Kapitel 2: Wachrüttler
Einleitung
Ein Wachrüttler (Jolt) ist eine kurze, auf eigenes Erleben zielende Aktivität, die den Teilnehmern zu überraschenden Einsichten verhilft. Ein typischer Wachrüttler dauert weniger als fünf Minuten. Durch die Nachbesprechung werden die Einsichten vertieft und für die Zukunft nutzbar gemacht.
Uhr an der Decke: Uhrzeigeroder Gegenuhrzeigersinn?
Ziel
Bei diesem Wachrüttler erleben die Teilnehmerinnen einen Perspektivenwechsel. Oft ist es nicht eine Frage, wer recht oder unrecht hat, sondern es geht darum, zu erkennen, dass es eine andere Perspektive gibt.
Teilnehmerzahl
Beliebig
Zeit
5 bis 10 Minuten
Verlauf
- Die Teilnehmerinnen erheben sich.
- Fordern Sie sie auf, mit ausgestrecktem Arm und Zeigefinger (oder einem Stift) zur Decke zu zeigen.
- Die Teilnehmerinnen zeichnen mit dem Finger einen Kreis, im Uhrzeigersinn drehend.
- Fordern Sie die Teilnehmerinnen auf zu überprüfen, ob die Richtung stimmt, ob sie auch wirklich im Uhrzeigersinn drehen.
- Nach ein paar Drehungen mit gestrecktem Arm, fordern Sie die Teilnehmerinnen auf, die Drehung weiterzuführen und dabei den Arm drehend bis auf Brusthöhe zu senken.
- Stellen Sie die Frage: „In welcher Richtung dreht sich Ihr Finger: im Uhrzeiger- oder im Gegenuhrzeigersinn?“
- Viele Teilnehmerinnen werden irritiert reagieren, weil sie feststellen, dass sie im Gegenuhrzeigersinn drehen.
- Geben Sie die Anweisung, nochmals von vorne zu beginnen und sich besser zu konzentrieren.
- Wenn die ersten Teilnehmerinnen lachen, weil sie realisieren, dass sie nichts falsch gemacht haben, brechen Sie ab und starten Sie die Nachbesprechung.
Nachbesprechung
Wie erklären Sie dieses Phänomen? Lenken Sie die Diskussion zum folgenden Schluss: Der Finger dreht sich immer in dieselbe Richtung, doch unsere Perspektive ändert sich. (Zu Beginn betrachten wir den sich drehenden Finger von unten, am Schluss schauen wir ihn hingegen von oben an.)
Fragen Sie: Wo im (Arbeits-)Leben spielt die Perspektive eine entscheidende Rolle?
Im Folgenden ein paar Vorschläge:
Kundendienst: Die Perspektive eines Kunden kann anders sein als jene eines Angestellten.
Familie: Die aus Sicht der Eltern richtige Zeit des Zubettgehens unterscheidet sich zum Teil fundamental von jener, die das Kind für richtig hält.
Führung: Die Perspektive des Managers erfolgt von einer höheren Position aus und ist nach unten gerichtet, während die Perspektive des Angestellten von einer tieferen Position aus erfolgt und nach oben gerichtet ist. Ein Manager hat bezüglich einer Lohnerhöhung eine andere Perspektive als ein Mitarbeiter.
Aus: Thiagarajan 2013, Interactive Techniques for Instructor-Led Training, S. 155.
Synchronisiertes Klatschen
Dies ist eine von Thiagis Lieblingsaktivitäten. Sie ist sehr kurz und erfordert weder Hilfsmittel noch Handouts. Die Gruppengröße spielt keine Rolle.
Ziel
Teilnehmende erfahren, dass Handeln mehr bewirkt als Worte.
Teilnehmerzahl
Beliebig
Zeit
2 Minuten für die Aktivität
Mindestens 10 Minuten für die Nachbesprechung
Verlauf
Fordern Sie die Teilnehmer auf, einmal mit den Händen zu klatschen. Warten Sie, bis es alle gemacht haben.
Beanstanden Sie dann das miserable Resultat. Sie möchten, dass die Teilnehmer gleichzeitig klatschen, so dass man als Zuhörer einen einzigen Donnerschlag hört.
Teilen Sie mit, dass Sie ein nicht-elektronisches Leistungsunterstützungs-System anwenden, um die Synchronisation zu gewährleisten. Sie werden nämlich auf drei zählen und dann „klatschen“ sagen. Beim Wort „klatschen“ sollen alle gleichzeitig klatschen.
Zählen Sie nun „eins, zwei, drei“. Nach der Zahl Drei klatschen Sie in die Hände, ohne „klatschen“ zu sagen. Nachdem die meisten Teilnehmer ebenfalls geklatscht haben, geben Sie sich überrascht und sagen nun: „klatschen“.
Fragen Sie die Teilnehmer, warum sie die Instruktionen nicht befolgt und nicht auf das Wort „klatschen“ gewartet haben. Vermutlich wird jemand sagen: „Aber Sie haben ja selbst geklatscht.“ Als Antwort stellen Sie die Frage, ob sie sich denn auch von den Klippen stürzen würden, nur weil Sie es täten.
Nachbesprechung
Fragen Sie die Teilnehmer, was sie aus dieser Aktivität gelernt haben. Sammeln Sie weitere Einsichten. Themen können sein: „Taten wirken mehr als Worte“ oder „Gute/ schlechte Beispiele beeinflussen das Handeln“.
Aus: Thiagi Gameletter, Februar 2009.
Newton
Das dritte Newtonsche Gesetz besagt, dass es für jede Aktion eine entsprechende Gegenreaktion gibt. Dieses Gesetz wird durch den folgenden Wachrüttler illustriert, obwohl dieser eigentlich nichts mit Physik zu tun hat. (Das Spiel wurde inspiriert durch Deirdre Lakein und Alan Schneider.)
Ziel
Das Erzielen einer Win-win-Situation.
Teilnehmerzahl
Mindestens: 2
Höchstens: eine beliebige Zahl
Ideal: 10 bis 40
Die Teilnehmer machen die Übung zu zweit.
Zeit
2 bis 5 Minuten
Material
Stoppuhr
Thiagis Zugpfeife (Tonsignal, Glocke etc.)
Verlauf
Erste Instruktionen. Die Teilnehmer bilden Paare. Sie stellen sich einander gegenüber auf, platzieren ihre Füße fest auf dem Boden, heben ihre Arme und berühren sich mit den Handflächen.
Wer gewinnt? Erklären Sie, dass Sieger ist, wer binnen 17 Sekunden nach dem Tonsignal die andere Person dazu bringt, ihre Füße zu bewegen. Wiederholen Sie diese Regel zur Sicherheit.
Start. Geben Sie das Signal und starten Sie den Timer. Die meisten Teilnehmer werden rohe Kraft anwenden, um den andern wegzustoßen. Einige in Kampfsportarten Gewandte hören vielleicht plötzlich auf zu stoßen, damit die andere Person das Gleichgewicht verliert und sich nach vorne bewegt.
Schluss. Nach Ablauf der Zeit pfeifen Sie, um die Aktivität zu beenden.
Nachbesprechung
Die Teilnehmer lassen sich die Aktivität nochmals durch den Kopf gehen und vergleichen dann verschiedene Strategien, die zum Sieg führten.
Suchen Sie einen Freiwilligen für eine kurze Demonstration. Sie stellen sich gegeneinander auf, Handfläche an Handfläche. Geben Sie ein Tonsignal und bewegen Sie unverzüglich Ihre Füße. Sagen Sie dem Partner: „Sie haben gewonnen! Wir haben aber immer noch elf Sekunden. Könnten Sie nicht auch Ihre Füße bewegen, damit ich auch gewonnen habe?“
Nach dieser Demonstration werden wohl einige Teilnehmer bemängeln, dass Sie gemogelt hätten. Doch weisen Sie darauf hin, dass die Regel nur besagt, das Gegenüber sei dazu zu bringen, seine Füße binnen 17 Sekunden zu bewegen. Es sei nie die Rede von einem Verbot gewesen, die eigenen Füße zu bewegen.
Fahren Sie mit der Nachbesprechung fort, indem Sie darauf aufmerksam machen, was das Treffen von Annahmen bewirkt. Was für Bedingungen sind nötig, um Win-win-Lösungen entstehen zu lassen und achtsames Verhalten zu fördern, damit Konflikte nicht in roher Gewalt enden?
Aus: Thiagarajan 2013, Interactive Techniques, S. 161 f.
Leute vom gleichen Schlag
Die Menschen tun sich in der Regel mit jenen zusammen, die gemeinsame Charaktereigenschaften aufweisen. Dieser Wachrüttler zeigt auf, dass durchmischte Teams über Zugang zu mehr Ressourcen verfügen und eine größere Vielfalt an Lösungen hervorbringen.
Kurzfassung
Jede Person erhält eine Karteikarte mit einem Buchstaben. Die Gruppe wird aufgefordert, Teams mit je fünf Mitgliedern zu bilden. Meistens bilden sich Teams mit denselben Buchstaben. Doch wenn sie die Trainerin beauftragt, mit den Buchstabenkarten so viele Worte wie möglich zu bilden, merken sie, dass es vorteilhafter gewesen wäre, ein durchmischtes Team zu bilden.
Ziel
Es geht darum, Produktivität und Kreativität mit Hilfe von durchmischten Teams zu steigern. Durchmischte Teams zeichnen sich durch Produktivität und Kreativität aus.
Themen
Teamwork
Vielfalt
Produktivität
Teilnehmerzahl
Mindestens: 15
Höchstens: 50
Ideal: 20 bis 30
Zeit
3 Minuten für die Aktivität
5 Minuten für die Nachbesprechung
Material
Thiagis Zugpfeife (Tonsignal, Glocke etc.)
Vorbereitete Buchstabenkarten
Vorbereitung
Schreiben Sie auf die eine Seite einer Karteikarte den Buchstaben T. Auf die nächste Karte schreiben Sie E, auf die folgende A, auf die vierte M und auf die fünfte S. Wiederholen Sie dies, bis Sie für jeden Teilnehmer eine Karte mit einem dieser fünf Buchstaben haben.
Verlauf
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