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E-Book

Konradin, der letzte Staufer

Spiele der Macht

AutorGerald Huber
VerlagVerlag Friedrich Pustet
Erscheinungsjahr2018
Reihekleine bayerische biografien 
Seitenanzahl144 Seiten
ISBN9783791761275
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Mittelalter hat Konjunktur, die Staufer sind ein Mythos und Konradin, der 'letzte Staufer', ist bis heute lebendig. In dieser Biografie geht es um mehr als das kurze, nur 16-jährige Leben Corradinos, das 1252 auf Burg Wolfstein bei Landshut begann und 1268 in Neapel unter dem Henkerschwert endete. Es geht um die Machtspiele jener Zeit, die rund um den Königssohn, den Enkel Kaiser Friedrichs II., deutlich werden und eng verwoben sind mit dem Vormund des kleinen Königs, dem bayerischen Herzog Ludwig II. dem Strengen. Es geht um das Ende der Idee vom hochmittelalterlichen Universalreich und um die ersten Anfänge moderner Nationalstaaten. Und es geht um ein tragisches, symbolhaft wirkendes Fürstenschicksal, das viele Jahrhunderte in höchst unterschiedlicher Weise bewegt hat - bis in unsere Gegenwart.

Gerald Huber M. A., geb. 1962, studierte Geschichte und Germanistik in Regensburg und München. Der Rundfunkjournalist (BR) ist Autor zahlreicher Sendungen und Publikationen zu kulturellen und historischen Themen.

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Leseprobe

2   Marksteine der Stauferherrschaft


Die frühesten Anfänge der Staufer verlieren sich im 10. Jahrhundert. Im 11. Jahrhundert gelingt Angehörigen dieses Uradelsgeschlechts der Aufstieg zu Pfalzgrafen, wenig später auch zu Herzögen von Schwaben. Noch als Graf hatte der erste Herzog, Friedrich I., auf dem Hohenstaufen, einem markanten Zeugenberg bei Göppingen, die neue Stammburg errichtet, die der Familie erst in nachmittelalterlichen Zeiten den Namen geben sollte. So, schrieb Martin Crusius, ein Historiker des 16. Jahrhunderts, wurde der Grund zu den Schwäbischen Kaysern gelegt, welche aus dem Schloß Hohenstauffen oder der Stadt Waiblingen abkamen und das Kaysertum auch bey 120 Jahren rühmlichst verwalteten. Die heute sogenannten Staufer nannten sich selbst meistens von Schwaben, von außen, namentlich in Italien, wurden sie als Waiblinger (= Ghibellini) bezeichnet.

Konrad III.


Aufgrund ihrer Verwandtschaft mit dem salischen Königshaus erhoben die staufischen Aufsteiger bereits nach dem Tod Kaiser Heinrichs V. im Jahr 1125 Anspruch auf die deutsche Königswürde, mussten sich aber zunächst dem Sachsen Lothar von Supplinburg geschlagen geben. Als dieser zwölf Jahre später starb, bestieg mit Konrad III. erstmals ein Staufer den römisch-deutschen Königsthron. Er setzte sich dabei gegen den Welfen Heinrich den Stolzen von Bayern durch, der von seinem Schwiegervater Lothar noch zu Lebzeiten als Nachfolger designiert worden war. Doch dem Welfen machten die mächtig und selbstbewusst gewordenen Reichsfürsten einen Strich durch die Rechnung: Ein Kaiser mit zu starker Hausmacht hätte ihre Selbständigkeit möglicherweise zurückgestutzt. Sie wählten lieber den schwachbegüterten Staufer Konrad. Der nutzte kurz nach der Königswahl seine neugewonnene Macht skrupellos aus, nahm dem mächtigen Widersacher auch noch das Herzogtum Bayern ab und ächtete ihn. So entstand der berühmt-berüchtigte staufisch-welfische Gegensatz, der die kommenden eineinhalb Jahrhunderte politisch prägen sollte.

 

Die Welfen


Die Welfen gelten heute als das älteste Fürstenhaus in Europa. Die Familie stammte ursprünglich aus Oberschwaben und war zunächst eng mit den Karolingern versippt. Das ältere Haus starb 1030 im Mannesstamm aus. Der welfische Hausbesitz in Schwaben und dem Westen Bayerns vererbte sich über Kunigunde, die mit dem Lombarden Alberto Azzo, dem Gründer des Hauses d’Este, verheiratet war, an Welf IV. Dieser wurde 1070 Herzog von Bayern und Stammvater des bis heute existierenden Hauses. Bis 1180 stellten die Welfen die Herzöge von Bayern. Heinrich der Stolze, Welfs Enkel und Schwiegersohn des Sachsenkaisers Lothar von Supplinburg, brachte nach dessen Tod auch noch das Herzogtum Sachsen an sich und wurde überdies Markgraf von Tuscien (Toskana). Die Welfen waren damit die unbestritten mächtigste Adelsfamilie des Reiches, und Heinrich der Stolze griff überdies nach der Kaiserwürde. In der Auseinandersetzung mit den Stauferkaisern zogen die Welfen schließlich den Kürzeren. Sie mussten sich auf ihre sächsischen Besitzungen in Norddeutschland beschränken, aus denen die welfischen Herzöge von Braunschweig und Lüneburg, respektive die Kurfürsten und späteren Könige von Hannover sowie das gleichnamige englische Königshaus hervorgingen.

 

 

Friedrich I. Barbarossa


Konrads Erbe Friedrich I. mit dem Beinamen Barbarossa ging als einer der bedeutendsten Kaiser des Mittelalters in die Geschichte ein. Er mehrte nicht nur den Besitz des staufischen Hauses in Schwaben, sondern versuchte auch, die alte Kaisermacht in Italien wiederherzustellen. Doch er geriet in die Mühlen der Konflikte, die die italienischen Städte untereinander hatten. Auch die römischen Bürger wollten die Papstherrschaft abstreifen. Sie hatten den altrömischen Senat erneuert und boten Friedrich die Kaiserkrone aus den Händen des römischen Volkes an. Den Bruch mit der von Karl dem Großen begründeten Tradition, dass der Papst den Kaiser krönt, lehnte Friedrich aber ab.

Barbarossa wurde vom Papst gekrönt, gleich darauf aber kam es zu Unruhen mit den Römern. Er musste 1155 den Italienzug abbrechen, den er ein Jahr zuvor begonnen hatte. Das wiederum brachte ihn mit dem Papst in Konflikt, der sich vom Kaiser im Stich gelassen fühlte. Der Misserfolg ermunterte schließlich auch die oberitalienischen Städte, an ihrer Spitze Mailand, vom Kaiser abzufallen. Friedrich gelang es zwar 1162, Mailand zu unterwerfen, 1176 aber besiegte der sogenannte Lombardenbund, ein Bund der Städte in der Lombardei, den Kaiser. Danach gehörten die oberitalienischen Städte nur noch nominell zum Reich, zu dem sie immer mehr in Konkurrenz traten.

Innenpolitisch setzte Barbarossa auf Ausgleich mit den Welfen, der 1156 in der Restitution des bayerischen Herzogtums an Heinrich den Löwen kulminierte. Allerdings bekam der Welfe nur das bayerische Kerngebiet. Für den bisherigen babenbergischen Bayernherzog wurde die bayerische Ostmark, Österreich, abgetrennt und zu einem eigenen Herzogtum erhoben.

Lange Zeit kooperierten der Staufer und der mächtige Welfe so erfolgreich, dass den anderen Großen des Reiches die Machtfülle Heinrichs des Löwen bald ein Dorn im Auge war. Sie betrieben schließlich den erneuten Bruch zwischen Staufern und Welfen, der 1180 erfolgte: Barbarossa entzog Heinrich seine sämtlichen Reichslehen, darunter auch Bayern, das er seinem treuen Gefolgsmann, dem bisherigen bayerischen Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach, übergab. Bei dieser Gelegenheit wurde von Bayern auch noch die steirische Mark abgetrennt und zum selbständigen Herzogtum Steiermark erhoben. Obwohl sie damit quasi nur noch einen kläglichen Rest des alten bayerischen Stammesherzogtums übernahmen, entwickelten die Wittelsbacher in den nächsten Jahrzehnten eine glückliche Hand bei der Festigung und beim Ausbau ihrer Herrschaft. Heinrich der Löwe aber musste ins Exil, an den Hof seines englischen Schwiegervaters Heinrich II. Plantagenet.

Friedrich baute nun ungehemmt an seinem Königsstaat weiter, zu dem er sein schwäbisch-staufisches Hausgut, zusammen mit zahlreichen Erwerbungen im Elsass und in Franken bis hinein ins Egerland, entwickeln wollte.

Seine folgenreichste Aktion im Süden sollte die Hochzeit seines Sohnes Heinrich (VI.) mit der normannischen Erbprinzessin Constanze von Sizilien sein. Zu den schwäbischen Erblanden der Staufer würde also später ein eigenes süditalienisches Königreich kommen. Das normannische Königreich umfasste damals neben der eigentlichen Insel Sizilien den gesamten Süden Italiens in den heutigen Regionen Kalabrien, Basilicata, Kampanien und Apulien. Ideale Voraussetzungen also, um künftig den Kirchenstaat von Norden und Süden aus in die Zange zu nehmen.

 

Die Städte


Das sogenannte Hochmittelalterliche Klimaoptimum, eine klimatische Warmzeit etwa zwischen den Jahren 900 und 1400, ließ im Verbund mit technischen Neuerungen in der Landwirtschaft die Bevölkerung in Europa deutlich anwachsen. In Italien zum Beispiel verdoppelte sie sich zwischen dem 11. Jahrhundert und dem 14. Jahrhundert. Der Bevölkerungsüberschuss siedelte sich in Städten an, die zu dieser Zeit stark anwuchsen und vielfach neugegründet wurden. Das Leben in den Städten und Märkten kommerzialisierte sich in bisher ungeahntem Ausmaß: Es entstanden neue Formen der Geldwirtschaft, des Kredit- und Bankenwesens. Die Bürger, in der Regel Handwerker und vor allem Kaufleute, kamen schnell zu Wohlstand und wurden zum politischen Machtfaktor. Große Städte, zunächst in Italien, dann auch in Deutschland, entwickelten sich zu mehr oder weniger unabhängigen Stadtrepubliken. Das Lehnsrecht verlor an Bedeutung.

Besonders im 12. und im 13. Jahrhundert stieg die Zahl der Stadtgründungen rasant an. Gut ablesbar ist das am Landesausbau der Wittelsbacher, die Kaiser Friedrich 1180 zu Herzögen von Bayern machte: Neben der neuen Hauptstadt in Landshut im Jahr 1204 gründeten sie 1210 Abbach und Cham, 1218 Straubing, 1224 Landau an der Isar, 1228 Erding, 1233 Burghausen, 1241 Vilshofen, 1250 Deggendorf, 1251 Dingolfing; hinzu kamen die damaligen Märkte Regen, Pfarrkirchen, Griesbach, Vilsbiburg, Eggenfelden, Neustadt an der Donau, Mainburg, Zwiesel, Abensberg, Geiselhöring, Rottenburg an der Laaber und Plattling.

 

 

Heinrich VI.


Friedrich Barbarossa ertrank 1190 während des Dritten Kreuzzugs in der Nähe von Seleukia (Silifke) in Ostanatolien im Fluss Saleph. Trotz seines überraschenden Tods ging die Herrschaft zunächst reibungslos auf seinen Sohn und Nachfolger Heinrich VI. über, der 1169 bereits mit drei Jahren zum römischen König erwählt worden war. Schon bald zeigte sich aber, wie schwierig die Machtansprüche im Erbreich Sizilien und im deutschen König- und Kaiserreichreich tatsächlich durchzusetzen waren. Wie alle Könige und Kaiser des Mittelalters regierte Heinrich quasi vom Sattel aus. Hauptstädte als Sitz von Verwaltung und Regierung waren damals noch unüblich. Wer regieren wollte, musste seine Macht persönlich ausüben, musste unmittelbar Präsenz zeigen, überall im Reich. Nur wer persönlich anwesend war, konnte die Kontrolle über die örtlichen Fürsten behalten, konnte Recht sprechen, Streitigkeiten schlichten oder Besitzverhältnisse klären.

Es liegt auf der Hand, dass Heinrich große Schwierigkeiten hatte, sich gegen die normannnische Verwandtschaft seiner Frau durchzusetzen, die ihm Sizilien streitig machte, und gleichzeitig für Ruhe im Reich zu sorgen, wo Heinrich der Löwe und die Anhänger der Welfen nach wie vor Unruhe stifteten. Hier gelang...

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