1. GOLD –
DIE FASZINATION
DES ELEMENTS MIT DER
ORDNUNGSZAHL 79
Eigentlich war James W. Marshall mit dem Bau einer Sägemühle beschäftigt, als er am 24. Januar 1848 zufällig auf einen kleinen gelblich schimmernden Klumpen stieß: Gold. In Nordamerika, genauer gesagt, in der Nähe von Sacramento. Die Meldung verbreitete sich binnen weniger Wochen. Und in Kalifornien setzte der wohl bekannteste Goldrausch der Geschichte ein. Binnen eines Jahres kamen mehr als 80.000 Menschen – über Land oder über die See –, um in Kalifornien ihr Glück beziehungsweise ihr Gold zu finden. Sie sehen, Gold hat schon vor Jahrhunderten Menschen im wahrsten Sinne des Wortes bewegt. Doch was macht Gold so besonders?
Um die Faszination von Gold zu begreifen, muss man es einmal in Händen gehalten haben. Das Edelmetall übt auf die meisten Menschen eine magische Faszination aus, die sich mit nackten Fakten allein nicht belegen lässt. Wer Gold einfach nur nüchtern als chemisches Element mit der Ordnungszahl 79 betrachtet, wird sie vermutlich nicht begreifen. Andererseits waren Menschen von Gold schon fasziniert, lange bevor sie von den nackten Zahlen wussten. Die Goldgewinnung selbst lässt sich nämlich bis in die Kupferzeit nachweisen.
Gold – eine immerwährende Währung?
Wichtig, um die Bedeutung von Gold einzuschätzen, ist aber Folgendes: Goldmünzen werden bereits seit dem 6. Jahrhundert vor Christus als Zahlungsmittel genutzt. Und in der Geschichte der Menschheit ist Gold – aber auch Silber – immer wieder als Zahlungsmittel aufgetaucht. Übrigens auch in Deutschland. Die sogenannte Goldmark war während des Deutschen Reiches von 1871 bis 1918 gesetzliches Zahlungsmittel in Deutschland. 2,79 Goldmark entsprachen damals einem Gramm Gold. Die Golddeckung der Währung wurde allerdings mit Beginn des Ersten Weltkriegs aufgegeben – und in Deutschland auch nicht wieder eingeführt. Dies hatte vor allem mit den Reparationen zu tun, die Deutschland nach Kriegsende leisten musste. Deutschland bekam im Anschluss eine Papiergeldwährung oder auch Vertrauenswährung (auch gerne als „Fiat Money“ bezeichnet). Die meisten Volkswirte sind sich einig, dass die Abkehr von einer goldgedeckten Währung die Hyperinflation in den 1920er- Jahren erst ermöglicht hat.
International gab es in der Neuzeit lange Zeit ein Währungssystem, das auf Gold basierte. Den Namen haben die meisten von Ihnen sicherlich schon einmal gehört: das Bretton-Woods-System. Bretton Woods ist eine Stadt in den USA, genauer gesagt in New Hampshire. Dort trafen sich Finanzminister und Notenbanker im Juli 1944 zu einer dreiwöchigen Konferenz und legten ein System fest, das bis Anfang der 1970er-Jahre Bestand haben sollte. Damals wurde das Tauschverhältnis des US-Dollar zu einer Unze Gold festgelegt. Der Kurs belief sich auf 35 Dollar. Die US-Zentralbank Federal Reserve (Fed) wurde verpflichtet, Gold zum Preis von 35 Dollar je Unze unbegrenzt zu kaufen – aber auch wieder zu verkaufen. Die Zentralbanken sollten den Devisenmarkt faktisch kontrollieren. Die Währungen sollten durch Eingriffe in festen Grenzen gehalten werden.
Die Vor- und Nachteile dieses Systems aufzuzählen würde sicherlich den Rahmen dieses Buches sprengen, zumal sie auch heute in der Literatur noch widersprüchlich diskutiert werden. Das Problem war letztlich der Dollar: Die Länder benötigten immer mehr Dollar, um die Rechnungen im wachsenden internationalen Handel zu bezahlen. Und die USA kamen Anfang der 1970er-Jahre in die Verlegenheit, die Dollarbestände der Mitgliedstaaten des Währungssystems nicht mehr in Gold tauschen zu können. Das endgültige Ende des Bretton- Woods-Systems läutete Frankreich ein, als es 1968 die USA aufforderte, die französischen Dollarreserven nach Frankreich zu liefern. Am 15. August 1971 trat der damalige US-Präsident Richard Nixon vor die Kameras und stoppte die Bindung des Goldpreises an den US-Dollar. Endgültig gescheitert war das Bretton-Woods-System im Jahr 1973. Die USA gingen infolge des Vietnamkriegs dazu über, immer mehr Geld zu drucken. Mehrere europäische Länder traten aus dem System aus und Bretton-Woods wurde außer Kraft gesetzt. Seitdem setzen die Industrienationen alle auf Fiat Money, wenngleich die Zentralbanken noch Gold als Reserve vorhalten.
Goldreserven der einzelnen Länder
Stand Juni 2016
| Tonnen | Anteil an den Währungsreserven |
Internationaler Währungsfonds | 2.814,0 | 1) |
Europäische Zentralbank | 504,8 | 27,2% |
Bank für internationalen Zahlungsausgleich | 108,0 | 1) |
1) prozentualer Vergleich nicht möglich Quelle: World Gold Council
Hat Gold damit als offizielles Zahlungsmittel ausgedient? Nein, nicht ganz. Die meisten Goldmünzen sind in den Ländern, in denen sie geprägt werden, auch offizielles Zahlungsmittel. Ein Beispiel: Der Maple Leaf, der von der Prägeanstalt Royal Canadian Mint ausgegeben wird, hat einen festen Nennwert. Eine Unze entspricht dabei 50 Kanadischen Dollar. Damit kann die Münze auch nicht wertlos werden. Allerdings liegt der Nennwert deutlich unter dem Materialwert. Von daher wird kaum jemand allen Ernstes versuchen, in einem Geschäft mit dem Maple Leaf zu bezahlen.
Ein Schlag ins Gesicht der Fed
Etwas Kurioses ereignete sich in den USA im Jahr 2011. Sie erinnern sich vielleicht: Im Jahr 2011 erreichte der Goldpreis seinen bisherigen Höchststand. Aufgrund von Inflationssorgen, hervorgerufen durch die lockere Geldpolitik der Fed, erklärte der Bundesstaat Utah Gold und Silber wieder zu offiziellen Zahlungsmitteln. Dabei sollten die Münzen nicht nach ihrem Nennwert berechnet werden, sondern nach ihrem Materialwert. Weitere – vor allem von Republikanern kontrollierte – Bundesstaaten wollten diesem Vorbild folgen. Doch in der Folge kam es zu einem deutlichen Absturz des Goldpreises. Und die von vielen befürchtete Hyperinflation in den USA blieb aus. Interessanterweise stieß diese kleine Episode bei denjenigen, die Verschwörungen beim Goldpreis vermuten, kaum auf Resonanz. Dabei muss es doch ein Schlag ins Gesicht der Fed gewesen sein, dass einige Bundesstaaten die Geldpolitik mit der Einführung von Gold als Zahlungsmittel konterten. Dass Gold kurze Zeit später sein Hoch markierte und anschließend in einen jahrelangen Bärenmarkt überging, müsste eigentlich Wasser auf die Mühlen derjenigen sein, die glauben, die Fed manipuliere den Goldpreis. Doch interessanterweise ist kaum jemand darauf angesprungen.
Gold
in US-Dollar je Feinunze
Nur wenige Monate, nachdem der US-Bundesstaat Utah Gold als offizielles Zahlungsmittel zugelassen hat, erreicht der Goldpreis sein Rekordhoch....