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E-Book

Hypnotherapie - effizient und kreativ

Bewährte Rezepte für die tägliche Praxis

AutorSusy Signer-Fischer
VerlagCarl-Auer Verlag
Erscheinungsjahr2023
Seitenanzahl380 Seiten
ISBN9783849781835
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis47,99 EUR
Hypnotische Interventionen können, kombiniert mit anderen Verfahren, in sehr vielen Lebensbereichen und bei fast allen Störungsbildern eingesetzt werden. Entscheidend für den Erfolg einer Therapie oder Beratung sind eine gute Vorbereitung und sorgfältige Planung. Susy Signer-Fischer stellt in diesem Praxisbuch über 200 hoch wirksame Interventionen kompakt und übersichtlich zusammen, geordnet nach Störungsbildern und Lebensthemen. Jede Intervention wird kurz eingeführt und erklärt, darauf skizziert die Autorin den Aufbau der Trance und gibt Hinweise zu den jeweiligen Anwendungsbereichen. Daraus entsteht eine Sammlung von kompakten Interventionen, die wenig Zeit brauchen, für Fachleute leicht verständlich sind und direkt in der Praxis angewendet werden können. Dem Praxisteil vorangestellt sind allgemeine Informationen zu Psychotherapie und zur Anwendung von Hypnose. Ein Schlagwortverzeichnis erleichtert den gezielten Zugriff.

Susy Signer-Fischer, lic. phil., Psychologin und Psycho­therapeutin FSP, Fachpsychologin für Psychotherapie FSP und für Kinder- und Jugendpsychologie FSP; arbeitet am Zentrum für Entwicklungs- und Persönlichkeitsdiagnostik (ZEPD) der Universität Basel und in freier Praxis; tätig in Aus- und Weiterbildung von Psychotherapeut:innen, vor allem in Hypnosetherapie, Familientherapie und Kinderpsychotherapie.

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Leseprobe

3Dissoziation und Assoziation


Dissoziation und Assoziation – Trennen, Teilen, Aufteilen und Verbinden, Zusammenfügen, Verknüpfen – sind in der Hypnotherapie häufige, in unterschiedlicher Art angewendete Methoden. Die Arbeit mit den verschiedenen Bewusstseinszuständen, dem Hier-und-jetzt-Zustand und dem Trancezustand, beinhaltet schon eine Aufteilung in verschiedene Zustände. Das Modell des Bewussten und des Unbewussten (»unconscious mind«) impliziert ebenfalls die Aufteilung in zwei Teile. Lehrer (1985) beschrieb die Metapher zur Veränderung mittels Hypnose. Mit der Aufteilung in zwei Teile spielt auch Haley (1993) in Bezug auf die Hypnotherapie: Langzeit- versus Kurzzeittherapie, Gegenwart versus Vergangenheit, gutes versus böses Unbewusstes. Oft wird Klienten in der Trance suggeriert, ein Teil der Person gehe einen Weg und ein anderer Teil einen anderen. Nach Barber (1985) ist Hypnose ein »Erleichterer« (engl. faciliator) des therapeutischen Prozesses im Allgemeinen und des Zugangs zu verschiedenen Teilen, insbesondere zum Unbewussten. In der Hypnosetherapie kann mit mehr als zwei Teilen gleichzeitig gearbeitet werden.

Gemäß der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme ICD-10 der WHO sind »Dissoziative Störungen (Konversionsstörungen; F44)« gekennzeichnet durch den teilweisen oder völligen Verlust »der normalen Integration von Erinnerungen an die Vergangenheit, des Identitätsbewusstseins, der unmittelbaren Empfindungen sowie der Kontrolle von Körperbewegungen.«4

Im psychotherapeutischen und hypnotischen Kontext kann Dissoziation folgendermaßen verstanden werden: Die Außenwelt kann auf zwei verschiedene Arten wahrgenommen werden – einerseits aus der eigenen Perspektive, in Assoziation, oder aus der Außenperspektive, in Dissoziation. Die Art und Weise, wie wir unsere Außenwelt wahrnehmen, beeinflusst unser Denken und unsere Möglichkeiten, auf sie zu reagieren. Uns selbst nehmen wir vor allem in Assoziation wahr. Manchmal ist es hilfreich, wenn man sich selbst von außen betrachtet, also in Dissoziation.

Assoziation und Dissoziation sind in verschiedenen Zusammenhängen relevant, bei der Arbeit mit Traumatisierten, in Zusammenhang mit Schmerzen und beim Empfinden von Empathie in sozialen Situationen sowie vor allem bei kalter Aggression.

Bereits ab dem frühen Kindesalter (Bauer 2005), sicher aber ab dem Kindesalter sind Menschen fähig, beide Perspektiven einzunehmen und zwischen Assoziation und Dissoziation zu wechseln. Der Wechsel zwischen diesen beiden Blickwinkeln geschieht im Normalfall kontrolliert.

Assoziation wird in diesem Zusammenhang als Einssein mit sich und das Sich-als-Ganzes-Erleben definiert. Dissoziation kann verschiedene Ebenen betreffen (Tabelle 1):

•Körperteile (Schmerzkontrolle)

•Eigenschaften (Schattenseiten)

•Gedächtnisinhalte (Straftaten)

•Gefühle und Wahrnehmungen

Probleme können entstehen, wenn nicht beide Perspektiven eingenommen werden können, wenn man nicht zwischen den Blickwinkeln zu wechseln vermag oder wenn dies nicht kontrolliert geschieht.

Dissoziation ist das Gegenteil von Assoziation und beinhaltet den Mangel an Assoziation. Dissoziation kann in unterschiedlicher Weise erfolgen und auch für die Hypnotherapie oder allgemein für die Beratung und Therapie genutzt werden. Tabelle 1 fasst dies übersichtlich zusammen.

Verdrängung versus Dissoziation

Nach Phillips u. Frederick (2003) können beide Mechanismen folgendermaßen differenziert werden. Verdrängung wie auch Dissoziation sind unbewusste psychische Abwehrmechanismen:

Verdrängung kann nach Breuer u. Freud (1895) als Verlagerung besonders schmerzhaften Materials ins Unbewusste verstanden werden. Dort wird es vergessen, beeinflusst jedoch weiterhin geistige Prozesse wie Denken, Fühlen und Verhalten.

Was?

Wie?

Wofür?

Ganzer Körper, ganze Person

Video, Filmleinwand

Überblick

Kontrolle von Emotionen, Schmerzen, kinästhetischen Wahrnehmungen

Körperteil

Kälteunempfindlich machen Neben sich legen, als gehörte es nicht zu meinem Körper

Schmerzkontrolle

Gefühle

Kognition ansprechen Körperliche Dissoziation spontanes »numbing«

(Betäuben) bei akutem Trauma

Nach Trauma Dissoziation durch Trigger erneut ausgelöst

Kontrolle

»Schutz«

Vermeidung

Wahrnehmungsgebiete

Körperliche Dissoziation Andere Gebiete besonders ansprechen

Bearbeiten

Kontrolle

Spontan, z. B. Schutz davor, Elternstreit oder Kritik zu hören

Persönlichkeitsaspekte

Betonung auf andere Ignorieren

Sich mit Gestaltmethoden gezielt in entsprechenden Bewusstseinszustand versetzen

Bearbeiten

Kontrolle Lebenssituation aushalten Schutz

Selbstsicherheit

Gedächtnisinhalte

Vergessen, ignorieren

Sich mit Gestaltmethoden gezielt in entsprechenden Bewusstseinszustand versetzen

Bearbeiten

Kontrolle

Lebenssituation aushalten Schutz

Tabelle 1: Verschiedene Formen der Dissoziation – wie sie durchgeführt werden können und wozu sie dienen

Dissoziation hingegen wird nach Janet (1904) als seitliches Entschwinden aus dem Bewusstsein definiert. Dabei kommt es zu einer Trennung zwischen dissoziiertem Erlebnis und dem Teil des Geistes, der weiß und erinnert.

Beispiele dissoziativer Phänomene:

•Melodie im Kopf, auf die man keinen Einfluss hat

•Tagträumen

•Versunkenheit in Lektüre

•Beteiligt bei automatischen Handlungen wie z. B. Autofahren

Dissoziative Störungen und ihre Symptome

In der ICD-10 werden folgende Symptome aufgezählt:

Amnesie: Gedächtnisverlust

Fugue: Entschlossene und zielgerichtete Reise in einem Zustand dissoziativer Amnesie, über den alltäglichen Aktionsradius hinaus. Trotz späterer Amnesie kann das Verhalten dabei völlig normal erscheinen.

Stupor: Beträchtliche Verringerung oder vollständiges Fehlen von Willkürbewegungen und Sprache sowie normalen Reaktionen auf Licht, Geräusche und Berührung.

Trance und Besessenheitszustände: Zeitweiliger Verlust der persönlichen Identität und der vollständigen Wahrnehmung der Umgebung

Störungen der Bewegung und der Sinnesempfindung: Veränderung oder Verlust von Empfindungen oder Bewegungsfunktionen.

Bewegungsstörungen: Teilweiser oder vollständiger Verlust der Bewegungsfähigkeit eines oder mehrerer Gliedmaßen

Krampfanfälle: Ähnlich wie epileptische Anfälle

Sensibilitäts- und Empfindungsstörungen: Unterschiedliche Verluste der verschiedenen sensorischen Modalitäten

Gemischte, sonstige oder nicht näher bezeichnete dissoziative Störungen

Das DSM-5, die 5. Auflage des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (Diagnostischer und statistischer Leitfaden psychischer Störungen) teilt einige der hier beschriebenen Störungsbilder anders ein (Falkai u. Wittchen 2015). Alle dissoziativen Störungen mit körperlichen Aspekten (motorische Symptome und Ausfälle, Anfälle und Krämpfe, sensorische Symptome und Ausfälle) werden im DSM-5 den somatischen Belastungsstörungen zugeordnet und dort als Subtyp der Konversionsstörung behandelt. Durch diese Einteilung in die somatischen Belastungsstörungen stellt das DSM-5 die Symptomatik in den Vordergrund. Trotzdem beinhalten aber die Kriterien den Zusammenhang mit Konflikten oder anderen Belastungen.

Die ICD-10 berücksichtigt den belastenden Auslöser stärker. (Er ist ja Teil der generellen Kriterien der Kategorie.) Sie fasst die dissoziativen Störungen mit starken somatischen Symptomen (z. B. die dissoziative Sensibilitätsstörung) mit den weniger körperlich betonten (z. B. Amnesie) in einer Kategorie zusammen.

Im DSM-5 gelten nur die weniger körperlich betonten Störungen der ICD-Kategorie F44 als dissoziativ: die Amnesie, die Fugue und die Identitätsstörung (in der ICD-10 als multiple Persönlichkeitsstörung bezeichnet). Dazu kommt die Depersonalisationsstörung, die wiederum in der ICD-10 in einer anderen Kategorie verortet wird – bei »F48: sonstige neurotische...

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