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Männermangel in der Grundschule? Zur Rolle des Mannes in einem feminisierten Beruf

AutorBenjamin Lonnemann
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl107 Seiten
ISBN9783638628358
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Pädagogik - Der Lehrer / Pädagoge, Note: 1,5, Universität Osnabrück, 62 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Das schlechte Abschneiden deutscher Schulen im europaweiten Vergleich hat ein-mal mehr ein Umdenken in der Schulpolitik bewirkt. Die Pisa-Studie hat gezeigt, dass in der Schulpolitik Deutschlands einiges an Nachholbedarf herrscht. Besonders die Leistungen der Jungen gelten dabei als Hauptursache für das schwache Ergebnis deutscher Schüler im Vergleichstest, weil sie denen der Mädchen deutlich hinterher hinken. Die Kultusminister von Niedersachen und Hessen, Busemann und Wolff, glauben das Problem erkannt zu haben: sie fordern eine Männerquote für den Schuldienst, um mit Hilfe von männlichen Lehrkräften die Jungen im Schulalltag zu höheren Fähigkeiten anzuregen. Männer sind an vielen Schulen, nicht nur in Deutschland, son- dern europaweit Mangelwaren. Besonders trifft dies auf den Bereich der Grundschu-e zu. Die Personalstruktur der meisten Grundschulen spiegelt auch den Zustand vieler Familien wider. Erziehungsarbeit liegt in den Händen von Frauen/Müttern, die 'richtige' Arbeit wird von Männern/Vätern erledigt. Doch genau darin liegt das Problem: durch diese traditionelle Rollenverteilung prägen sich bei Jungen und Mädchen stereotype Geschlechterverhältnisse ein, die in der heutigen Gesellschaft nicht mehr gewünscht sind. Vielmehr wird in letzter Zeit versucht, die bisherige Rollenverteilung aufzusplitten. Mädchen sollen mehr in typisch männliche Sphären hinein wachsen, Jungen umgekehrt in weibliche Bereiche. Um dieses zu ermöglichen, sind Jungen und Mädchen auf Vorbildfunktionen und damit auf die Anwesenheit und Erziehung durch beide Geschlechter angewiesen. Oftmals scheitert dies bereits in den Familien: Abwesenheit der Väter durch lange Arbeitszeiten und damit einer nur geringen Beteiligung am Aufziehen der Kinder sowie Ehescheidungen sind die häufigsten Ursachen für einen Mangel an männlichen Bezugspersonen in Familien. Dieser Um-stand kann zurzeit auch nicht an Grundschulen ausgeglichen werden, weil männliche Pädagogen fehlen. Die Geschlechtersozialisation findet in der Grundschule nur in begrenztem Umfang statt, Frauen sind in der deutlichen Überzahl. Ob hier tatsächlich grundlegende Ursachen liegen und entsprechende Veränderungen ein Schritt in die richtige Richtung sind, oder überhaupt wirklich sinnvoll und im Schulleben umsetzbar sind, werde ich versuchen, mit dieser Arbeit aufzuzeigen.

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same Überleben sichern sollte, war dem Vater als Oberhaupt untergeordnet. „Die Autorität des Vaters innerhalb der Familie wurde durch die protestantische Reformation betont. Eine hierarchische Ordnung war von zentraler Bedeutung für das effektive Funktionieren des Haushalts: Väter und Ehegatten waren verantwortlich für die Lenkung familiärer Aktivitäten; Frauen und Kinder unterlagen der männlichen Autorität.“ (Fthenakis, Wassilios E. u.a.. S. 17).

Die Erziehung der Kinder erfolgte im Hintergrund und sie wurden so schnell wie möglich mit in den Arbeitsalltag integriert. 1785 begann im Zuge der Industrialisierung ein weiterer Umschwung, da die sich zuvor überschneidenden Lebensräume von Mann und Frau aufgegeben wurden. Da kleinere Betriebe sich nicht mehr halten konnten, wanderten viele Männer in Fabriken ab, um die materielle Versorgung ihrer Familie sicherzustellen. Frauen kümmerten sich im Gegenzug um Haushalt und die Erziehung der Kinder, so dass der Vater nur noch eingeschränkt im Familienkreis präsent war und seine Entscheidungskraft immer mehr an Einfluss verlor und die Frau den Kindern als Vorbild dienen musste. 7 Die Familie büßte ihre Position als Arbeits- und Wirtschaftsgemeinschaft ein und ein völlig neuer, separater Lebensabschnitt begann. „Man betrachtete die Familie nicht mehr wie früher als eine 'Produktionseinheit innerhalb einer umfassenden Gemeinde', sondern als einen 'geschützten Garten von Liebe und Fürsorge in einer ungastlichen Welt'.“ (Fthenakis, Wassilios E. u.a.. S.19). Männern und Frauen wurden zu dieser Zeit ihre geschlechtsspezifischen Rollenverteilungen zugewiesen, die Familie galt als eine Ruhestätte, in der sich der Haupternährer und Beschützer der Familie - der Vater - nach einem mühseligen Arbeitstag erholen konnte. Ehefrauen waren von ihrem Ehemann abhängig. Der ökonomische Wohlstand der Frau orientierte sich an dem ihres Mannes bzw. an seinem Beruf. Der Status der Frau spiegelte somit den Status des Mannes wider, was sich auch in der selbstverständlichen Annahme des Nachnamens des Mannes äußerte. 8 Zur Zeit des Bürgertums und des Proletariats im 19. Jahrhundert musste die Vaterfunktion weitere Verluste hinnehmen. Besonders der Pädagoge Johann Heinrich Pestalozzi reformierte die Volksschulen und sprach der Mutter als Erzieherin einen hohen Stellenwert zu. Die vormals väterlichen Pflichten wurden durch staatliche Pflichten ersetzt und die Vaterrolle wird immer mehr durch Volksschulen und die Mütter übernommen. 9 Ausbildung und Schutz des Kindes kamen auf diese Weise nach und nach in öffentliche Hand. Zusätzlich gingen die Väter in ihrer Freizeit eigenen

Interessen nach, den der damalige Städtebau noch förderte, indem Wohn- und Ar- von nun an räumlich weiter voneinander entfernt wurden. Der Vater nahm von diesem Zeitpunkt an nicht mehr aktiv am Familienleben teil. Eher kam es aufgrund der wachsenden finanziellen Probleme durch Löhne am Existenzminimum zu häufigen Treffen der Männer, um mit Hilfe von Alkohol den zunehmenden Druck zu kompensieren. In vielen Arbeiterfamilien war es aus ökonomischen Gründen auch gar nicht erst möglich, das gültige traditionelle Rollenverständnis auszuführen, da auch die anderen Familienmitglieder einen Beitrag für das Überleben der Familie leisten mussten. Somit verloren die Väter eine weitere Eigenschaft: nur noch die Zeugung, Ernährung und die Repräsentation als Oberhaupt der Familie fielen in ihren Bereich. Ihre Autorität wurde ausschließlich auf den Beruf zurückgeführt, und selbst das, stellte sich in der wirtschaftlich schwächeren Arbeiterschicht als schwieriger heraus als in vermögenderen Mittelschicht.

Ab 1870 setzte ein gesellschaftliches Umdenken ein. Der Mann wurde wieder stärker als Teil der Familie angesehen, mit Hilfe von Gesetzen und staatlicher Förderung wurde versucht, den Vater in die Familie zu reintegrieren. Eine dieser Maßnahmen waren Erlasse zur Prävention väterlicher Gewalt und Kampagnen zur Reduzierung der Scheidungsraten. Leider existierten diese Programme für eine aktive Vaterschaft innerhalb der Familie nur auf dem Papier. Hauptgrund für die Erstellung dieser Maßnahmen war, dass durch die alleinige Erziehung von Frauen die Söhne Schaden nehmen könnten. 10

In der NS-Zeit im 20. Jahrhundert wurde diese Tendenz, trotz einer allgemein höheren Wertschätzung des Mannes, durch das NS-Regime und den Krieg beibehalten. Schutz und Ernährung wurden nun zusätzlich vom Staat sowie den Müttern übernommen. Aber auch nach dem Krieg änderte sich weltweit kaum etwas an dieser Situation, da die Heimkehrer nicht mit dem Erlebten und der „Wiedereingliederung“ in die Familien zurecht kamen: der Vater als Entscheidungsträger verlor weiter an Einfluss und damit auch an Selbstbewusstsein. Dieser Umstand führte häufig zu Alkoholmissbrauch und in vielen Familien sogar zu häuslicher Gewalt. Gleichzeitig muss aber auch bedacht werden, inwiefern Mutter und Kind die Wiedereingliederung zugelassen haben, da Söhne oftmals die Stelle des Vaters eingenommen hatten. Nachdem der Krieg vorbei war, kam erneut der Gedanke auf, dass Männer wichtig für die Entwicklung der Persönlichkeit der Kinder sind. Es wurde schon damals erkannt,

dass der Vater als Geschlechtsrollenmodell dient und dass durch väterliche Präsenz in der Erziehung viele soziale Probleme der Kinder vermieden werden können. 11 Fehlende Identifikationsmöglichkeiten, durch eine nicht vollzogene Ablösung von der Mutter und ein fehlendes Vater-Vorbild führten zu immer mehr Problemen zunächst nur innerhalb der Familien, später aber auch auf gesamter Gesellschaftsebene. Hier zeigte sich die Unzufriedenheit der Jugend in Form der außerparlamentarischen Opposition und der 68er-Bewegung. Ursache dafür war sicherlich nicht nur der Wunsch nach größeren Freiheiten, sondern auch fehlende Orientierung, die in einem zunehmenden emotionalen Rückzug des Vaters aus der Familie begründet war. In dieser Zeit entwickelte sich auch der Sozialstaat, der nicht nur die Fortpflanzung seiner Bürger förderte, sondern ebenfalls die Autonomie der Frau gegenüber ihrer Familie. Für sie war es nun erstmals möglich, in Bildung und Beruf Fuß zu fassen und somit zu einer neuen Lebensqualität zu finden. Dazu gehörte auch eine effizientere Planung des Lebens, da die unterschiedlichen Arbeitszeiten an womöglich zusätzlich unterschiedlichen Standorten der Lebenspartner, in Einklang mit den Familienaktivitäten gebracht werden mussten. Diese neu gewonnene Unabhängigkeit der Frauen und Männer ging jedoch zu Lasten ihrer Kinder. Weniger Gemeinsamkeiten der Eltern bewirkten eine bisher nie gekannte Fülle von Trennungen und Scheidungen und führten damit zu einer zunehmenden Vaterlosigkeit. „Die rapide Steigerung der Scheidungsraten in den 60er und 70er Jahren machte das Engagement des Mannes für die Familie zum Thema politischer und wissenschaftlicher Diskussionen.“ (Fthenakis, Wassilios E. u.a.. S. 24). Mütter ziehen ihre Kinder nun völlig allein oder mit einem „neuen“ Vater auf. Der Kontakt zum leiblichen Vater wird oftmals durch Streitigkeiten der Eltern unterbunden bzw. der Kontakt wurde per Sorgerechtsregelung sogar teilweise verboten.

Zwar lassen sich kinderlose Paare in der Regel häufiger scheiden als Elternpaare, dennoch steigt seit den 70er Jahren die allgemeine Scheidungsrate stetig. In den 70er Jahren wurden nur 15% der geschlossenen Ehen geschieden, Anfang der 90er Jahre waren es bereits doppelt so viele gescheiterte Ehen und im Jahre 2003 ließen sich 43% aller Ehepartner scheiden. 12 Margret Rottleuthner-Lutter gibt in ihrem Handbuch zur Familien- und Jugendforschung an, dass der Grund der Eheschließung in der Regel nur von der emotionalen Bindung zweier Menschen abhängig ist,

die Liebe zu den Kindern und damit deren Schutz steht erst an zweiter Stelle. 13 Da- wird übersehen, welch wichtige Rolle die Eltern, und damit auch die Väter, in der Entwicklung des Kindes spielen.

In der heutigen Zeit werden vom Vater zwei ganz unterschiedliche Bilder präsentiert. Zum einen gibt es eine neue, emotionale Form des Vaters, der partnerschaftlich der Frau bei der Erziehung der Kinder zur Seite steht, zum anderen werden durch die Medien Männer gezeigt, die mit dieser Rolle vollkommen überfordert sind und dies an ihrer Familie gewaltsam auslassen. Ein großes Problem dieser Tage stellt jedoch die physische Vaterabwesenheit dar. Zwar ist die Einbindung des Vaters in die Erziehung sehr erwünscht, doch häufig ist der Vater nur in einem geringen Maße zu Hause präsent. Der Mann ist heute zwar nicht mehr unbedingt der Alleinernährer der Familie, aber häufig doch der Haupternährer mit einem deutlich höheren Einkommen als das der Frau. Nach Fthenakis wird diese Entwicklung auch auf den Wandel vom Familieneinkommen hin zum Indivdualeinkommen zurückgeführt. Dies ist gekennzeichnet durch einen Wechsel der Familie als wirtschaftliche Einheit hin zu einem individuellen Einkommen einzelner Familienmitglieder durch externe Arbeitsplätze. Eine Arbeitskraft ist nun nicht mehr ein Leben lang bei ihrem gleichen Arbeitgeber angestellt, vielmehr ist eine Anstellung zeitlich und örtlich meist nur befristet. Die zeitliche Verfügbarkeit in der Familie nimmt damit ab und die innerhalb des Jobs zu. Gründe hier für liegen nicht nur in der heutigen Zeit...

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