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Keine Hausaufgaben und den ganzen Tag Pause

Wie es Bildung in Freiheit und Demokratie geben kann

AutorJerry Mintz
Verlagtologo Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl146 Seiten
ISBN9783940596772
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis10,99 EUR
Möchtest du ... auf eine demokratische Schule gehen? ... dein Kind bei einer demokratischen oder alternativen Schule anmelden? ... eine demokratische Schule gründen? ... deiner Schule helfen, demokratischer zu werden? ... dass die Bildung deines Kindes von zu Hause aus stattfindet? Dann ist dieses Buch das Richtige für dich! Der international bekannte Pädagoge Jerry Mintz hat den größten Teil seines Lebens damit verbracht, die Selbstbestimmung in der Bildung und die Übertragung von Entscheidungsrechten auf Kinder zu unterstützen und voranzutreiben. In diesem Buch greift er auf seine langen Erfahrungen als Leiter einer Demokratischen Schule und der AERO (Alternative Education Resource Organization) und auf seine engen Beziehungen zu Alternativen Schulen auf der ganzen Welt zurück, um einen klaren und präzisen Überblick über diese wachsende Bewegung zu geben. 'Es ist eine Freude, dieses Buch zu lesen - es ist voller Erkenntnisse aus dem wirklichen Leben. Jerry Mintz' umfassende Erfahrungen damit, den schulischen Teil des Erwachsenwerdens auf andere Weise zu gestalten, sind einzigartig.' John Taylor Gatto, Autor der Erfolgsbücher 'Dumbing Us Down' und 'The Underground History of American Education' 'Ich habe dieses Buch in die Hand genommen und wollte es nicht wieder hinlegen - Jerry Mintz ist ein wunderbarer Geschichtenerzähler. Sein Buch ist voller überaus wichtiger und aufschlussreicher Informationen. Wer an demokratischer Bildung beteiligt ist, darin einsteigen möchte oder einfach etwas darüber lernen will, muss dieses Buch lesen. Wenn ich könnte, würde ich es zur Pflichtlektüre für alle Eltern und Lehrer machen. Es ist einfach und tiefgehend!' Roger Dennis, Lehrer an einer öffentlichen Schule

Jerry Mintz ist seit über dreißig Jahren eine maßgebliche Stimme in der Alternativschulbewegung. Er hat siebzehn Jahre lang als Lehrer und Schulleiter an öffentlichen Schulen und privaten Alternativschulen gearbeitet. Er hat 1989 die AERO (Alternative Education Resource Organization) gegründet, die er heute noch leitet. Er ist geschäftsführender Herausgeber der Zeitschrift 'The Education Revolution'.

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Leseprobe

Die Kraft der Demokratie


Von den Schulen, die sich demokratisch nennen, hat jede eine andere Art von Versammlung. Einer der wichtigsten Punkte ist, bei Beginn – oder sogar noch vor Beginn des Schulbetriebs – festzulegen, welche Entscheidungen die Versammlung treffen kann. Es ist sehr wichtig, nicht anzudeuten, die Versammlung könne alle Entscheidungen treffen und dies dann nicht einzuhalten. Dies kann das ganze Verfahren zugrunde richten.

Eine demokratische Versammlung kann auch eine sehr eng begrenzte Entscheidungsbefugnis haben, solange deutlich ist, welche Befugnisse sie hat und diese Macht niemals unterlaufen wird oder ihr zuwidergehandelt wird.

Ich werde oft gefragt: »Wie kann man in einem einzelnen Klassenzimmer oder in einer Familie eine Versammlung abhalten?« Nun, man fängt damit an, dass man den beteiligten Kindern sagt: »In diesen Bereichen können wir euch die Entscheidungsbefugnis geben und in diesen können wir es nicht.« und dann dazu steht – sich an das hält, was man gesagt hat. Wenn man das tut, kann das Abhalten demokratischer Versammlungen in nahezu jeder Situation nützlich sein.

Beispielsweise unterrichte ich seit vielen Jahren ehrenamtlich Tischtennis in einem örtlichen Jugendclub für Jungen und Mädchen. Ich bin nur an zwei Tagen pro Woche für ein paar Stunden dort, aber der Club ist sechs Tage pro Woche geöffnet. Ich hatte viele Jahre lang nur die älteren Kinder unterrichtet, von dreizehn Jahren aufwärts. Sie fühlten sich eine Zeit lang angesprochen und verloren dann das Interesse, und deswegen war ich nicht so oft dort – ich kam, wann ich Zeit dazu hatte. Während der ersten acht Jahre, in denen ich dort war, hatte ich nie einen Terminplan. Als ich anfing, die jüngeren Kinder zu unterrichten, war das Interesse so groß, dass ich mich zum ersten Mal auf einen Terminplan festlegen musste.

Letztlich erkannte ich, dass es er beste Weg wäre, die Ordnung aufrecht zu erhalten, wenn die Entscheidungen über den Betrieb des Tischtennistreffs von einer demokratischen Versammlung getroffen werden würden. Die Idee war, dass einige der Kinder von der Versammlung zu Leitern oder Aufsichtsführenden gewählt werden könnten.

Das sieht nach einem sehr eng begrenzten Bereich aus: Wir sprechen über einen Tischtennistreff in einem Jugendclub, der im Wesentlichen als autoritäre Einrichtung betrieben wird, in der die Mitarbeiter die Macht haben, zu entscheiden was immer sie wollen. Und doch wurde dies aufgrund des demokratischen Verfahrens zu einem kraftvollen, mächtigen Programm und blieb es auch. Als die Kinder erkannten, dass jede einzelne ihrer Entscheidungen ohne Ausnahme umgesetzt wurde, wurden die Versammlungen zunehmend vielschichtiger und bewegten sich zu mehr und mehr philosophischen Fragestellungen. Die Kinder haben vollkommenes Vertrauen in die Versammlung, obwohl es alles Kinder sind, die in gewöhnliche öffentliche Schulen gehen. Viele dieser Kinder kommen aus Elternhäusern mit geringem Einkommen, viele gehören Minderheiten an, aber es ist eine ziemlich gute Mischung von Kindern aus allen möglichen Familienverhältnissen: einige aus Familien mit hohem Einkommen, einige weiße Kinder, ein paar lateinamerikanische Kinder, einige schwarze Kinder und auch noch ein paar anderer Herkunft.

Diese Gruppe hat eine Rangliste aufgestellt, auf der etwa dreißig bis vierzig Kinder stehen. Es kamen einige Diskussionen auf in Bezug auf einen Jungen, der auf einem der obersten Plätze der Rangliste stand. Es gab eine Situation, bei der er seinen Cousin gegen sich gewinnen ließ und ihn dann wieder besiegte, um seinen Cousin auf der Rangliste nach oben zu bringen. Dies wurde bei einer Versammlung besprochen und ich werde sie nie vergessen, weil ich nie wieder eine derartige Versammlung erlebt habe.

Wir begannen mit der Erörterung der ethischen Frage, ob es jemandem erlaubt sein sollte, so etwas zu tun – sich geplant von jemandem besiegen zu lassen und dann wiederum denjenigen zu besiegen. Wir begannen in einem separaten Raum, mussten aber mitten in der Versammlung das Zimmer räumen und waren gezwungen, in den allgemeinen Aufenthaltsraum zu gehen, mit allen möglichen Arten von Lärm und Chaos um uns herum. Die Kinder stellten einen Stuhlkreis auf und obwohl sie schreien mussten, um gehört zu werden, verließen sie die Versammlung nicht, bevor eine Entscheidung getroffen worden war.

Es wurde entschieden, eine Regel gegen ein derartiges Vorgehen aufzustellen – aber in diesem Fall gäbe es keine Konsequenzen für den betreffenden Jungen, weil es dazu bisher noch keine Regel gab. Wer von jetzt an gegen diese Regel verstoße und sich absichtlich besiegen lasse, würde auf den letzten Platz der Rangliste gesetzt. Dies ist ein Beispiel dafür, wie ernst Kinder solche Entscheidungen und den Entscheidungsprozess nehmen.

Kürzlich führte ich mit einem der Mitarbeiter des Jugendclubs ein Gespräch über die Kinder, mit denen wir arbeiteten. Er hatte bei einigen der Kinder, die – bevor sie zu dem Tischtennistreff kamen – so ziemlich außer Kontrolle waren, tiefgreifende Veränderungen bemerkt. Ich denke im Besonderen an einige Kinder, die erkannten, dass in dieser Situation ihre Altersgenossen die Autoritätspersonen waren und dass sie ihnen zuhören und ihr Verhalten ändern mussten. Einige dieser sehr schwierigen Kinder blühten richtiggehend auf. Sie wurden sogar in Ämter wie Aufsicht oder stellvertretende Aufsicht für den Tischtennistreff gewählt. Interessanterweise wusste ich – was ausgezeichnet ist – nicht einmal, dass eines dieser Kinder vorher ein Problemkind gewesen war. So ist es mir am liebsten. Ich hatte an ihn, wie an die meisten Kinder, hohe Erwartungen. Er ist in den Versammlungen verantwortungsbewusst und aufmerksam geworden. Insbesondere wurde einer der Jungen, eines der beiden Problemkinder, zum stellvertretende Aufsicht gewählt, obwohl alle wussten, dass er verschiedene Schwierigkeiten hatte. Sie sagten, er würde mogeln und andere verspotten und niedermachen. Eines Tages gab es von verschiedenen Kindern eine Reihe von Beschwerden gegen ihn. Für die nächste Versammlung wurde ein Gespräch über ihn auf die Tagesordnung gesetzt, aber er wurde nicht als stellvertretender Aufsichtsführer abgewählt. Es ging in der Versammlung eher darum, ihm eine Rückmeldung zu geben und ihm klar zu machen, dass er sich nicht so benehmen konnte, wenn er seine Position behalten wollte. Die anderen Kinder wussten, dass er es wirklich gerne machte. Dies war für mich ein wunderbares Beispiel, wie man Kinder in einer Weise behandeln kann, die wirkungsvoll ist und die sie annehmen können.

Selbst in dieser eingeschränkten Situation im Jugendclub haben die Kinder erkannt, dass sie wirklich alle Entscheidungen treffen, die mit dem Tischtennistreff zu tun haben. Es gab nie einen Einspruch von den Mitarbeitern. Wenn etwas nicht in den Bereich fällt, über den die Kinder entscheiden können, wird das von den Erwachsenen von vornherein klar gesagt. Dies ist der entscheidende Punkt für eine wirkungsvolle Versammlung.

Das Problem an verschiedenen Schulen hinsichtlich des demokratischen Verfahrens ist, dass die Entscheidungsbefugnisse der Schüler von den Machthabern breiter dargestellt werden, als sie tatsächlich sind. Wenn die Kinder zu der Erkenntnis kommen, dass sie nicht so viel Macht haben wie sie dachten, oder wenn etwas widerrufen wird oder etwas, dass sie beschlossen haben, nicht eintritt, dann kann das demokratische Verfahren Schaden nehmen.

Beim Umgang mit Kindern mit massiven Verhaltensschwierigkeiten müssen Demokratische Schulen die demokratische Versammlung in Anspruch nehmen. Andere Schulen versuchen, diese Schwierigkeiten zu bewältigen, indem Mutmaßungen angestellt werden, welche Regeln nötig sind, um jeden in gewissem Maß unter Kontrolle zu behalten. Dieses Modell hat seine Grenzen: Manchmal liegt man mit der Mutmaßung einfach daneben, weil nicht alle dazu beitragen.

Einer der Punkte, in denen sich Demokratische Schulen maßgeblich von anderen Schulen unterscheiden, ist, dass es nicht eine Autoritätsperson gibt, sondern dass die Entscheidungen mit der Autorität aller – aller Kinder und aller Erwachsenen – getroffen werden. Dies hat auf die Schüler, insbesondere auf diejenigen, die Schwierigkeiten hatten, einen mächtigen Einfluss. Manchmal verwenden sie ihre ganze Energie für den Kampf mit den Autoritätspersonen, so dass sie wirklich kaum hören können, was diese Autoritätspersonen ihnen sagen. Sie wollen es keinesfalls aufnehmen oder akzeptieren, weil es vom »Feind« kommt. Aber wenn es von ihren Altersgenossen kommt, dann können sie es hören.

Oft macht man sich Sorgen, die Versammlungen der Kinder könnten langweilig sein, weil man so viele langweilige Versammlungen von Erwachsenen erlebt hat. Jede Versammlung kann langweilig sein, wenn sie für die Zuhörer nicht von Bedeutung ist. Als ich vor einigen Jahren beim »Home Education Festival«1 in England war und zuerst das demokratische Verfahren zur Entscheidungsfindung vorführte, waren mehrere hundert Erwachsene und etwa zehn Kinder anwesend. Als sie feststellten, dass wir Themen besprechen würden, die für sie wichtig waren, strömten die Kinder herein.

Später, bei folgenden Versammlungen zu Themen, die die Kinder betrafen, war das Verhältnis genau umgekehrt und es waren mehrere hundert Kinder und nur ein Bruchteil an Erwachsenen anwesend. Dies zeigte mir eindeutig, dass Kinder in keiner Weise etwas dagegen haben, diese Befugnisse zu haben oder Zeit mit der Besprechung schwieriger Angelegenheiten zu verbringen – wenn sie tatsächlich Einfluss haben und die Themen für sie interessant und wichtig sind.

Bedauerlicherweise scheinen Kinder an öffentlichen...

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