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E-Book

German Champion

Die Geschichte meiner NFL-Karriere

AutorDominik Hechler, Sebastian Vollmer
Verlagriva Verlag
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl192 Seiten
ISBN9783745302806
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Wie schafft man es als deutscher American-Football-Spieler in die NFL? Die beeindruckende Geschichte von Sebastian Vollmer zeigt: Talent reicht nicht, genauso wichtig sind unbändiger Wille, Training und Liebe zum Sport. In diesem Buch gibt Vollmer bisher unbekannte Einblicke in sein Leben: Er erzählt, wie er mit zwei Koffern in den Händen und Sprachproblemen im Gepäck in Amerika ankam, dort die Liebe seines Lebens kennenlernte und feststellen musste, wie schwer das Privatleben mit dem extrem harten Job als Footballer vereinbar ist. Zu ständig neuen Verletzungen und unzähligen Operationen kommt noch der Druck durch die Öffentlichkeit, Trainer und Mitspieler. Doch der Ausnahmesportler biss sich durch, ergatterte 2003 ein Footballstipendium an einem US-College, schaffte 2009 den Sprung in die NFL und wurde schließlich als 'Bodyguard' Tom Bradys zur festen Größe - und zum German Champion.

Dominik Hechler, am 8. September 1983 in Offenbach am Main geboren, ist seit seiner Jugend großer NFL-Fan. Für die ran.de-Sportredaktion berichtet der in München lebende Sportjournalist vor allem über die Sportarten Fußball, Tennis und American Football. Hechler war schon bei vielen sportlichen Großereignissen als Reporter vor Ort und lernte Sebastian Vollmer bei einem NFL-Spiel in London persönlich kennen. Für diese Autobiografie haben sich beide noch häufig für ausführliche Gespräche getroffen und Hechler ist sogar zu Sebastian Vollmer in die USA geflogen, um den 'German Champion' in seiner gewohnten Umgebung zu erleben. Sebastian Vollmer, 1984 in Düsseldorf geboren, war professioneller Footballspieler und zweimaliger Superbowl-Champion. Vollmer kam über die Düsseldorfer Panther, die deutsche Nationalmannschaft und das Collegeteam Houston Cougars in die US-amerikanische Profiliga NFL. Dort spielte er mit Superstars wie Tom Brady bei New England Patriots, wurde zum All Pro, einem der besten Spieler auf seiner Position, sicherte sich mit seinem Team 2014 und 2016 die Meisterschaft und ist damit der erfolgreichste deutsche Spieler in der Geschichte der NFL.

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Leseprobe

Einleitung: Super Bowl 2014 – A German Champion


Es war der 1. Februar 2015 und ich saß im Locker Room mitten in den Katakomben des University of Phoenix Stadium in Glendale, Arizona. Das große Ziel war nur noch ein Spiel entfernt. Ich versuchte mich auf den Super Bowl und auf unseren Gegner zu fokussieren: die Seattle Seahawks. Aber es fiel mir schwer, denn mein ganzer Körper schmerzte.

Ich saß auf einem Stuhl vor meinem Platz in der Kabine, den Blick auf meine Ausrüstung gerichtet und die Kopfhörer auf den Ohren. Ich hörte wie immer Hip Hop. Auf meiner Playlist waren Künstler wie Jay-Z oder Eminem. Im Hintergrund lief auf meinem Tablet noch ein Coaches-Film über die Seahawks und deren Stärken und Schwächen. Ich wollte in dieser Phase kurz vor dem Spiel mit meinen Gedanken alleine sein. Mir war es immer wichtig, in meiner Konzentrationsphase nicht mehr gestört zu werden. Ich dachte in diesem Moment auch an meine Schulter. Denn schon ein paar Tage nach dem Super Bowl würde ich operiert werden. Die Ärzte würden mir bei diesem Eingriff 50 kleine Knorpelstücke entfernen und den Knochen ein wenig abschleifen. Denn ich hatte trotz einer schweren Verletzung immer weitergespielt und schon die komplette Saison auf die Zähne gebissen. Ich hatte mich bereits im ersten Saisonspiel zu Hause gegen die Miami Dolphins so heftig an der rechten Schulter verletzt, dass unser Head Coach Bill Belichick sogar überlegt hatte, mich im darauffolgenden Spiel auf die Bank zu setzen. Er wollte mich schonen, damit ich mich nicht schon zu Beginn der Saison überlaste und vielleicht die komplette Spielzeit ausfalle. Doch auf der Bank sitzen wollte ich auf keinen Fall. Ich hatte Belichick nach dem Dolphins-Spiel gesagt: »Mach dir um mich mal keine Sorgen. Ich mach das schon.«

Der Head Coach der Patriots und ich hatten über die Jahre ein sehr gutes Verhältnis, das vor allem von Ehrlichkeit geprägt war. Wir konnten immer offen reden und haben uns in meiner gesamten Karriere gegenseitig vertraut. Er wusste, dass er sich zu 100 Prozent auf mich verlassen konnte. So war es auch dieses Mal. Ich wollte ihn und vor allem mein Team nicht im Stich lassen. Aber durch all die Spiele und unzähligen Trainingseinheiten in dieser langen NFL-Saison und diverse andere Verletzungen an der gleichen Stelle in den Jahren zuvor hatte sich mein Schulterknochen verformt. Ich konnte meinen rechten Arm jetzt nicht einmal mehr genug anheben, um jemandem die Hand zu schütteln. Die Ärzte meinten sogar, dass ich bereits nicht mehr laufen könnte, wenn ich die gleiche Verletzung im Knie gehabt hätte. Aber jetzt versuchte ich, das alles mental auszublenden. Sogar die Manschette, mit der ich einen Großteil der Saison gespielt hatte, ließ ich beim Super Bowl in der Kabine. Wenn in der Schulter noch mehr reißen sollte, riss es eben. Das war mir in diesem Augenblick egal. Kaputt war ohnehin schon alles. Und operiert werden musste ich sowieso, der Termin stand bereits seit einiger Zeit fest. Für den Erfolg im Super Bowl gegen die Seahawks setzte ich alles auf eine Karte.

Bei Heimspielen fuhr ich normalerweise vier Stunden vor Spielbeginn ins Stadion. Beim Super Bowl waren es nur zwei Stunden. Das hatten die Patriots damals so vorgegeben. Beim Super Bowl und bei Auswärtsspielen fuhren wir gemeinsam mit dem Bus vom Hotel aus ins Stadion. In Foxborough durften wir Spieler einzeln mit dem Auto zum Gillette Stadium fahren. Ich habe die gemeinsamen Fahrten mit dem Teambus bei all unseren Auswärtsfahrten und natürlich auch damals in Arizona als sehr stressig empfunden, weil ich die Zeit eigentlich brauchte, um mich vernünftig vorzubereiten. Also stieg ich in Arizona aus dem Bus und ging noch im Anzug zu unserem Physiotherapeuten, um mir die Knöchel tapen zu lassen. Das sparte Zeit. Denn normalerweise bildete sich beim Tapen vor den Spielen eine ewig lange Schlange. Dieses Mal wollte ich möglichst der Erste sein, damit ich keine Zeit verschwenden würde. Dann ging’s weiter in den Locker Room, wo auf einer Tafel stand, wann welcher Mannschaftsteil zum Aufwärmen auf den Rasen durfte. Ich ging vor Auswärtsspielen gerne vorher schon mal raus ins Stadion, um mich aufzuwärmen. Denn in den kleinen Kabinen konnte man ja keine Sprints oder andere Laufübungen machen. Außerdem wollte ich mich orientieren. Wo war die Anzeigetafel? Wo war unsere Seitenlinie? Wo war die 40-Sekunden-Uhr? Und welche Schuhe waren heute die richtigen? Apropos Schuhe: Beim Super Bowl in Glendale, Arizona, hatte Belichick uns allen vorgeschrieben, welches Schuhwerk wir tragen sollten. Und zwar die mit den langen Stollen, für einen besseren Grip auf dem Naturrasen im University Of Phoenix Stadium. Das hatte er sonst nie gemacht. Tatsächlich merkten wir beim Aufwärmen vor der Partie, dass der Naturrasen sehr rutschig, und seine Wahl die richtige gewesen war. Für mich war es trotzdem eine große Umstellung, in Schuhen zu spielen, die ich die gesamte Saison noch nie getragen hatte – vor allem mental. Das war einfach eine Gewohnheitssache. Aber wenn der Head Coach die Vorgabe machte, wurde es eben so gemacht.

Nachdem ich mir in der Kabine dann schon mal Teile meiner Ausrüstung angezogen und meine Handgelenke getapt hatte, wickelte ich nun speziell den Ring- und den Mittelfinger meiner linken Hand zusammen. In beiden waren nämlich sämtliche Sehnen gerissen, die Finger flatterten nur noch so an meiner Hand herum. Kein angenehmes Gefühl, denn jede noch so kleine Erschütterung tat höllisch weh. Ich habe bis heute keine Ahnung, wie mir das passiert ist. Ich kam Mitte der Saison nach einem Spiel in die Kabine, ging unter die Dusche und beim Haarewaschen standen auf einmal beide Finger im 90-Grad-Winkel von der Hand ab. Aber ich hatte mit der Zeit ein System entwickelt, wie ich den Schmerz für die Spiele einigermaßen erträglich gestalten konnte. Nachdem ich die beiden verletzten Finger zusammengetapt hatte, nahm ich den kleinen Finger dazu, wickelte ebenfalls Tape darum und fixierte zum Schluss noch den Zeigefinger dazu. Das gab Halt und ich hatte noch Gefühl in den Fingern. Das war mir wichtig.

Zwei Tage vor dem Super Bowl hatten die Ärzte meine Finger betäubt, um zu schauen, ob ich so spielen könnte. Konnte ich nicht. Denn die Spritze wurde genau zwischen Ring- und Mittelfinger gesetzt, sodass nicht nur die Finger, sondern die komplette Hand taub wurden. Jetzt hatte ich vor dem Super Bowl Entzündungshemmer gespritzt bekommen. Die linderten den Schmerz wenigstens ein wenig. Wobei: Schmerzen hatte ich schon die ganze Saison, sie wurden irgendwann zur Normalität. Man lernt als NFL-Spieler, mit ihnen umzugehen und sie einfach auszublenden. Dabei ging es vor allem um mentale Stärke, ich musste jetzt meine Schmerzen und alles andere um mich herum vergessen.

Ich hatte in der Saison 2011 schon einen Super Bowl verloren, damals gegen die New York Giants. Das sollte mir nicht noch einmal passieren. Ich wollte jetzt alles dafür tun, um die erneute Chance auf den Super-Bowl-Sieg zu nutzen. Außerdem wusste ich nicht, wie lange mein Körper diese ganzen Belastungen noch mitmachen würde. Also ließ ich mich nicht unterkriegen und kämpfte weiter. Wie ich es schon meine gesamte Karriere lang getan hatte. Mein Wille und mein Ehrgeiz waren stärker denn je, ich wollte nur noch raus auf den Rasen. Mein großes Ziel: Die Seahawks schlagen und endlich die Super-Bowl-Trophäe in den Händen halten. In der Kabine rief ein Coach schon mit lauter Stimme: »Twooooo Minutes«. Also Helm auf, sich und die Teamkameraden nochmal kurz mit lautstarken Anfeuerungsrufen auf das Spiel einstimmen, und raus ins Stadion. Meine Eltern, mein Schwager und meine Verlobte und heutige Frau Lindsey waren auch da, unterstützten mich von der Tribüne aus. Meine Schwester ist Lehrerin und konnte leider nicht kommen. Ich warf beim Einlaufen einen kurzen Blick zu ihnen und dann galt meine gesamte Konzentration nur noch meinen beiden Gegenspielern von den Seahawks, Cliff Avril und vor allem Michael Bennett.

Ich war innerlich ruhig, dachte nur: »Mach deinen Job, dann wird das schon gut werden.« So ging es mir vor jedem Spiel. Denn ich hatte mich in den Wochen vor den Partien immer gewissenhaft vorbereitet, und das verlieh mir das nötige Selbstvertrauen. Ich glaubte einfach an meine Stärke. Doch besonders Bennett verlangte mir dieses Mal alles ab. Ich merkte schon früh im Spiel, dass er mich an meine Leistungsgrenze bringen würde. Dann fing Bennett auch noch mit Trashtalk an, redete gefühlt ununterbrochen auf den Referee ein. »Hey Ref«, schrie er immer, »ich habe Kinder zu Hause, mit denen ich morgen auch noch spielen möchte. Schau mal ein bisschen mehr auf die Nummer 76!« Die Nummer 76 war ich. Und ich dachte: »Was will er eigentlich von mir?« Trashtalk war für mich vergeudete Energie, auf so etwas hatte ich keine Lust. Aber ich kannte Bennett noch von früher, aus alten Collegezeiten. Außerdem waren wir im gleichen Jahr gedraftet worden. Ich wusste also genau, was auf mich zukam.

Die Coaches hatten uns gegen Seattle ein kräftezehrendes Spiel vorausgesagt. So kam es dann auch. Insbesondere Seahawks-Running-Back Marshawn Lynch konnten wir nicht stoppen und so blieb das Spiel bis zum Schluss sehr ausgeglichen, kein Team konnte sich entscheidend absetzen. Kurz vor Schluss lagen wir mit 21:24 in Rückstand, als unser Quarterback Tom Brady von der Seitenlinie aus zum Huddle gejoggt kam und meinte: »Hey Leute, das ist jetzt ein Championship Drive.« Und tatsächlich führte er uns blitzschnell übers Feld und am Ende konnte unser Wide Receiver Julian Edelman punkten und uns mit 28:24 in Führung bringen – und das zwei Minuten vor Spielende. Sollte Brady tatsächlich recht behalten, dass das der Championship Drive war? Darauf gab es jetzt noch keine Antwort, die Uhr zeigte immerhin noch 120 Sekunden Spielzeit an. Und Seattle...

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