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Interne Revision in der gesetzlichen Unfallversicherung

Einflussfaktoren für die Bestimmung einer angemessenen Revisionskapazität und Erfolgskriterien zur Gestaltung einer effektiven Revisionsfunktion

AutorMarkus Rogowski
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl193 Seiten
ISBN9783656590309
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis39,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich BWL - Bank, Börse, Versicherung, Note: 1,3, Universität Kassel, Veranstaltung: Public Management, Sprache: Deutsch, Abstract: Die gesetzliche Unfallversicherung (GUV) befindet sich derzeit in einem historischen Umbruch. Die vormals 34 gewerblichen Unfallversicherungsträger (UV-Träger) haben sich über fusionsbedingte Zusammenschlüsse zu neun großen Einheiten zusammengefunden. Derartige Fusionsprozesse haben tiefgreifende Wirkungen auf die Aufbau- und Ablauforganisationen ehemals selbständiger Gebilde. Ferner sind die UV-Träger seit Einführung des Unfallversicherungsmodernisierungsgesetzes (UVMG) zum 01.01.2009 gehalten, ihren Personalbedarf über anerkannte Methoden der Personalbedarfsermittlung zu begründen. Von diesen Entwicklungen ist auch die Interne Revision (IR) innerhalb der UV-Träger betroffen. Hinweise oder Vorgaben für die UV-Träger zur Einrichtung einer IR finden sich im Gesetz nicht. Die unterschiedlich großen UV-Träger waren in diesem Bereich hinsichtlich Aufbau- und Ablauforganisation sehr unterschiedlich aufgestellt. Schon deshalb darf die Neuorganisation der IR nicht bloß aus der Addition der einzelnen Revisionskapazitäten der fusionierten UV-Träger bestehen. Vielmehr bedarf es eines systematischen und risikoorientierten Ansatzes für die Ermittlung des Prüfungsbedarfs, aus dem sich die quantitative und qualitative personelle Ausstattung der IR ableiten lässt. Dieser hat sich nach den besonderen und systemspezifischen Einflüssen der GUV zu richten. Hinzu kommt: Bei den fusionierten UV-Trägern führen eine gestiegene Unternehmensgröße, die Ausdehnung zentraler und dezentraler (z.B. Anzahl der Bezirksverwaltungen) Strukturen sowie die Ausweitung des Versicherungsgeschehens auf zum Teil sehr unterschiedliche Branchen unter einem Dach zu einer erhöhten Komplexität des Umfeldes der IR. Auch dies macht eine Neubewertung des Revisionsbedarfs notwendig. Da durch die fusionsbedingten Zusammenschlüsse aus den ehemals sehr unterschiedlich großen und wenig vergleichbaren UV-Trägern neun deutlich homogenere Organisationen entstanden sind, welche im Wesentlichen vergleichbaren Rahmenbedingungen im Hinblick auf Aufgabenstellung und Risikopotential unterliegen, dürfte auch die sächliche und personelle Ausstattung der IR prinzipiell gleichen Grundsätzen folgen und sich damit nur unwesentlich in Organisation und Größe unterscheiden. [...]

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Leseprobe

2. Die gesetzliche Unfallversicherung


 

2.1 Ordnungspolitischer Hintergrund und Gliederung


 

Die GUV ist ein Zweig der Sozialversicherung. Diese umfasst auch die gesetzliche Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Gesetzliche Grundlage der Unfallversicherung ist das Sozialgesetzbuch, insbesondere dessen Siebtes Buch (SGB VII). Die GUV ist eine Pflichtversicherung und lässt sich durch keine private Unfall- oder Haftpflichtversicherung ersetzen.[4] Insgesamt versichert die GUV rund 70 Millionen Menschen in 5,2 Millionen Unternehmen und Einrichtungen[5].

 

Gesetzlicher Auftrag[6] und damit Aufgabe der GUV ist es,

 

mit allen geeigneten Mitteln Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten sowie arbeitsbedingte Gesundheitsverfahren zu verhüten (Prävention),

 

nach Eintritt die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Versicherten mit allen geeigneten Mitteln wiederherzustellen (Rehabilitation)

 

und sie oder ihre Hinterbliebenen durch Geldleistungen zu entschädigen (Entschädigung).

 

Die Reihenfolge der Aufgaben ist programmatischer Natur und verdeutlicht die Prinzipien „Prävention vor Rehabilitation vor Entschädigung“ sowie, dass „alles aus einer Hand“ erfolgt. Damit ist die Prävention primäre Aufgabe der GUV. Der Präventionsauftrag folgt einem ganzheitlichen Ansatz, der sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Maßnahmen genauso einschließt wie den Gesundheitsschutz. Dazu gehören Beratung und Überwachung in den Mitgliedsbetrieben durch spezielle Aufsichtspersonen, Forschungsprojekte, sicherheitstechnische Aus- und Fortbildung der Versicherten in den Mitgliedsbetrieben, der Erlass von Unfallverhütungs-vorschriften sowie Information und Öffentlichkeitsarbeit. Ziel ist Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit.

 

Tritt der Versicherungsfall ein, also erleidet ein Versicherter einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit, so hat der UV-Träger für die vollständige medizinische, berufliche und soziale Rehabilitation zu sorgen und verbleibende Beeinträchtigungen durch die Versorgung mit Hilfsmitteln und anderen unterstützenden Leistungen auszugleichen. Tertiäres Mittel der Kompensation als Aufgabe der GUV ist es, durch Geldleistungen zu entschädigen. Der Leistungskatalog der UV ist dabei gesetzlich vorgegeben. Insbesondere bei den Geldleistungen wie „Verletztengeld“ und „Verletztenrente“ oder den „Hinterbliebenenleistungen“ besteht kein Ermessen. Sofern die materiellen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, besteht ein Leistungsanspruch dem Grunde und der Höhe nach.

 

UV-Träger sind neben den gewerblichen Berufsgenossenschaften die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften sowie die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand. Im Folgenden werden nur die gewerblichen Berufsgenossenschaften betrachtet[7]. Sie sind fachlich, d.h. nach Gewerbezweigen gegliedert. Dies stellt sicher, dass die Unternehmen unterschiedlichster Branchen in Fragen optimaler Prävention fachspezifisch und individuell betreut werden und gewährleistet eine branchenbezogene Vertretung der verschiedenen Interessensgruppen in den Organen des UV-Trägers.

Seit dem 01.01.2011 gibt es neun gewerbliche Berufsgenossenschaften. Sie sind durch fusionsbedingte Zusammenschlüsse aus ehemals 26 eigenständigen UV-Trägern hervorgegangen[8]:

 

 

 

2.2 Zugehörigkeit und Finanzierung


 

Jeder Unternehmer gehört kraft Gesetzes der für sein Unternehmen sachlich zuständigen Berufsgenossenschaft an[9]. Die Zuständigkeit richtet sich nach Art und Gegenstand der Unternehmung und nach der dafür sachlich zuständigen Berufsgenossenschaft.

 

Die Mittel zur Deckung der Aufwendungen für Prävention, Rehabilitation und Entschädigung werden in vollem Umfang von den Unternehmern aufgebracht.[10] Die Arbeitnehmer zahlen keinen Beitrag[11] – ein wesentlicher Unterschied zu den übrigen Zweigen der Sozialversicherung. Dieser Unterschied in der Finanzierung beruht darauf, dass die gesetzliche Unfallversicherung die zivilrechtliche Haftung des Unternehmers gegenüber seinen Arbeitnehmern für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten ablöst. Sie stellt damit eine Haftpflichtversicherung des Unternehmers dar. Mit diesem Prinzip sind beide Parteien abgesichert: Der Unternehmer wird vor unkalkulierbaren und existenzbedrohenden Schadenersatzklagen geschützt und seine Beschäftigten sind gleichsam gegen die Folgen von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten abgesichert.[12]

 

Die Berufsgenossenschaften erheben ihren Beitrag im Umlageverfahren der nachträglichen Bedarfsdeckung, d.h. sie legen ihre Aufwendungen nach Schluss des Geschäftsjahres auf die Unternehmer der ihr zugehörigen Unternehmen um. Die Beiträge werden nach der im abgelaufenen Jahr im Unternehmen gezahlten Lohn- und Gehaltssumme und nach der Veranlagung des Unternehmens zu den Gefahrenklassen des Gefahrtarifs berechnet. Die Lohnsummen spiegeln die Größe, der Gefahrtarif durch Berücksichtigung der unterschiedlichen Unfallbelastung der einzelnen Gewerbezweige des Unternehmens dessen Risiko wider. Der Gefahrtarif ist autonome Rechtsetzung des UV-Trägers[13] und stellt durch die risikoorientierte Beitragsbemessung ebenfalls eine Besonderheit der GUV dar. Die UV-Träger haben ferner nach § 162 SGB VII unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen.

 

Die UV-Träger dürfen nach § 30 SGB IV nur Geschäfte zur Erfüllung ihrer gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben führen und ihre Mittel nur für diese Aufgaben sowie die Verwaltungskosten verwenden, womit ein ausdrücklicher Gesetzesvorbehalt für das Handeln der UV-Träger besteht. Die Mittel der UV-Träger umfassen die Betriebsmittel, die Rücklage und das Verwaltungsvermögen.[14] Betriebsmittel dienen zur (Vor-)Finanzierung der gesetzlichen und satzungsmäßigen Aufgaben und Verwaltungskosten. Rücklagemittel haben die Aufgabe, die langfristige Sicherstellung der Leistungsfähigkeit des UV-Trägers zu gewähren. Das Verwaltungsvermögen ergibt sich aus § 172b SGB VII und umfasst alle Vermögensanlagen, sonstigen Vermögensanlagen oder Sondervermögen. Die Mittel sind so anzulegen, dass ein Verlust ausgeschlossen erscheint, ein angemessener Ertrag erzielt und eine ausreichende Liquidität gewährleistet ist.[15]

 

Die Jahresrechnung eines UV-Trägers umfasst die Haushaltsrechnung und die Vermögensrechnung oder Bilanz. Vervollständigt wird die Jahresrechnung durch die Umlagerechnung.[16] Diese entspricht der Gewinn- und Verlustrechnung bzw. der Ergebnisrechnung im Sinne der kommunalen Doppik.

Die Struktur der Aufwendungen zeigt, dass der größte Teil der Aufwendungen auf die Entschädigungsleistungen (darunter vor allem Rentenzahlungen aus früheren Arbeitsunfällen) sowie auf Rehabilitationsaufwendungen fällt:

 

 

Abbildung 1: Aufwendungen der GUV[17]

 

Knapp drei Viertel der Aufwendungen sind damit Transferleistungen und Leistungsaufwand im Zuge der Kernaufgabe „Rehabilitation- und Entschädigung“. Dieser Teil der Mittelverwendung ist wenig beeinflussbar, doch häufig mit komplexen versicherungsrechtlichen und medizinischen Feststellungsverfahren verbunden. Eingeschränkte Gestaltungsmöglichkeiten gibt es damit nur bei etwa einem Viertel der Aufwendungen.

2.3 Rechtsstellung und Organisation


 

Die gewerblichen UV-Träger sind Körperschaften des öffentlichen Rechts.[18] Sie haben das Recht, sich selbst zu verwalten, d.h. sie führen die ihnen durch Gesetz übertragenen Aufgaben in eigener Verantwortung ihrer ehrenamtlichen Selbstverwaltungsorgane durch. Die UV-Träger gehören der mittelbaren Staatsverwaltung an und im Rahmen der verfassungsrechtlichen Gewaltenteilung nach Art. 20 Abs. 2 GG zur vollziehenden Gewalt. Aus ihrer Rechtseigenschaft heraus, Träger vollziehender Gewalt zu sein, legt Art. 20 Abs. 3 GG für diese die besondere Bindung an Recht und Gesetz verfassungsrechtlich fest. Die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Führung der Verwaltungsgeschäfte hat somit besondere Bedeutung. Die Überwachungsfunktion in der GUV darf sich ferner nicht nur darauf beschränken, ob Leistungen zu Unrecht erbracht, sondern muss sich genauso auch darauf beziehen, ob Leistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, was umgekehrt für die Einnahmenseite genauso gilt.

 

Selbstverwaltungsorgane sind Vertreterversammlungen und Vorstand. Die Vertreterversammlung beschließt als Legislativorgan die Satzung und sonstiges autonomes Recht des UV-Trägers (z.B. den Gefahrtarif oder die Dienstordnung). Dem Vorstand obliegt die Verwaltung des UV-Trägers, soweit es sich nicht um laufende Verwaltungsgeschäfte handelt. Die laufenden Verwaltungsgeschäfte führt hauptamtlich der (Haupt-)Geschäftsführer, er steht an der Spitze der Verwaltung und gehört beratend dem Vorstand an.[19] Für die laufenden Verwaltungsgeschäfte ist es damit originäre Verantwortung des...

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