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Implikationen der aktuellen sektorübergreifenden regulatorischen Maßnahmen auf bestehende Geschäftsmodelle in der Versicherungsbranche und Ableitung von zukünftigen Potenzialen an der Kundenschnittstelle

AutorTobias Schmidt
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl129 Seiten
ISBN9783668607149
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2017 im Fachbereich BWL - Bank, Börse, Versicherung, Note: 1,3, Rheinische Fachhochschule Köln, Sprache: Deutsch, Abstract: Seit der Jahrtausendwende sind die Finanzmärkte in umfangreichem Rahmen reguliert worden. Nach der Finanzkrise 2007/ 2008 fand eine weitere Verschärfung der regulatorischen Maßnahmen statt. Derzeit befinden sich innerhalb der Versicherungsbranche drei richtungsweisende Initiativen auf Basis europäischer Gesetzgebung in der Umsetzungsphase. Die Implementierung dieser Initiativen stellt die Versicherungsbranche vor komplexe Herausforderungen. Neben der Durchsetzung der Maßnahmen belastet die Branche derzeit auch die Verzögerung der Umsetzung. Hierdurch bedingt sieht sich die Versicherungsbranche derzeit gezwungen mit reinen Hypothesen arbeiten zu müssen, da teilweise konkrete finalisierte Anforderungen fehlen. Resultierend daraus agieren einige Marktteilnehmer lediglich mit der Zielsetzung einer Mindestumsetzung. Schließlich fordern die Regulierungen nicht nur die Versicherungsbranche, sondern schaden auch den eigentlichen Profiteuren der Regulierungsinitiativen - den Kunden der Branche. Es konnte bspw. nachgeweisen werden, dass sich die Interessenkonflikte aus Beratersicht, bedingt durch die hohen Anforderungen der Europäischen Union, verstärken. Aufgrund der steigenden Betriebsaufwendungen entwickelt sich ein Verkaufsdruck in der Versicherungsbranche, damit auch zukünftig die operativ erwirtschafteten Erträge konstant gehalten oder ausgebaut werden können. Dies führt zu einer subjektiven Beratungsleistung. Diese Entwicklung stellt einen sich wiederholenden Kreislauf dar. In Anbetracht der zwiespältigen Diskussion um die Intensität der Finanzmarktregulation kann diese Erkenntnis eine zentrale Stellung einnehmen. Es ist von großer Bedeutung, dass die Regulierung der Europäischen Union die Verstärkung der Interessenkonflikte als Ziel ausgibt. Dies kann lediglich durch eine geminderte Anzahl an Initiativen und Vorhaben gelingen. Sofern sie diesen Ansatz nicht umsetzt, wird die Beratungsleistung keineswegs objektiver werden. Die Europäische Union verschlechtert auf diese Weise die Ist-Situation, so dass es erneut einer weiteren Regulierung ergibt. Langfristig kann diese fehlgeleitete Entwicklung Marktteilnehmer verdrängen bzw. eine Unterversorgung der Gesellschaft an Versicherungsprodukten zur Folge haben. Die zukünftig verabschiedeten Initiativen der gesetzgebenden Institutionen stellen weiteren Forschungsbedarf dar.

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Leseprobe

5 Geplante Regulierungsmaßnahmen für die Versicherungsbranche


 

MiFID I und IMD sind seit einiger Zeit eingeführt bzw. umgesetzt. Nach der Finanzkrise haben die europäischen Institutionen allerdings erneut einen Handlungsbedarf erkannt.[100] Als Grund für einen Eingriff durch die EU wird angegeben, dass viele Beratungen nicht deckungsgleich hinsichtlich des Anliegens und der abgegebenen Empfehlung durch den Vermittler sind.[101] „Für diesen Missstand wird insbesondere der provisionsbasierte Vertrieb von Anlageprodukten, auf Grund der (...) Interessenkonflikte, mit verantwortlich gemacht.“[102]

 

Im Jahr 2011 wird eine Nachbesserung für MiFID erarbeitet. Auch die Versicherungsvermittlung wird nochmals angepasst. Die Regulierung der Versicherungsvermittlung überschneidet sich mit den Regelungen „von der Finanzmarkt-Richtlinie MiFID II und der Kleinanlegerverordnung (PRIIPS) (...). Es ist darauf zu achten, dass die versicherungsspezifischen Regelungen der IMD II nicht durch die generell an den Finanzprodukten ausgerichtete MiFID II vorweggenommen werden.“[103] Dennoch findet eine stetige Harmonisierung in der Finanzbranche statt. Diese Maßnahmen sind derzeit noch nicht vollständig auf nationaler Ebene umgesetzt. Teilweise liegen bereits exakte Auslegungsdetails vor. Andere Themengebiete wiederum sind noch nicht vollständig ausgearbeitet.

 

Für die Versicherungsunternehmen liegt in der Unklarheit eine gewisse Brisanz, da sie an die Auslegung gebunden sind. Unklarheiten beeinflussen den Implementierungsprozess. Dadurch entsteht für die Unternehmen ein Implementierungsrisiko, da eine falsche Trenderkennung Umsetzungsprobleme mit sich bringen wird. Auf der anderen Seite eröffnet eine frühe Antizipation der Umsetzung weitreichende Geschäftspotenziale.

 

5.1 Markets in Financial Instruments Directive II


 

Im Oktober 2011 wird ein Vorschlag für eine Neufassung der MiFID I Richtlinie veröffentlicht. Im April 2014 wird die Richtlinie– Markets in Financial Instruments Directive (MiFID II) vom Europäischen Parlament und Europäischen Rat verabschiedet.[104]. Ab dem 03. Juli 2014 tritt die veränderte Richtlinie in Kraft und soll innerhalb von 24 Monaten – zum 03. Juli 2016 - in nationales Recht umgesetzt werden.[105] MiFID II soll bis zum 03. Januar 2017 angewendet werden. Dieser Zeitraum kann nicht eingehalten werden. Die tatsächliche Anwendung wird daher verlegt. Als neuer Starttermin ist der 03. Januar 2018 vorgesehen.[106] Als Grund für die finale Verschiebung der Anwendung gelten die „außergewöhnlichen Herausforderungen, vor denen Regulierungsbehörden und Marktteilnehmer bei der Umsetzung des MiFID-II-Pakets stehen.“[107] Die nationale Umsetzung ist von der exakten Auslegung und Vorgabe seitens der europäischen Institutionen abhängig. Da einige Auslegungsdetails noch nicht kommuniziert wurden, können die nationalen Instanzen die Umsetzung nicht weiter konzipieren.[108]

 

MiFID II bezieht sich auf den Anlegerschutz und die marktbezogenen Themen.[109] In der weiteren Beschreibung wird der Anlegerschutz erläutert, da dieser eine direkte Auswirkung auf den Vertrieb und den Kunden haben wird. Die Markteffizienz hingegen bezieht sich auf die Steuerung von Börsenplätzen. Ein direkter Kontakt zur Kundenschnittstelle liegt dort nicht vor. „Am Primärmarkt decken Unternehmen ihren Finanzierungsbedarf an Eigen- bzw. Fremdkapital: Sie emittieren und verkaufen ihre Aktien, Anleihen, (...) oder Zertifikate erstmalig an Anleger. Am Sekundärmarkt werden diese Wertpapiere in Umlauf gebracht, ständig bewertet und börslich gehandelt.“[110]

 

5.1.1 Zielsetzungen der Richtlinie


 

Die Neufassung der MiFID I Richtlinie erweitert die Anforderungen für die Wertpapierfirmen.[111] Auch die Kriterien zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen werden durch MiFID II reformiert.[112] Für die Geschäftsleitung und den Vertrieb sind Vorgaben formuliert. Die Unternehmensführung muss eine Überwachung der Vorgaben gewährleisten und sich für eine Einhaltung der Richtlinie einsetzen.[113] Auf diese Weise findet eine Prävention von Interessenkonflikten und Fokussierung auf die Kundeninteressen statt.[114] Für den Vertrieb betont MiFID II die Wichtigkeit von „Kenntnis- und Kompetenzniveau in Bezug auf angebotene Produkte“ und die Notwendigkeit für benötigte „Zeit und Ressourcen (...), um diese Kenntnis und Kompetenz zu erlangen und sie anzuwenden.“[115]

 

Die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen wird zukünftig in verschiedene Abschnitte gegliedert. MiFID II differenziert zwischen einer abhängigen und einer unabhängigen Beratung. Das wesentliche Unterscheidungskriterium ist der Umfang der Finanzinstrumente, welche dem Kunden von möglichst verschiedenen Wertpapierfirmen – ohne eine dahinterstehende vertragliche Vereinbarung mit dem Produktemittenten - angeboten werden können.[116] „Wird die Beratung unabhängig geleistet, sollte eine ausreichend breite Palette an Produkten unterschiedlicher Produktanbieter bewertet werden, bevor eine persönliche Empfehlung abgegeben wird.“[117] Interessenkonflikte sollen auf diese Weise reduziert werden.

 

Die Unabhängigkeit der Beratungsleistung steht im Fokus. In diesem Beratungsmodell wird die Vergütung vom Anleger als vereinbartes Honorar geleistet. Weitere Vergütungen – in Form von Provisionen oder Zuwendungen - von den Wertpapierfirmen an den Anlageberater sind mit der Einführung von MiFID II verboten.[118] Die gebundene Beratung hingegen wird auf einer Provisionsbasis geführt. Diese strikte Trennung soll zukünftig vollzogen werden, da „vielen Anlegern der Preis eines Provisionsgeschäftes, trotz Offenlegung durch den Berater, nicht bewusst ist. Die Höhe der Provision wird regelmäßig in Prozent angegeben und automatisch abgezogen, wohingegen ein Honorar vom Anleger aktiv bezahlt werden muss.“[119] Die Vereinnahmung von Provisionen ist fortan nur noch möglich, „wenn sie geeignet sind, die Servicequalität für den Kunden zu verbessern.“[120]

 

Eine weitere neue Vorgabe stellt die Klassifizierung von Zielanlegergruppen für jedes Finanzinstrument dar. In der Phase der Produktkonzeption und der darauffolgenden Genehmigung bei den nationalen Behörden haben sich die Wertpapierfirmen auf einen Zielmarkt festzulegen.[121] „Eine Wertpapierfirma hat außerdem von ihr angebotene oder vermarktete Finanzinstrumente regelmäßig zu überprüfen (...). Außerdem muss sie zumindest beurteilen, ob das Finanzinstrument weiterhin den Bedürfnissen des bestimmten Zielmarktes entspricht (...).“[122] Sofern eine Wertpapierfirma Finanzinstrumente vermittelt, die sie nicht selbst erstellt hat, ist sie für die Beschaffung dieser Informationen für den Vertrieb verantwortlich.[123] Der Vertrieb muss sich mit dem Produkt und dem Kunden intensiv auseinandersetzen, damit eine Übereinstimmung vorliegt. Diese Daten aus dem Kundenanliegen sowie die Gründe für die Empfehlung werden auch weiterhin im Beratungsprotokoll dokumentiert. Die Europäische Kommission nennt diese Dokumentation fortan nicht mehr Beratungsprotokoll, sondern Geeignetheitsprüfung.

 

Weitere Schutzvorschriften stellen die zukünftige Aufzeichnung von Telefonaten und Archivierung bzw. Dokumentation von Kundenaufträgen dar. Alle Dienstleistungen einer Wertpapierfirma sind zu dokumentieren. Telefonische Aufträge sind fortan aufzuzeichnen.[124] Jeder Kunde ist über diese Aufzeichnung zu informieren. „Es genügt, dies (..) einmal vor Erbringung der Wertpapierdienstleistung mitzuteilen. Eine Wertpapierfirma, die ihre Kunden nicht im Voraus (...) informiert hat, darf (...) weder telefonische Wertpapierdienstleistungen erbringen noch telefonische Anlagetätigkeiten ausüben(...).“[125] Die Erteilung von Aufträgen über andere Distributionskanäle ist ebenfalls mit Hilfe von Datenträgern aufzubewahren.[126]

 

Um einen flächendeckenden und harmonisierten Anlegerschutz zu gewährleisten, wird der Anwendungsrahmen von MiFID erweitert. Zukünftig werden versicherungsbasierte Anlageprodukte und strukturiere Einlagen sowie Fonds ebenfalls als Finanzinstrument gewertet.[127] Bei einer strukturierten Einlage handelt es sich um eine Anlageform, deren Zinszahlung und/ oder Fälligkeit von einem Referenzwert (z.B. einem Index, Finanz-instrument oder Wechselkurs) abhängig ist.[128] Die EU begründet diese Ausweitung mit einer Vielfalt an alternativen Anlageformen, welche allerdings nicht den gleichen Anlegerschutz abdecken. Es findet grundsätzlich eine Trennung zwischen der...

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