Im vorliegenden Fall wurde, wie eingangs bereits erwähnt, nur der in Münster spielende Tatort analysiert. Hier gibt es keine Frauen in den Hauptrollen. Dies ist allerdings nicht bezeichnend für die komplette Serie Tatort, bei der Wahl einer anderen Stichprobe würde das Verhältnis anders aussehen. Auffallend ist aber, dass in den regelmäßigen Nebenrollen wiederum fast ausschließlich Frauen vorkommen. So sind die Assistentinnen sowohl von Thiel (Nadeshda Krusenstern) als auch von Boerne (Silke „Alberich" Haller) weiblich, wie auch die herbe Staatsanwältin Wilhelmine Klemm - vielleicht als Kompensation für das unterentwickelte Privat- und nicht vorhandene Familienleben der Ermittler. Da von den genannten Nebenakteuren aber nur Krusenstern aktiv und direkt an Ermittlungen beteiligt ist, kommt auch nur sie in der Persönlichkeitsanalyse vor. Hierbei wird das ebenso simple wie gut funktionierende Konzept der Charakterdefinition offensichtlich: Thiel und Boerne sind komplette Gegensätze. Thiel ist ein ruhiger Mensch, der ungern im Mittelpunkt steht und einfach nur ungestört seinen Job verrichten will. Entscheidungen trifft er aus dem Bauch heraus, er folgt seinem Gespür, das ihn zwar so manches Mal zunächst auf die falsche Fährte führt, letztlich aber doch eine große Hilfe ist. Boerne hingegen ist die rechtsmedizinische Verkörperung der Boheme. Er liebt es, einen exquisiten Lebensstil zu führen, bei dem der Beruf sicher der wichtigste aber doch nur ein Teil ist. Boerne wirkt fast wie ein Neurotiker, ist für seinen Beruf notwendigerweise sehr detailversessen und rational. Entsprechend ergeben sich für Thiel und Boerne die gegensätzlichen Persönlichkeitstypen iNFp und eStJ. Gerade diese Gegensätzlichkeit führt dazu, dass sich die beiden Charaktere stets ergänzen, was in der Regel der Lösung eines Falls zuträglich ist. Was dem einen nicht auffällt, bemerkt der andere. Bei einem nicht analysierten, subjektiven Vergleich der Folgen des Tatort Münster mit anderen Ermittlerteams der Reihe Tatort ist ein größerer humoristischer Anteil zu bemerken. Die sehr kontroverse Figur des Karl-Friedrich Boerne, häufig kurz KF genannt, ist praktisch schon ein Garant für zahlreiche Lacher, insbesondere in Kombination mit seinem leicht genervten Partner, aberauch in Konstellationen mit skurrileren Figuren wie seiner Assistentin Haller, die er aufgrund ihrer geringen Körpergröße nur Alberich (nach dem gleichnamigen Nibelungenzwerg
[60]) nennt. Hauptsächlich diese humoristischen Dialoge zwischen Boerne und Anderen sind es dann auch, die dem Tatort aus Münster einen Privatanteil von gut einem Fünftel verleihen. Da die meisten dieser „Einlagen" allerdings im beruflichen Umfeld auftreten und somit nicht dem Privatleben zuzuordnen sind, bleibt das Gesamtverhältnis, wie für einen Tatort zu erwarten war, bei einem Anteil von knapp 60% für Ermittlungsarbeit und ähnlichen beruflichen Aspekten. Nicht direkt zuordenbare Teile finden sich zweierlei: Gespräche und Aktionen, bei denen Privates und Berufliches so stark vermischt sind, dass eine Differenzierung nicht möglich ist, sowie die Darstellung der Täterseite bzw. der Tat(en) selbst.
Abbildung 1: Anteile Berufs- und Privatleben „Tatort (Münster)" Einen höherer Anteil an Privatleben kann es hier aus einem einfachen Grund gar nicht geben: die Ermittler haben praktisch keines. Während Boerne voll in seinem leicht dekadenten Lifestyle aufgeht, bei dem eine feste Partnerin nicht so recht hineinpassen würde, scheitert bei Thiel das Familiäre an seinem Einsatz für den Beruf. Die Reihe Tatort erzählt in sich geschlossene Geschichten aus dem Alltag von Mordkommissionen. Dementsprechend überrascht es nicht, dass keine Cliffhange
r[61] eingesetzt werden und alle analysierten Folgen Mord als zentrales Thema behandeln. Dennoch kommen ab und an weitere Vergehen hinzu, die im Vorfeld des Mordes (z.B. eine Vergewaltigung) oder im Rahmen der Ermittlungen auftreten. Dennoch: eine große Vielfalt an kriminellen Thematiken bietet der Tatort Münster nicht, der Fokus wird eher auf die Tatmotive und natürlich die Ermittlungsarbeit gelegt.
Wie jeder Tatort wird auch Münster an Sonntagen um 20.15 Uhr gesendet. Ein seit langem traditioneller Krimisendeplatz der ARD, der schon allein durch diesen Gewohnheitseffekt für regelmäßig überaus zufriedenstellende Einschaltquoten und Marktanteile sorgt. Stubbe ist die heimelige Variante unter den Krimiserien. Gemütlich, ohne fade zu wirken. Vor allem erscheinen die Charaktere überaus menschlich. Stilisiert ist hier nichts, sondern alles so nah wie möglich an einen eher unaufgeregten Ermittleralltag bei einer Mordkommission angelehnt. Ermittelt wird auch bei Stubbe im Zweierteam. Kollege Zimmermann übernimmt dabei den gegensätzlichen Part: während Stubbe ein Gefühlsmensch mit großem Einfühlungsvermögen ist, mit dem er leicht das Vertrauen Anderer gewinnt, bleibt Zimmermann stets korrekt und formell, fast staatsmännisch. Auch wenn beide als Duo ermitteln - im Zentrum der Serie steht ganz eindeutig das Leben von Stubbe. Und das besteht eben nicht nur aus Arbeit. Im Gegensatz zu vielen anderen Serienkommissaren nimmt Stubbes Familienleben einen sehr wichtigen Platz ein und ist nicht nur Beiwerk, das den Charakter des Hauptprotagonisten stärker definieren soll. Die Serie zeigt Stubbe somit als kompletten Menschen, im Beruf und zu Hause - sie fühlt sich somit lebensnaher und echter als andere Krimiserien an. Einem ähnlichenvollständigen Ansatz geht übrigens auch der Kriminaldauerdienst nach, der schlicht durch eine höhere Anzahl an Akteuren einen hohen Privatanteil erreicht.
Abbildung 2: Anteile Berufs- und Privatleben „Stubbe - Von Fall zu Fall" Bei einem Privatlebenanteil von über 26% wird die Bedeutung des Familiären in Stubbe - Von Fall zu Fall deutlich. Die nicht zuordenbaren Anteile umfassen hauptsächlich Darstellungen von Handlungen der Täter und Verdächtigen. Mord und Totschlag sind, ähnlich wie beim Tatort, natürlich auch bei Stubbe Hauptthema praktisch aller Folgen. Die Zahl von „Nebendelikten", also tatbegleitende Straftaten oder einfach solche, die zusätzlich zum Hauptverbrechen in einer Folge vorkommen, ist sehr gering: mehr als ein Nebendelikt konnte in keiner der untersuchten Episoden festgestellt werden. Ohnehin ist Stubbe eine sehr strukturierte Serie, die nahezu immer nach dem gleichen Schema abläuft: Mord, Ermittlungsarbeit, die das Privatleben von Stubbe mit involviert (weil z.B. die Tochter als Journalistin im gleichen Fall recherchiert), sehr kurzes Stellen des Täters, privater Ausklang. So ergibt sich, dass Cliffhanger keine Rolle spielen. Die Filme der Reihe erscheinen in sehr unregelmäßigen Abständen und werden samstags um 20:15 Uhr gesendet.
Ein Kriminaldauerdienst, wie er in einigen deutschen Großstädten existiert, ist in erster Linie für schnelle erste Ermittlungen bei einer Vielzahl von Delikten zuständig, als „Feuerwehr der Polizei
"[62]. Morde hingegen werden direkt an die Mordkommission abgegeben, sodass dieses Thema in der Serie KDD nur eine untergeordnete Rolle spielt. In den analysierten Folgen kam der klassische Mord nur einmal vor, an einer Stelle, an der davon zudem zunächst gar nicht auszugehen war. Die Themenbandbreite ist beim KDD sehr vielfältig. Kleinere Delikte, der typische Alltag einer Dienststelle eben, werden ebenso behandelt wie größere Fälle, die sich untypisch für eine Krimiserie häufig sogar über mehrere Folgen hinziehen, bis sie zu einem Abschluss kommen. Dadurch wird in der Konsequenz ab und an auf den Einsatz von Cliffhangern zurückgegriffen, bei den fünf analysierten Episoden kam dies zweimal vor. Im Durchschnitt gab es 4 direkt begangene kriminelle Taten pro Folge, mit einem Spitzenwert von 6. Für ein gerade einmal dreivierstelstündiges Format ein hoher Wert. In der Regel wird zudem noch häufig Bezug auf weitere Delikte genommen, wenn Ermittlungen an älteren Fällen weitergeführt werden. Der Kern von KDD, das wird schnell offensichtlich, ist es im Gegensatz zum Tatort weniger, Ermittlungsvorgänge darzustellen. Zweifelsohne gehören diese zum beruflichen Alltag eines Kriminaldauerdienstes, den die Serie realistisch abzubilden versucht, dazu. Doch im Mittelpunkt stehen die Charaktere, die Ermittler in ihrer gesamten Rolle, als Mensch, nicht unbedingt vorrangig als Polizist. Der Blick auf die Statistik zeigt bereits, dass der Anteil des Privatlebens überaus hoch ist. Teilweise scheinen die entsprechenden Erzählstränge sogar in Richtung Soap abzudriften, wenn etwa allein den Adoptionsquerelen der Wachtdienstleiterin ein Drittel einer kompletten Episode gewidmet wird.
Abbildung 3: Anteile Berufs- und Privatleben „KDD - Kriminaldauerdienst" Die reinen Zahlen täuschen sogar noch über die wahre Bedeutung des Privatlebens der Protagonisten hinweg: sehr häufig vermischen sich bei KDD Berufliches und Privates untrennbar und sind somit nicht sinnvoll codierbar, wenn etwa die Tochter eines Kommissars entführt wird, oder der Vater eines Ermittlers in kriminelle Machenschaften verwickelt ist. Da KDD das komplette Tagesgeschehen einer Wachdienststelle zum Gegenstand hat, ist die Zahl der Ermittler natürlich deutlich höher als in einem durchschnittlichen Krimiformat. In den analysierten Episoden waren je zwischen fünf und acht Kommissare aktiv am Geschehen beteiligt. Man sollte meinen, dass bei...