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E-Book

Kognitives Training im Sport

AutorJörn Munzert (Hrsg.), Karen Zentgraf
VerlagHogrefe Verlag GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl261 Seiten
ISBN9783840924408
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis26,99 EUR
Dieses Buch richtet sich an alle, die Antworten auf diese Fragen suchen und schließt im deutschsprachigen Raum eine Lücke in der Trainingsliteratur - denn sportliches Training zielt nicht nur auf Veränderungen biologischer, sondern auch kognitiver Funktionen ab. Namhafte Experten aus der Sportwissenschaft stellen den aktuellen Stand des Wissens in diesem Herausgeberwerk dar. Alle Kapitel geben zunächst einen Überblick zu gegenwärtigen Konzepten, bevor die praktische Seite des leistungsoptimierenden Trainings behandelt wird. Dieses Buch richtet sich an Studierende, Trainer sowie an Wissenschaftler aus der Sportwissenschaft, der Physiotherapie und der Psychologie.

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Kapitelübersicht
  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Vorwort
  3. 1 Bewegungsvorstellungstraining im Sport
  4. 2 Training des Zusammenspiels in Sportspielen
  5. 3 Training kognitiver Anteile des Gruppenhandelns im Sport
  6. 4 Training von Routinen im Sport
  7. 5 Training der Aufmerksamkeitsausrichtung und -lenkung im Sportspiel
  8. 6 Antizipationstraining im Sport
  9. 7 Training der Augenbewegungen im Sport
  10. 8 Entscheidungstraining im Sport
  11. 9 Training von Schiedsrichterentscheidungen
  12. 10 Training bei aufgabenspezifischen Bewegungsstörungen im Sport
  13. Die Autorinnen und Autoren des Bandes
Leseprobe
Die im Vorangehenden skizzierten Methodenzugänge zur Analyse von Bewegungsvorstellungen zeigen eine große Breite und Unterschiedlichkeit. Allerdings existiert derzeit kein integrierendes methodisches Konzept. Bisher ist es kaum möglich, neurowissenschaftliche und subjektiv-introspektive Methodenansätze zu kombinieren. Eine Ausnahme stellt eine Studie von Lorey et al. (2011) dar, die demonstriert, dass die subjektive Einschätzung der Lebendigkeit der Bewegungsvorstellung die neuronale Aktivierung in motorik-relevanten Gehirnarealen moduliert.

Box 2: Wie werden Bewegungsvorstellungsfähigkeiten psychometrisch erhoben?
Obwohl es ausführliche Debatten über die Angemessenheit der Messung von Bewegungsvorstellungen gibt (z. B. Dean & Morris, 2003), hat sich inzwischen das Konstrukt der „Lebendigkeit“ von Bewegungsvorstellungen als ein Maß zur Beurteilung von BV-Fähigkeiten etabliert. Die Lebendigkeit soll die Reichhaltigkeit eines Vorstellungsbildes, das im Arbeitsgedächtnis aktiviert wurde (siehe Abbildung 1), abbilden. Die Messung von BV-Fähigkeiten ist bedeutsam für die Frage, ob bestimmte Vorstellungsfähigkeiten mit den durch ein BVT induzierbaren Effekten zusammenhängen (Isaac, 1992).

Die aktuellste Fassung des Vividness of Movement Imagery Questionnaire (VMIQ-2) wurde 2008 von Roberts, Callow, Hardy, Markland und Bringer vorgestellt. Er besteht aus 12 Items und misst die individuelle Fähigkeit, sich visuell und kinästhetisch Bewegungen vorstellen zu können. Zudem wird die visuelle Modalität noch in zwei Perspektiven unterteilt, in eine externe und eine interne visuelle Vorstellung. Die Personen haben die Aufgabe, die jeweilige Bewegung in den drei verschiedenen Vorstellungsmodi zu imaginieren und dann auf einer Skala von 1 bis 5 (1 = „perfectly clear and vivid“ bis 5 = „no image at all“) anzugeben, wie lebendig sie ihre Vorstellung beurteilen. Im Folgenden einige Beispiele der Items, die in der gut validierten englischen Fassung vorliegen (bisher existiert keine testtheoretisch überprüfte deutsche Übersetzung): Walking, Running, Kicking a stone, Bending to pick up a coin Running up stairs Jumping sideways, etc.

1.4 Muskuläre und autonome Antworten bei Motor Imagery

Es zeigt sich, dass durch Bewegungsvorstellungen nicht nur kortikale und subkortikale Aktivierungen in motorischen Arealen erhöht werden (Lotze & Zentgraf, 2010; Poirel, Zago, Petit & Mellet, 2010), sondern auch auf spinaler (Stinear, 2010), muskulärer (Guillot, Lebon & Collet, 2010) und vegetativer Ebene (Collet & Guillot, 2010) entsprechende Einflüsse gemessen werden können. Alle diese Effekte werden vor allem dann nachgewiesen, wenn der Fokus auf Motor Imagery gelegt wird (Munzert et al., 2009).

Die Idee, dass bei Bewegungsvorstellungen geringe, aber signifikante Muskelaktivierungen messbar sind, hat eine lange Tradition (Shaw, 1938; Wasburn, 1916). Trotzdem bleibt natürlich festzuhalten, dass sich die Muskelaktivierungen und die Stimulation des sensorischen Apparates zwischen der Ausführung und Vorstellung sehr stark unterscheiden. Diskutiert wurde auf Basis der Untersuchungen des Physiologen Jami (1992), dass Golgi-Sehnenorgane auch die bei Bewegungsvorstellungen auftretende Aktivierung kleinster motorischer Einheiten detektieren und so neuromuskuläres Feedback verursachen. Jeannerod (1994) argumentierte, dass eine die Bewegungsvorstellung typischerweise begleitende Inhibition der motorischen Efferenzen unvollständig sein und die erhöhte EMG-Aktivierung erklären könnte. Studien von Bakker et al. (1996) und Boschker (2001) scheinen zu bestätigen, dass sich beim BVT Signale im Muskel verändern. Die Probanden mussten sich Bewegungen eines Armes in unterschiedlichen Vorstellungsperspektiven und mit verschiedenen Gewichten vorstellen. Es zeigten sich höhere EMG-Aktivitäten bei internalen (gegnüber externalen) und bei Vorstellungen mit höheren (im Vergleich zu niedrigeren) Gewichten. Das EMG des während der Bewegungsvorstellung nichtvorgestellten Armes ist niedriger als das des vorgestellten Armes. Guillot et al. (2007) untersuchten EMG-Aktivierungen bei unterschiedlichen Kontraktionsformen des Bizeps brachii (isometrisch, konzentrisch leicht und schwer, exzentrisch) im Rahmen von Kraftübungen. Die Versuchspersonen waren instruiert, während der Bewegungsvorstellung den Arm nicht zu bewegen. Trotzdem zeigten sich während der Bewegungsvorstellung eine erhöhte subliminale EMG-Aktivität der beteiligten Muskelgruppen im Vergleich zur Ruhe (d. h. keine Bewegungsvorstellung und keine Bewegung) und in Abhängigkeit von der Kontraktionsform.

Methodologisch besteht allerdings oft die Notwendigkeit, dass während einer Bewegungsvorstellung keine Bewegung(saktivität) detektierbar sein darf, da sonst z. B. bei fMRT-Untersuchungen die gemessenen zentralnervösen Aktivierungen nicht auf die Bewegungsvorstellung, sondern auf die wenn auch nur geringfügig ausgeführte Bewegung selbst zurückführbar sein könnten (Lorey et al., 2010). Daher werden in diesen grundlagenorientierten Studien die Probanden durch Rückmeldung des aktuellen EMGs trainiert, keine EMG-Erhöhung während der Bewegungsvorstellung zu produzieren. Nach relativ wenig Übung gelingt es fast allen Probanden Bewegungsvorstellungen zu erzeugen, ohne dass im EMG eine vorstellungsassoziierte muskuläre Aktivität sichtbar ist. Ganz offensichtlich können zentrale Muskelkommandos auf dem Weg zur Muskulatur willentlich vollständig gehemmt werden. Vor dem Hintergrund der Lernund Verhaltenswirksamkeit von BVT sind diese Zwänge allerdings zu vernachlässigen, sodass in BVT-begleitenden Muskelaktivierungen unter Anwendungsgesichtspunkten sogar ein noch nicht ausgeschöpftes Potenzial liegen könnte (für eine ähnliche Überlegung, siehe MacIntyre & Moran, 2010). Das bedeutet, dass man Athletinnen und Athleten sogar auffordern kann, begleitend zur Bewegungsvorstellung aktive Bewegungen zu integrieren.

Zentrale Prozesse werden aber nicht nur durch neuromuskuläre Reaktionen begleitet, sondern auch durch Reaktionen im autonomen Nervensystem (ANS), also dem System, das das innere Milieu kontrolliert und die vitalen Funktionen steuert. Das ANS besteht aus afferenten (von den Organen kommenden) Pfaden, Zentren im Hirnstamm, dem Hypothalamus, kortikalen Zentren sowie efferenten Pfaden, die die Transmitterausschüttung an relevanter Stelle vermitteln. Besondere Bedeutung auf der efferenten Seite haben der sympathische und parasympathische Ast des ANS. Heute liegen zahlreiche Untersuchungen zu autonomen Reaktionen (u. a. zu Herzaktivität, Hautwiderstand, Atemrate, Hauttemperatur etc.) von Sportlerinnen und Sportlern während Bewegungsvorstellungen vor (Collet, Guillot, Bolliet & Dittmer, 2006; Deschaumes-Molinaro, Dittmar & Vernet-Maury, 1991; Jennings & van der Molen, 2005). Aus Anwendungsperspektive ist besonders bemerkenswert, dass einige Studien Zusammenhänge zwischen Leistungsmaßen und autonomen Reaktionen finden (Deschaumes-Molinaro et al., 1991, bei Luftgewehrschützen); die Datenlage bzgl. der Leistungsrelevanz ist insgesamt aber recht uneinheitlich (Guillot & Collet, 2010). Aus methodologischer Sicht werden autonome Reaktionen inzwischen häufig im Sinne eines „Manipulation Checks“ verwendet, um sicher zu sein, dass Versuchspersonen tatsächlich während der Untersuchung auch Bewegungsvorstellungen aufbauen (Papadelis, Kourtidou-Papadeli, Bamidis & Albani 2007). Dies erweist sich in Untersuchungen als sehr hilfreich. Denn es ist nicht direkt messbar, ob und wie Probanden Instruktionen zum BVT wirklich umsetzen. Gerade autonome Reaktionen stellen einen relativ validen Indikator dar, ob sich die Probanden tatsächlich eine Bewegung vorgestellt haben.

2 Bewegungsvorstellungstraining im Sport

In diesem Abschnitt werden folgende Fragen bearbeitet: Was genau soll im Sport durch ein BVT verbessert werden und welche Modelle sind relevant? Welche empirischen Befunde liegen vor, die die Verbesserung von Bewegungsfertigkeiten und motorischen Fähigkeiten verfolgen? Was sollte konkret bei der Implementierung eines BVT berücksichtigt werden?

2.1 Rahmenmodelle zum Bewegungsvorstellungstraining

In einem frühen Rahmenmodell schlug Paivio (1985) vor, dass BVT sowohl kognitive als auch motivationale Funktionen adressiert. Während sich kognitive Faktoren auf die Verbesserung von motorischen Fertigkeiten und taktisch-strategischen Kompetenzen beziehen, bilden motivationale Faktoren Aspekte von Aufmerksamkeitsund Erregungsregulierung sowie der Zielfokussierung ab. Im Folgenden werden wir uns stärker auf die kognitiven Funktionen beziehen, ohne allerdings immer auszuschließen, dass an den Effekten auch motivationale Komponenten beteiligt sind. Derzeit werden drei Modelle favorisiert, die empirische Befunde zu integrieren suchen und die vor allem Richtlinien für den praktischen Einsatz eines BVT implementieren.

Mit einem qualitativen Forschungsansatz hatten Munroe und Kollegen bereits im Jahr 2000 die vier „Ws“ eines BVT vorgestellt. Dafür wurden Athletinnen und Athleten ausführlich dazu befragt, wie sie ein BVT durchführen.
Inhaltsverzeichnis
Kognitives Training im Sport1
Inhaltsverzeichnis7
Vorwort9
1 Bewegungsvorstellungstraining im Sport11
1 Grundlagen der Bewegungsvorstellung und des Bewegungsvorstellungstrainings im Sport11
2 Bewegungsvorstellungstraining im Sport22
3 Zusammenfassung32
Wiederholt und nachgedacht33
Ausgesuchte Literaturvorschläge33
Literaturverzeichnis34
2 Training des Zusammenspiels in Sportspielen39
1 Zusammenspiel und Mannschaftserfolg40
2 Kooperation und Zusammenspiel42
3 Aspekte des Zusammenspiels43
4 Teamkognitionen45
5 Eigenschaften von Teamkognitionen48
6 Training des Zusammenspiels51
7 Zusammenfassung58
Wiederholt und nachgedacht59
Ausgesuchte Literaturvorschläge59
Literaturverzeichnis60
3 Training kognitiver Anteile des Gruppenhandelns im Sport65
1 Modellvorstellungen zum Handeln von Gruppen imSport66
2 Regulierende Instanzen von Gruppenhandlungen72
3 Training80
4 Diskussion und Ausblick85
5 Zusammenfassung86
Wiederholt und nachgedacht87
Ausgesuchte Literaturvorschläge88
Literaturverzeichnis88
4 Training von Routinen im Sport93
1 Einsatz von Routinen im Sport95
2 Struktureller Aufbau und Systematik von Routinen imSport103
3 Routinentraining im Sport110
4 Zusammenfassung115
Wiederholt und nachgedacht116
Ausgesuchte Literaturvorschläge116
Literaturverzeichnis116
5 Training der Aufmerksamkeitsausrichtung und -lenkung im Sportspiel119
1 Aufmerksamkeitstheorien und -paradigmen119
2 Praktische Konsequenzen fu?r dasAufmerksamkeitstraining im Sportspiel130
3 Zusammenfassung134
Wiederholt und nachgedacht134
Ausgesuchte Literaturvorschläge135
Literaturverzeichnis135
6 Antizipationstraining im Sport139
1 Einleitung139
2 Antizipation140
3 Training der Antizipation148
4 Gezieltes Antizipationstraining in der Sportpraxis –Beispiele154
Wiederholt und nachgedacht156
Ausgesuchte Literaturvorschläge157
Literaturverzeichnis157
7 Training der Augenbewegungen im Sport164
1 Grundlagen164
2 Anwendung172
3 Zusammenfassung186
Wiederholt und nachgedacht186
Ausgesuchte Literaturvorschläge187
Literaturverzeichnis187
8 Entscheidungstraining im Sport194
1 Was ist Inhalt eines Entscheidungstrainings im Sport?194
2 Wie ist Entscheidungstraining im Sport zu gestalten?202
3 Ausblick208
4 Zusammenfassung210
Wiederholt und nachgedacht211
Ausgesuchte Literaturvorschläge211
Literaturverzeichnis212
9 Training von Schiedsrichterentscheidungen215
1 Aufgaben von Kampf- und Schiedsrichtern215
2 Entscheidungstraining fu?r Kampf- und Schiedsrichter224
3 Zusammenfassung233
Wiederholt und nachgedacht233
Ausgesuchte Literaturvorschläge234
Ausgesuchte Literaturvorschläge234
Literaturverzeichnis234
10 Training bei aufgabenspezifischen Bewegungsstörungen im Sport237
1 Aufgabenspezifische Bewegungsstörungen238
2 Trainingsverfahren zur Behandlung derFunktionsstörungen249
3 Zusammenfassung257
Wiederholt und nachgedacht257
Ausgesuchte Literaturvorschläge258
Literaturverzeichnis258
Die Autorinnen und Autoren des Bandes262

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