Die Chartomantik – das Tarot
Der große Klassiker in der Divination ist neben der Astrologie natürlich die Chartomantik, wobei diese Art der Weis- und Wahrsagung relativ „neu“ ist. Wenn man sich die Chartomantik in Bezug auf andere Divinationsmethoden in einem zeitlichen Rahmen anschaut, erkennt man, dass die meisten anderen Methoden – abgesehen vom Kaffeesatzlesen – viel älter sind. Das Kartenlegen selbst soll in etwa zu Beginn des 7. Jahrhundert in China entstanden sein, wobei hier keine klassischen Karten, sondern kleine Holztafeln als Werkzeuge dienten. Doch es gibt auch Hinweise darauf, dass eine ähnliche Methode bereits im „alten Ägypten“ vorhanden war – wobei diese Quellen eher den Eindruck machen, dass etwas künstlich mystifiziert wurde. Europa selbst bekam erst im 14. und 15. Jahrhundert das Kartenorakel in die Hände. Es geht das Gerücht um, dass das „Fahrende Volk“ – die Zigeuner – die Karten mitbrachten bzw. bekannt machten. In dieser Zeit war es aber eher die Ausnahme, dass „Außenstehende“ mit den Tarotkarten in Berührung kamen – was man auch sehr deutlich in den mittelalterlichen Schriften von Agrippa von Nettesheim, Abraham von Worms (Autor des Abramelin) oder auch John Dee und Edward Kelley (Entdecker / Erfinder der henochischen Magie) sah. Hier wurde über die Tarotkarten keine Silbe verloren. Dies änderte sich langsam, als im 18. Jahrhundert ein großer Tarotboom aufkam. Hier waren es hauptsächlich die französischen Okkultisten, die die Chartomantik in ein „populäres Phänomen“ transformierten.
Mit der Zeit entstanden immer weitere Kartendecks, sodass es nach und nach eine breite Masse gab, die für verschiedene Bereiche eingesetzt wurden. So kann man ganz allgemein sagen, dass die Chartomantik sich in die Bereiche der Lenormandkarten (Verbreitung im 19. Jahrhundert), der Zigeunerkarten (Verbreitung und Entstehung Ende des 19. Jahrhundert), der Kipperkarten (Entstehung Ende des 19. Jahrhundert und Verbreitung Anfang des 20. Jahrhunderts), Engelskarten, Mondorakelkarten, Tarotkarten und Skatkarten aufteilt. Doch es sind nur unterschiedliche Bilder und unterschiedliche Bedeutungen der einzelnen Karten – die divinatorische Praxis ist bei allen Karten die GLEICHE. Allen Chartomantpratiken haben den gemeinsamen Nenner, dass eine vorher definierte Anzahl von Karten gemischt wird, um dann eine vorher definierte Anzahl an Karten gezogen werden. Natürlich haben die Karten alle eine andere Bedeutung und auch das Ziel der Divination kann hier stark variieren, dennoch bleibt das Händeln identisch.
Das Ziehen der Karten selbst ist natürlich wieder individuell, d. h., man kann alle Karten auffächern und die Anzahl ziehen, man kann auch von oben oder unten ziehen oder alle in die Luft werfen und die nehmen, die irgendwie besonders wieder aufgekommen sind. Es wird die Methode genommen, die die Person, die mit den Karten arbeiten will, sich ausgedacht hat. Sicher, es gibt tolle Anleitungen, wie man die Karten aufzufächern hat, wie viele Pakete oder Stapel man aus dem Hauptstapel machen muss oder mit welcher Hand man die Karten ziehen soll. Dies sind alles gute Ideen, doch sind auch diese absolut individualisiert, d. h., alle Ideen sind stets für die Person perfekt, die diese Idee hatte. Wenn man sich selbst auf eine „Fremdidee“ codieren will – dass man z. B. 22-mal mischt und dann 10 kleine Kartenstapel sortiert und diese in Form des Lebensbaums, des Etz Chajim, auslegt – ist dies jedoch auch kein Problem. Wichtig ist der Umstand, dass es sich um eine bewusste Tätigkeit handelt, sodass das Unterbewusstsein und das Tagesbewusstsein eine oberflächliche Angleichung bzw. Annäherung haben.
Durch die Bedeutung der einzelnen Karten ist es möglich über Situationen, Personen und mögliche Ereignisse zu spekulieren bzw. eine Aussage zu treffen, die ohne das faktische Wissen zustande kommt. Es geht bei dieser Divinationsart nicht um eine exakte Zukunftsdeutung und wissenschaftlich überprüfbare Möglichkeiten, es geht vielmehr um Wahrscheinlichkeiten und Eventualitäten, die sich auf die jeweilige Fragesituation beziehen. Das Wichtigste – egal, ob nun eine adaptiere Idee oder eine eigene – ist der Umstand, dass sich die betreffende Person, die die Divination durchführt, energetisch öffnen muss, um so auf Informationen „hinter“ oder „über“ dem Tagesbewusstsein zuzugreifen. Je energetischer man ist, desto einfacher wird die Arbeit werden. Gut, man kann auch die Meinung vertreten, dass man stets die Karte zieht, die man ziehen soll, doch warum mische ich dann die Karten? Wieso kenne ich dann die Antwort nicht in meinem Tagesbewusstsein und muss überhaupt Karten ziehen? Sicher, wenn man die eigenen Energiekanäle soweit gefestigt und auch geöffnet hat, dass man einen stetigen Fluss bzw. einen regelrechten Strom etabliert hat, kann man wirklich „mal eben“ die Karten ziehen, da es im Grunde nur noch visuelle Bestätigungen für das Tagesbewusstsein sind. Wenn man jedoch die Chartomantik verwenden will, da man im Tagesbewusstsein noch nicht einmal eine grundlegende Ahnung in Bezug auf die Fragestellung hat, sollte man sehr bewusst die Karten ziehen.
*
*
*
*
*
Tarot und vier Welten der Kabbalah
Wenn man sich mit der Chartomantik beschäftigt, tauchen bei allen Kartendecks feste Legemuster auf, die man jedoch auch wieder, ähnlich dem Misch- und Abhebeverhalten, sehen muss. Man kann ohne Weiteres eigene Legemuster erstellen, die explizit auf die jeweilige Situation zugeschnitten sind. Man kann aber auch die vorgefertigten Legemuster verwenden, die in der breiten Chartomantikliteratur vorhanden sind. Da es für den Anfänger viel leichter ist sich an fertigen Legemustern zu orientieren, werde ich in diesem Werk auch ein paar „abdrucken“, jedoch sein schon hier erneut erwähnt, dass die eigene Kreativität – und somit ein sehr bewusstes auseinandersetzen mit der Chartomantik – die bessere Wahl ist, als eine vorgefertigte Schablone. Die Erfahrungen in der Chartomantik haben immer wieder sehr deutlich gezeigt, dass die Individualität – die nicht nur für das Mischen und Ziehen der Karten gilt, sondern auch für das Legemuster und sogar die Interpretation – absolut essenziell ist und wahrlich das A und O dieser Divinationsmethode darstellt. Daher soll man in der Chartomantik primär seine eigenen Ideen umsetzen und auf seine Intuition hören. Es bringt nichts, wenn man stetig anderen Meinungen und Ideen nachjagt – dies gilt gerade für die Deutungen der Karten. Viele Karten haben fast ausschließlich eine „negative Klangfarbe“, wo hingegen andere regelrecht über den grünen Klee gelobt werden. Beides ist in meinen Augen unsinnig, da es um die Dualität geht, um die Dualität, in der unsere Problematik beheimatet ist. Einverstanden, zu Beginn muss man auf Deutungstexte zurückgreifen, da einem die abgedruckten Bilder auf den Karten nichts sagen. Nicht alle Tarotdecks zeigen „Handlungen“ wie z. B. das Raider-Waite Tarot und bedingt das Crowley-Tarot.
Andere Tarotdecks, gerade im Bereich der kleinen Arkana (d. h. in den Analogien der klassischen Skat- bzw. Rommékarten, in denen es 1ner – 10ner gibt plus die Hofkarten) zeigen nur die Werte bzw. die Anzahl der jeweiligen „Farben“ bzw. „Attribute“. Dass man hiermit als Anfänger nicht viel anzufangen weiß, ist logisch. So ist auch eine einfache Meditation über die Karten hier nicht ausreichend, wenn nicht irgendeine Handlung bzw. eine Deutung in der Abbildung zu erkennen ist.
Dies bedeutet, dass man – irgendwann, wenn man sich auf diesem Gebiet beheimatet fühlt - für jedes Motiv auch eine neue bzw. individuelle Deutung erstellen muss. Vielleicht entsprechen einige den klassischen Deutungen, vielleicht sind sie aber auch absolut konträr.
Wichtig ist NUR, dass man sich selbst mit den Karten, den Interpretationen und den Legemustern identifizieren kann, denn so erhält man ein sehr gutes und tiefgehendes Werkzeug der Divination. Es ist jedoch ein langer Weg dahin, und bevor man sinnfrei fremde Ideen und Deutungen auswendig lernt, sollte man sich primär mit den Grundlagen des Tarot beschäftigen – dies erspart viel Zeit und Mühe. Daher ist ein System, welches man als eine Art Fundament verwenden kann, sehr hilfreich, sinnig und vor allem lehrreich. Ein solches System ist die Kabbala.
Die Kabbalah? Echt jetzt? Ist das nicht dieses superkomplizierte System, diese Gähnattacken fördernde Sache? Genau die. Nein, nein, so kompliziert ist die Kabbalah doch nicht und in der Buchreihe „Magisches Kompendium“ wird es auch ein autarkes Buch über die Kabbalah geben, mit einem passenden „Frage-Antwortspiel“, welches die meisten Fragen leicht und verständlich beantworten kann. In Bezug zum Tarot ist die Kabbalah jedoch essenziell, obwohl die Ursprünge des Kartenspiels nichts mit der Kabbalah zu tun hatten. Da man für die Verwendung bzw. Anwendung des Tarots aber nicht alles über die Kabbalah wissen muss bzw. nicht in die tiefsten Tiefen dringen muss, will ich hier nur einen sehr oberflächlichen und ausschließlich für das Tarot bedeutungsvollen Überblick geben. Nichtsdestotrotz müssen hier und da doch ein paar Fachvokabeln genannt werden.
Als Kernelement der Tarotbetrachtung stehen der Etz Chajim und die vier kabbalistischen Welten Assiah, Jetzirah, Beriah und Aziluth. Diese fünf „Umstände“ oder „Gegebenheiten“ stellen das absolute Fundament da. Der Etz Chajim (wortwörtlich Baum des Lebens) wird meist nur „Sephiroth“ genannt, wobei dies genaugenommen nur die Hälfte des...