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E-Book

Liebe, Lust und Trauma

Auf dem Weg zur gesunden sexuellen Identität

AutorFranz Ruppert
VerlagKösel
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl224 Seiten
ISBN9783641245924
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Eine neue Methode zur Heilung sexueller Traumata
Franz Ruppert beschreibt, wie sexuelle Psychotraumata entstehen und wie sie sich ausprägen können, zum Beispiel in Form von Vergewaltigungen, Kinder- und Erwachsenenpornografie sowie Prostitution. Diese Traumata zeigen sich in unterschiedlichsten psychischen und physischen Symptomen, unter denen die Betroffenen massiv leiden können.

Mit der von Franz Ruppert entwickelten Identitätsorientierten Psychotraumatherapie (IoPT) wird es möglich, sexuelle Psychotraumata mithilfe der »Anliegenmethode« zu rekonstruieren und aufzulösen. Sexualität kann dann wieder als kreative Kraft erlebt werden, die uns Freude und Lust bereitet und zu einer gesunden sexuellen Identität verhilft.

Dr. Franz Ruppert, geboren 1957, ist Professor für Psychologie an der Katholischen Stiftungshochschule München und approbierter Psychologischer Psychotherapeut in eigener Praxis. Er leitet weltweit Weiterbildungen und Seminare und ist als psychotherapeutischer Supervisor tätig. Autor zahlreicher Bücher über Psychotraumata und ihre Folgen, die in zahlreiche Sprachen übersetzt sind.

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Leseprobe

SEXUALITÄT – EINE NATURKRAFT


Lebenshöhepunkte oder Abgründe?


Sexualität ist höchste Lebenslust und Schaffenskraft. Sie kann ebenso zum größten Zerstörungspotenzial eines Menschen ausarten. Sexualität kann uns Menschen zu den emotionalen Höhepunkten unseres Lebens hinführen. Sie kann uns gleichwohl auch in den Abgrund unseres Daseins reißen. Sie kann das Begehrenswerteste und das Gefürchtetste im Leben eines Mannes oder einer Frau sein. Sie kann die Fantasie ins Unermessliche beflügeln und sie kann völlig sprachlos machen. Menschliche Sexualität kann zum Inbegriff des Guten wie des Bösen werden.

Woher kommt diese extreme Spannbreite an Empfindungen, Gefühlen, Vorstellungen, Gedanken und Handlungen, wenn es um unsere Sexualität geht? Ist hier eine Naturkraft am Werke, der auch wir Menschen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sind? Eine Urgewalt, die wir nie werden zähmen können, weder durch Religion und Moral, noch durch Verfassungen, Gesetze oder unseren Verstand? Sind wir für immer dem Rausch der Sinne, den orgiastischen Entladungen unseres Körpers, seinen unbewussten hormonellen, mikrobiologischen und makromolekularen Abläufen willenlos ausgeliefert? Müssen wir uns mit Vergewaltigungen, sexueller Traumatisierung von Kindern, Prostitution und Pornografie abfinden und das alles für »normal« erklären, um darüber nicht verrückt zu werden?

Wer kennt sich, wenn er die eigene Sexualität nicht versteht? Wenn er von Triebkräften gesteuert wird und Dinge tut, die ihm selbst und anderen Schaden zufügen? Ich habe in den 20 Jahren meiner psychotherapeutischen Tätigkeit mittlerweile verstanden, dass Sexualität den menschlichen Organismus von Anbeginn seines Daseins durchdringt und viele seiner Verhaltensweisen beeinflusst. Ich weiß nun, dass es einer Vielzahl günstiger Entwicklungsvoraussetzungen bedarf, damit sich seine Sexualität in die Identitätsentwicklung eines Menschen integriert, sich nicht verselbstständigt, nicht ins Leere läuft und Tod statt Leben hervorbringt. Ich wurde und werde mit zahllosen Beispielen sexueller Traumatisierungen konfrontiert. Ich habe manches mitgeteilt bekommen, was ich mir zuvor lieber nicht hätte vorstellen mögen. Ich habe gelernt, warum jemand zum Sexualtrauma-Täter wird. Ich verstehe auch, weshalb es Sexualtrauma-Opfern oft nicht gelingt, sich von ihren Tätern zu lösen, sie die Täter sogar lieben und ihnen nachtrauern, wenn sie nicht mehr da sind.

Warum gibt es Sexualität?


Was lebt, entsteht, wächst, vermehrt sich – versucht es zumindest – und vergeht. Leben bringt fortlaufend neues Leben hervor. In der einfachsten Form teilt sich ein Lebewesen (z. B. eine Alge, ein Bakterium, ein Schimmelpilz). Daraus entstehen neue eigenständige Abkömmlinge. Pflanzen vermehren sich durch Sprossungen und Keimlinge. Indem jedes einzelne Lebewesen diesen Daseinszweck verfolgt, wächst die Population solange, bis ihr durch äußere Bedingungen Grenzen gesetzt werden (Verknappung der Energie- und Nahrungsmenge, Änderung des Klimas, Fressfeinde). Ungeschlechtliche Vermehrung ist einfach und unkompliziert. Es bedarf dazu keines zweiten Lebewesens. Es entstehen so »Kinder«, die ihren »Eltern« genetisch gleichen (Klone).

Unter Sexualität verstehen wir die Fortpflanzung durch zwei Geschlechter. Durch den Austausch von Genmaterial zwischen den Eltern entstehen Kinder, die diesen zwar ähnlich, nicht aber mit ihnen identisch sind. So entsteht Individualität, die sich in zweierlei Hinsicht bewährt:

  • Parasiten, die den Organismus angreifen und zerstören, wird es schwerer gemacht, eine gesamte Population zu vernichten.
  • Eine kontinuierliche Variation von Eigenschaften ermöglicht es, sich verändernden Umweltbedingungen besser anzupassen. Das erhöht die Überlebenschancen einer Art.

Lebewesen, deren Umwelt sich nur wenig ändert (z. B. die Umwelt der unterirdisch lebenden Nacktmullen) können sich die Vermehrung durch Klonung leisten. Alle höher entwickelten Formen von Lebewesen, die sich in unterschiedlichen Ökosystemen behaupten können, vermehren sich trotz allen Aufwands und nicht unerheblicher Risiken, die damit verbunden sind, geschlechtlich.

Das Ziel, durch sexuelle Vermehrung eine Neukombination von Genen und Chromosomen als den Grundbausteinen des lebendigen Organismus hervorzubringen, führt auch dazu, Sex zwischen nahen Verwandten möglichst auszuschließen. Im Tierreich (z. B. bei den sich wahllos paarenden Bonobos) scheinen immunologische Parameter am Werk, um eine erfolgreiche Befruchtung durch den eigenen Vater oder Bruder zu verhindern. Bei uns Menschen gibt es zusätzlich das Inzesttabu, das den Geschlechtsverkehr zwischen Familienmitgliedern moralisch ächtet. Zudem ist aufgrund der Kenntnisse der Genforschung bekannt, dass Verwandtenehen zu mehr körperlichen wie geistigen Defekten und Behinderungen bei den Kindern führen, weil dann ein defektes Gen des einen Partners nicht durch das gesunde Gen des anderen Partners kompensiert werden kann.

Der Blick auf die Evolution des Lebens zeigt, dass sich das Prinzip Sexualität allmählich herausgebildet hat. Es äußert sich in unterschiedlichen Spielarten und Zwischenformen, z. B. im Zwittertum oder in der Selbstbefruchtung (Wickler und Seibt 1990). Manche Fischarten können ihr Geschlecht abhängig von ihrem Lebensalter und den ökologischen Bedingungen, unter denen sie leben, sogar mehrfach wechseln.

Bei manchen Tierarten, z. B. bei Schildkröten, wird das Geschlecht durch die Wärme festgelegt, mit der die Eier ausgebrütet werden. Bei uns Menschen hingegen wird die Frage »Männchen« oder »Weibchen« durch spezielle Chromosomen in den Keimzellen vorbestimmt. Paaren sich eine Eizelle und ein Spermium mit jeweils einem X-Chromosom, wird daraus eine Frau. Trifft ein Ei mit einem X-Chromosom auf ein Spermium mit einem Y-Chromosom, wird daraus ein Mann. Bis zur sechsten Woche nach der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle tragen alle neu gezeugten Kinder Anlagen für beide Geschlechter in sich. Erst danach machen die Gene einen männlichen oder weiblichen Organismus aus ihnen. Ein XY-Chromosomenpaar lässt Hoden, später den Penis wachsen, XX führt zu Eierstöcken und Klitoris. Das SRY-Gen, das sich auf dem Y-Chromosom befindet, bestimmt die Richtung dieser Differenzierung. Das Fehlen von ihm erlaubt es den Keimdrüsen, sich zu Eierstöcken weiterzuentwickeln.1

Einen großen Unterschied macht es, ob sich die befruchteten Eier außerhalb oder innerhalb des Elternkörpers entwickeln. Fischweibchen geben ihre Eier ins Wasser, Fischmännchen sprühen ihre Spermien darauf, und der Laich wird dann in der Regel seinem Schicksal überlassen. Schildkröten vergraben ihre befruchteten Eier im Sand und der Rest wird von der Sonne und den Gezeiten erledigt. Daher kommt es für den Fortpflanzungserfolg vor allem auf die Masse der befruchteten Eier an. Sich selbst überlassen, ist der Nachwuchs leicht eine Beute für andere Lebewesen. Das Prinzip lautet daher hier: viele erzeugen, damit einige wenige überleben.

Vogelarten, die ihre Eier außerhalb des weiblichen Körpers ablegen, müssen hingegen selbst brüten und auch nach dem Schlüpfen der Jungen gemeinsam Brutpflege betreiben, so lange, bis der Nachwuchs flügge ist und das Nest verlässt. Dieser Aufwand reduziert die Anzahl der Jungen, deren Aufzucht ein Elternpaar übernehmen kann. Qualität geht in diesem Fall daher vor Quantität. Auch bei uns Menschen ist es meist der Einling, den eine Mutter austrägt, gebiert und großzieht. Lebend geborene Zwillinge sind die Ausnahme, von zwei befruchteten Eizellen wird oft schon innerhalb der ersten Schwangerschaftstage und -wochen ein Kind vom mütterlichen Organismus unbewusst eliminiert. Die Richtung ist klar: Klasse statt Masse. Zu diesem Trend tragen auch die Maßnahmen zur Reduktion der Säuglingssterblichkeit in einer Gemeinschaft bei. Wenn nahezu jedes Kind überlebt, schränkt das die Anzahl der Geburten pro Frau ein.

Geschlechtsdimorphismus


Biologisch betrachtet, gibt es nur zwei Geschlechter. Das eine Geschlecht, das zum Zwecke der Fortpflanzung auf die Herstellung von »Eiern« spezialisiert ist, wird als »weiblich« bezeichnet. Das andere Geschlecht, das auf die Spermienproduktion festgelegt ist, wird »männlich« genannt. Etwa 400 bis 500 Eizellen können von einer Frau aus ihren beiden Eierstöcken im Laufe ihres Lebens für die Fortpflanzung zur Verfügung gestellt werden, im Durchschnitt je eines pro Monat. Männer hingegen können Millionen von Spermien täglich neu in ihren Hoden produzieren.

Da bei uns Menschen die Eizellen innerhalb der Frau befruchtet werden und der Nachwuchs zwischen 37 und 42 Wochen in deren Bauch heranreift, führt diese äußerst ungleiche Arbeitsteilung in Bezug auf die Vermehrung zu unterschiedlichen weiblichen und männlichen Phänotypen:

  • Der Körperbau von Frauen muss den Notwendigkeiten von Schwangerschaft (u. a. sehr dehnbare Bauchdecke, ausladende Beckenform) und »Kinderpflege« nach der Geburt (u. a. milchgebende Brust) Rechnung tragen.
  • Der männliche Körperbau kann viel starrer sein, Männer können ihre Energien mehr in das eigene Körper- und Muskelwachstum investieren. Sie sind im Durchschnitt größer und kräftiger als Frauen.
  • Männer sind in ihrer Geschlechtsreifung im Vergleich zu Frauen verzögert, was sich u. a. im späteren Eintritt ihrer Zeugungsfähigkeit manifestiert. Frauen werden ca. 1,5 Jahre früher fortpflanzungsfähig als Männer. Hier spielt auch die Ernährungslage eine entscheidende Rolle. Je besser die Ernährung, umso früher...
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