B
Bad (arab. ḥammām). Das aus der Antike stammende und der Bautradition der römischen Thermen folgende öffentliche B. wurde im Mittelalter zu einer typisch islam. Einrichtung. Der Ruhm einer Stadt maß sich u.a. an der Zahl und Größe ihrer Badehäuser. Die islam. Lehre von der rituellen Reinheit (arab. ṭahāra) ist von großer Bedeutung für den Besuch des B., denn nur in diesem Zustand darf ein Muslim die Moschee betreten, beten und im Koran lesen (Sure 5:9). Wer sich im Zustand der janāba (arab. «große rituelle → Unreinheit») befindet, kann die Reinheit nur durch die → Waschung des ganzen Körpers einschließlich der Haare wiedererlangen. Gleichzeitig ist das B. ein beliebter Treffpunkt zur Pflege sozialer Kontakte. Es gibt spezielle Männer- und Frauenbäder; andere Bäder sind tage- oder stundenweise für Frauen reserviert. Seit der Übernahme des europäischen Badezimmers in den modernen Wohnungsbau gehen die Besucherzahlen zurück. In manchen Ländern wird das öffentliche B. durch Tourismus und Rückbesinnung auf die eigenen Traditionen zunehmend wiederbelebt. Sto
Lit.: Grotzfeld, H.: Das Bad im arabisch-islamischen Mittelalter. Eine kulturgeschichtliche Studie, 1970.
Bahāʾī. Die B.-Religion oder das Bahāʾītum ist eine im 19. Jh. von dem iran. Notabeln Mīrzā Ḥusain ʿAlī Nūrī, genannt Bahāʾ Allāh (1817–1892), gestiftete Universalreligion. Zwei innerschiit. Bewegungen gingen der B.-Religion voraus, die Shaikhīya und das Bābitum (→ Schiiten). Die Shaikhīs erwarteten 1844 die Rückkehr des Zwölften Imams. Zuerst zum direkten Mittler oder Tor (arab. bāb) des Mahdi und dann zum erwarteten Imam selbst erklärte sich Sayyid ʿAlī Muḥammad Shirāzī. Die von ihm geführte sozialrevolutionäre Bewegung wurde seitens der in Iran herrschenden Qājārendynastie brutal bekämpft, der Bāb 1850 hingerichtet. Nach einem versuchten Anschlag auf den Schah wurde auch Mīrzā Ḥusain ʿAlī Nūrī zuerst ins Gefängnis geworfen, um anschließend in das Osman. Reich verbannt zu werden. In Bagdad offenbarte er einigen seiner Getreuen, er sei die vom Bāb verheißene messian. Persönlichkeit, die spirituelle Wiederkehr des Bāb. Dieser Anspruch wurde ihm allerdings von seinem jüngeren Halbbruder Ṣubḥ-i Azal streitig gemacht, was zu einer Spaltung der Gemeinschaft führte. Nach Aufenthalten in Bagdad, Istanbul und Edirne wurden Bahāʾ Allāh, der inzwischen offen für seine Religion warb, und sein Gefolge 1868 nach Akka in Palästina geschickt; sein Bruder und dessen Anhänger gingen ins Exil nach Zypern. In Akka schrieb Bahāʾ Allāh das Kitāb al-Aqdas («Das Allerheiligste Buch», inzwischen auch in deutscher Sprache erschienen) nieder, das den → Koran und die Heilige Schrift des Bāb, Bayān, ablösen sollte. Auf der Grundlage des Kitāb al-Aqdas begannen sich die Bahāʾīs in Iran zu organisieren und die in diesem Buch offenbarten Gesetze zu befolgen. Bereits 1874 setzte eine period. wiederkehrende Verfolgung der Angehörigen der neuen Religion durch die Regierung und große Teile des schiit. Klerus ein. Dennoch verbreitete sich die B.-Religion in den letzten Dekaden des 19. Jh. nicht nur unter iran. → Schiiten, sondern auch unter Zoroastriern und Juden. Weltweit fand die neue Religion in dieser Zeit Zulauf im Irak, der Türkei, Großsyrien, Ägypten, Sudan, auf dem Kaukasus, in Zentralasien, Indien und Burma. Nach dem Tod seines Vaters im Jahre 1892 übernahm Bahāʾ Allāhs Sohn ʿAbbās Efendi ʿAbd al-Bahāʾ (1844–1921) die Führung der Religion, die in vielen weiteren Gegenden der Welt neue Gläubige fand. In Iran selbst mussten die Bahāʾīs bis zum Ende der Qājārenherrschaft weitere Pogrome erdulden. Auch während der Regierung der beiden Pahlavi-Schahs (1926–1979) kam es immer wieder zu staatlicher und klerikaler Verfolgung. Seit der iran. Revolution und der Etablierung der Islam. Republik hat sich die Situation der Bahāʾīs in Iran deutlich verschlechtert. Etwa 200 der bekanntesten Bahāʾīs des Landes wurden hingerichtet, viele weitere inhaftiert. Derzeit leben etwa 300.000 Bahāʾīs in Iran. Zwar werden aufgrund internationalen Drucks Bahāʾīs inzwischen als StaatsbürgerInnen anerkannt und behandelt, doch werden ihnen alle mit der Religionsfreiheit zusammenhängenden Rechte verwehrt. Da die Bahāʾī-Religion sich auf einen Stifter beruft, der auf den islamischen Propheten Muḥammad folgte, wird sie von der überwiegenden Mehrheit der Muslime nicht nur in Iran abgelehnt. Außerdem werden die Bahāʾīs in Iran beschuldigt, Angehörige einer Verschwörung zu sein, die die Zerstörung Irans und des zwölferschiitischen Islams zum Ziel habe. Die zentralen Wallfahrtsorte der Bahāʾīs liegen im heutigen Israel, wo sich in Akka das Grab Bahāʾ Allāhs und in Haifa dasjenige des Bāb befinden. In Haifa steht auf den Hängen des Berg Karmel auch das «Universale Haus der Gerechtigkeit», von wo aus ein Gremium aus neun gewählten Bahāʾīs die Weltgemeinde leitet. In den «Häusern der Andacht», von denen es eines auf jedem Kontinent gibt (das europäische «Haus der Andacht» wurde 1964 in Hofheim-Langenhain bei Frankfurt eingeweiht), soll das Wort Gottes ohne menschlichen Kommentar wirken. Dort wird aus den Heiligen Schriften aller Religionen vorgetragen. Das Konzept der progressiven Offenbarung in der B.-Religion besagt, dass aufeinander folgende göttliche Manifestationen den Menschen im Laufe der Jahrtausende immer anspruchsvollere religiöse Lehren eröffnet haben. Dieses Konzept erlaubt die Anerkennung aller früher entstandenen Religionen. Folgerichtig besteht eine der Kernaussagen der B.-Lehre in der letztendlichen Einheit aller Propheten und Religionsgründer der Welt. Weltweit gibt es zwischen fünf bis sechs Mio. Bahāʾīs, die VertreterInnen in 182 (2016) nationale «Geistige Räte» entsenden. In Deutschland hat die B.-Religion derzeit etwa 6000 Mitglieder und ca. 100 «Geistige Räte». Pi-Ha
Lit.: Esslemont, J. E.: Bahaʾuʾllah und das neue Zeitalter, 1976. – Hutter, M.: Die Baháʾi. Geschichte und Lehre einer nachislam. Weltreligion, 1994. – Schäfer, U.: Der Baháʾi in der modernen Welt. Strukturen eines neuen Glaubens, 1981. Dehghani, S.: Martyrium und Messianismus: die Geburtsstunde des Bahaʾitums, 2011. – Elsdörfer, U. (Hg.): Globale Religionen: ein Lesebuch zum interreligiösen Gespräch: Baháʾi, Christentum, Islam, 2008.– Hutter, M.: Handbuch Bahā’ī: Geschichte – Theologie – Gesellschaftsbezug, 2009. – Art. «Bahaism» (verschiedene AutorInnen), Encyclopaedia Iranica online.
Bankwesen. Da die Ökonomien der Staaten in der islam. Welt eng in die Weltwirtschaft eingebunden sind, ist ihr B. weitgehend von westlichen Modellen bestimmt. Eine wichtige Rolle spielen daher auch Ableger westlicher Banken. Seit den 1960er Jahren versuchen sog. islam. Banken eine Alternative zu diesem herkömmlichen Bankensystem zu schaffen und die Ge- und Verbote des islam. → Rechts einzuhalten. Um das islam. Zinsverbot (→ Zinsen) einzuhalten, verlegen sich islam. Banken auf solche Finanzprodukte, die ihre Kunden auf andere Weise an Gewinnen beteiligen (ḥalāl Finanzprodukte). Die Bedeutung dieser islam. Banken hat in den letzten Jahren zwar stetig zugenommen, sie besiedeln aber weltweit gesehen immer noch einen Nischensektor. Einige Banken in Westeuropa, auch in Deutschland, bieten Finanzprodukte an, die den Regeln des islam. Wirtschaftens folgen. Das B. des Iran, des Sudan und Pakistans ist offiziell vollständig islamisiert. Di
Lit.: Hassan, K./Lewis, M.: Handbook of Islamic Banking, 2007. – Nienhaus, V.: Islamische Ökonomik in der Praxis: Zinslose Finanzwirtschaft, in Ende, W./Steinbach, U.: Der Islam in der Gegenwart, 2005, 163–198. – Muschol S.: Islamic Banking: rechtstheoretische Grundlagen, Vertragsparameter und Risikoanalyse, 2016.
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