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E-Book

Jugendhilfe und Schule

Handbuch für eine gelingende Kooperation

VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl780 Seiten
ISBN9783531908205
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis46,99 EUR
Schwere Fälle von gewalttätigen Ausschreitungen an Schulen haben eine neue Debatte um Jugendgewalt, Integration und Perspektivlosigkeit ausgelöst. Vor dem Hintergrund des schlechten Abschneidens des deutschen Schulsystems, wie es die PISA-Studien offen gelegt haben, sind aktuell mehr Bildung und mehr Förderung und vor allem mehr Kooperation von Schule und Jugendhilfe gefordert. Dieses Handbuch bietet hierzu Inhalte, Konzepte, Instrumente und Praxisportraits für eine gelingende Kooperation von Jugendhilfe und Schule an. Ein Nachschlagewerk für Wissenschaft und Praxis.

Prof. Dr. Angelika Henschel, Dipl.-Sozialarbeiter Rolf Krüger, Dipl.-Sozialarbeiter Christof Schmitt und Prof. Waldemar Stange leiten das Forschungs- und Entwicklungsprojekt 'NetzwerG' der Leuphana Universität Lüneburg.

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Leseprobe
Teil B – Ausgewählte Problemstellungen (S. 243-245)

Dan Olweus

Mobbing in Schulen: Fakten und Intervention

„Zwei Jahre lang war Johnny, ein stiller 13-jähriger Junge, für einige seiner Klassenkameraden ein lebendiges Spielzeug. Die Teenager nahmen Johnny Geld ab, zwangen ihn, Unkraut zu essen und Milch zu trinken, die mit Putzmitteln gemischt war. Sie schlugen ihn in den Toilettenräumen zusammen und banden ihm ein Seil um den Hals, um ihn als „Haustier" herumzuführen. Als Johnnys Peiniger nach dem Mobbing gefragt wurden, sagten sie, sie hätten ihr Opfer gequält, weil es ihnen Spaß gemacht hätte" (Auszug aus einem Zeitungsartikel in Olweus 1993: 7). Dieser Zeitungsausschnitt zeigt in bedrückender Weise, zu welcher Grausamkeit Kinder und Jugendliche unter bestimmten Umständen in der Lage sind. Und er zeigt, welcher Albtraum es für den gequälten Schüler sein kann, zur Schule zu gehen – häufig, ohne dass die Eltern oder die Lehrer ahnen, was los ist. Mobbing unter Schulkindern ist sicherlich ein sehr altes Phänomen.

Obwohl viele das Problem kennen, ist es noch nicht so lange her – etwa seit den frühen 1970er Jahren –, dass das Phänomen systematisch wissenschaftlich untersucht wurde (Olweus 1973a, 1978). Einige Jahre lang lag der Forschungsschwerpunkt in Skandinavien. In den späten 1980er und den 1990er Jahren wurden auch andere Länder wie Japan, Großbritannien, die Niederlande, Kanada, USA und Spanien auf Mobbing unter Schulkindern aufmerksam (für weitere Verweise siehe auch Olweus 1993). In den letzten ungefähr zehn Jahren gab es eine fast explosionsartige Entwicklung auf diesem Gebiet, was sowohl die Forschung als auch die Intervention und nationale Politik angeht (z.B. Smith/Morita/Junger-Tas/Olweus/Catalano/ Slee 1999, Juvonen/Graham 2001, Espelage/Swearer 2004, Smith/Pepler/Rigby 2004).

In den USA wurde diese gesteigerte Aufmerksamkeit durch einige Schießereien in Schulen, die in den Medien sehr präsent waren, weiter gestärkt. Bei diesen tragischen Vorfällen wurde teilweise eine Beziehung der Täter-Opfer-Problematik im Rahmen von Mobbing bei den beteiligten Schülern hergestellt (Anderson et al. 2001). Vor diesem Hintergrund werde ich nun kurz die Definitionen von Mobbing und Gewalt präsentieren und einige Forschungsergebnisse über das Vorkommen und die Charakteristika von Tätern und Opfern vorstellen. Danach konzentriert sich mein Vortrag auf die Interventionen gegen die Täter-Opfer-Problematik, die wir in den letzten 20 Jahren in Norwegen durchgeführt haben sowie auf eine neue landesweite Interventions- und Präventionsinitiative. Definitionen von Mobbing und Gewalt an Schulen Bereits in den 1980er Jahren habe ich folgende Definition von Mobbing entwickelt (Olweus 1986, 1993):

Eine negative Aktivität besteht dann, wenn jemand vorsätzlich den Schüler verletzt oder versucht zu verletzen, oder ihm Unbehagen bereitet – was grundsätzlich die Definition von aggressivem Verhalten beinhaltet (Olweus 1973b, Berkowitz 1993). Negative Aktivitäten können durch physischen Kontakt, durch Worte oder auf anderen Wegen wie durch Grimassen schneiden oder verletzende Gesten sowie durch den vorsätzlichen Ausschluss aus einer Gruppe bestehen. Bei der Verwendung des Begriffes Mobbing sollte außerdem ein Macht- oder Kräfte-Ungleichgewicht (eine asymmetrische Beziehung) bestehen: Dem Schüler, der den negativen Aktivitäten ausgesetzt ist, fällt es schwer, sich zu verteidigen. Etwas allgemeiner ausgedrückt, kann Mobbing definiert werden als „vorsätzliches, wiederholt negatives (unangenehmes oder verletzendes) Verhalten von einer oder mehreren Personen einer anderen Person gegenüber, die Schwierigkeiten hat, sich zu verteidigen."
Inhaltsverzeichnis
Inhalt5
Vorwort10
Teil A – Grundlagen22
Hans Thiersch Bildung und Sozialpädagogik23
Reinhard Uhle Bildungsstandards37
Martin Bonsen / Wilfried Bos / Nicole Kummer Interpretation von Leistungsvergleichsdaten– Fragen an das deutsche Schulsystem52
Matthias von Saldern Schulstrukturen und Qualitätsentwicklung von Schule in der Bundesrepublik Deutschland67
Wolfgang Edelstein Ganztagsschule: ein entwicklungspädagogischer Systemwechsel?81
Astrid Kaiser Geschlechtergerechte Schule – eine Chance für Mädchen (und Jungen)92
Barbara Friebertshäuser Verstehen und Anerkennen. Aspekte pädagogischer Beziehungen in Schule und außerschulischer Jugendarbeit111
Rolf Krüger / Gerhard Zimmermann Strukturen, Leistungen und andere Aufgaben der Jugendhilfe123
Rolf Krüger Entwicklung und Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit150
Franz Prüß Schulbezogene Jugendhilfe: Chancen zur Entwicklung der Schule als sozialer Ort unter Berücksichtigung der Partizipation163
Herbert Bassarak Schulsozialarbeit im neuen sozial- und bildungspolitischen Rahmen177
Luise Hartwig Geschlechtergerechtigkeit in der Jugendhilfe194
Reinhard Mario Fox Psychologische Grundlagen der Entstehung und Prävention von Gewalt212
Christof Schmitt Prävention – Zauberformel oder Irrweg für die Kooperation?225
Teil B – Ausgewählte Problemstellungen243
Dan Olweus Mobbing in Schulen: Fakten und Intervention244
Angelika Henschel Geschlechtsbewusste Gewaltprävention – ein Qualitätsmerkmal in der Kooperation von Schule und Jugendhilfe264
Christoph Butterwegge Kinderarmut als Problem für Schule und Jugendhilfe277
Franz Josef Krafeld Jugendliche und Rechtsextremismus – eine Herausforderung (auch) für Schule und Jugendhilfe289
Karlheinz Thimm Schuldistanzierung308
Vera King Aufstieg aus der bildungsfernen Familie? Anforderungen in Bildungskarrieren am Beispiel junger Männer mit Migrationshintergrund330
Sigrid Meinhold-Henschel / Stephan Schack Kinder- und Jugendpartizipation in Deutschland – Entwicklungsstand und Handlungsansätze344
Hermann Rademacker Schulversäumnisse und das Recht auf Bildung – Konsequenzen für Schule und Jugendhilfe1361
Ulrike Popp Geschlechtstypische Disparitäten in der Berufs- und Lebensplanung von Jugendlichen378
Jürgen Budde Bildungs( miss)erfolge von Jungen in der Schule?!391
Lotte Rose Gender als Qualifizierungsimpuls in der Kooperation zwischen Jugendarbeit und Schule406
Teil C – Praxis gestalten417
I. Kooperation politisch und strukturell gestalten Horst Roselieb / Ingrid Wahner- Liesecke PRINT als Ergebnis interministerieller Zusammenarbeit in Niedersachsen418
Jörn Sommer Ergebnisse der Evaluation des Niedersächsischen Landesprogramms PRINT. Präventions- und Integrationsprojekte an schulischen Standorten428
Waldemar Stange Weiterbildung als strategischer Ansatz zur Verbesserung der Kooperation von Schule und Jugendhilfe: gemeinsame Qualifizierung von Fachkräften aus Schule und Jugendhilfe in Tandemkursen444
Karlheinz Thimm Jugendsozialarbeit an Berliner Hauptschulen. Konzepte unter der besonderen Berücksichtigung des Übergangs Schule – Beruf465
Maria Bitzan Wem nützt die Kooperation von Jugendarbeit und Schule? Ergebnisse des Förderprogramms in Baden- Württemberg und Impulse für die Jugendhilfeplanung486
Frank Nieslony Zur strukturellen Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule – deutsche Probleme und niederländische Erfahrungen502
II. Instrumente der Kooperation und Qualitätssicherung Christof Schmitt Kooperationsvereinbarungen als Baustein gelingender Kooperationen512
Christof Schmitt Der Einsatz von Projektmanagement im Rahmen der Kooperationspraxis522
Andreas Eylert Zielfindung und Konzeptionsentwicklung in der Kooperation von Schule und Jugendhilfe533
Waldemar Stange Kooperation gestalten: Konzeptgrundlage „Sozialraum- und Lebensweltanalyse“546
Wolfgang Fänderl Bildung von Netzwerke(r)n572
Rolf Krüger Wie gründet man einen eingetragenen Verein als freier Träger der Jugendhilfe?585
Christof Schmitt Finanzierung von Kooperationsprojekten mit Kindern und Jugendlichen595
Waldemar Stange Partizipation von Kindern und Jugendlichen im Schnittfeld von Schule und Jugendhilfe604
Nina Krüger Öffentlichkeitsarbeit für soziale und pädagogische Berufe624
Waldemar Stange Die Moderationsmethode als Mittel zur Gestaltung von Präventions- und Kooperationsprojekten: Partizipation und Visualisierung1631
Rolf Krüger Probleme des Datentransfers zwischen Jugendhilfe und Schule643
Rolf Krüger Zivilrechtliche Haftungsrisiken bei der Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe648
Thomas Schmehl „ Kollegiale Beratung“ im Rahmen von Kooperationsprojekten „Schule und Jugendhilfe“653
Rolf Krüger Einführung in das Recht der materiellen Grundsicherung660
Raingard Knauer Evaluation und Qualitätsentwicklung in der Kooperation von Jugendhilfe und Schule669
III. Best Practice Jutta Sengpiel / Stephan Fabriczek / Sylke Troch Von „ Keep Cool“ zu „ Schüler gestalten Schule“682
Frank Wesendrup / Barbara Beckmann Konfliktlotsenausbildung in Schule und Jugendarbeit688
Tuulia Koskus-Gärtner Wohlbefinden in der Schule – Wohlfühlwoche WOW692
Antje Schmidt / Almut Hetzel „ Juntos – tâ ´ t t a – gemeinsam“: das „internationale Projekt“ der Hauptschulklasse 9e700
Astrid Meine / Manfred Bonse Durchblick: Erwerb von Lernkompetenzen706
Anette Bartsch „ Ballern, klicken, zocken – Wie gefährlich sind Computerspiele?“ Eine Projektwoche mit Medienerfahrungen für Eltern und Lehrkräfte710
Silke Deibert / Anne Elbers Mann O Mann & Frauensachen715
Silke Raupers / Ines Johlen Der Klassenrat722
Dirk Meinhardt / Petra Böckmann / Simone Meyer Berufsfahrplan728
Nico Rettcher / Jörg Kreusel „ Nationalsozialismus – Nationalismus in der Zeit von 1933 – 1945“ im Ländervergleich ( Deutschland, Frankreich, Italien, Polen)733
Peter Klösener / Helga Hettlich / Michaela Truß Fit für’s Leben – Jugendverbände in Kooperation mit Schule739
Karin Haller / Karin Emse / Tomas Wieland Zuspätkommer – Einstieg zum Ausstieg?745
Andreas Kattenstroth / Christian Scharffe Präventionsforum Kaltenmoor751
Dieter Schulz / Thorsten Jansing „ Projekt Auszeit – Schulpflichterfüllung am außerschulischen Lernstandort“755
Marcus Laube / Ulrich Siegmann / Kristin Hartmann Schülerqualifikation gegen Rechtsextremismus759
Knuth Erbe / Kristin Hartmann „ Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“763
Angaben zu den Autorinnen und Autoren767

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