Kapitel 4: Wie du die größten Fehler als Vertriebsleiter jetzt vermeidest
Du weißt nicht, was du NICHT weißt.
Da steckt doch viel Wahrheit drin, oder? Ja, es ist die unbewusste Inkompetenz, über die ich hier spreche. Ich war zuletzt auf einem Training über die Datenbank Filemaker. Da sind Fragen gestellt worden, die weit über meinen Horizont hinausgingen. Es hing damit zusammen, dass ich von dem Programm nun wirklich überhaupt keine Ahnung hatte. Das habe ich erst festgestellt, als ich in dem Training saß.
Ich habe mir immer die Frage gestellt: „Wie komme ich von dem bei mir rudimentär vorhandenen Wissen zu einem Experten-Wissen?“ Dabei habe ich einen Ansatz im NLP gefunden: die Stufen von der „unbewussten Inkompetenz“ hin zur „unbewussten Kompetenz“.
1963 hat Albert Bandura mit seinem Kollegen Ross ein plausibles Lernphasenmodell vorgestellt. Es unterscheidet vier Phasen:
Phase #1: Unbewusste Inkompetenz (Ich weiß nicht, dass ich etwas nicht weiß oder nicht kann).
Du hast dir über etwas noch nie Gedanken gemacht und darum auch nicht bewusst bemerkt, dass du es nicht kannst.
Beispiel: Du fährst zwar im PKW eines Kollegen mit, aber die Frage nach dem eigenen Führerschein hat sich für dich noch nicht gestellt.
Phase #2: Bewusste Inkompetenz (Mir wird bewusst, dass ich etwas nicht kann).
Erkenntnis, dass du etwas nicht kannst (also lernen und üben musst, wenn du es können möchtest).
Beispiel: Du möchtest jetzt gerne den Führerschein machen und sitzt erstmalig im Auto am Steuer.
Phase #3: Bewusste Kompetenz (Ich weiß, dass ich etwas kann).
Bewusste Aneignung und Anwendung der neu erlernten Fähigkeiten.
Beispiel: Du musst dich beim Fahren noch voll konzentrieren und bewusst auf alles achten, was zu tun ist.
Phase #4: Unbewusste Kompetenz (Ich mache etwas automatisch).
Automatische und unbewusste Anwendung der neuen Fähigkeiten.
Beispiel: Autofahren ist für dich so selbstverständlich geworden, dass du dich während der Fahrt mit deiner Beifahrerin unterhalten kannst.
Sehr viele Lernprozesse gehen so durch unser Bewusstsein. Kannst du dich noch an deine erste Fahrschulstunde erinnern? Schaust du heute noch bewusst in die Spiegel? Sind dir die vielen Prozesse bewusst, die jetzt gerade beim Lesen dieser Zeilen ablaufen?
Das Modell macht deutlich, dass der eigentliche Schatz der Übergang von der unbewussten zur bewussten Inkompetenz ist. Den Schlüssel zu Wachstum und Entwicklung, den „Lottogewinn“ haben die Menschen in der Hand, die sich trauen, uns die Wahrheit zu sagen.
Auch wenn der Übergang, die Kritik und die Phase der bewussten Inkompetenz eher unangenehm scheinen, ist es der Start, der Beginn von Lernen und Entwicklung.
Wissen verleiht eine ungeheure Kraft.
Je mehr Sie lernen und wissen, umso mehr teilen Sie das Wissen in Ihrem Team und werden erfolgreich.
Erinnerst du dich jetzt noch an deine ersten Tage als Vertriebsleiter? Wie wenig hast du da von Führung gewusst? Vielleicht hast du dich so durchgewurschtelt wie ich es gemacht habe.
Je tiefer du dich eingearbeitet hast, umso mehr zusätzliche Aufgaben kamen ans Tageslicht. Dieser Krempel hing natürlich wieder viel mit anderen Themen zusammen.
Das führte wieder dazu, dass ich wenig Zeit hatte, mit meinen Verkäufern unterwegs zu sein, um sie bei Ihrer Arbeit zu unterstützen. Das war allerdings meine größte Priorität: Training-on-the-job!
Verkäufer entwickeln Interessenten zum Kunden.
Vertriebsleiter entwickeln Verkäufer zu Topp-20%-Verkäufer.
In deiner Rolle als Führungskraft im Vertrieb solltest du deine Ideen und Aktivtäten immer darauf konzentrieren, wie du dein Wissen im Bereich Führung weiter steigerst.
Die große Gefahr für dich kann darin bestehen zu glauben, dass du mit viel Erfahrung auch über viele Fähigkeiten verfügst. Das kann wahr sein.
Es kann aber auch wahr sein, dass du nur über wenige Erfahrungen verfügst, weil du immer die gleichen Dinge wiederholst.
Mein Tipp: Unterstell niemals, dass du bereits alles weißt. Verhalte dich so wie der Gepard, der in der Serengeti eine Gazelle jagt und jedes Mal vor einer neuen Herausforderung steht. Er wird nur Beute machen, wenn er schneller ist als die Gazelle. Will die Gazelle überleben, muss sie immer einen Schritt schneller sein als der Gepard.
Die Mittelmäßigkeit loben und dabei das Niveau nicht zusätzlich absenken
Als Verkaufsmanager willst du von deinem Vertriebsteam geliebt und geschätzt werden. Das ist ganz normal und nichts Außergewöhnliches. Trotzdem: sei vorsichtig!
Eine Möglichkeit, dass die Mitarbeiter dich besonders mögen, ist ja dein Loben. Das ist soweit okay, sollte allerdings nicht übertrieben werden. Lob die Mitarbeiter auf keinen Fall für eine Minderleistung. Lob nicht für die harte Vertriebsarbeit. Für die normalen Vertriebsaktivitäten gibt es kein besonderes Lob. Deinen Fokus solltest du auf die außergewöhnlichen Ergebnisse legen und weniger auf die Standards.
Die Vorgaben deiner Mitarbeiter sind entsprechend und hier geht es zum einen um die Zielerreichung und zum anderen um die Übererfüllung der Ziele. Deine Aufgabe besteht ja darin, deine Mitarbeiter in diesem Jahr erfolgreich zu machen und sie vorzubereiten auf die Zielerreichung im Folgejahr.
Der häufigste Fehler
Okay, du telefonierst gerade mit einem deiner Verkäufer und fragst ihn: „Was liegt nächste Woche so an?“
Weil du konkret danach gefragt hast, bekommst du möglichweise viele Informationen, die du auch gerne hören willst. Möglicherweise hast du ähnliche Konversationen mit den anderen Vertriebsmitarbeitern. Halte einen Moment inne und frag dich: „Welche Informationen will ich tatsächlich haben?“
Du sprichst über Themen, die deine Mitarbeiter tun. Du kannst das nicht messen, was die Menschen einfach tun. Du kannst nur eins messen: die konkreten Ergebnisse!
Verändere deine Kommunikation von dem einfachen „Tun“ hin zu den Zielen, die sie zu erreichen haben.
So könnte deine Frage jetzt lauten: „Sagen Sie mir etwas zu den Ergebnissen, die Sie in der nächsten Woche erreichen wollen.“
Hier gebe ich dir ein anderes Beispiel. Einer meiner Verkäufer hatte einen Präsentationstermin bei einem großen Kunden. Am nächsten Tag fragte ich ihn: „Was sind die konkreten Ergebnisse aus der Präsentation mit Ihrem Interessenten gestern?“
Erkennst du, wie du mit einer Änderung der Frage ganz andere Ergebnisse bekommst? Es geht jetzt weg von den Aktivitäten hin zu den konkreten Ergebnissen.
Zu wenig Training on the job mit deinen Vertriebsmitarbeitern.
Viele Führungskräfte machen im ersten Jahr einen guten Job, wenn es um die Begleitung der Mitarbeiter im Tagesgeschäft geht. Im Laufe der Zeit geht dieses Training jedoch immer mehr zurück. Es gibt tausende von Gründen, warum ein Training on the job nicht mehr möglich ist. Bist du mit deinen Verkäufern unterwegs, erkennst du ganz schnell, wie die Welt draußen vor Ort aussieht.
Oder bist du der Meinung, dass du im Bilde bist, wenn du in deinem Büro hinter dem 27-Zoll-Monitor sitzt? Wartest du darauf, dass das rote Feld vom Verkäufer Müller sich verändert in orange und irgendwann verfärbt in grün? Herzlichen Glückwunsch: Warte weiter! Am besten ist, du sitzt noch im verschlossenen Einzelbüro und wartest! Glaubst du tatsächlich, dass du auf diese Art und Weise ein erfolgreiches Vertriebsteam aufbauen wirst?
Führungskräfte fragen mich häufig, wie viel Zeit sie nun mit dem Training vor Ort verbringen sollen. Es gibt natürlich keinen Standard, weil es von vielen Faktoren abhängig ist. Das hängt mit den geografischen Gegebenheiten zusammen, dem Wissensstand, dem Verkaufszyklus, der Komplexität der Produkte und Dienstleistungen etc.
Meine Empfehlung geht in die Richtung, dass Führungskräfte 60% Ihrer Zeit mit Ihren Verkäufern trainieren sollen. Denken Sie jetzt darüber nach, wie die IST-Situation in Ihrem Bereich ist und welche Veränderungen erforderlich sind.
Zu viele Produkt-Trainings und zu wenige Verkaufs-Trainings
Hier kommt mein Vorschlag. Liste die Tage des letzten Jahres auf, an denen du mit deinen Verkäufern an einem Produkttraining teilgenommen hast.
Jetzt Liste die Tage auf, an denen du mit deinen Verkäufern an einem Vertriebstraining teilgenommen hast.
Viele Unternehmen haben in diesem Fall ein erhebliches Defizit im Verkaufs-Wissen. Hier kommt eine Grundsatzaussage über diese beiden Trainings:
- Produkttraining hat immer damit zu tun, WAS ich verkaufe.
- Verkaufstraining hat immer damit zu tun, WIE ich verkaufe.
Viel zu viele Produkttrainings erzeugen einen starken Druck auf das Verkaufsteam. Die Köpfe rauchen von dem Produkt-Merkmalen und Vorteilen. Was glauben Sie wohl, was anschließend bei einem Telefonat passiert? Ein Verkäufer mit zu vielen Produktinformationen „ballert aus allen Rohren“ auf den Interessenten ein. Geh nicht davon aus, dass deine Verkäufer schon wissen, wie erfolgreich verkauft wird.
Was haben die folgenden Sportarten gemeinsam? Fußball, Handball, Golf, Federball, Segeln?
Hier geht es um Basiswissen und anschließend um Training: Üben, üben und weiter üben.
Wie willst du von deinen Verkäufern eine Zielerreichung erwarten, wenn das...