCHAFT
Der Status der USA als weltweit stärkste Wirtschaftsmacht, die rund ein Fünftel des jährlichen Welteinkommens erwirtschaftet, gründet sich auf ein großes, rohstoffreiches und gut erschlossenes Staatsgebiet. Es hat mit fast 10 Millionen Quadratkilometern etwa die 25-fache Größe von Deutschland; die Fläche Deutschlands entspricht etwa der Größe des US-Bundesstaates Montana. Weitere Faktoren sind der große Binnenmarkt (2018: circa 329 Millionen Einwohner, Bruttoinlandsprodukt 2017: circa 19,4 Billionen Dollar, zum Vergleich Bruttoinlandsprodukt Deutschland 2017: circa 3,85 Billionen Dollar) sowie das durch unternehmerische Initiative und freien Handel gekennzeichnete Wirtschafts- und Finanzsystem. Der US-Dienstleistungssektor erwirtschaftet circa 80 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP), der Industriesektor circa 20 Prozent, davon gut 1 Prozent Landwirtschaft. Die Staatsquote beträgt rund 13 Prozent (Bundes- und Staatenebene).
Wirtschaftliche Entwicklung USA 2017 bis 2019
(reale Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %)
- 1) Waren und Dienstleistungen
- 2) Prognosen
Quelle: U.S. Bureau, US of Economic Analysis, U.S. Census Burau, International Monetary Fund (IWF) – World Economoc Outlook/April 2018; © 2018 Germany Trade & Invest
AKTUELLE WIRTSCHAFTLICHE LAGE
Trotz schwachen Jahresbeginns verzeichneten die USA 2017 insgesamt ein BIP-Wachstum von 2,3 Prozent. Dieses Wachstum liegt zwar deutlich höher als der schwache BIP-Anstieg von 1,5 Prozent im Jahr 2016, aber durchaus im Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Für 2018 prognostizierten Ökonomen der nationalen Behörden, internationalen Institutionen und der US-Finanzwirtschaft zunächst ein Wachstum von knapp 3 Prozent. Im ersten Quartal wuchs die US-Wirtschaft um 2,2 Prozent, im zweiten Quartal um 4,2 Prozent und damit stärker als erwartet. Die Risiken für eine Eintrübung der konjunkturellen Lage werden als begrenzt angesehen.
Der Arbeitsmarkt nähert sich der Vollbeschäftigung. Die Arbeitslosenquote liegt seit April 2018 bei 3,9 Prozent, dem niedrigsten Wert seit 2000 (2016: 4,9 Prozent, 2015: 5,3 Prozent, 2014: 6,2 Prozent), die Erwerbsquote verharrt aber mit 62,7 Prozent auf niedrigem Niveau. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist seit Juli 2017 rückläufig und lag im Februar 2018 bei 1,4 Millionen (vor der Krise 2007: 1,3 Millionen) Die Zahl der unfreiwillig Teilzeitbeschäftigten lag im Februar 2018 mit 5,2 Millionen weiterhin über den Zahlen vor der Krise (4,2 Millionen).
Der private Konsum hat sich seit 2014 stabilisiert und ist 2016 und 2017 um jeweils 2,7 Prozent gestiegen. Dies ist nicht zuletzt auf die verbesserte Lage auf dem Arbeitsmarkt und die niedrigen weltweiten Energiepreise zurückzuführen, die auch die Stimmung der Verbraucher deutlich haben steigen lassen.
Die Industrieproduktion, ablesbar an den Auftragseingängen der Industrie, entwickelte sich seit 2016 wieder positiver als in den Vorjahren, sie stieg 2017 um 1,8 Prozent. Viele Unternehmen halten sich mit Investitionen zurück, häufen ihre Gewinne und nutzen sie eher für Aktienrückkäufe, als für neue Projekte.
Die US-Steuerreform, die Aussetzung der Schuldenobergrenze für den US-Bundeshaushalt 2018 und die Vorhaben im Präsidentenbudget 2019 geben der US-Wirtschaft einen Fiskalimpuls in einer Zeit, in der ein solcher Schub ökonomisch nicht notwendigerweise angemessen ist. Mit der Reform verbundene Risiken würden sich aber erst mittelbis langfristig in einem angespannten Zinsumfeld in deutlich steigenden Refinanzierungskosten für den Staatshaushalt bemerkbar machen. Angesichts einer durchschnittlichen Fälligkeit der Staatsschulden von knapp mehr als sechs Jahren sind steigende Refinanzierungskosten kein kurzfristiges Problem.
Die engen deutsch-amerikanischen Wirtschaftsbeziehungen sind eine wesentliche Säule der bilateralen Beziehungen. Die USA sind größter Abnehmer deutscher Exporte, Deutschland ist der wichtigste Handelspartner der USA in Europa. Gemessen am Gesamtvolumen (Importe + Exporte) des bilateralen Warenverkehrs der USA liegt Deutschland weiterhin auf dem fünften Platz nach China, Kanada, Mexiko, und Japan. In Deutschland liegt der bilaterale Warenverkehr mit den USA an dritter Stelle und belief sich Ende 2017 auf etwa 171 Milliarden Dollar US-Exporte nach Deutschland betrugen 2017 53,5 Milliarden Dollar (2016: 49,3 Milliarden), US-Importe aus Deutschland 117,7 Milliarden Dollar (2016: 114,6 Milliarden).
Deutschland und die USA sind für einander wichtige Investitionsstandorte: Das bilaterale Investitionsvolumen belief sich Ende 2016 auf 398 Milliarden Dollar (deutscher Direktinvestitionen in den USA: 291 Milliarden Dollar; US-Direktinvestitionen in Deutschland: 107 Milliarden Dollar). Deutsche Unternehmen sind mit 674.000 Arbeitsplätzen der viertgrößte ausländische Arbeitgeber in den USA und tragen maßgeblich auch zum Export aus den USA bei (z. B. ist BMW größter Autoexporteur aus den USA).
Die USA sind für Deutschland mit einer Warenausfuhr im Wert von 111,53 Milliarden Euro im Jahr 2017 das wichtigste Exportland. Zugleich gilt: Weltweit sind die USA der viertwichtigste Importeur für Deutschland, lediglich aus China und den Nachbarländern Niederlande und Frankreich importiert Deutschland mehr.
UMFANGREICHE INVESTITIONEN
Im Jahr 2016 beliefen sich die deutschen Direktinvestitionen in den USA auf 223,8 Milliarden Euro, so die Bundesbank. Deutschland belegt nach Angaben des US-Handelsministeriums Rang vier der Top-Investoren in Amerika, hinter Großbritannien, Kanada und Japan. Zum Vergleich: US-Direktinvestitionen in Deutschland summierten sich 2016 auf 54,8 Milliarden Euro. Unternehmen, die ihren Hauptsitz in den USA haben, waren mit rund 156 Milliarden Euro in Deutschland investiert.
Laut dem US-Handelsministerium beschäftigen Tochterfirmen deutscher Unternehmen in den USA rund 674.000 Arbeitnehmer. US-Firmen sichern in Deutschland ca. 650.000 Arbeitsplätze.
Während die fünfzig umsatzstärksten US-Unternehmen in Deutschland im Jahr 2016 insgesamt 176 Milliarden Euro umsetzten, belief sich der Umsatz der fünfzig größten deutschen Firmen in den USA im gleichen Jahr auf 370 Milliarden Euro. Das Werk des deutschen Unternehmens BMW in Spartanburg in South Carolina ist der größte Autoexporteur der USA.
Nicht zuletzt als größte europäische Volkswirtschaft ist Deutschland ein wertvoller Partner für die USA. So erwirtschafteten die Europäische Union und die USA allein 2016 gemeinsam 47 Prozent des...