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Gesellschafts- und steuerrechtliche Konsequenzen der Insolvenz für die steuerliche Organschaft

AutorRene Gäde
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl142 Seiten
ISBN9783638008051
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis20,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich BWL - Rechnungswesen, Bilanzierung, Steuern, Note: 2,0, Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (Fachhochschule), Veranstaltung: Steuerlehre / Prüfungswesen, 61 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Für die Insolvenz ist von entscheidender Bedeutung, auf welchen rechtlichen Grundlagen der Konzern beruht. Stützt sich der Konzern auf die Herrschaft der Muttergesellschaft durch Mehrheitsbesitz an den Töchtern, spricht man von einem faktischen Konzern und die Insolvenz berührt die anderen Gesellschaften nicht. Handelt es sich aber um einen vertraglichen Konzern, in dem die Beziehungen über Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge oder über Betriebspachtverträge geregelt sind, tangiert die Insolvenz sowohl die Mutter- als auch die Tochtergesellschaft. In der Literatur und Rechtsprechung wird sehr oft die Insolvenz nur unter dem Gesichtpunkt der Umsatzsteuer betrachtet. Ähnlich verhält es sich mit den Insolvenz- und Gesellschaftsrechtlern, eine übergreifende Betrachtung der drei Rechtsgebiete ist kaum zu finden. Ebenfalls wurde bei der Neuregelung des Insolvenzrechtes, dessen Einführung als Jahrhundertwerk gefeiert wurde, verpasst, ein Konzerninsolvenzrecht aufzunehmen. Selbst auf der Ebene des Insolvenz- und Steuerrechts fehlt eine positivrechtliche Regelung, die das Verhältnis von beiden zueinander abschließend definiert. Dieses Missverhältnis geht bereits auf die Reichsabgabenordnung zurück, welche das Konkurs-verfahren als gegeben hingenommen hat und den Grundsatz 'Konkursrecht geht vor Steuerrecht' entwickelte. Eine Abgrenzung kann aber nicht nach abstrakten Grundsätzen erfolgen, sondern muss nach dem Regelungsbereich des jeweiligen Rechtsgebietes geschehen. Im § 1 InsO ist daher die Aufgabe des Insolvenzverfahrens festgelegt, eine gemeinschaftliche Befriedigung aller Gläubiger herbeizuführen. Auch wenn § 1 InsO maßgebend erscheint, gibt es bei der Schnittmenge von Insolvenz-, Gesellschafts- und Steuerrecht eine Reihe zu klärender Sachverhalte. Ziel dieser Abhandlung ist es daher aufzuzeigen, welche steuer- und gesellschaftsrechtlichen Konsequenzen die Insolvenz von Organträger und/ oder der Organgesellschaften nach sich zieht. Ferner soll betrachtet werden, welche Auswirkungen sich für den Bestand der Organschaft in bestimmten Fallsituationen sowie welche Folgen sich für die Besteuerung dadurch ergeben. Abschließend werden noch einige Problemfelder sowie verschiedene Möglichkeiten zur steuerlichen Gestaltung von Umstrukturierungen oder Unternehmensverkäufen, die auf Grund der Insolvenz notwendig geworden sind, betrachtet.

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Leseprobe

3. Die steuerliche Organschaft


 

Das Rechtsinstitut der Organschaft stellt das Herzstück des deutschen „Konzernsteuerrechts“ dar, obwohl man nicht von einem echten Konzernsteuerrecht sprechen kann, denn die zu diesem Bereich zählenden Rechtsinstitute stellen Sonderregelungen für die Besteuerung miteinander verbundener Unternehmen dar.[55] Der Begriff der Organschaft findet seine Grundlage in der sog. Organlehre. Die Organschaft wird hier als ein abgeleitetes Rechtsverhältnis bezeichnet, bei dem zivil- und steuerrechtlich selbständige Kapitalgesellschaften (KapG) in andere Gesellschaften eingegliedert werden, sodass sie wirtschaftlich betrachtet ihre Selbständigkeit verlieren und einen unselbständigen Teil eines einheitlichen Unternehmens darstellen. In der Vergangenheit war das Kennzeichen der engen Bindung des Organs an den Organträger und zugleich Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung der Organschaft, die finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung der Organgesellschaft in den Organträger.[56] Nach außen handelt die abhängige Gesellschaft weiterhin selbständig, im Innenverhältnis erfüllt sie aber nur bestimmte Funktionen, vergleichbar denen eines physischen Organs, das wirtschaftlich auf das herrschende Unternehmen ausgerichtet und ihrem Willen unterworfen ist. [57]

 

3.1 Wirtschaftliche Aspekte


 

Der wirtschaftliche Hintergrund der körperschaftsteuerlichen Organschaft hat sich im Laufe der Zeit erheblich gewandelt. War diese früher auf die Beseitigung der Doppelbelastung ausgerichtet, muss nach der Abschaffung des Anrechnungsverfahrens der Zweck differenziert nach der Rechtsform betrachtet werden.[58] Bei Unternehmen, bei denen ein Mutter-Tochter-Verhältnis i.S.d. § 290 HGB besteht, sind Gewinnausschüttungen der Tochter- an die Muttergesellschaft oder Anteilsveräußerungen bei letzterer zu 95 % steuerfrei.[59] Diese Regelung beinhaltet allerdings auch einen Nachteil, denn mit steuerfreien Dividenden und Veräußerungsgewinnen im Zusammenhang stehende Betriebsausgaben, wie z.B. Finanzierungskosten der Muttergesellschaft, Teilwertabschreibungen und Veräußerungs- oder Liquidationsverluste, sind gemäß § 3c Abs. 1 EStG nicht abzugsfähig,.[60] Diese Einschränkungen können durch die Errichtung der ertragsteuerlichen Organschaft umgangen werden. Innerhalb des Organkreises sind Verluste ausgleichbar und das Betriebsausgabenabzugsverbot findet keine Anwendung. Ein sofortiger ertragsteuerlicher Verlustausgleich im Konzern wird ermöglich, wobei dieser durch den Wegfall des Anrechnungsverfahrens 2001 noch erheblich an Bedeutung gewonnen hat. Nachteilig wirkt sich allerdings aus, dass vororganschaftlich erwirtschaftete Verluste nicht mit Gewinnen in der Organschaft verrechnet werden dürfen.[61] Die gesetzliche Regelung geht von bestimmten Gegebenheiten im Wirtschaftsleben aus, nämlich dass KapG zu einem anderen Unternehmen in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen, ähnlich dem des Arbeitsverhältnisses. Hierin sieht der Gesetzgeber einen hinreichenden Grund, das Ergebnis der abhängigen Gesellschaft mit dem des herrschenden Unternehmens zusammenzurechnen. Die Organschaft versetzt die Unternehmensleitung in die Lage, von der häufig vorteilhaften rechtlichen Selbständigkeit der Gesellschaften zu profitieren und trotzdem gesellschaftsübergreifende Verlustverrechnungen zu nutzen.[62]

 

Seit der Einführung des Vorsteuerabzuges zum 01.01.1968 entfiel der damalige Zweck der Organschaftsregelung, da bei normal verbundenen vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmen es materiell-rechtlich ohne Bedeutung ist, ob eine Organschaft besteht. Sie ist vor allem für den Steuergläubiger vorteilhaft, da die Organgesellschaft gemäß § 73 AO für die Steuern des Organträgers haftet.[63] Weitere Vorteile der umsatzsteuerlichen Organschaft werden im Kapitel 3.3 dargestellt.

 

3.2 Die ertragsteuerliche Organschaft


 

Die körperschaft- und gewerbesteuerlichen Organschaftsregelungen erfuhren in den letzten Jahren erhebliche Änderungen. Zunächst wurde durch das StSenkG eine Reihe von Punkten geändert. Bereits 2001 wurde durch zwei Änderungsgesetze, dem StVBG und dem UntStFG, eine kleine Reform der ertragsteuerlichen Organschaft verabschiedet, auch wenn dies nicht von allen Beteiligten begrüßt wurde. Zuletzt wurden die gesetzlichen Vorschriften durch das StVergAbG vom 16.05.2003 erheblich verschärft, es wurde die Mehrmütterorganschaft gänzlich gestrichen, an Personengesellschaften werden höhere Anforderungen im Hinblick auf die Gewerblichkeit gestellt und die Organschaft kann nicht mehr rückwirkend begründet werden.[64] Da sich durch die gesetzlichen Änderungen der letzten Jahre die körperschaft- und gewerbesteuerliche Organschaft immer weiter angenähert haben, wird im Folgenden vor allem auf erstere eingegangen und zum Abschluss erfolgt eine Darstellung der Besonderheiten im Gewerbesteuergesetz.

 

3.2.1 Organkreis


 

Der körperschaftsteuerliche Organkreis umfasst die Organgesellschaften (OG) und den Organträger (OT). Das Mutterunternehmen bzw. die Muttergesellschaft wird dabei als OT und die Tochtergesellschaft(en) als OG(en) bezeichnet. Dieses Gebilde als solches unterliegt keiner eigenständigen Gewinnermittlungspflicht und stellt kein Steuersubjekt dar. Die einzelnen Gesellschaften ermitteln selbständig und unabhängig ihr Ergebnis bzw. den Gewerbeertrag nach den allgemeinen steuerlichen Grundsätzen.[65]

 

3.2.2 Organträger


 

Für die OT-Qualifizierung bildet § 14 Abs. 1 KStG den gesetzlichen Ausgangspunkt. Der OT wird als ein einziges gewerbliches Unternehmen definiert, an das die OG ihren ganzen Gewinn abzuführen hat. Um dem Tatbestandsmerkmal zu entsprechen, sind die im Folgenden dargestellten Merkmale zu erfüllen.[66] Als OT kommen gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 2 KStG nur unbeschränkt steuerpflichtige natürliche Personen, nicht steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmassen und Personengesellschaften (PersG) i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, wenn sie gewerbliche Einkünfte haben, in Frage. OT können lt. § 18 KStG auch ausländische Unternehmen sein.

 

3.2.2.1 Gewerblichkeit

 

Die geforderte Gewerblichkeit basiert darauf, dass Unternehmen, die keinen Gewerbebetrieb darstellen, nicht der Gewerbesteuer unterliegen. Folglich wäre nicht gewährleistet, dass die im Organkreis erwirtschafteten Einkünfte beim OT steuerlich erfasst werden. Daher sind auch Freiberufler oder Land- und Forstwirte, die nicht der Gewerbesteuer unterliegen, von der OT-Eignung ausgeschlossen.

 

Nach Auffassung der Finanzverwaltung können nur Unternehmen OT sein, die die Voraussetzungen des § 2 GewStG erfüllen. Die Begriffe gewerbliches Unternehmen nach § 14 Abs. 1 S. 1 KStG und Gewerbebetrieb nach § 2 GewStG stimmen lt. Abschnitt 48 Abs. 1 KStR überein.[67] Das gewerbliche Unternehmen ist daher einheitlich für die Gewerbe- und Körperschaftsteuer sowie für die OT-Qualifizierung zu bestimmen und abzugrenzen.[68] An die Gewerblichkeit werden je nach Rechtsform des OT unterschiedliche Voraussetzungen gestellt. Seit dem VZ 2001 hat die Begründung einer Organschaft erhebliche Tragweiten für natürliche Personen, weshalb an die OT-Eignung erhöhte Anforderungen gestellt werden. Die natürliche Person muss Gewerbetreibender i.S.d. § 15 Abs. 2 EStG und unbeschränkt steuerpflichtig i.S.d. § 1 EStG sein, d.h. sie muss ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben.[69] Die Organträgerqualifizierung ist erst erreicht, wenn alle tatbestandsmäßigen Voraussetzungen zur Bejahung des Gewerbebetriebes vorliegen. Sie ist nicht allein dadurch gegeben, dass ein GAV abgeschlossen wird oder durch die wirtschaftliche Eingliederung der OG.[70]

 

Für die Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen fordert das KStG, dass die Unternehmen nicht steuerbefreit sein dürfen und ihre Geschäftsführung im Inland haben müssen.[71] Auch Vorgesellschaften, die mit der später eingetragenen Gesellschaft identisch sind, können OT werden. Bei den Körperschaften in der Rechtsform der KapG ist eine gesonderte Prüfung der Gewerblichkeit nicht erforderlich, da bei diesen Unternehmen originäre gewerbliche Tätigkeiten nicht verlangt werden und sie die OT-Fähigkeit Kraft Rechtsform besitzen.[72] Dadurch wird im Rahmen der Betriebsaufspaltung den Besitzunternehmen, in der Rechtsform der KapG und Holding-KapG im Gegensatz zur Holding-PersG, die OT-Eignung zugesprochen. Die OT-Qualität ist folglich bei KapG tätigkeitsunabhängig und geht auch bei dauerdefizitärem Geschäftsbetrieb nicht verloren. Dies unterscheidet sie von den übrigen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen i.S.d. § 1 KStG. Diese müssen einen Gewerbebetrieb unterhalten, um als OT anerkannt zu werden. Folglich sind dauerdefizitäre Betriebe gewerblicher Art in der Rechtsform des öffentlichen Rechtes...

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