Die Zustimmungsverweigerung des Bundesrates beläßt den Staat untätig. Diese Untätigkeit erweist das Zustimmungserfordernis als kritisches Systemelement, sobald der Staat zum Schutz von Gemeinwohlbelangen eigentlich tätig werden müßte. Sind Zustimmungserfordernis und Gemeinwohlauftrag vereinbar? Bezüglich des Erkennens von Gemeinwohlgefährdungen und der Erarbeitung von Gegenmaßnahmen besitzt die Bundesregierung eine verfassungsgewollte Definitionssuprematie. Diese wird durch zustimmungsbedürftige Gesetze gehemmt. Soll das Zustimmungserfordernis dennoch systemgerecht sein, so die Hypothese, muß es unmittelbar das - vom Verfasser normativ definierte - Gemeinwohl fördern. Stephan Meyer betrachtet die Länder als Staaten kraft Grundgesetzes, sie besitzen politische Potenz und verwirklichen somit ebenfalls Gemeinwohlkonzepte. In diesem Verfügbarhalten alternativer Gemeinwohlkonzepte besteht die Bundesstaatsfunktion. Dementsprechend entfaltet der Bundesrat die Gemeinwohlnützlichkeit dieser Funktion, denn er wirkt mit auf Grundlage solcher eigenen Erfahrungen seiner Mitglieder mit staatlicher Gemeinwohlfindung. Dies sichert die Rationalität von Einspruch und Gesetzesinitiative. Beide Mitwirkungsformen besitzen Korrekturfunktion gegenüber der Definitionssuprematie, da letztere einer Irrtumswahrscheinlichkeit unterliegt. Wegen des Vorrangs des demokratischen Prinzips kann sich der Bundesrat dort aber nicht endgültig durchsetzen. Das Zustimmungserfordernis hingegen schützt die politische Potenz der Länder, welche die Rationalität von Einspruch und Gesetzesinitiative gewährleistet. Dieser Schutz bewahrt also eben jene gemeinwohlnützliche Rationalität. Der Verfasser zeigt auch, daß die Zustimmungsverweigerung nichts am Fortbestehen einer von der Bundesregierung im Rahmen ihrer Definitionssuprematie festgestellten Gemeinwohlgefährdung ändert. Die Bundesregierung ist somit verpflichtet, eine neue Gesetzesvorlage unter Beachtung der Bundesratsauffassung einzubringen. Der Bundesrat muß daher seine Verweigerung begründen. Außerdem verwehrt die Funktion des Zustimmungserfordernisses es dem Bundesrat - anders das BVerfG - seine Zustimmung zu versagen, nur weil er mit der materiellen Regelung nicht einverstanden ist.
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