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Marek Hlaskos vulgäre Individualästhetik als Übersetzungsproblem. Die kontrastive Translatationsanalyse der Erzählung 'Ósmy dzien tygodnia' und deren deutschen Übersetzung von Vera Cerny

AutorEwelina Celeba?ska
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl76 Seiten
ISBN9783668159754
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis26,99 EUR
Magisterarbeit aus dem Jahr 2014 im Fachbereich Dolmetschen / Übersetzen, Note: 1,0, Uniwersytet im. Adama Mickiewicza w Poznaniu (Germanische Philologie), Sprache: Deutsch, Abstract: Die vorliegende Diplomarbeit beschäftigt sich mit der Untersuchung der Übersetzungsproblematik von vulgärer Individualästhetik in Marek H?askos 'Ósmy dzie? tyodnia'. In der Arbeit wird eine translatologische Analyse der polnischen Erzählung und ihrer deutschen Übersetzung 'Der achte Tag der Woche' von Vera Cerny anhand der kontrastiven Zusammenstellung ausgewählter Textabschnitte durchgeführt. Die Individualästhetik wird dabei als sprachliche Veranschaulichung der Weltanschauung des Individuums verstanden, die durch die Umgangssprache und Misogynie im Werk 'Ósmy dzie? tyodnia' realisiert wird. Die translatologische Analyse setzt sich zum Ziel, das in der Analyse erreicht wird, die Verschiebung der individualästhetischen Akzente im ZS-Text nachzuweisen, die durch erhebliche Änderungen bzw. Auslassungen des Sprachmaterials des Ausgangstextes entstanden oder aus der nicht absoluten Kongruenz der AS-Einheit der Vulgärsprache in der Zielsprache oder in der Zielsprachekultur resultierten. Durch die Verschiebung der individualästhetischen Akzente wird eine differente Ästhetikstruktur des ZS-Textes gebildet, die im Kontrast mit der Individualästhetik des AS-Textes steht. Hierdurch wird ein irreversibler Eingriff in die Ästhetik des Gesamtwerkes vorgenommen und die These von Maria Krysztofiak bestätigt, dass die Übersetzung eines literarischen Textes, der eine stilistisch höher strukturierte Einheit ist, ein Endprodukt des stilistischen Eingriffes in den Text und damit in die Individualästhetik des Autors bedeutet.

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Leseprobe

3. Problematik der vulgären Individualästhetik


 

Eine der Thesen der phänomenologischen Hermeneutik verbreitet die Überzeugung, dass mit jeder stilistischen Korrektur des Textes ein irreversibler Eingriff in die Ästhetik des Gesamtwerkes vorgenommen wird.[57] Sollte die obige These in die Übersetzungswissenschaft übertragen werden, würde die Übersetzung, insbesondere die Übersetzung des literarischen Textes, der eine stilistisch höher strukturierte Einheit ist, ein Endprodukt des stilistischen Eingriffes in den Text bedeuten. Die ästhetische Komplexität des Kunstwerkes erhebt diesbezüglich den Anspruch auf eminente Akribie der Wiedergabe immanenter Merkmale des Textes, die die Individualästhetik des Kunstwerkes bilden.[58]

 

3.1. Stilproblematik aus literarischer Sicht


 

Um die phänomenologische Theorie nachzuvollziehen, ist die Erläuterung des Terminus Stil erforderlich. Das Deutsche Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm definiert den Terminus Stil als:

 

schreibgerät; art und weise des schriftlichen und mündlichen ausdrucks; brauch in rechtlichen dingen, in der zeitrechnung; art und weise der darstellung in der musik, in den bleibenden künsten; gebrauch, haltung in dingen des menschlichen lebens überhaupt; herkunft und form.[59]

 

Die angeführte Vielfalt des Bedeutungsgehalts lässt sich durch die Etymologie des Wortes erklären: Stil leitet sich aus dem lateinischen Wort stilus ab und bezeichnet ursprünglich einen Pflanzenstängel, der sich anschließend zum Schreibgriffel entwickelt.[60] Erst in der Antike bedient sich Marcus Tullius Cicero des Terminus Stil zur Schilderung des Schreibstils. Der römische Philosoph berücksichtigt fünf Kategorien in seiner Einstufung des Stils: Qualität der Handschrift, Art des Wortbaues, Individualität des Ausdruckscharakters, Quantität der Schreibübungen und abgeleitete Schlussfolgerungen.[61] Die markierten Individualitätsmerkmale setzen weitere Trends der Begriffserklärung. Georges Louis Leclerc Comte de Buffon, der französische Philosoph und Naturforscher vertritt die These, dass Mensch Stil sei.[62] Die weitläufige Begriffserläuterung engt im 18. Jahrhundert Johann Joachim Winckelmann durch sein Werk Geschichte der Kunst des Alterthums ein, indem er den Begriff Stil als Einheit für literarisch charakteristische Phänomene der jeweiligen Literaturepochen in die Literaturtheorie einführt.[63] Der betonte Bedeutungsdualismus hält in der Literaturtheorie bis zur Gegenwart.

 

Słownik Terminów Literackich von Zakład Narodowy im. Ossolińskich definiert den Termin Stil als:

 

Form der Ausdrucksgestaltung, die in bestimmter Auswahl, Interpretation und Konstruktion des Sprachmaterials aufgrund des Ausdruckszwecks besteht.[64]

 

 Ossolineum unterscheidet bei der angegebenen Definition zwei Kategorien des Stils: Individualstil und typischen Stil. Die erste Kategorie bezeichnet gegen Standardmittel verstoßende und sich von anderen Äußerungen unterscheidende Ausdrucksform eines Individuums und weist auf den expressiv-imperativen Ausdruckszweck hin, indem die personalen (psychologischen und sozialen) Eigenschaften des Subjekts angedeutet werden. Infolge des bewussten Anstoßes gegen die stilistischen Normen wird das Werk bzw. eine Werkreihe durch die einzigartigen Stileigenschaften gekennzeichnet. Die Stilqualität des Werkes wird dabei an der Quantität der vorkommenden Abweichungen von der Standardsprache gemessen. Die Individualstilkategorie beschäftigt sich mit Fragen des Personalstils und Literaturwerksstils.[65]

 

Typischer Stil wird im Gegensatz zur Individualstilkategorie durch Bildung eines zum Stil derselben Einheit analogischen Ausdruckscharakters ausgezeichnet, indem den Sprachbedienungsnormen des Stils befolgt werden. Die individuellen Stilindizien werden zugunsten der Hervorhebung des Stils derselben Einheit nicht akzentuiert. Über die Stilqualitätsstufe der Ausdrucksform entscheidet die adäquate Inanspruchnahme der Stilattribute bei Gestaltung des Ausdrucks. Typischer Stil wird mit Gattungsstil, Strömungsstil, Epochenstil und Funktionalstil absorbiert.[66]

 

Eine innovative Ansicht über die Definition des Terminus Stil vertritt der polnische Sprachwissenschaftler Marek Ruszkowski. Ruszkowski entfernt sich mit seinem Konzept vom Axiom des Bedeutungsgehaltsdualismus und differenziert sechs Stilerläuterungen: individuelle Anwendung der Allgemeinsprache, Expressionseffekt schöpferischen Subjekts; System expressiver Mittel; Art, System oder Ergebnis der Gestaltung des Sprachmaterials; typische Textqualität oder Textsammlungsqualität und sprachliche Handlungsweise.[67] In seinem Konzept schließt er sich an die Thesen anderer Sprachwissenschaftler und Literaturkritiker an.

 

 Stil begriffen als individuelle Anwendung der Allgemeinsprache wird von Ruszkowski durch die Abweichung von den gesellschaftlich angenommenen Sprachregeln verstanden. Seine Auffassung bezieht sich auf Johanns W. Goethes Stilwahrnehmung, die von Manier und Muster handelt. Manier gilt laut Goethes These als individualisierte Attribute, die dem utopischen Sprachideal ― Muster entgegengestellt werden.[68] Die Theorie des berühmtesten deutschen Dichters wird von den anderen Forschern weiterentwickelt: Theorie der Existenz eines Sprachideals übernehmen die deutschen Literaturforscher Karl Vossler und Leo Spitzer. Die Abweichung von den üblichen Sprachregeln dient hingegen als eine der Grundlagen des Werks Some Effects, of Motivation of Style of Encoding von Charles E. Osgood.[69] Auch die nicht deutschsprachigen Forscher, die sich mit der die Stilfrage beschäftigen, sind der Ansicht, Stil erfolgt im Zusammenstoß von Sprachregeln und deren individueller Anwendung.[70]

 

Der obig erwähnte Literaturforscher Leo Spitzer, zugleich ein Vertreter der neoideologischen Sprachschule, begreift den Stil als Expressionseffekt der Psyche eines Individuums.[71] Die Angaben zu seiner Forschung präsentiert Spitzer im Jahre 1925 unter dem Titel Wortkunst und Sprachwissenschaft.[72] Die Theorie des Stils als Expressionseffekt schöpferischen Subjekts teilen mit Spitzer der französische Philosoph Roland Barthes und der italienische Philosoph sowie Literaturkritiker Benedetto Croce.[73] Barthes nimmt Worte als Gedanken, die in Innerem des Subjekts entstehen, an und glaubt, dass die Worte (d.h. Gedanken) ihre materielle Form (d.h. ausgesprochen oder aufgeschrieben) annehmen müssen.[74] Croce entfaltet die Theorie des Stils als Expressionseffekt schöpferischen Subjekts weiter, indem er nicht nur die Gedanken, sondern die Seele als den Stilträger betrachtet, die ihre Expression in der Ausdrucksform findet.[75]

 

Die nächste von Ruszkowski differenzierte Stilbedeutung heißt System expressiver Mittel und steht im Kontrast zur Theorie des Stils thematisiert als Expressionseffekt schöpferischen Subjekts. Ruszkowski stellt den Stil nicht als Effekt, sondern als System expressiver Mittel dar, das keine semantische Information trägt, sondern die eine informationsbegleitende, ästhetische Funktion ausübt.[76] In seiner Theorie bezieht er sich auf die Stilerläuterung von Iván Fónagy, dem ungarischen Philosophen, für den Stil ein natürliches Element der Sprachstruktur ist, das außerhalb der Kontrolle des Sprechers steht und dynamisch sowie emotional vorkommt.[77]

 

Eine zur obigen These kontrastive Stilkonzeption legt Friedrich Nietzsche in Unzeitgemäßen Betrachtungen auf, indem Stil als Ergebnis der bewussten Expressionsmittelauswahl definiert wird.[78] Stil wird zur bewussten Gestaltung des ganzen Ausdruckssystems entwickelt, dem alle anderen Bestandteile der menschlichen Psyche untergeordnet werden. Die bewusste Gestaltungsweise wird jedoch nach Nietzsche von der menschlichen Natur beeinflusst.[79] Aufgrund Nietzsches Studie schlägt Ruszkowski die Erläuterung des Stilbegriffs als System oder Ergebnis der Gestaltung des Sprachmaterials vor.

 

Die regelmäßige und bewusste Verwendung derselben Expressionsmittel entwickelt sich zur Bildung einer Ausdrucksqualität, die besonders bei schriftlichen Ausdrucksformen evident ist. Die Auswahl der Expressionsmittel steht unter dem Einfluss der entsprechenden Epochen und Textsorten und führt zur Entstehung einer typischen Textqualität bzw. Textsammlungsqualität, die semantisch geprüft werden kann. Jerzy Bartmiński definiert Stil als ein aus mehreren unterschiedlichen Strukturniveaus bestehendes Zeichensystem,...

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