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E-Book

Gute Beziehungen

Wie sie entstehen und stärker werden

AutorThomas Gordon
VerlagKlett-Cotta
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl160 Seiten
ISBN9783608104837
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Der Psychologe und Erfolgsautor Thomas Gordon bündelt in diesem Buch all sein Wissen und zeigt, wie sich Probleme mit Mitmenschen durch aktives Zuhören, Toleranz und Offenheit zielgerichtet lösen lassen. Ausgehend von der Analyse verschiedener Beziehungstypen stellt er leicht nachvollziehbare Strategien vor, mit denen man die Beziehungen zu Partnern, Freunden, Kindern, Vorgesetzten und Mitarbeitern verbessern und intensivieren kann. Das Buch enthält zahlreiche Beispiele und typische Fragen aus der Praxis.

Thomas Gordon (1918?-?2002): Er war dreimal für den Friedensnobelpreis nominiert. Sein »Gordon-Modell« ist in 43 Ländern der Welt verbreitet; seine Bücher wurden in 25 Sprachen übersetzt.

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Leseprobe

1. KAPITEL
Jeder hat Beziehungen


Ich habe es so oft und in so vielen Abwandlungen gehört, dass es wohl stimmt. Die Menschen sehen das so. Sie sagen: »Ich habe eine neue Beziehung«, »Die Beziehung habe ich hinter mir«, »Das ist das Ende dieser Beziehung« oder »Alle meine Beziehungen beginnen schön und enden schlecht«. Und jeder, denke ich, weiß, was damit gemeint ist. Man hat das Gefühl, den Eindruck, dass Beziehungen – vor allem Liebesbeziehungen – eindeutige Anfänge und Enden haben.

Ganz anders die Auffassung, dass wir alle und immer irgendwie in Beziehung zueinander stehen. Wenn wir das einsehen, können wir die Form unserer Beziehungen verändern. Für mich steht außer Frage, dass ich mein Leben lang Beziehungen zu Menschen habe, einige enger, etwa zu Angehörigen und Freunden, andere lockerer, beispielsweise zu Mitarbeitern, Lehrern, Geistlichen und Trainern, und schließlich zu denen, mit denen ich zwar zusammenkomme, mich unterhalte, aber die ich nie wirklich kennen lerne. Egal, ob ich Menschen nahe komme oder Abstand halte, ich habe eine Beziehung zu ihnen. Besser als ich haben Dichter, Philosophen und Theologen zum Ausdruck gebracht, in welcher Weise wir mit anderen Menschen verbunden sind und was sich daraus für Chancen und Verpflichtungen ergeben. Wenn ich meinem Leben wirklich eine Wende zum Besseren geben möchte, wenn ich wirklich gesünder und glücklicher leben möchte, kann ich bei meinen Beziehungen ansetzen – das hängt nur von mir ab. Ich bin der einzige, der es kann. Es liegt in meiner Verantwortung. Falls sich »Verantwortung« für Sie zu gewichtig und moralisch anhört, ist das nicht meine Absicht. Ich meine vielmehr, dass für jeden von uns eine Chance besteht, seine Beziehungen zu verbessern und wichtige Aspekte des Miteinanders zu verändern.

Was ist für gute und was ist für schlechte Beziehungen verantwortlich?


Vor einigen Jahren legte Rob Koegel, Professor an der State University of New York in Famingdale, Studenten einen Fragebogen vor, in dem sie über ihre besten und schlechtesten Beziehungen Auskunft geben sollten. Einige der Fragen betrafen die Beziehungen der Studenten zu Menschen von mehr oder weniger gleichem Status – Freunden, Partnern, Geschwistern etc. In anderen Fragen ging es um das Verhältnis zu Menschen mit höherem Status, um Vorgesetzte, Lehrer, Professoren, Eltern und so weiter. Die Studenten sollten diese Beziehungen beschreiben und bewerten. Die Ergebnisse waren aufschlussreich. Gegenseitige Achtung, Fürsorglichkeit, Vertrauen, Ehrlichkeit, Hilfsbereitschaft und Kommunikationsfähigkeit seien, so die Befragten, charakteristisch für ihre besten Beziehungen gewesen. Unter diesen Bedingungen hätten sich Empathie, Mitgefühl, Verständnis und Toleranz für Unterschiede entwickelt. Wenn der andere diese Eigenschaften gezeigt habe, sei die Beziehung unabhängig von allen Statusunterschieden gut gewesen.

Ihre besten Beziehungen, so die Studenten, schenkten ihnen Zufriedenheit, Auftrieb und das Gefühl, glücklicher, stärker und vollkommener zu sein. Koegels Fazit lautete: »Unsere besten Beziehungen vermitteln uns das Empfinden, anerkannt und geschätzt zu werden. Wir fühlen uns mit anderen verbunden und fassen Vertrauen zu ihnen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Beziehungen stärkt, stützt und beflügelt diese gegenseitige Verbundenheit beide Seiten.«

Dagegen bezeichneten die Studenten die Beziehungen, die sie »am schlechtesten« nannten, als manipulativ, dominant, ungerecht und ungleich. Nach diesen Aussagen beschreiben manipulative, dominante Menschen Unterschiede immer in den Kategorien Entweder/Oder: gut oder schlecht, richtig oder falsch, besser oder schlechter, wobei ihre eigene Position jeweils die richtige ist. Die selbstgerechte Haltung der »Dominatoren« führte bei den Befragten oft zu einem Gefühl von Inkompetenz und Unzulänglichkeit. Wer seinen Status benutzt, um zu gewinnen und auf Kosten anderer zu bekommen, wonach ihn verlangt, der ruft bei den Verlierern das Empfinden von Unsicherheit und Scham hervor, der zerstört das Vertrauen, das sie in sich und andere haben. Die von den Studenten verwendeten Formulierungen wie »einseitig«, »ausgenutzt« oder »unterdrückt« beschreiben, wie sie diese entwürdigenden Beziehungen erlebten.

Die Befragten waren sich einig, dass ungleiche Beziehungen immer ungerecht sind. Sie charakterisierten die Dynamik durch das Gegensatzpaar »gewinnen/verlieren« und sagten, Dominatoren würden dadurch gewinnen, dass sie ihre persönliche und institutionelle Macht nutzten, die sie als Eltern, Lehrer, Vorgesetzte oder in ähnlichen Funktionen hätten. Die Menschen auf der Verliererseite seien gezwungen, einseitige Beziehungen wie diese zu akzeptieren, weil sie weniger Status besäßen, das heißt, weil sie unterlegen, abhängig und auf andere angewiesen seien.

Koegels Befragung hat gezeigt, was wir meines Erachtens alle aus eigener Erfahrung kennen: Das größte Hindernis für eine intakte, glückliche Beziehung ist ein Machtgefälle zwischen Partnern oder Gruppen. Wenn eine Person (oder Gruppe) eine andere zwingen kann, etwas gegen ihren Willen zu tun, ist die Beziehung problematisch. Derart ungerechte Beziehungen haben die Befragten »Gewinn-Verlust-Situation« genannt und übereinstimmend erklärt, wenn sie verlören, fühlten sie sich ohnmächtig, ausgenutzt und unterdrückt.

Da die Begriffe »Macht« und »Autorität« für das Verständnis zwischenmenschlicher Beziehungen unerlässlich sind, wollen wir untersuchen, was sie bedeuten und wie sie erworben werden.

Macht und Autorität


Zunächst einmal gibt es mehrere Arten von Autorität. Die eine Art geht mit Wissen und Kenntnissen einher und erfreut sich großer Wertschätzung. Wenn Sie zum Beispiel Probleme mit Ihrem Auto haben, möchten Sie sicherlich, dass es von einem kundigen Automechaniker, einer Autorität auf diesem Gebiet, repariert wird. Von Ihrem Arzt erwarten Sie, dass er eine Autorität für Krankheiten und Heilkunde ist. Bei den Lehrern und Trainern Ihres Kindes setzen Sie voraus, dass sie Autoritäten in Sachen Erziehung und Sport sind. Wir sagen Sätze wie »Er ist eine Autorität in Wirtschaftsfragen« oder »Sie äußert sich mit großer Autorität«. Menschen mit dieser Art von Autorität, die aus Kenntnissen, Erfahrung, Ausbildung, Klugheit und Lernen erwächst, sind gefragt und werden oft hoch bezahlt. Solche Autorität ruft fast nie Beziehungsprobleme hervor.

Eine andere Art von Autorität ist mit der Stellung eines Menschen und/oder einer allgemein anerkannten Arbeitsplatzbeschreibung verknüpft. Beispielsweise sind Polizisten autorisiert, Strafzettel auszustellen, Ausschussvorsitzende, Sitzungen zu eröffnen und zu beenden, Richter, in Rechtsfragen zu entscheiden, Chefredakteure, Aufgaben zu erteilen und so fort. Eine solche berufsbezogene Autorität führt selten zu Schwierigkeiten in Beziehungen, sofern die beruflichen Funktionen als legitim anerkannt werden und nicht strittig sind.

Eine dritte Art von Autorität hat mit Verträgen und Vereinbarungen zu tun, die von der Unterzeichnung offizieller internationaler Verträge bis zum einfachen Handschlag reichen. Manche Anwälte spezialisieren sich auf Vertragsrecht und besitzen eine besondere Fertigkeit darin, Dokumente so aufzusetzen, dass alle Klauseln und Bedingungen klar und eindeutig sind. Doch die meisten Vereinbarungen benötigen keine formellen Verträge. Beispielsweise lösen Kinder ihre Konflikte häufig mit Vereinbarungen wie: »Ich helfe dir jetzt bei deinen Hausaufgaben, wenn du nachher mit mir Basketball spielst. Einverstanden? Schlag ein!« Lehrer treffen Vereinbarungen mit Schülern. Manager mit Mitarbeitern. Ehemänner mit ihren Frauen. Eltern mit Kindern. Freunde mit Freunden. Diese Verträge und Vereinbarungen dienen dem Zweck, dass nicht immer wieder die gleichen Probleme gelöst oder diskutiert werden müssen.

Verantwortlich für Beziehungsprobleme ist die machtbasierte Autorität, die ihre Träger in die Lage versetzt, andere zu kontrollieren, zu dominieren, zu nötigen und zu zwingen, Dinge zu tun, die sie nicht tun möchten. Ich war bei der Luftwaffe und habe diese machtbasierte Autorität hautnah erlebt, wie Millionen anderer. Selbst wenn Sie nicht beim Militär gedient haben, dürften Sie – genau wie Dr. Koegels Studenten – viele Machtspiele erlebt haben, die andere auf Ihre Kosten gewonnen haben.

Es hat mir zwar nicht immer gefallen, doch habe ich die Notwendigkeit eingesehen, Befehlen zu gehorchen – sogar denen, mit denen ich nicht einverstanden war. Das Militär kann unmöglich auf bedingungslosen Gehorsam verzichten. Doch das gilt für fast keine andere Organisation. In Ehen, Familien, Schulen und Wirtschaftsunternehmen gibt es immer mehrere Optionen, und auf die gründet sich unsere Hoffnung, dass sich Beziehungen verbessern lassen.

Oft bin ich gefragt worden, wie Macht entsteht, woher sie kommt. Gelegentlich hoffen die Fragenden, es gäbe irgendeine unbekannte oder verborgene Machtquelle, mit deren Hilfe sie endlich die Kämpfe gewinnen können, die sie bisher immer verloren haben. Doch mit dem Glauben an eine geheime Machtquelle verhält es sich wie mit Ponce de Leons Glaube an den Jungbrunnen: Beide gibt es nicht.

Deshalb sage ich Ihnen: Macht erwächst aus der Fähigkeit, zu belohnen und/oder zu bestrafen. Anders ausgedrückt: Macht ist die Fähigkeit, anderen Schmerz zuzufügen oder Lust zu verschaffen. Wer Macht ausübt, setzt Belohnungen und Strafen ein, um zu bekommen, was er haben möchte. Ist die Strafe schlimm oder die Belohnung verlockend genug, so gelingt ihm das auch.

Doch diese Nachgiebigkeit hat ihren Preis. Wer in der...

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