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Klärungsprozesse in der Klärungsorientierten Psychotherapie

AutorRainer Sachse
VerlagHogrefe Verlag GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl127 Seiten
ISBN9783844427264
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis21,99 EUR
Das Anregen und Steuern von Klärungsprozessen bei Klienten ist der zentrale Kern der Klärungsorientierten Psychotherapie. Die Klärung von Schemata und Motiven ist für Klienten sehr schwierig: Therapeuten benötigen daher ein hohes Maß an Expertise, insbesondere in Form von Klärungsstrategien. Therapeuten benötigen aber auch Wissen über Klärungsprozesse, Prozessziele und darüber, welche Rahmenbedingungen sie zur Klärung schaffen sollten, damit sie erkennen können, auf welcher Prozessstufe sich ein Klient befindet und was der Klient jeweils an gezielter Unterstützung durch den Therapeuten benötigt. Dieses Buch vermittelt Therapeuten eine solche Expertise: Es legt dar, worauf Therapeuten achten sollen und unter welchen Bedingungen sie die Klienten-Prozesse durch welche Strategien konstruktiv steuern können. Die angeführten Strategien sind alle empirisch getestet und haben sich in der praktischen Anwendung der Klärungsorientierten Psychotherapie vielfach bewährt.

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Leseprobe

|42|3 Klärung und Klärungsprozesse


In diesem Kapitel wird dargestellt, worum es bei Klärung geht, wie Klienten Klärungsprozesse durchführen und wie Therapeuten die Klärungsprozesse von Klienten konstruktiv steuern können.

3.1 Klärung


Wir gehen davon aus, dass einem Klienten Schema-Annahmen oft nicht bewusst sind oder sie ihm nicht völlig klar sind, er sie nicht gut ausdrücken, nicht genau fassen kann: Obwohl die Schema-Inhalte in einem kognitiven Code vorliegen, kann der Klient die Inhalte nicht, nicht genau, nicht präzise oder nicht valide in Sprache fassen. Diese Umsetzung von Schema-Inhalten in Sprache, in exakte und valide Formulierungen ist aber notwendig,

  • um die Inhalte im Therapieprozess kommunizieren zu können;

  • damit die Inhalte dem Klienten völlig bewusst repräsentiert sind;

  • damit die Inhalte auf Stimmigkeit und Problemrelevanz geprüft werden können;

  • und: damit die Inhalte in kognitiven Techniken hinterfragt, geprüft und widerlegt werden können.

Die Umsetzung (oder „Übersetzung“) von (eher impliziten) Schema-Inhalten in explizite sprachliche Aussagen nennen wir Klärung oder Explizierung, und den Prozess, der dieses bewirkt, nennen wir Klärungs- oder Explizierungsprozess (vgl. Sachse, 1992a, 2003a, 2005a, 2008a; Sachse & Fasbender, 2010; Sachse, Fasbender & Breil, 2009; Sachse & Sachse, 2011).

Dabei gehen wir davon aus, dass

  • der Klärungs- oder Explizierungsprozess vom Klienten vollzogen wird und vollzogen werden muss: Nur der Klient hat Zugang zu seinem Schema und nur der Klient kann implizite Bedeutungen für sich stimmig in explizite Bedeutungen umsetzen;

  • der Klärungs- oder Explizierungsprozess aber von einem Therapeuten durch entsprechende Interventionen angeleitet oder gesteuert werden muss;

  • somit Klient und Therapeut gemeinsam an der Klärung arbeiten: Der Klient als Experte für die Inhalte und der Therapeut als Experte für den Prozess.

|43|3.2 Die Schwierigkeit des Explizierungsprozesses und die Notwendigkeit einer Prozesssteuerung durch den Therapeuten


Ich selbst und andere haben eine Reihe von Prozessstudien zu Klärungsprozessen von Klienten und Steuerungsprozessen von Klienten und Steuerungsprozessen von Therapeuten durchgeführt, aus denen wesentliche Konsequenzen für die Konzeption von Therapie abgeleitet werden können (zusammenfassend siehe Sachse, 2014a; Sachse & Sachse, 2009). Diese Studien sind: Atrops & Sachse, 1994; Bullmann, 2006; Frohburg & Sachse, 1992; Kramer & Sachse, 2010, 2013; Reicherts & Montini-Lirgg, 2006; Sachse, 1988a, 1988b, 1990a, 1990b, 1990c, 1990d, 1991a, 1991b, 1991c, 1991d, 1992a, 1992b, 1992c, 1993a, 1994, 1997a, 1997b; Sachse & Atrops, 1991; Sachse & Maus, 1987, 1991; Sachse & Neumann, 1983, 1986, 1987a, 1987b; Sachse & Rudolph, 1992a, 1992b; Sachse & Sachse, 2009; Sachse & Takens, 2003; Takens, 1995, 1996, 2001.

Aus diesen Prozessstudien kann man die folgenden Schlussfolgerungen für psychotherapeutische Prozesse ziehen:

  • Klärungsprozesse sind für Klienten schwierig: Klienten brauchen dafür Zeit und sie brauchen dafür in hohem Maße Hilfe und Unterstützung vom Therapeuten.

  • Klienten vollziehen konstruktive Klärungsprozesse ohne therapeutische Hilfestellung nur sehr selten und ohne konstruktive Steuerung neigen sie dazu, die Prozesse eher zu verschlechtern.

  • Therapeuten können konstruktive Klärungsprozesse in sehr hohem Ausmaß fördern, wenn sie geeignete Strategien dafür anwenden.

  • Therapeuten können aber durch ungünstige Strategien Klärungsprozesse auch behindern oder beeinträchtigen.

  • Selbst mit therapeutischer Unterstützung sind Klärungsprozesse für Klienten schwierig und langwierig.

  • Klienten lassen sich meist vom Therapeuten konstruktiv steuern: Klienten erwarten konstruktive Unterstützung vom Therapeuten.

  • Klärungsprozesse laufen in bestimmten Stufen ab und Therapeuten müssen die Prozesse in der richtigen Reihenfolge steuern, um die Prozesse gut zu fördern.

  • Obwohl Therapeuten einen hohen steuernden Einfluss auf Klienten haben, determinieren therapeutische Interventionen die Klientenprozesse keineswegs vollständig: Klientenprozesse sind nicht völlig vorhersehbar und determinierbar, der Klient hat in seinen Prozessen viele Freiheitsgrade und stellt Therapeuten immer wieder vor neue Herausforderungen.

  • Der steuernde Einfluss von Therapeuten auf die Prozesse von Klienten ist dann besonders hoch, wenn die Therapeut-Klient-Beziehung gut ist.

  • Je besser der Therapeut den Klienten versteht und je zentraler und besser der Therapeut auf den Klienten eingeht, desto besser kann der Therapeut die Prozesse des Klienten steuern.

  • Je besser die Qualität der therapeutischen Interventionen des Therapeuten ist (kurz, präzise, zentral, einfach, eindeutig), desto besser steuern diese die Prozesse des Klienten.

  • |44|Klienten lernen im Laufe der Therapie, wie Klärungsprozesse funktionieren: Sie klären im Laufe der Therapie zunehmend besser und nehmen therapeutische Bearbeitungen besser an.

  • Klienten unterscheiden sich zu Therapiebeginn deutlich in der Qualität ihrer Klärungsprozesse: Z. B. nehmen Klienten mit psychosomatischer Verarbeitungsstruktur vertiefende Interventionen des Therapeuten nur sehr schlecht an.

Aus diesen Gründen ist es aus meiner Sicht nicht sinnvoll, Schemata

  • nur durch kurze Explorationen klären zu wollen,

  • nur durch Fragebögen zu erfassen.

Durch solche Vorgehensweisen werden lediglich extrem periphere Schemata erfasst!

3.3 Der Klärungsprozess im Überblick


Wir möchten hier zunächst zur Orientierung einen Überblick über den Klärungsprozess geben und uns dann anschließend mit den einzelnen Komponenten noch einmal ausführlich befassen.

Wir gehen davon aus, dass man zur Beschreibung der Klärungsprozesse zwei Ebenen braucht: Eine inhaltliche Ebene, auf der man bestimmte, inhaltlich definierbare Prozesse beschreiben kann. Und eine psychologische Funktionsebene, auf der man grundlegende psychologische Funktionen beschreiben kann, die den inhaltlichen Prozessen zugrunde liegen.

Auf der inhaltlichen Ebene kann man bestimmte Teil-Prozesse beschreiben, die in bestimmter Weise aufeinander folgen müssen, damit eine Klärung relevanter Schemata überhaupt stattfinden kann.

Auf der psychologischen Funktionsebene kann man zwei relevante Funktionen beschreiben, die bei den inhaltlichen Prozessen relevant sind, nämlich:

  • Perspektive

  • Verarbeitungsmodus

3.3.1 Inhaltsebene

Auf der Inhaltsebene kann man fünf Teil-Prozesse des Klärungsprozesses unterscheiden:

  • keine Probleme im Fokus

  • Intellektualisierung

  • abgehobener Bericht

  • konkreter...

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