Nimm deine Finanzen in die Hand
«Ein Finanzbuch extra für Frauen? Ist das denn wirklich notwendig?» Diese Frage kam früher oder später jedes Mal, wenn ich erzählte, dass ich gerade an «Madame Moneypenny – Wie Frauen ihre Finanzen selbst in die Hand nehmen können» schrieb. Meine Antwort lautete natürlich: «Ja, ist es. Es ist absolut notwendig.» Ich möchte dir kurz berichten, warum.
In Studien und Statistiken zu Sorgenthemen von Frauen rangiert eine Angst seit Jahren unangefochten auf Platz eins: Altersarmut. Besonders in Deutschland ist diese Sorge vollkommen berechtigt. Laut OECD ist das Rentengefälle zwischen Frau und Mann nirgends so groß wie hierzulande.[1] Wir Frauen wissen um die Gefahr: In einer Amundi-Studie zur Altersvorsorge aus dem Jahr 2017 gaben 79 Prozent der befragten Frauen an, aufgrund ihrer Erwerbsbiographien im Alter eine Versorgungslücke zu erwarten.[2] Ein weiterer beängstigender, aber nicht verwunderlicher Befund der Studie: 44 Prozent der 35- bis 55-jährigen Frauen beschäftigen sich nicht mit diesem Thema.
Warum mich diese 44 Prozent nicht überraschen? Weil Rentenversicherungen, Aktien, Zinsen, Börse, private Finanzen wie unlösbare Rätsel erscheinen. Es ist ganz normal, Angst vor Dingen zu haben, die man nicht kennt. Und genauso nachvollziehbar ist es, diese Dinge darum ganz einfach auszublenden. Vermeidung ist bequem. Nur ändert sich dadurch leider nichts. Und wer sich doch damit befassen will, findet sich oftmals im Büro eines Versicherungsvertreters oder Finanzmaklers mit roter Krawatte und schlechtem Kaffee wieder. Dort sitzt man, tut so, als würde man alles verstehen, um nicht dümmlich zu wirken, und nickt brav. Letztendlich unterschreibt man die ungelesenen Verträge, damit dieser Gräuel so schnell wie möglich vorbei ist und man das Wort «Altersvorsorge» endlich ohne schlechtes Gewissen hören kann. So wie ich vor fünf Jahren.
Ich war 26 Jahre alt und hatte soeben meinen ersten Vollzeitjob nach dem Studium gekündigt, um mein eigenes Unternehmen aufzubauen. Und dabei hatte ich, offen gesagt, keine Ahnung von gar nichts. Weder wie man ein Unternehmen führt noch wie man seine privaten Finanzen organisiert. Doch eins hatte ich gehört: Auf die gesetzliche Rente ist kein Verlass mehr. Also entschied ich mich dazu, mich von der gesetzlichen Rentenpflicht befreien zu lassen – ich zahlte nichts mehr ein.
So weit, so gut. Allerdings: Keine Rente ist ja auch keine Lösung. Kaum hatte ich diesen Gedanken zu Ende geführt, saß ich im Büro einer «unabhängigen» Finanzberaterin und gab mir große Mühe, so zu wirken, als würde ich jedes Wort verstehen. «Wenn Sie Fragen haben, fragen Sie bitte, Frau Wegelin.» Natürlich, das war ja gut, dass ich Fragen stellen konnte. Aber woher sollte ich wissen, welche Fragen das waren? Ich war ja schließlich zu einer Beraterin gegangen, damit ich mich nicht damit beschäftigen müsste. Die nette Dame würde das schon machen …
Das Resultat meiner Ahnungslosigkeit war eine private Rentenversicherung, die mich mehrere tausend Euro an Gebühren kostete, die als Provision an die Beraterin gingen. Aber dazu später mehr. Als ich dies – wohlgemerkt nach drei Jahren – herausfand, war für mich klar: Ich muss mich mit meinen Finanzen auskennen, um souveräne Entscheidungen treffen zu können. Sich blind auf andere zu verlassen, ist keine Option.
Was tut man gegen Ahnungslosigkeit? Richtig, man eignet sich Wissen an. Ich investierte fortan in meine finanzielle Bildung und informierte mich umfassend über Rente, Aktien, Börse, Versicherungen. Ich las etliche Bücher, hörte Podcasts, schaute YouTube-Videos, nahm an Online-Kursen teil und las Blog-Artikel. Obwohl ich ein recht sparsamer Mensch bin, sparte ich an einem nicht: Bildungsangebote. Solche Investitionen, nämlich die in sich selbst, nennt man Investitionen ins eigene Humankapital. Humankapital ist meine absolute Lieblingsinvestitionsart und meiner Meinung nach das wichtigste Investment überhaupt. Darum widme ich dem Thema ein eigenes Kapitel.
Allerdings traf ich auf meinem Weg weder auf Informationsangebote, die mich als Frau ansprachen, noch auf andere Frauen, die sich mit dem Thema befassten. Also dachte ich mir: «Na, gut, wenn es keiner macht, mache ich es halt.» Meine Notizen zu dem Neuerlernten veröffentlichte ich im Internet: Das Projekt Madame Moneypenny war geboren. Heute ist madamemoneypenny.de einer der größten Finanzblogs Deutschlands, es gibt eine geschlossene Facebook-Gruppe nur für Frauen, in der sich einige tausend Frauen zum Thema Geld austauschen, und ich veranstalte allerlei Events und biete Online-Kurse an, um den so wichtigen Austausch untereinander voranzutreiben sowie entsprechende Bildungsangebote für Frauen bereitzustellen.
Meine Mission ist es, Frauen zu inspirieren, ihnen die notwendigen Tools zu geben, um sie so zu befähigen, ihre Finanzen selbst in die Hand zu nehmen. Ich bin keine Finanzberaterin und möchte keine sein. Ich stamme aus dem rauen Ruhrgebiet, aus einem Elternhaus der Mittelschicht.
Ich war die Erste aus meiner Familie, die studiert hat. Betriebswirtschaftslehre. Weil ich nicht wusste, was ich machen wollte, und man mit BWL alles und auch nichts werden kann. Ich bin die, die unzufrieden mit ihrer Situation war, und sich ihren Weg gebahnt hat – genau wie du es tun wirst.
Ich verdiene kein Geld damit, dir Finanz- oder Versicherungsprodukte zu verkaufen. Mein Geld verdiene ich mit meinem Unternehmen, das unter anderem das Portal wg-suche.de betreibt. Ich habe daher keinerlei finanzielles Interesse daran, dich von einem bestimmten Produkt, einer Versicherung oder einer speziellen Anlagestrategie zu überzeugen.
Warum investiere ich also Zeit und Mühen in Madame Moneypenny? Ganz einfach:
Weil ich dafür brenne.
Weil mich diese Statistiken von Geldsorgen und Ängsten von Frauen wütend machen.
Weil ich will, dass alle Frauen in der Lage sind, finanziell eigenständige Entscheidungen für sich und ihre Familien zu treffen.
Weil ich die Geschichten von Frauen, die das nicht tun und früher oder später den großen Knall erleben – Jobverlust, Trennung vom Partner, Krankheit etc. – nicht mehr hören will.
Weil ich daran glaube, dass diese letzte Front des Feminismus endlich eröffnet werden muss. Weil ich daran glaube, dass Frauen ein Leben vollkommen nach ihren eigenen Vorstellungen leben sollten und sie auch in diesem Lebensbereich das für sich beanspruchen müssen, was ihnen zusteht: Sorgenfreiheit, Selbstbestimmtheit und letztendlich finanzielle Unabhängigkeit. Und nicht zuletzt: Weil ich daran glaube, dass jede Frau dies erreichen kann.
Vielleicht bist du Berufsanfängerin, verdienst dein erstes Geld und fragst dich, was du nun damit anstellen sollst. Vielleicht kommst du wie manch eine Teilnehmerin meiner Seminare und Online-Kurse aber auch aus einer Krisensituation – du hast dich gerade scheiden lassen oder bist hochverschuldet – und hast erkannt, dass du etwas ändern musst, da du sonst auf den finanziellen Abgrund zusteuerst.
Der Schlüssel zu dieser Änderung ist finanzielle Bildung. Informieren, umdenken, eigene Entscheidungen treffen. Der Fakt, dass du dieses Buch nicht nur gekauft hast, sondern es sogar liest, zeigt, dass du die größte Hürde schon genommen hast. Du hast die Entscheidung getroffen, deine Situation zu verbessern, dich selbst zu verbessern. Den ersten und wichtigsten Hebel hast du bereits umgelegt. Das ist der in deinem Kopf. Es werden noch weitere Hebel folgen, glaube mir. Aber keiner ist so entscheidend wie dieser erste.
Alles, was jetzt noch kommt, nämlich die Aneignung des dafür notwendigen Wissens, ist Kindergarten. Das sind nur noch Fakten, Daten, Informationen. Es gibt keine komplexe Mathematik, keine komplizierten Zusammenhänge oder geheimen Logiken. Wenn dem so wäre, hätte ich selbst kapituliert, denn ich bin in der Schule nie über eine Vier in Mathe hinausgekommen. Ich bin zu 100 Prozent der Überzeugung: Wenn ich das kann, kann es jede. Und ich meine damit jede. Wirklich. Dazu gehörst auch du.
Du hast den wichtigsten Schritt bereits getan: Die Entscheidung getroffen, etwas zu ändern.
Ich erlebe es immer wieder: Frauen, die ihre Finanzen in die Hand genommen haben, nehmen damit endlich auch ihr Leben in die Hand. Sie werden selbstbewusster und übernehmen auch in anderen Bereichen Verantwortung. Sie bestehen auf Selbstbestimmtheit, anstatt sich stets zu fügen. Sie werden bestimmter im Job, in der Familie und bieten anderen, auch ihrem Partner, mehr Paroli.
Woran das liegt? Unsere Erfolge machen uns selbstbewusster. Viele Frauen haben zu Beginn Angst, das Thema Geld nie für sich zufriedenstellend lösen zu können. Mit ein wenig Einsatz klappt es aber doch. Das gibt Selbstbewusstsein und Power für weitere Herausforderungen des Lebens.
Nimm deine Finanzen in die Hand und du nimmst dein Leben in die Hand.
Außerdem kann man tatsächlich sagen, dass Geld Macht bedeutet – auch im privaten Kontext. Angenommen, du und dein Mann habt ein Kind im Kindergartenalter. Leider ist es krank geworden, während es im Kindergarten gespielt hat. Nun geht es darum, wer das Kind aus dem Kindergarten holt. Du, dein Mann oder jemand anderes.
Szenario A: Eigentlich wolltet ihr euch beide eine Stelle mit flexiblen Arbeitszeiten suchen und die...