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E-Book

Losing My Virginity

Die Autobiografie

AutorRichard Branson
VerlagFinanzBuch Verlag
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl512 Seiten
ISBN9783960922575
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis21,99 EUR
Legastheniker und Versager. Mit 16 Jahren bricht Richard Branson 1968 die Schule ab. Deren weitsichtige Einschätzung seiner Zukunft: Knacki oder Millionär. Nicht einmal drei Jahre später eröffnet er in der Oxford Street den ersten Virgin-Plattenladen und landet kurz darauf mit einem Plattenvertrag den ersten Millionen-Deal. Damit legt Branson den Grundstein seiner Virgin-Group, die heute mehr als 20 Milliarden Dollar Umsatz erwirtschaftet und mehr als 50 000 Menschen beschäftigt. In seinem Millionen-Bestseller Losing my Virginity spannt das umtriebige Multitalent den Bogen von 1950 bis an die Schwelle des Millenniums. Es ist die beeindruckende Autobiografie eines Abenteurers und Paradiesvogels, für den Aufgeben nur eines ist: keine Option

Richard Branson (*1950) ist Entrepreneur, Philanthrop, Abenteurer und Gründer sowie Chairman der britischen Virgin Group. Er hält mehrere Weltrekorde und wurde von der Queen 1999 zum Ritter geschlagen. Sein Unternehmen Virgin Galactic, LLC ist eines der wenigen Raumfahrt-Unternehmen das suborbitale Raumflüge für Weltraumstouristen und für wissenschaftliche Missionen anbietet. Branson hat bereits sieben Bücher mit einer Auflage von mehrerer Millionen veröffentlicht. Er lebt auf der 30 Hektar großen Privatinsel Necker Island, sein Privatvermögen wird auf 5 Milliarden US-Dollar geschätzt.

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Leseprobe

Prolog
 

»AUGEN ZU UND DURCH!«

Dienstag, 7. Januar 1997, Marokko


5.30 Uhr


Joan schlief noch, als ich mich im Bett aufsetzte. Vom anderen Ende von Marrakesch her hörte ich den klagenden Ruf der Muezzins, die über Lautsprecher zum Gebet riefen. Ich hatte Holly und Sam immer noch nicht geschrieben. Daher riss ich eine Seite aus meinem Notizbuch und schrieb ihnen einen Brief, für den Fall, dass ich nicht zurückkehrte.

Liebe Holly, lieber Sam,

das Leben kommt einem manchmal ziemlich unwirklich vor. An einem Tag ist man gesund, lebendig und voller Liebe. Am nächsten ist man nicht mehr da. Wie Ihr beide wisst, verspürte ich immer den Drang, das Leben in vollen Zügen auszukosten. So hatte ich das Glück, in meinen 46 Jahren das Leben vieler Menschen zu leben. Ich habe jede einzelne Minute davon genossen, vor allem die Zeit mit Euch und Eurer Mum. Ich weiß, dass uns viele Leute für verrückt erklärten, weil wir uns auf dieses letzte Abenteuer eingelassen haben. Ich war überzeugt, dass sie sich irrten. Meiner Ansicht nach sprach alles, was wir bei unseren Abenteuern über dem Atlantik und Pazifik gelernt hatten, für eine sichere Fahrt. Ich hielt die Risiken für vertretbar. Offensichtlich habe ich mich getäuscht. Mir tut nichts leid, was ich in meinem Leben gemacht habe – außer, dass ich Joan nicht helfen kann, Euch auf dem Weg ins Erwachsensein zu begleiten. Aber im Alter von zwölf und fünfzehn hat sich euer Charakter bereits herausgebildet. Wir sind beide sehr stolz auf Euch. Joan und ich hätten uns keine besseren Kinder vorstellen können. Ihr seid beide liebenswürdig, rücksichtsvoll, voller Leben (sogar witzig!). Was hätten wir uns sonst noch wünschen können? Seid stark! Ich weiß, dass das nicht einfach sein wird. Aber wir hatten ein wunderbares Leben zusammen, und Ihr werdet nie vergessen, wieviel Spaß wir hatten. Holt auch Ihr aus Eurem Leben alles heraus, was Ihr könnt. Genießt jede einzelne Minute. Liebt und kümmert Euch um Mum, als stünde sie für uns beide.

Ich liebe Euch,

Dad

Ich faltete den Brief zusammen und steckte ihn in meine Tasche. Komplett angezogen legte ich mich neben Joan und umarmte sie. Während ich hellwach und nervös war, kuschelte sie sich warm und schläfrig in meine Arme. Holly und Sam kamen in unser Zimmer und legten sich zwischen uns. Dann lief Sam mit seinen Cousins zum Startplatz, um den Ballon zu sehen, in dem ich in Kürze um die Welt zu fahren hoffte. Joan und Holly blieben bei mir, als ich mit Martin, unserem Meteorologen, sprach. Es sei, so meinte er, die ideale Zeit für diesen Flug. Wir hätten die besten Wetterbedingungen seit fünf Jahren. Dann rief ich unseren Arzt Tim Evans an. Er war gerade bei unserem dritten Piloten Rory McCarthy gewesen und hatte schlechte Neuigkeiten: Rory könne nicht mitkommen. Er hatte eine leichte Lungenentzündung, und wenn er drei Wochen in der Kapsel zubrächte, könnte sie sich erheblich verschlimmern. Auf der Stelle rief ich Rory an, um ihm zu sagen, wie leid mir das tat.

»Wir sehen uns gleich im Speisesaal«, sagte ich. »Lass uns zusammen frühstücken.«

6.20 Uhr


Als Rory und ich uns im Speisesaal des Hotels trafen, war keine Menschenseele zu sehen. Die Journalisten, die in den vergangenen 24 Stunden unsere Startvorbereitungen verfolgt hatten, waren schon zum Startplatz aufgebrochen. Rory und ich stürzten aufeinander zu und umarmten uns. Uns liefen Tränen übers Gesicht. Als dritter Pilot bei unserer Ballonfahrt war Rory nicht nur ein enger Freund geworden, sondern hatte in letzter Zeit auch einige geschäftliche Projekte mit mir angefangen. Kurz vor der Abreise nach Marokko hatte er eine Beteiligung an unserem neuen Plattenlabel V2 erworben und in die Modefirma Virgin Clothes sowie unsere neue Kosmetikfirma Virgin Vie investiert.

»Ich kann nicht fassen, dass ich dich im Stich lasse«, sagte Rory.

»Ich war noch nie krank – kein einziges Mal.«

»Mach dir keine Gedanken«, beruhigte ich ihn. »So etwas kann passieren. Wir haben Alex, und der wiegt halb so viel wie du. Mit ihm an Bord werden wir viel weiter fliegen.«

»Jetzt mal im Ernst«, meinte Rory, »wenn du nicht wiederkommst, werde ich da weitermachen, wo du aufgehört hast.«

»Besten Dank!«, sagte ich und lachte nervös.

Alex Ritchie überwachte zusammen mit Per Lindstrand, dem erfahrenen Heißluftballonfahrer, der mich in diesen Sport eingeführt hatte, bereits die hektischen Startvorbereitungen am Startplatz. Alex war der geniale Ingenieur, der die Kapsel für den Ballon konstruiert hatte. Bis dahin war es noch niemandem gelungen, ein Ballonsystem zu bauen, das Fahrten auf der Höhe des Jet-Streams zuließ. Obwohl er schon die Kapsel für die Atlantik- und Pazifiküberquerung gebaut hatte, kannte ich ihn nicht besonders gut. Jetzt war natürlich keine Zeit mehr, viel über ihn in Erfahrung zu bringen. Obwohl er kein Flugtraining absolviert hatte, fällte er die mutige Entscheidung, uns zu begleiten. Wenn mit dem Flug alles glattging, hatten wir ungefähr drei Wochen Zeit, uns kennenzulernen. So gründlich, wie wir nur wollten.

Im Gegensatz zu meiner Atlantik- und Pazifiküberquerung im Heißluftballon mit Per würden wir auf dieser Reise nur dann Luft erwärmen, wenn es unbedingt erforderlich war: Der Ballon hatte einen Heliumkern, der uns in die Höhe tragen würde. Per wollte die Luft um den Heliumkern herum in der Nacht erwärmen, um zu verhindern, dass sich das Helium zusammenzog, schwerer wurde und absank. Joan, Holly und ich umarmten uns. Wir mussten aufbrechen.

8.30 Uhr


Wir sahen ihn alle gleichzeitig. Als wir den unbefestigten Weg zu dem marokkanischen Luftstützpunkt entlangfuhren, erinnerte er an eine neue, über Nacht aus dem Boden gewachsene Moschee. Über windschiefen, staubigen Palmen erhob sich wie eine Perlmuttkuppel ein beeindruckender weißer Bogen. Es war der Ballon. Reiter galoppierten mit geschultertem Gewehr am Straßenrand entlang in Richtung Luftstützpunkt. Alle wurden magisch von dem riesigen, weiß schimmernden Ballon angezogen, der groß und schlank in der Luft hing.

9.15 Uhr


Hinter den Absperrungen zum Ballon hatte sich eine erstaunliche Menschenmenge versammelt. Auf der einen Seite stand die gesamte Besatzung des Stützpunkts in ihren schicken marineblauen Uniformen stramm. Vor ihnen stimmten traditionelle marokkanische Tänzerinnen mit weißen Kopfbedeckungen klagende Gesänge an. Plötzlich galoppierte eine als Berber kostümierte Reitergruppe mit gezückten, antiken Musketen heran und stellte sich in einer Reihe vor dem Ballon auf. Einen schrecklichen Augenblick lang glaubte ich, sie würden zur Feier des Ereignisses mit einer Salutsalve ein Loch in die Ballonhülle schießen. Per, Alex und ich überprüften noch einmal alle Systeme in der Kapsel. Die Sonne stieg rasch höher, und das Helium begann sich auszudehnen.

10.15 Uhr


Wir hatten alle Tests abgeschlossen und waren startklar. Ein letztes Mal umarmte ich Joan, Holly und Sam. Ich bewunderte Joans Stärke. Holly war in den vergangenen vier Tagen nicht von meiner Seite gewichen, und auch sie schien die Situation völlig im Griff zu haben. Ich dachte, dass auch Sam relativ gefasst sei, bis er plötzlich in Tränen ausbrach und sich so fest an mich klammerte, als wolle er mich nie wieder loslassen. Die verzweifelte Kraft seiner Umarmung werde ich nie vergessen. Dann küsste er mich, ließ mich los und hielt sich an Joan fest. Ich küsste meinen Vater und meine Mutter zum Abschied. Mum drückte mir einen Brief in die Hand. »Öffne ihn nach sechs Tagen«, sagte sie. Ich hoffte im Stillen, dass wir so lange durchhalten würden.

10.50 Uhr


Jetzt mussten wir nur noch die Stahlstufen zur Kapsel hinaufsteigen. Eine Sekunde lang zögerte ich und fragte mich, wann und wo ich wieder festen Boden unter den Füßen haben würde – oder Wasser. Für Zukunftsprognosen hatten wir keine Zeit. Ich kletterte durch die Luke. Per saß am Hauptsteuerpult, ich neben der Kamera, und Alex machte es sich auf dem Sitz neben der Ausstiegsluke bequem.

11.19 Uhr


Zehn, neun, acht, sieben, sechs, fünf … Während Per den Countdown herunterzählte, konzentrierte ich mich auf die Kamera. Mit einer Hand prüfte ich immer wieder nervös meine Fallschirmschnalle. Vier, drei, zwei, eins … Per legte einen Hebel um und aktivierte so die Bolzen, mit denen die Halte­leinen durchtrennt wurden. Wir stiegen geräuschlos und schnell in den Himmel. Von den Brennern war nichts zu hören: Wie der Luftballon eines Kindes stiegen wir einfach immer weiter. Als uns der sanfte Morgenwind erfasste, begannen wir in Richtung Marrakesch zu treiben. Durch den noch offenen Notausstieg winkten wir den immer kleiner werdenden Schaulustigen zu. Unter uns lag Marrakesch in seiner ganzen Pracht: die eckigen rosa Mauern, der große Marktplatz, die grünen Gärten und die Brunnen hinter den hohen Mauern. Auf 3000 Meter Höhe wurde die Luft kalt und dünn. Wir schlossen die Luke. Von nun an waren wir auf uns gestellt. Das Belüftungssystem ließ den Druck in unserer Kapsel steigen.

 

Unser erstes Fax kam kurz nach Mittag an.

»Oh, mein Gott!« Per reichte es mir. »Sieh dir das an.«

»Achtung: Die Halterungen der Brennstofftanks sind arretiert«, las ich. Das war unser erster Fehler. Die Halterungen durften nicht arretiert sein, sodass wir im Notfall sowie beim Absinken des Ballons einen Eintonnen-Brennstofftank als Ballast abwerfen konnten.

»Wenn das unser einziger Fehler ist, sind wir gar nicht so schlecht«,...

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