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Intervention in dem System Familie. Schnittmengenbestimmungen aus den Leistungsbereichen Pflege und Sozialpädagogik

AutorMatthias Sombold
VerlagDiplomica Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl79 Seiten
ISBN9783836618151
FormatPDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis33,00 EUR
Durch das Studium des Pflegemanagements kam ich während meiner Studienzeit mit verschiedensten Theorien, Feldern und Ansätzen in Berührung, welche sich zum Ende hin immer mehr zu einem Eigenkonstrukt verdichteten. Dieses Konstrukt kanalisierte sich in der hier vorliegenden Studie. Es besteht aus 3 Pfeilern, welche sich unter dem Dach der Systemtheorie versammeln: Die WHO als Vertreter der Gesellschaft, die Theorie der familien- und umweltbezogenen Pflege von Marie-Luise Friedemann als Stellvertreter der Pflege und die Sozialpädagogische Familienhilfe (SPFH) als Repräsentant der Sozialpädagogik. Die Universalität der Systemtheorie lässt sich am einfachsten mit den Worten von Helmut Willke (2005, S. 1-3) ausdrücken:"...Die moderne Systemtheorie hat sich zu einer der produktivsten Konzeptionen in den Sozialwissenschaften entwickelt, weil in unserer hochkomplexen und zugleich hoch organisierten Welt nur solche Theorien und Konzepte erfolgsversprechend sein können, die ihrerseits eine entsprechende Eigenkomplexität besitzen. Der systemische Ansatz führt seit geraumer Zeit zu weit reichenden Innovationen in Theorie und Praxis therapeutischer Arbeit, insbesondere der Familientherapie. Er lässt sich umgekehrt seinerseits von den Problemstellungen und Erfahrungen dieses Feldes anregen. In der Organisationstheorie und im Bereich des Managements komplexer Systeme gewinnt systemtheoretisches Denken zunehmend an Bedeutung und beeinflusst in vielfältiger Weise unterschiedliche Ansätze systemisch orientierter Beratung, Organisationsentwicklung, Personalentwicklung und Unternehmenssteuerung. Ein gemeinsames Problem, welches mit der therapeutischen Arbeit einhergeht, ist die Notwendigkeit, den althergebrachten Aktionskreis von Interventionen in komplexen Systemen zu überwinden. Die Revision gängiger Annahmen über Veränderungen, Anpassung, Beeinflussung, Entwicklung oder Lernen wird zum zentralen Anliegen eines angemessenen Verständnisses der Dynamik nichttrivialer Systeme. An allen Ecken und Enden wird uns inzwischen überdeutlich vor Augen geführt, dass die herkömmlichen Strategien der Intervention die Probleme nicht lösen, sondern in der Regel noch verschlimmern, weil nicht-intendierte Folgeprobleme die Undurchsichtigkeit und Brisanz der Lage noch erhöhen...".Durch meine studiumsbegleitende Arbeit als Sozialarbeiter, ergab sich mir ein intensiver Einblick in die sozialpädagogische Arbeitswelt. Dabei betrachtete ich dieses Milieu immer auch durch die "Brille" der Krankenpflege. Es ergaben sich für mich ständig neue Situationen, die der krankenpflegerischen Arbeit sehr nahe kamen. Ich löste mich vom traditionellen Rollerverständnis und versuchte, je mehr ich mich mit dem Thema Systemtheorie befasste, um eine systemische Betrachtungsweise der Dinge.Durch eine Schnittmengenbestimmung der Arbeitsbereiche Sozialpädagogische Familienhilfe (SPFH) auf der Sozialpädagogischen Seite und Family Health Nursing (WHO – Projekt) auf der krankenpflegerischen Seite, versuche ich aufzuzeigen, wo eine bessere Zusammenarbeit der beiden Professionen möglich ist. Für ein besseres Verständnis des Systems "Familie" aus krankenpflegerischer Sicht, bediene ich mich der Theorie des systemischen Gleichgewichts in der familien- und umweltbezogenen Pflege nach Marie-Luise Friedemann.Das Ziel meiner Studie soll eine transparente Darstellung der bisherigen Interventionsmöglichkeiten im System "Familie" aufzeigen und die Schnittmengen der einzelnen Arbeitsfelder darstellen. Die Interventionstheorie nach Helmut Willke dient mir dabei als theoretischer Rahmen, und ich versuche anhand dieser Theorie Verknüpfungspunkte für die Felder Familiengesundheitspflege und Sozialpädagogische Familienhilfe zu erarbeiten. Im zweiten Teil der Arbeit stelle ich den theoretischen Hintergrund der Interventionstheorie nach Helmut Wilke dar. Die Systemtheorie als Basis der Interventionstheorie wird ausführlich behandelt, um die interventionstheoretischen Bereiche Willkes besser zu verstehen. Im dritten Teil schildere ich den von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) initiierten Bereich der Familiengesundheitspflege. Im anglo-amerikanischen Raum besser bekannt als "Family Health Nursing". Dieses Arbeitsfeld wird vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Bund für Krankenpflege (DBfK) und der privaten Universität Witten/Herdecke zurzeit als Projekt bearbeitet. Um ein besseres pflegerisches Verständnis vom System "Familie" zu bekommen, veranschauliche ich die Theorie des systemischen Gleichgewichts in der familien- und umweltbezogenen Pflege nach Marie-Luise Friedemann im vierten Teil meiner Diplomarbeit. Durch eine Reflexion des aktuellen Standes von Interaktion in Familien mit Hilfebedarf und anhand von Dokumentenanalysen der Felder Sozialpädagogischer Familienhilfe (SPFH) sowie Family Health Nursing (Familiengesundheitspflege) versuche ich, Schnittmengen der einzelnen Arbeitsfelder herauszuarbeiten. Diese Schnittmengenbestimmung werde im darauf folgenden Kapitel mit meinen eigenen Erfahrungen im sozialpädagogischen Feld verknüpfen, um dann darzulegen, wie die Felder Krankenpflege und Sozialpädagogik besser und synergetischer miteinander am zu intervenierenden System zusammenarbeiten könnten.

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Leseprobe

Kapitel 4., Die Theorie des systemischen Gleichgewichts in der familien- und umweltbezogenen Pflege nach Marie-Luise Friedemann:

Die Theorie der „familien- und umweltbezogenen Pflege“ hat sich systematisch entwickelt. Friedemann stellt auf der Basis ihrer Erfahrungen in der Gemeindepflege die Idee des systemischen Gleichgewichts vor. Indem sie sich zunächst mit dem Wandel von Familienstrukturen aus soziologischer Sicht auseinandersetzt, schafft sie ein Fundament für die Entwicklung ihrer Theorie. Sie erkennt die Notwendigkeit einer dieser Entwicklung folgenden Veränderung in der Pflege und Betreuung. Hier fließt auch der schrittweise Wechsel von der pathogenetischen zur salutogenetischen Sichtweise ein. Im Bemühen, ihre Theorie in die Praxis umsetzbar zu gestalten, führt sie beispielhaft Pflegesituationen auf, in denen sie Familienmitglieder in den Pflegeprozess integriert. In einem weitern Schritt stellt sie, wiederum anhand von Beispielen, Möglichkeiten für Pflegende heraus, Familien in umweltbedingten oder familiären Krisen zu begleiten.
Nachdem Marie-Luise Friedemann 1989 erste Artikel aus ihrer Theorie publizierte, erschien 1995 die erste Ausgabe des englischsprachigen Buches über die Theorie des systemischen Gleichgewichts. Ein Jahr später brachte sie ein deutschsprachiges Buch, weitgehend auf europäischer Literatur basierend, heraus. Es stellt die Theorie einführend vor und verdeutlicht sie durch Beispiele aus der Krankenpflege.
So führt Friedemann im ersten Teil ihres Buches in die Theorie des systemischen Gleichgewichtes ein und zeigt auf, wie systemische Prozesse in Umwelt, Mensch, Gesundheit und Pflege integriert werden. Im zweiten Teil des Buches setzt sie sich aus soziologischer Sicht mit Familienstrukturen und deren Wandel auseinander. Friedemann stellt fest, dass auch andere Formen des Zusammenlebens nicht auszuschließen sind.
Im dritten Teil gestaltet sie beispielhaft Pflegesituationen sowohl aus dem somatischen wie auch dem psychischen Bereich, indem sie Familienmitglieder als Teil des Pflegeprozesses integriert. Der vierte Teil greift Beispiele von Familien auf, die umweltbedingte oder familiäre Krisen erleben. Hier stellt sie die Möglichkeiten für Pflegende heraus, die Familie in solchen Krisen zu begleiten.
Die zweite Auflage des Buches wurde um ein fünftes Kapitel erweitert. Hier beleuchten neben Friedemann und Köhlen weitere Autorinnen den Transfer der Theorie in Praxis, Ausbildung und Forschung unter besonderer Berücksichtigung des deutschsprachigen Raums. Christina Köhlen bearbeitet hier didaktische Prinzipien für die Fortbildung, wie die Selbstreflexion auf der Basis der Theorie des systemischen Gleichgewichts, dem Prinzip des theoriegeleiteten Pflegehandelns oder der zukunftsorientierten Umsetzung. Marie-Luise Friedemann und Christina Köhlen betonen noch einmal deutlich, im Rahmen einer „Familienorientierung“ den Patienten und seine Familie als Subjekt in den Mittelpunkt von Betreuung und der Pflege zu stellen. Sie sehen den Patienten und seine Angehörigen als Ausgangspunkt und Initiator der Pflege.
In der Entwicklung der Theorie der „familien- und umweltbezogenen Pflege“ lässt sich ein kontinuierlicher, strukturierter Aufbau unter Berücksichtigung erforderlicher Paradigmen erkennen. Einfluss anderer Theorien und deren Auswirkungen:
Hintergrund der familien- und umweltbezogenen Pflege ist der systemische Ansatz. Dieser beruht laut Friedemann „auf gewissen Grundsätzen der Systemtheorie„. In diesem Zusammenhang erwähnt sie, dass der Ursprung dieser Theorie mit Norbert Weinert (Kybernetiker), Talcot Parson (Soziologe) und Ludwig von Bertalanffy (Biologe) verbunden und in deren Tätigkeitsfeldern maßgeblich verwurzelt ist. Im Vorwort erwähnt die Autorin außerdem, dass die Wurzeln der Theorie des systemischen Gleichgewichts bis in die psychoanalytischen bzw. psychosomatischen Theorien hineinreichen. Insbesondere verweist sie hier auf die Familientherapie und Carl Gustav Jung.
Konzepte der familien- und umweltbezogenen Pflege:
Die familien- und umweltbezogene Pflege orientiert sich wie alle konzeptuellen Modelle an den Metaparadigmen Umwelt, Mensch, Gesundheit und Pflege. Friedemann allerdings fügt die Konzepte Familie und Familiengesundheit hinzu, wodurch die Bedeutung der Familie für die Pflege explizit unterstrichen wird.
Propositionen zum Konzept Umwelt:
Die Umwelt umschließt alle Systeme, die den Menschen und seine Familie umgeben. Dazu zählen z. B. politische und soziale Systeme, aber auch Gegenstände, Gebäude, Städte, Biosysteme bis hin zum Universum. Dieses ist allen anderen Systemen übergeordnet. Alles Lebende ist also eine Vernetzung von offenen Systemen, die untereinander durch Anpassung und Wiederanpassung nach Kongruenz bzw. Übereinstimmung streben.
Propositionen zum Konzept Mensch:
Der Mensch definiert seine Identität über seine Beziehungen zu seiner Umwelt (zu Mitmenschen, Gegenständen etc.). Menschliche Realität wird über die Funktionen seines Körpers bestimmt und ist deshalb eingeschränkt. Die Abhängigkeit von den Kräften der Natur macht ihn sensibel für systemische Störungen. Menschen können systemübergreifend handeln, um Kongruenz wiederherzustellen. Die Zivilisation mit ihren Systemen sichert den Menschen ab. Der Mensch ist bestrebt, ein sinnvolles und angstfreies Leben zu führen. Der wichtigste Prozess in der Theorie des systemischen Gleichgewichts ist es, Ängste abzubauen, da ein angstfreier Zustand essentiell für die Gesundheit ist. Der Mensch ist angstfrei, wenn sein System mit den Systemen seiner Umwelt harmonisiert (Kongruenz).
Das Diagramm des individuellen Systems und des Familiensystems:
Die Ziele und Prozessdimensionen des menschlichen Systems zur Erreichung von Kongruenz werden in dem folgenden Diagramm veranschaulicht. Es stellt die Grundlage für die Umsetzung der Theorie in die Praxis dar. Es handelt sich um ein dynamisches Modell, es ist immer in Bewegung bei dem Streben nach Kongruenz.

Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Intervention in dem System Familie Schnittmengenbestimmungen aus den Leistungsbereichen Pflege und Sozialpädagogik1
Inhaltsverzeichnis3
1 Einleitung6
2 Theoretischer Hintergrund: Interventionstheorienach Helmut Willke8
2.1 Systemtheorie8
2.1.1 Begriffserklärung10
2.1.2 Geschichtlicher Abriss der Systemtheorie12
2.2 Das Problem der Veränderung14
2.3 Beobachtung als Instrument der Erschließung von Wirklichkeit16
2.4 Erste Folgerungen zu den Bedingungen gelingender Intervention18
2.5 Identität und Veränderung psychischer Systeme18
2.6 Strategien therapeutischer Interventionen23
2.7 Interventionsformen24
2.8 Zusammenfassung der Ergebnisse25
3 Familiengesundheit – Ein neues Arbeitsfeld für Pflegende und Hebammen27
3.1 WHO27
3.1.1 Ottawa Charta30
3.1.2 Gesundheit 2130
3.1.3 Die Erklärung von München31
3.2 WHO – Projekt: Family Nursing im ambulanten Bereich33
3.3 Projektphase34
3.4 Implementierungs- und Machbarkeitsphase37
3.5 Berufsbegleitende Weiterbildung zur Familiengesundheitspflegerin37
3.6 Aktueller Stand39
3.7 Familien – Fundament und Potenzial für eine gesunde Bevölkerung42
3.8 Zusammenfassung der Ergebnisse44
4 Die Theorie des systemischen Gleichgewichts in der familien- und umweltbezogenen Pflege nach Marie-Luise Friedemann45
4.1 Konzepte der familien- und umweltbezogenen Pflege46
4.2 Der systemische Ansatz50
4.3 Systemische Pflege der Familie51
4.4 Einflussfaktoren im Familienprozess53
4.5 Die Theorie des systemischen Gleichgewichts imPraxistransfer55
4.6 Zusammenfassung der Ergebnisse56
5 Reflexion des aktuellen Standes von Interaktion inFamilien mit Hilfebedarf57
5.1 Dokumentenanalyse der Arbeitsfelder SozialpädagogischerFamilienhilfe (SPFH)57
5.2 Dokumentenanalyse der Arbeitsfelder von Family HealthNurses66
5.3 Schnittmengenbestimmung der Felder Family Health Nurseund SPFH67
5.4 Zusammenfassung der Ergebnisse68
6 Erschließung neuer Felder für die Pflege70
6.1 Eigene Erfahrungen im sozialpädagogischen Feld70
6.2 Ideen und Bedenken74
6.3 Zusammenfassung der Ergebnisse75
7 Abschließende Betrachtung76
8 Literatur77

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